Von mir nun auch Worte dazu -
wollte mich bevor der Nachruf von Finger gepostet wurde noch nicht vorstellen.
Ich bin der Christian, nicht ganz so extremer Bastelenthusiast wie Martin - kenne aber einige von euch vom Stammtisch Ruhr-West.
Martin und ich kannten uns seit c.a. 18 Jahren.
Kennengelernt haben wir uns auf dem Geburtstag einer gemeinsamen Freundin.
Wo andere sich über Frauen, Alkohol und Thema Nr.1 unterhielten, habe ich ihn mit Kippschwingern zugetextet und wir kamen schnell zum Thema analoger Synthesizer.
Damals stand er kurz nach dem Abitur und selbst fing ich gerade meine Ausbildung zum Fernsehklempner an.
Erst war mir der Enthusiasmus von ihm ein wenig zu viel und es dauerte zwei drei Wochen bis man sich dann doch nochmal so getroffen hat.
Zwischen uns hat sich dann eine sehr innige Freundschaft entwickelt, die bis heute anhält.
Ich erinnere mich zurück an viele Stunden in unseren Bastelecken (ob Keller oder die elterliche Garage).
An einige Stunden, in denen wir manchmal zusammen in einer netten Creperie saßen und an unserem Synthesizer auf Papier konstruierten.
Ohne Taschenrechner und Papier sah man uns dort nie.
Aber nicht nur solches.
Martin hat einige Bastelein in den Alltag gebracht, die definitiv bei niemanden einen merklich erkennbaren WAF spüren würden.
Noch letzten Sonntag, als wir seine Wohnung auflösten, musste ich an das "pädagigische Fahrrad" denken.
Seine Freundin guckte (sie sah es nicht so) zu viel Fernsehen. Martin baute daraufhin einen Heimtrainer um, der mit einem Reed-Kontakt einen µC triggerte. Dieser gab die Hintergrundbeleuchtung des im selben Zimmer stehenden Fernsehers frei. Gütigerweise (wenn ich mich richtig erinnere) war das Trampel->Fernsehverhältnis 1:1,25
Seine Freundin fand die Idee pädagogisch wertvoll und hat das sogar mitgemacht.
Gibt so vieles, auch übers Basteln hinaus, wo er sich begeistern konnte.
Sei es Astronomie, Musik und und und. Er hatte kurz vor seinem Tod sogar noch erste Proben mit einer Ska-Punk Band, um mal wieder Bass-technisch aktiv zu werden.
Martin war mehr als ein loyaler Freund, mit dem man sich immer gut austauschen konnte und sich gegenseitig motivierte.
Er war einer von denen, mit dem man einfach mal den Plattenspieler anwerfen konnte, ein Fläschchen Bier (oder das Zählen gleich bleiben ließ) leerte und es nicht als langweilig empfand,
zusammen die Klappe haltend der Plattennadel zu lauschen. Ein geflügeltes Lieblingswort was grinsend dann bei besonders voluminösen Stücken über die Lippen kam war "kraftvoll".
Die Nachricht von seinem Tod erreichte mich am Tag danach. Ich kann es selbst immer noch nicht fassen. Morgens kommt es mir vor wie ein Alptraum aus dem man erwacht und erkennt dass es doch leider wirklich ist.
Morgen wird es nochmal schwerer, da verabschieden wir ihn auf seinen letzten Ausflug in neue Welten.
Das Elektronik-Notfall-Bastelkit mit ATMega und einer Auswahl an Kleintransistoren (natürlich Komplementärpärchen) als Grabbeigabe ist geschnürt.
Möge er, wie auch immer es dort aussehen wird, neues entdecken und es dort gut haben. Bis man sich dort irgendwann wieder sieht.
Das Bastelforum und auch die Treffen haben ihm sehr viel Freude bereitet.
Rückblickend bedauere ich, dass mir Anreise und Zeitaufwand dafür zuviel waren. Er hat mich zwar jedes Jahr gefragt, leider bin ich nie mit gekommen.
Eines sollte man vielleicht daraus lernen. Hausrennovierung und anderweitige Verbindlichkeiten sollten nicht überbewertet werden.
Wichtiger ist es auch mal Dinge liegen zu lassen und bewusst mal was zusammen zu erleben. Wer weiss, ob man beim nächsten mal die Chance bekommt wieder zusammen zu kommen.
Ich vermisse dich.
Bon voyage mein Freund,
Christian