Finger´s elektrische Welt

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Das Forum für den durchgeknallten Bastler

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Feuerwerk und andere verheerende Dinge

Die Kugelmühle


Eigentlich hatte ich mit so einem Teil schon lange abgeschlossen. Ein paar Versuche, alle sind schiefgegangen und das wars dann.
Wozu braucht man so ein Teil überhaupt ? Man kann mit so einem Maschinchen ganz hervoragend Pigmentpulver für Farben herstellen, oder Kohlestaub (mit dem lässt sich Epoxidharz perfekt tiefschwarz färben, der Effekt ist wirklich verblüffend, abgesehen von der Kleherei mit dem Dreck).
Dann aber kam ein Bastlerkollege auf mich zu und fragte mich nach einer Drehzahlregelung für seine Kugelmühle.
Und dann entschloss ich mich doch, das Thema noch einmal anzugehen. Als Trommel dient ein 150mm-Rohrstutzen aus dem Baumarkt meines Vertrauens :

In eine Endkappe habe ich mit einem Kreisscheider ein 100mm-Loch geschnitten, in welches eine Befüllklappe eingesetzt werden kann. Eingeschraube Profile begünstigen das Mitnehmen der Kugeln :

Und woher Kugeln nehmen ? Blei scheint sich als Material bewährt zu haben, also habe ich zwei Mauskugeln (Durchmesser 20mm) in Gips eingegossen :

Das Ergebniss ist eine zweiteilige Hohlform (Vaseline ist ein gutes Trennmittel). In dieser wiederum habe ich Wachs aus geschlachteten Teelichtern abgossen und 5 Wachskugeln hergestellt.

Diese Wachskugeln mit Wachststäben verbunden und auf eine Pappe gekleistert ergeben das Modell für die eigentliche Gussform :

Nachdem die erste Hälfte in einem Pappkarton ausgehärtet war musste ich feststellen, das Teelichtwachs einen zu niedrigen Schmelzpunkt hat und die Kugeln sich verflüchtigt hatten.

Mal ehrlich : Man kann garnicht so viel essen, wie man kotzen möchte.

Das Wachs habe ich dann aus der Form gekratzt und in dieser dann 10 Halbkugel aus einem anderen Wachs gegossen. 10 Halbe ergeben 5 Ganze und so kam doch noch eine Form zustande :

Als Tiegel dient eine Kombination aus einer Scheitzange und einer Erdnussdose, welche über einer Lötlampe heiss gemacht wird :

Das Blei kommt recht preiswert in Schnitzeln von Schrottmaxe, der verschickt Pakete bis 37 kg ! Was ich nicht bedacht hatte war, das 200 °C nicht ausreichen, das Wachs aus der Form vollständig zu entfernen. Dementsprechend lange brauchte ich dann, um die Bleispritzer von den Waschbetonplatten hinter dem Haus zu pulen und Kugeln gab das auch nicht :

Beim zweiten Versuch ist die Form dann gesprungen weil ich die Schraubzwinge zu fest angezogen hatte.

AAAAAAAAARRRRGGGGGHHHHHH !!!!! Ich werde noch mal blöde !!!!!

Aber gut, also der nächste Versuch. Aus Zeitspargründen direkt mit den Mauskugeln :

Diesmal sieht die Form besser aus und ist auch etwas handlicher geworden.

Eine Spannvorrichtung soll das zerbrechen verhindern. Allerdings kam die erste Ladung wieder geysirartig hervorgeschossen weil noch Wachsreste in der Form waren. Also habe ich sie kurzerhand 2 Stunden auf 600°C gebracht, dann war das Problem behoben.

Nach etwa 10 Kugeln allerdings waren die Ränder so ausgefranst, das die Form undicht wurde und damit allenfalls noch als Bauklotz dienen kann.

Bei Ebay wurde vor kurzem eine Kugelgussform aus Messing angeboten. 22 Euronen waren mir allerdings zuviel, aber das scheint das Ei des Kolumbus zu sein. Also habe ich kurzerhand einen Profildrehmeissel angefertigt :

Nach Härten, Anlassen und Schleifen der Schneide musste ich feststellen dass das, was ich für härtbaren Stahl gehalten hatte, wohl doch nur schnöder Baustahl war. Jedenfalls ist das Zeug weicher als je zuvor und somit völlig unbrauchbar. Jetzt lautet die spannende Frage, wo bekomme ich härtbares Rundmaterial mit 25mm Durchmesser her ?

Um eine Metallform komme ich jedenfalls nicht herum. Überschlagen habe ich jedenfalls einen Bedarf von 160 Kugeln für die Trommel, entsprechend einem Gesamtgewicht von etwa 7 kg. Ob ich mal wieder etwas zu weit gegangen bin ?

Egal, Fortsetzung folgt ! Nach einigen Wochen ist es mir dann gelungen, ein Stück 90MnCrV8 (nochmal vielen Dank an Bernd) zu bekommen. Aus dem Zeug konnte ich dann endlich einen härtbaren Drehstahl herstellen. In Motoröl abgeschreckt (Mann, hat das gestunken !) und nicht angelassen hat sich das Ding in die Messingteile geschraubt wie nix. Selbst steckenbleiben im Schnitt hat dem Teil nichts ausgemacht. Mit einer passenden Beschichtung fallen dann richtige Kugeln aus dem Ding :

2 Stunden, 2 Gaskartuschen und 10 Kg Blei später waren dann 80 Kugeln fertig :

Zwischendurch ist mir die Lötlampe immer eingefroren. Liess sich aber mithilfe der heissen Gussform wieder auftauen.

Angetrieben wird die Trommel über eine Papierwalze aus einer elektrischen Schreibmaschine. Der Motor stammt aus einer Mini-Kreissäge und läuft mit 24V :

Unter dem Blech aus einer Kompaktanlage versteckt sich die Elektronik. Das VU-Meter aus der Anlage zeigt jetzt die Drehzahl an.

Der zweite Teil der Elektronik passte nicht mehr unter das Blech, also kommt er an die Seite :

Der Zahlriemen stammt aus einer elektrischen Nähmaschine, welche mein Zahnarzt an die Strasse gestellt hatte, und an der ich natürlich nicht vorbeikam. Die Drehzahl wird über zwei aufgeklebte Pinwandmagneten detektiert, welche einen einfachen Hallsensor aktivieren :

Die Trommel ruht in Lagerschildern von ausgebrannten Wischermotoren :

Weil die Trommel zu glatt ist hat sie an den Auflageflächen jetzt einen Überzug aus den Resten einer großen Gummimatte bekommen :

Den Schaltplan dazu (diesmal völlig ohne Controller und in reiner Analogtechnik gelöst) findet ihr hier. Falls jemand eine Beschreibung dazu haben möchte -> bitte melden.

Ich möchte euch natürlich nicht den Entwurf des oben genannten Kollegen vorenthalten. Die dazu entworfene Drehzahlregelung findet ihr hier, dazu gibt es noch ein paar Erläuterungen. Ausgelegt ist die Ansteuerung für einen Universalmotor aus einer Nähmaschine.

Er schreibt dazu :

Bild 1 zeigt die Plattform, die die eigentliche Mechanik darstellt. Man sieht die Trommel, das Gummi, das sie antreibt und die Rollen, die zur Lagerung dienen. Der Motor ist ebenfalls zu sehen. Ein weiteres Detail sind die Aufhängungsgummis an den Rahmenecken.

Bild 2 zeigt das ganze von unten. Die Motordrehzahl wird zunächst etwa 5:1 untersetzt. Die doppelriemenscheibe habe ich aus Holz gedreht, was anderes war gerade nicht da. Der Lagerblock ist aus massivem Bronze, die Welle ist eine schlichte M8x80 Schraube.

Bild 3 veranschaulicht das wichtigste Bauteil, die Kiste. Hält man die laufende Mühle in der Hand, so ist sie laut. Die Mahlkörper poltern extrem, das sollen sie ja auch. Legt man die Mühle auf eine Tischplatte, so ist der Lärm unerträglich (Resonanzkörper). In der Kiste montiert hingegen, der Deckel ist bislang nur provisorisch und die Teppichauskleidung fehlt auch noch, herrscht fast völlige Stille. Die Dämpfung ist in der Tat gewaltig. Außen an der Kiste thront die momentan verwendete Phasenanschnitt-Steuerung, bislang ohne Tacho-Generator. Muß sich noch beweisen. Wie man sieht, sind die Ringösen der Kiste momentan unbenutzt, ich habe die Mechanik nur für das Photo hineingestellt. Ersatzdichtungen für 70er HT-Rohre dienen als Aufhängung und 100er Gummis als Antriebsriemen.

In die Mühle kommen Bleikugeln von etwa 20mm Durchmesser. Die Trommel sollte zu einem Drittel mit Mahlkörpern (hier Bleikugeln) gefüllt sein. Dazu kommt dann noch das Mahlgut.

Das Rohr besteht aus einer 100er oder 110er (je dicker desto bessere Mahlwirkung) HT-Überschiebemuffe (beidseitige Dichtung) und zwei Endkappen. In das Rohr habe ich längs der Achse drei flache Wülste aus Heißkleber gelegt. Der Zweck ist der gleiche wie bei deiner Mühle.

Die Bleikugeln habe ich in einer Selbstgemachten, zweiteiligen Gipsform gegossen: Wachsmodell halb in Gips eingiessen, aushärten lassen, Sprühöl drauf, zweite Gipshälfte giessen, aushärten lassen, Formhälften trennen, Eingußkanal schnitzen, trocknen, Formhälften zusammenbinden, Blei eingiessen, fertig. Dabei läuft der Eingusskanal senkrecht nach unten, in einem Bogen unter die unterste Kugel, durch die Kugel nach oben, durch einen kurzen Kanal in die obere Kugel und nach oben aus der oberen Kugel hinaus. Dadurch füllt sich die Gussform von unten und die Luft wird vollständig verdrängt (aufsteigendee Guss). Außerdem sieht man sehr gut, wenn die Form voll ist, und ob man beim Schrumpfen des sich abkühlenden Bleis nachgiessen muß. Bei Versuchen, bei denen ich die Form einfach von oben gefüllt habe, ergaben sich häufig Lufteinschlüsse an der Kugeloberfläche. Die gegossenen Kugeln habe ich mit einer Beißzange grob versäubert und in der Mühle ohne Mahlgut poltern lassen. So schlagen sie sich gegenseitig rund. Das Material bekommst du vom Schrott, z.B. als Bleiblech von Dächern oder aus alten Bleirohren (Abwasser).

Nachtrag

Die Rohrmuffen sind eine tolle Sache, solange die Dichtung in der Lage ist, den polternden Bleikugeln zu wiederstehen. Interessant wird es, wenn eine Trommel voller Staub (Farbpigmente) aufgeht und das Teil zwei Stunden weiterläuft.
Die Trommel dreht sich und fördert ihren gesamten Inhalt nach draussen. Die beiden Lüfter in der Büchse verteilen den Dreck gleichmäßig in der Schallschutzkiste und über die Belüftungsöffnungen auch noch in der näheren Umgebung. Wirklich interessant, man sieht plötzlich, wo überall Spinnenweben hängen.
Nachdem das zweimal passiert ist sah ich mich gezwungen, eine M8-Gewindestange durch die Trommel zu ziehen. Jetzt ist Ruhe. Und draussen alles bunt.

Nachtrag II

Benjamin hat eine zweite Version gebaut, die ich euch nicht vorenthalten möchte :

Das Gehäuse ist aus Multiplex verleimt und mit einem Harting-Stecker versehen.

Verfolgt man das Kabel bis zum anderen Ende, so findet man die Steuerung, in deren Gehäuse anstelle der ursprünglichen Batterieladeelektronik nun die Drehzahlregelung und Leistungselektronik wohnt.

Dank an unseren Finger, der mit Know-How und Material seinen Teil dazu beitrug. Die Plattform ist an Gummiringen im Gehäuse aufgehängt und durch Gummipiffer gegen Schwingungen gesichert. Das Prinzip hatte sich schon bei der ersten Mühlenvariante gut bewährt.

Darunter ist der Getriebemotor montiert, der mittels Fahrradkette die beiden Antriebswellen synchron antreibt.

Auf die Plattform legt man schlichtweg die Mahltrommel, aus 150mm HT-Rohr hergestellt und mit Bajonettverschluss unter Schraubenvorspannung verschlossen. Ein O-Ring sorgt für Dichtheit. Der Deckel des Gehäuses ist mit einem Kanal versehen, durch den die Kühlluft hindurch muss. Eine Teppichauskleidung und kleine Einbauten aus Teppichresten sorgen für Ruhe.

Ein erster Test fand mit einem schwierig zu mahlenden Medium statt: Aluminium. Dazu wurde zunächst Alufolie durch einen kleinen Aktenvernichter gedreht und dann locker in die Mahltrommel gestopft.

Dazu kamen Wälzkörper aus Pendelrollenlagern, die ein Drittel des Trommelvolumens ausmachten. Nach wenigen Minuten waren die Alufolienstreifen so weit zerschlagen, dass die Trommel erneut mit Folienstreifen gefüllt werden konnte. Dies wurde einige Male widerholt, damit das entstandene, grobe Alupulver die Mahlkörper mindestens ganz bedeckte. Dadurch steigt der Wirkungsgrad. Das Ergebnis einen Tag später kann sich sehen lassen: feinstes Pulver, aus dem nur noch die wenigen größeren Partikel ausgesiebt werden müssen. Bei der Gelegenheit können direkt mehrere Fraktionen hergestellt werden, z.B. Fein, Grob und Unfertig. Allen interessierten viel Spaß beim Nachbauen!

Kugelmühle 3.0

Alle gewonnenen Erfahrungen sollen jetzt in eine neue Version einfliessen. Dazu die wichtigensten Punkte zusammengefasst :


- Die Schalldämmkiste muss so gebaut sein, das man leichter an den Inhalt kommt
- Die Kiste braucht einen Innenbeleuchtung, damit man darin leichter hantieren kann
- Die Trommel muss leicht entnehmbar sein
- Die Kopplung muss starr sein, Riemenentriebe rutschen durch, machen Dreck und sind schwer handzuhaben
- Eine Drehzahlregelung ist total überflüssig, einfache PWM reicht völlig aus
- Die Trommel muss leicht und ohne Werkzeug zu öffnen sein
- Die Trommel muß sicher verschlossen werden können und staubdicht sein

Also als Basis mal wieder eine Rohrmuffe, diesesmal nur etwas kleiner mit drei eingeschraubten Mitnehmern :

Der Antrieb ist ein 24V-Motor mit Schneckengetriebe, aus einem Rührgerät ausgeschlachtet. Die Trommel wird einseitig über eine Klauenkupplung und eine durchgehenden Welle angetrieben. Die andere Seite der Welle liegt mit einem Kugellager in einer U-förmigen Aussparung. Dadurch kann die Trommel samt Welle und Kupplung nach oben entnommen werden. Ein Stellring aus Messing samt Rändelschraube drückt den Deckel zu :

Die Kiste aus 16er Spanplatte ist per Scharnieren aus einem Küchenschrank nach oben und mit einem alten Klavierband aus einem Kleiderschrank nach vorne zu öffnen.

Die Unterseite wird von 5 Gummifüssen geziert :

Der Verschluss für die vordere Klappe ist ein Nagel

und die Klappe selber wird durch eine Kette von einer Hallenbeleuchtung gehalten :

Als Innenbeleuchtung dient eine Klolampe

Die Einspeisung erfolgt per Kaltgerätestecker, damit man das Kabel zum Transport entfernen kann

und ein Mikroschalter macht das Licht in der Bude an (Prinzip Kühlschrank).

Ein kleiner Ringkerntrafo macht die Besaftung und das Kästchen rechts nimmt das bischen Elektronik auf. Die Mühle selbst wird per DIN-Stecker verbunden und auf Schaumstoff lose in die Kiste reingestellt :

Ein spezieller Schallschluckschaum macht die Geräuschdämmung. Jetzt weiss ich endlich, wozu ich den Kram gesammelt hatte.

Die Rohrdichtung fliegt raus und die Entnahmeseite der Trommel wird plangeschliffen, so dass eine Schaumdichtung aufgeklebt werden kann :

Zur Entnahme stellt man einfach eine Tupperdose drunter, macht die Trommel auf und stellt auf Schleichfahrt. Dann klötert der Kram nach und nach aus der Trommel :

Die Tupperdose hat ein grobes Sieb, um die Wälzkörper vom Mahlgut zu trennen :

Will das jemand nachbauen ? Dazu gibt es natürlich wie immer auch einen Schaltplan. Fazit ? Bis auf die Spanplatten und die Deckel für die Muffe stammt alles vom Schrott. Gesamtkosten 10 Euro, Bauzeit ca. 20 Stunden. Also : immer fleissig Schrott sammeln *Grins*

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