Finger´s elektrische Welt

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Das Forum für den durchgeknallten Bastler

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Fingers Reisen

Was bekommt man mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern in einem Ferienpark irgendwo an der Nordsee? Dieser Bericht ist das Ergebniss eines streng nach subjektiven Kriterien ausgeführten und bewerteten Experiments. Also, was bekommt man für 15h€? Eine Woche lang bewohnt man ein Ferienhaus, ausgeführt als Doppelhaushälfte in modernster Papptechnologie.

In der linken Haushälfte ist die Reinkarnation der Flodders eingezogen, was wunderbare und lautstarke Einblicke in die Erziehung von Justin und Chantal offenbart. Zum Ausgleich wird der Familienhund gerne alleine zurückgelassen, um lautstark kommunikationswünsche mit seinem Rudel anzumelden, um den Mond anzuheulen. Ehrlicherweise fallen da die nonstop balzenden Pubertanten aus dem Nachbarhaus kaum ins Gewicht.

Zu allererst fallen die Spuren eines erfolgreichen Einbruchs an der Eingangstür

der Eigengeruch des Hauses, olfaktorisch angespiedelt zwischen offenem Abflussrohr und kaputten Mülleimer und von erstaunlicher Persistenz, sowie ein Zettel auf dem Küchentisch auf, welcher eine kürzlich erfolgte Reinigung dokumentieren soll. Für die Fenster gilt dies offensichtlich nicht, denn deren Trübung kann direkt in Öchsle gemessen werden.

Der gleiche Einbrecher hat vermutlich auch die Klotür erfolgreich eingetreten.

Seine Motivation bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen.

Das Haus selbst weisst einige weder architektonisch, noch raumplanerisch erklärbare Besonderheiten auf. Es drängt sich unweigerlich der Eindruck auf, das hier in den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts der gleiche Architekt tätig war, der später für die berüchtigten Jahrgänge 1991 bis 1998 der Ikea-Aufbauanleitungen verantwortlich zeichnet.

So ist die Bedeutung dieser Nische

ebenso unklar

wie das zustandekommen dieses ebenfalls nicht verkleideten Hohlraumes

welcher jetzt Reinigungsutensilien und Rohre aufnimmt. Der rechte Durchbruch hat wohl einmal einen Fernseher in Röhrentechnik beherbergt. Dieser ist einem modernen Flachbildschirm gewichen, dessen Funktionen dank falscher Fernbedienung nicht genutzt werden können.

Was hingehen zuerst da war, Holzplatte oder Lichtschalter, konnte trotz intensivster Recherchen nicht hinreichend geklärt werden.

Die Matratzen wurden laut Typenschild 1963 im traditionsreichen Sulinger Betonwerk Arlinghaus gegossen und sind immer noch als neuwertig einzustufen. Leider bekommt man zu den Bettlaken (SPANN-Bettlaken sind hier noch unbekannt) keinen Wagenheber dazu, so daß das Beziehen selbiger äußerste Kraftanstrengungen benötigt. Positiverweise bleibt der Modergeruch unterhalb der Matratzen so verborgen.

Überholungen am Haus wurden offenbar im Geiste einer wohlgemeinten, aber schlecht ausgeführten Oldtimerreparatur durchgeführt. Stets der Prämisse folgend, den Originalzustand in der Hoffnung auf Werterhalt oder gar Steigerung des selben zu erhalten, gibt dieses Vorhaben unweigerlich und unerbittlich Zeugniss vorüberstreichender Äonen.

Und so sammelt sich natürlich auch der Staub und Müll der Jahre in den Gitterschächten an.

Die technische Ausstattung verfolgt vor allem das Ziel, den temporären Besuchern des Hauses den Wert von Komfort _NACH_ dem Urlaub vor Augen zu führen und somit dem uralten Prinzip von Jing und Jang ungeahnte Aktualität zu verleihen.

Wie wohltuend sind doch funktionierende Kühlschränke, Fernsehgeräte mit allen ihren Funktionen, WLAN, Fernmeldegeräte, Badarmaturen mit Funktion und Duschen ohne automatische Abbrühfunktion, wie sie in der Schweineschlachterei noch genutzt werden um die Borsten vom Leder zu trennen.

Der Fernseher ist zwar ein aktuelles Modell, aber durch die fehlende Originalfernbedienung ist nur ein Senderwechsel sowie die Änderung der Laustärke möglich. Ein Telefon oder einen Hotspot sucht man vergeblich, ebenso wie Geschirrhandtücher, Spülmittel, eine zusätzliche Rolle Scheisshauspapier, Kehrblech und Handfeger, leise oder überhaupt schliessende Türen, Mülltüten oder einen normal funktionierenden Kühlschrank. Dieser braucht 48 Stunden um seine Zieltemperatur zu erreichen, bildet anschliessend einen dicken Eispanzer und schaltet den Kompressor dank defektem Thermostat niemals ab. Sicherheitshalber fehlt hier auch der Knopf an besagtem Thermostaten.

Die Badarmaturen verkünden vom Chrom vergangender Zeiten

und im Waschbecken hat wohl jemand Ziegelsteine gereinigt.

Dafür bekommt man Fliesenornamentik in herbem Scharm ohne Aufpreis.

Die Inneneinrichtung und insbesondere die Bilder sind mit der Wand verschraubt. Warum diese Art der Sicherung gewählt wurde bleibt unverständlich.

Wer um alles in der Welt würde dieses Zeug mitgehen lassen?????

Die Wandlampen sind wie alle Beleuchtungskörper vorbildlicherweise als Energiesparlampen ausgeführt und haben den technischen Stand von 1985. Dies bedeutet, das man dank fehlender Vorwärmung erst nach 5 Minuten die Heerscharen krepierter Insekten in den Lampenschirmen in Form von Leichenkaleidoskopie als herrliche Schattenbilder an der Rauhputzwand geniessen kann.

Natürlich nur, wenn der Beleuchtungskörper nicht vorher samt Leuchtmittel seinem Inneren Drang der Schwerkraft in Erdmittelpunkt zu folgen, nachgegeben hat.

Der Park oder zumindest das zugehörige Hotel selbst wartet mit 4 (in Worten vier) Sternen auf.

Diese stammen sicherlich noch aus der Zeit, als Hercule Poirot den Nil herunterschipperte und die Einwohner der britischen Inseln ausserhalb ihrens feuchten Heimatortes noch Tropenhelme trugen, Eingeborene versklavten und Böhmisch-Mären noch zu Österreich gehörte.

Das Personal ist ist durchweg freundlich, gut organisiert und in ausreichender Anzahl vorhanden. Das Parken am Haus ist möglich, der CheckIn geht zügig vonstatten.

Halbpension verspricht ein Frühstücks- und ein Abendbuffet. Beide sind sicherlich eher im Bereich 3 Sterne anzusiedeln. Das Frühstück ist guter Standard, für 4 Sterne fehlen jedoch eindeutig frisches Obst, frische Säfte, verschiedene Müslis und frisches Brot. Auch Variationen sind hier unbekannt. Positiv ist hier der Kinderspielplatz beim Frühstück anzumerken, so das die überzuckerten Blagen sich auf ein Klettergerüst schwingen können.

Vor den Buffets ist der Boden extrem rutschfest, so das die Schuhe kleben bleiben *Schnöpf* Nach drei Tagen verschieben sich diese Stellen, was auf eine Reinigung zweimal pro Woche spricht. Tageszeitungen sind hier noch niocht gesichtet worden.

Ebensowenig manifestieren sich die 4 Sterne beim Abendbüffet. Dieses ist sehr umfangreich und wird täglich variiert, die Herstellung erfolgt allerdings zu nahezu 100% mithilfe moderner Convinience-Produkte. Ein Blick in die Küche offenbart dann auch riesige Frittieranlagen, gleich den historischen Waffenschmieden aus Kaisers Zeiten, in denen verschwitzte Frauenlaiber in braunen Uniformen Granaten montieren. Transformiert in die Moderne wird lediglich das Feindbild ausgetauscht; gilt es doch heute, das deutsche Gesundheitswesen durch Fettgranaten und Bombenteppiche auf ächzende Bauchspeicheldrüsen sturmreif zu schiessen und die Geldbeutel der Bewohner durch kostenpflichtige Getränke zu drainieren.

Zentrales Element der Parks ist das Schwimmbad. Dieses ist natürlich ein echtes Kleinod, dessen horrender Eintritt für Parkbewohner entfällt und für alle etwas bietet. Es ist für ca. 3000 Besucher ausgelegt und kann für etliche Stunden kurzweil bescheren.

Kinderbetreuung sucht man hier vergeblich, ausser man parkt die Brut, ausgetattet mit ausreichenden monitären Reserven, vor den zahlreichen Spielautomaten im Market Dome. Hier finden sich Flipper, Billardtische, Kicker, eine Bowlingbahn und diverse andere Münzgräber. Souveniershops und Restaurants füllen die Halle auf.

Das Animationsprogramm variiert leicht, ist aber für kleinere Kinder weniger geeignet und dünn gesät (jeweils nur eine kurze Veranstaltung pro Tag, mit Anwesenheitsprflicht eines Erwachsenen). Jeden Abend kann Bingo gespielt werden oder die Kinder in die Kids Disco geschickt werden. Leider immer um 19 Uhr, also wie gesagt für Kleinere nicht gedacht.

Fazit: Bringt euch die Großeltern als Kinderbetreung mit, oder fahrt wenigstens mit ausreichend vielen Spielkameraden. Und erwartet nicht zu viel.

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