Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Der chaotische Hauptfaden

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Konsole
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Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Servus,

die folgende Schaltung habe ich mit vielen anderen bekommen und wollte sie in Betrieb nehmen. Leider lagen die Ausgangsspannungen nicht nur deutlich über den Nennwerten, sondern sie ließen sich auch nicht einstellen und hatten auch noch die flasche (negative) Polarität.

So sieht das Frühwerk eines bekannten Bausatzvetriebs aus Ostfriesland aus:
Bild

Eine neue 1N825 spendierte bereitwillig das Messikabinett, aber das brachte keinen nennenswerten Unterschied. Ebenso Änderungen an R3 (10k), wie in einem Nachtrag empfohlen.
Was macht man, wenn alles nix hilft? Elkos tauschen! Erstmal nur C2 ausgelötet - zack, Spannungen passen, lassen sich sauber einstellen, alles prima. Also zwei nagelneue rein - gleicher Fehler wieder. C2 wieder einbeinig ausgelötet - paßt :shock:
(C2 ist der nach hinten gekippte neben der Referenz. Das rote Plus ist nur die Korrektur eines Zeichenfehlers.)

Was ist da los?
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Nicki
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Nicki »

Hast du mal die Leckströme gemessen?
Konsole
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Ja, war natürlich die erste Idee. Sind aber unter 0,1µA bei 5V.

1k parallel zum Elko brachte praktisch keinen Unterschied bei den (falschen) Ausgangsspannungen.
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Chefbastler
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Chefbastler »

Aua aua aua...

Die Schaltung tut nur weh beim anschauen. Kondis an beide Eingängen, Kondi direkt am Ausgang, das kann nicht gut gehen. Keine Kerkos an den 78xx/79xx das kann nur ein Kurzwellen Sender werden. :geek:

C2 C3 C4 weg damit. 10-100nF noch die die Spannungsgler dran.

Wenn die OPVs Oszilieren dann noch ein RC-Glied(etwa 10nF 10K dürften in etwa gehen) über Output und negativen Eingang der OPVs, dann sollte ruhe sein.
Konsole
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Richtung Schwingen hab ich auch vermutet, am Wochenende hab ich einen Termin beim Oszillographen (hab hier keinen).

Die Betriebsspannungen und die falschen Ausgangsspannungen stehen aber stabil bis in die mV. Und der Radio spielt auch noch ;)

Im Folgeheft gabs einen Nachtrag, der sich nur auf Zeichenfehler im Schalt- und Bestückungsplan bezog und den Hinweis mit der globalen Anpassung der Spannung gab. Da scheint das Ding also funktioniert zu haben. Liegt vielleicht an der Höhe über NN. :lol:

Der Sinn der Riesenkapazitäten hat sich mir aber auch nicht erschlossen, wo doch alles Gleichspannung ist. Wer öfter Schaltungsbeschreibungen aus dieser Quelle liest, kann aber schon mitsingen "C1 bis C324 dienen... der Schwingneigungsunterdrückung." :roll:

Danke, melde mich wieder.
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Bastelbruder
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Bastelbruder »

Die Schaltung ist Prinzipbedingt ein Langwellensender. Ein Kondensator vom invertierenden Eingang eines OpAmps nach (Signal-)Masse bedingt die verzögerte (über-)Reaktion auf irgendwelcher Fluktuationen des Ausgangs. Genau so werden Oszillatoren gebaut.

Der Kondensator würde am nicht invertierenden Eingang einen Sinn ergeben, er könnte irgendwelche Rausch-und Brummspannungen nach Masse kurzschließen versuchen. Aber da ist ja schon Einer.

Wenn der Kondensator schlecht genug (ESR >100 Ohm) ist, könnte es tatsächlich passieren daß die "Rauschverstärkung" größer 1 bleibt, die "interne Kompensation" ausreicht und die Mimik ausnahmsweise nicht schwingt.
In Referenzschaltungen werden üblicherweise "solid" Tantal Kondensatoren verwendet um das Rauschen zu minimieren, solche Kondensatoren haben grundsätzlich alle ein ESR unter 1 Ohm.

In einer professionell entwickelten Schaltung hätte der OP-Ausgang noch einen Widerstand (ca. 50 Ohm) in Reihe um den nachfolgenden Elko abzukoppeln, UND einen kleinen Kondensator 10p..1n direkt vom Ausgang zum invertierenden Eiungang. Dann kommt die Gegenkopplung rechtzeitig, auch wenn andere Schaltungsteile das zu verhindern versuchen. Letzterer Kondensator ist oft das entscheidende Bauteil an dem der erfahrene Kriminologe die potenzielle Gefährlichkeit des Schaltungsentwicklers beurteilen kann.

Achja, vielleicht läßt sich der Oszillator noch einfacher erklären: Der Spannungsteiler am nicht invertierenden Eingang muß eine geringere (Wechsel-)Spannung absondern als derjenige am invertierenden Eingang. Am Letzteren ist aber schon der (Gegenkopplungs-)Widerstand mehr als 10mal so groß wie auf der anderen Seite. Also muß die Impedanz des Elkos mehr als 10mal so hoch sein wie die des Elkos an der Z-Diode parallel zum dynamischen Innenwiderstand der Diode. Klingt das kompliziert?
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ferdimh
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von ferdimh »

Das Ding muss nicht mal schwingen um zu spinnen.
Es braucht nur falschrum gepolt anzulaufen. Dann ist die Zener unwirksam (die 1N821 hat eine Kompensationsdiode in Serie, sie hat also keine 0,6V Flusspannung in "normaler" Richtung!).
Um die Richtung vorzugeben brauchen wir nur ein paar mV. R2 liefert einen Schubser. Liefert ein vermackter Elko einen gegensätzlichen Schubser, isses halt blöd.
Vermutlich könntest du den Elko nach dem Anlaufen sogar einbauen... grottenfalsch bleibt ein Kondensator am invertierenden Eingang trotzdem.
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barclay66
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von barclay66 »

Hi,

ich habe hier noch einen Haufen AD581J rumliegen. Nur falls Du das in etwas einfacher möchtest...
Dateianhänge
AD581.pdf
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Konsole
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Ich bin ja hier noch einen Bericht schuldig - sorry für die Verspätung.

Kurzfassung: So ein Scheiß.

Langfassung:
Erstmal: Schwingen tut da nix. Gar nix. Das Ding scheint einfach wie so ein alter Synchronmotor zwei Drehrichtungen zu haben und nach Lust und Laune mit einer zu starten.
Was habe ich gemacht: die beiden Siebelkos ersetzt durch 470µF (statt 100). Kein Unterschied (waren auch in Ordnung), außer daß halt die Spannungen langsamer abfallen. Die beiden 10µF nach den Reglern ersetzt durch 1µF Tantal. C2 und C3 entfernt. Die Betriebsspannungen einzeln oder über alles (also die 30V) mit Widerständen belastet (da war doch was mit 79er Reglern und einer Mindestlast?). Geschimpft, geflucht, geärgert. Immer wieder Stecker rein, Stecker raus, nach willkürlicher Pause wieder rein. Kein System erkennbar, lediglich immer ein mehr oder weniger großer Schnalzer des Ausgangs Richtung +15V, danach stellt die die jeweilige Ausgangsspannung ein.

Das Ding läge längst in der Rundablage, wenn nicht im Gutfall die Spannungen reproduzierbar aufs mV genau stimmen würden. :x
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ferdimh
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von ferdimh »

Ich würde mal R1 temporär auf 10k oder so verringern...
Das schadet aber der Genauigkeit. Evtl hilft ein R-C-Glied parallel zu R1, das Ding zum Starten zu bringen.
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Chefbastler
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Chefbastler »

R2 Kommt mir in der Schaltung auch sehr niederohmig vor, der dürfte zu dem "Schmitttriger Effekt" auch gut beitragen. Den würde ich auch mal etwas hochohmiger machen und ggf. R1 etwas niederohmiger
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ferdimh
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von ferdimh »

Widerspruch!
Diese Zenerreferenzen sind für genau einen Strom temperaturkompensiert. Ändert man den, landet man bei der Stabilität einer normalen Zener.
Und ja, der Strom wirkt ungewöhnlich hoch, aber es müssen wirklich 7,5mA sein. Und das passt auch mit dem gegebenen Widerstand ganz gut.
Konsole
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

So, meine Herren: Deutliche Verbesserung!

Zunächst habe ich dem R1 (100k) noch 470k parallel geschaltet - keine erkennbare Veränderung.
C1 durch 1µ Tantal ersetzt - dito, der alte war auch ok.
C2 und C3 waren ja eh schon amputiert und blieben das auch.

Dann dem aufkeimenden Ärger nachgegeben und R1 einen 100µ-Elko parallel geschaltet - sehr viel besser, nur noch einmal falschrum, allerdings auch ewige Entladezeiten. Außerdem - die arme Referenzdiode, die ja jedes Mal den Ladestromstoß abkriegt...
Also wie von ferdimh empfohlen einen 10µ-Elko in Serie mit 1k5 parallel zu R1: Geht! Allerdings dauert auch da die Entladung, auch wegen der neuen Siebkondensatoren im NT, ziemlich lange, sodaß man zwischen den Versuchen ewig warten muß. Aber bis jetzt ist das Ding jedesmal in die richtige Richtung gestartet :D

Was sagen die versammelten Experten zu den Werten der RC-Schaltung? Kann man die so lassen? Mit 47k hats nicht funktioniert...
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ferdimh
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von ferdimh »

1k5 erscheint durchaus geeignet - ich hätte, wenn 10k nicht reichen, 1k genommen, weil es ein "geraderer" Wert ist.

10µF erscheinen mir noch etwas klein, Das gibt eine Zeitkonstante von 15ms, also muss die Betriebsspannung schnell hochkommen, damit das wirkt. ich würde eher auf 47-100µF gehen.
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Chefbastler
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Chefbastler »

ferdimh hat geschrieben: Do 30. Nov 2023, 09:33 Widerspruch!
Diese Zenerreferenzen sind für genau einen Strom temperaturkompensiert. Ändert man den, landet man bei der Stabilität einer normalen Zener.
Und ja, der Strom wirkt ungewöhnlich hoch, aber es müssen wirklich 7,5mA sein. Und das passt auch mit dem gegebenen Widerstand ganz gut.
Deshalb mein ich ja stattdessen R1 dazu Niederohmiger um das halbwegs noch zu kompensieren, und das die restlichen 2-4mA stabil noch vom OPV kommen. Die 78/79xx wackeln jetzt auch nicht so dermaßen

Die Gesammtschaltung würde ich eh mehr als Halbwegs stabil und nicht als Hoch stabil ansehen
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ferdimh
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von ferdimh »

Bei 78xx würde ich zustimmen - den hätte man auch besser gleich als Referenz genommen.

Die 79xx (der hier dann die Zener speisen würde) gibts tatsächlich in scheiße und in sehr scheiße. Die ganze Cleverness aus dem 78xx mit Bandgapreferenz usw ist dort nicht drin - man findet einen primitiven Differenzverstärker und eine Zenerdiode, die manchmal auch aus dem Eingang gespeist wird.
Das ist besonders fies, weil die niedrige Ausgangsimpedanz von dem Regler dann sogar den Ripple vom Gleichrichter 60dB gedämpft in ein 4700µF-Monstrum einprägt, ohne mit der Wimper zu zucken.

Ein "1:1-Verhältnis" von externem zu "selbstgeneriertem" Strom würde die Performance von der Büchse deutlich verschlechtern; die Spannungsfehler des 7915 würden dann c.a 1:100 reduziert auf die Referenzspannung durchgereicht. Mit einem "guten" 7915 würde das gehen, ich habe aber schon Serien erleben müssen, die gut 100mV in der Gegend rumeiern...
Konsole
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Den 7915 hatte ich am Anfang im Verdacht, deswegen auch die Versuche mit einer Widerstandslast auf den Betriebsspannungen. Die waren aber beide wirklich stabil, deswegen hab ich den 7915 auch erstmal dringelassen.

Zur Stabilität: Ich hab das Ding, als es ohne den magischen Elko ein paarmal richtigrum gestartet war, mit dem Handmultimeter abgeglichen. Auf dem Arbeitstisch war es dann einem Schlumpfberger 7150 und hat dort die 1V wiedergegeben mit einer Schwankung von max. 15µV, auch bei den ganzen Basteleien mit zusätzlichen Widerständen usw. Nach dem Einschalten wandert es um einige µV und steht dann dort. _Der_ Teil scheint gut zu funktionieren...
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Re: Alte Spannungsreferenz und der magische Elko

Beitrag von Konsole »

Melde Vollzug.

Das RC-Glied hat, wie von ferdimh empfohlen, jetzt 1k5/47µF, der Rest ist wie oben beschrieben geblieben. Das ganze in eine Schachtel geworfen und schön schief beschriftet:

Bild

Die Strombuchse hängt über einen Widerstand direkt an den +15V des Reglers. Das StNT soll eventuelle Bedenken irgendwelcher Elektromokel dämpfen, die am geplanten Einsatzort (Schule) die Geräte prüfen. Der Stromspannungstecker ist vom Pollin aus der Lemo/Fischer-Nachbauserie mit der Schnapphülse und eine recht ordentliche Konstruktion.

Danke nochmal für die Hilfe und auch das freundliche Angebot mit den AD581!
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