technische Redakteure anwesend?

Wenn das Irrenhaus überfordert ist

Moderatoren: Heaterman, Finger, Sven, TDI, Marsupilami72, duese

Antworten
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

technische Redakteure anwesend?

Beitrag von SchuesselTech »

Die Suchfunktion lässt drauf schließen, dass mindestens einer hier technischer Redakteur ist :-P

Ich bin am überlegen mich ggf in die Richtung weiterzubilden, wenn mein Arbeitgeber da mitspielt. (Plan wäre, dass er mir die Weiterbildung zahlt und mich bei Bedarf dafür freistellt, Schotter muss natürlich weiter kommen, der Techniker will noch abbezahlt werden:-D)

Hintergrund:
Wir sind eine Mittelständige Firma, stammen aus dem Handel, irgendwann ergab sich der "Übergang" zum Maschinenbauer.
Der Handel ist aber weiter eine recht relevante Sache in der Bilanz.

Da die Eigenprodukt-Schiene doch recht amorph gewachsen ist, ist die Dokumentations-Sache auch stets recht stiefmütterlich behandelt worden.
Es gibt einen, bei dem keiner so recht weiß, was er tut. Er soll eigentlich Betriebsanleitungen pflegen und im Dokumentenmanagement zur Verfügung stellen, dann gibt's noch den CE-Beauftragten, der inhaltliche Vorgaben macht und am Ende hänge ich bereits mit drin, weil der Marketing-Leiter mir die Lektorats-Aufgabe zugeschoben hat, weil ich immer so eifrig Rechtschreibfehler in unseren Katalogen gefunden habe...

Parallel zu den (aus meiner Vertriebs-Sicht) uneinheitlich gepflegten BAs mangelt es teilweise an Wartungsanleitungen und jemandem, der Marketingdokumente aus technischer Sicht vorbereitet.
Jeder kocht mit, keinem gefällt das kulinarische Gesamtwerk, das dabei raus kommt. Diejenigen, die auf die Dokumente angewiesen sind, kotzen im Strahl, weil die aktuell zuständigen bei unbequemen Aufgaben oder Missständen solange den schwarzen Peter verschieben, bis man die GF einschaltet oder aufgibt.
Ersteres führt dann natürlich immer zu noch mehr Unmut, weil keiner sich gerne auf den Schlipps treten lässt :mrgreen:

Die Stimmen, dass wir einen technischen Redakteur brauchen werden aus verschiedenen Richtungen immer lauter (Konstruktion, Marketing, teilweise ist sogar der eine Geschäftsführer schon nicht mehr allzu abgeneigt diese Worte in den Mund zu nehmen)...

Meine aktuelle Position im Vertrieb hat zwar was, aber ich glaube, dass ich in einem "Kellerkind"-Beruf besser aufgehoben wäre...
Die zweite Gürtelrose in 2 Jahren zeigt mir zumindest, dass es so, wie es gerade läuft nicht langfristig weitergehen kann. Ich arbeite schon an meiner inneren Einstellung, aber ob mir das meine Gesundheit erhalten wird, weiß ich nicht.

Mich springen Rechtschreibfehler meistens direkt an, strukturiertes Arbeiten muss ich noch etwas üben, dafür war's die letzten Jahre im Vertrieb einfach oft zu kurzweilig, es kommt immer irgendwas dazwischen.
Technische Redakteure scheinen recht gesucht zu sein.
Wenn's bei meinem Arbeitgeber danach auf zu viel "Wände einlaufen" hinausliefe, fände ich sicher gut was anderes...?

Zurück zum Anfang:
Liebe technische Redakteure, lasst mal hören, was ihr so macht und welche Vorbildung ihr dazu mitgebracht habt.
In welcher Unternehmensgröße seid ihr unterwegs und mit welchen Herausforderungen müsst ihr euch intern herumschlagen?
Ist es die ggf investierte Zeit für eine fundierte Weiterbildung wert?
Gernstel
Beiträge: 1304
Registriert: So 11. Aug 2013, 15:36

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Gernstel »

Gegenüber dem Vertrieb ergibt sich höchstwahrscheinlich ein Einkommensverlust, der durch gesparte Lebensenergie (wenn Dir das strukturiert abgeschirmtere Arbeiten mehr liegt) allerdings wieder mehr als ausgeglichen wird.

Bei uns sitzen manche Vertriebsmitarbeiter bis zu 160.000 km im Jahr im Auto, ich weiß gar nicht, wann die dann noch mit den Kunden Kaffee trinken gehen.
Wenn Du Deine Stellenbeschreibung selbst kreieren kannst, klingt das doch auch attraktiv. Teilweise ist nämlich der TR auch noch Konstrukteur, Technischer Zeichner, Layouter, Fotograf, Kundenbetreuer, Übersetzer, Springer... Das gut sein, muss einem aber liegen.

Ich habe nach dem Studium eine "innerbetriebliche Ausbildung" gemacht und fand es gut. Dann allerdings bekam ich im Rahmen von Einsparungen und Neuausrichtungen immer mehr und immer unspannendere Projekte zugeschoben, und dann wurde es sehr nervig für mich. Was mit dem eigentlichen Berufsbild nichts zu tun hat, sondern eher mit Organisation.
Zuletzt geändert von Gernstel am Mo 10. Feb 2020, 20:42, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Kuddel
Beiträge: 5111
Registriert: Fr 28. Jun 2013, 10:56
Wohnort: Denk immer an St. Alamo!

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Kuddel »

Bin technischer Redakteur. Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker. Erstelle Anleitungen, Kataloge, Werbung, elektronische Kataloge. Abwechlungsreicher Job, macht Spaß. Ist manchmal wie "malen nach zahlen", aber gut Bezahlt. Spitzengehälter sind jedoch eher selten zu erreichen.
Historisch bedingt sind viele Redakteure normale Techniker und Ingenieure. Da Du schon Techniker bist, empfehle ich Schulungen zu folgenden Themen:
Technisches Schreiben
Rechtssichere Dokumente
Softwareschulungen wie z.B. Indesign, Illustrator.

Die Illustration ist ggf. noch eine eigene Nummer.

Dann gibt es noch Maschinenrichtlinien für Betriebsanleitungen oder so. Da müssen besondere Normen eingehalten werden.

Insgesamt sei gesagt, dass schon aus rechtlichen Gründen ein Technischer Redakteur im Betrieb wichtig ist. Wir verkaufen unsere Produkte zum Teil sogar auf Grund der guten Anleitung.
Gruß
Kuddel
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von SchuesselTech »

Wusste ich doch, dass das hier der richtige Club für diese Frage ist ^^
Zum Einkommensverlust: bin im Innendienst, Berge kommen da aktuell nicht zusammen ^^


@kuddel: also würdest du sagen, dass man als nicht allzu verstrahlten, etwas artfremder maschbau Techniker nach einigen Fachkursen(z.b. vdi www.vdi-wissensforum.de/weiterbildung-m ... mentation/) auf einem guten Weg wäre?
Den aktuellen Dokumentenmenschen könnte man in den Vertrieb oder die Artikelpflege verfrachten, der CE-beauftragte soll mal schön weiter ein bisschen Verantwortung behalten :mrgreen:

Morgen mal meinen Marketingkollegen fragen, was er von der Idee hält
Benutzeravatar
Finger
Administrator
Beiträge: 7485
Registriert: Di 12. Jun 2012, 20:16
Kontaktdaten:

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Finger »

Rechtssicherheit wurde angesprochen -> sehr sehr wichtig. Da solltest du dich immer auf Stand halten.
Nello
Beiträge: 2488
Registriert: Mo 2. Sep 2013, 23:44
Wohnort: Das westliche Ende des Sofas

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Nello »

Ich betreue bei einem Mittelständler einen recht umfangreichen Webshop und erstelle Bau- und Betriebsanleitungen. Die Bezahlung ist schlecht, wehren kann ich mich nicht, für was neues bin ich zu alt, für die Rente zu jung und an den Ort gefesselt.

Die Frage ist immer, ob Dir die Arbeit über das reine Geld verdienen hinaus Befriedigung verschafft. Dann sag ja. Aber wer weiß das schon vorher.
Benutzeravatar
Kuddel
Beiträge: 5111
Registriert: Fr 28. Jun 2013, 10:56
Wohnort: Denk immer an St. Alamo!

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Kuddel »

SchuesselTech hat geschrieben: Mo 10. Feb 2020, 20:49 @kuddel: also würdest du sagen, dass man als nicht allzu verstrahlten, etwas artfremder maschbau Techniker nach einigen Fachkursen(z.b. vdi www.vdi-wissensforum.de/weiterbildung-m ... mentation/) auf einem guten Weg wäre?
Den aktuellen Dokumentenmenschen könnte man in den Vertrieb oder die Artikelpflege verfrachten, der CE-beauftragte soll mal schön weiter ein bisschen Verantwortung behalten :mrgreen:
Das ist ein guter Anfang.
Wie Finger schon schrieb sind regelmäßige Schulungen notwendig, weil sich alles viel und gerne ändert. Das fängt beim Firmenlogo an (das ändert sich am meisten), geht über die geänderten Kundenanforderungen bis eben zu den geänderten Gesetzen. Man muss auch Verständnis über IT haben.

Am besten rufst Du den Schulungsveranstalter an und schilderst Deine Situation. Oft können die eine spezialisierte Schulung für Dich/Deinen Betrieb geben. Du solltest Dir auch Gedanken machen, wie Du die Dokumente erzeugst, also mit welchem Layoutprogramm. Hinweis: Word hat dort nix zu suchen. Auch wo die Inhalte herkommen (CAD, Bilder etc) ist relevant, weil Du nachher gleiche Bildaussehen haben musst. Und Du must herausfinden, welche Regeln (Maschinenrichtlinien oder Endverbraucherspezifische) für Dich gelten. Der Anfang ist schwer, aber es lohnt sich.
Gruß
Kuddel
Sir_Death
Beiträge: 3446
Registriert: Mo 11. Mai 2015, 22:36
Wohnort: südlich von Wien

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Sir_Death »

Naja. Das mit "Word hat dort nix zu suchen" würde ich mal absolut nicht unterschreiben. Es kommt halt immer darauf an, was das Produkt ist.

Nachdem der Themenersteller von der Entwicklung des Unternehmens zum Maschinenbauer schreibt, geht es da wahrscheinlich nicht um Endkunden, sondern um andere Unternehmen. Und ich sitze in einem Unternehmen als verantwortlicher Einkäufer für Anlagen und Maschinen (unter anderem). Und bei uns MUSST du die Dokumentation in Word liefern, damit wir in Jahren die Doku auch noch ergänzen / ändern können.
Denn nachdem es sich bei Maschinenbauern immer um Sondermaschinen handelt, niemals um Katalogware, wird diese Maschine in Ihrem Leben ganz sicher nochmal umgebaut / angepasst. Und dann möchtest du nicht die gesamte Doku von vorne beginnen, weil irgendein Layout-Fuzzi damals meinte, das eine Adobe-Programm (mit dem sich kein Schwein bei den Technikern auskennt) sei so Toll.
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von SchuesselTech »

Zum Thema Maschinenbauer: wir bauen Produkte, die nach Maschinenrichtlinie als Maschine zu werten sind, aber meist als Teil in größeren Anlagen verbaut werden.
Kundenstamm ist nur Gewerblich, an Privat liefern wir nicht. Doku geht nur als PDF raus.

Bei den Regeln und dem Inhalt funkt aktuell der CE-Beauftragte viel rein. Dass das dann mittelfristig auch auf meinem Tisch landen müsste ist klar, dafür müsste mein AG aber erstmal ein paar k€ in mich investieren.

Von der Layout und Medienseite sind wir ganz ok aufgestellt.
Ok.... mir ist mal eine offene Datei über den Weg gelaufen(bekomme sonst nur PDFs von den BA), das war tatsächlich nen Word-Dokument, aber unser Marketing arbeitet mit Indesign(soweit ich weiß) und die Konstruktion mit Solidworks, der Composer ist in der Firma aktuell recht stiefmütterlich behandelt aber zumindest vorhanden und das Marketing würde den auch gerne forcieren.
In manchen BAs schwirren tatsächlich (pixelige)Ausschnitte aus Screenshots von Explosionsansichten umher :roll:

Die BAs sollen eh komplett neu aufgerollt und verschlankt werden. 60 Seiten(einsprachig!) sind selbst auf Ökopapier für unsere Produkte zu viel... Besonders weil nicht mit Textblöcken(bei durchweg ähnlichen Produkten!) gearbeitet wird, da ist jede Übersetzung eine komplett neue Sache... Korrekturen sowieso, steht ja selbst in Schwesterprodukten unterschiedlich formatiert drin.

IT-affin bin ich wohl, in unsererm ERP-System kannte ich nach Wochen Kniffe, wo jahrelange Nutzer nur staunten :lol:
Da werde ich mich wohl in ein paar Programme einarbeiten können...

Ende vom Lied, heute GF telefonisch nicht erreicht also den beiden ne Email geschrieben, im Laufe der Woche mal nachfassen.
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von SchuesselTech »

Thema läuft wieder, der Leiter vom Marketing hat ab Mai selbstgewählt wo anders nen Job, daher wird unser Dokumentenpfleger voraussichtlich eine Zeit lang das Marketing schmeißen müssen, zeitgleich schreit ein Teil des Aussendienstes nach einer zentralen Stelle zur Informationskoordinierung.

Unser Ablauf zur Dokumentenfreigabe hat auch mal wieder ein Paradebeispiel geliefert, dass ich da tiefer und früher eingebunden werden muss... In meinem Urlaub wurde ein Dokument freigegeben, das ich im englischen Anlauf dann abgefangen habe... Technisch freigegeben aber selbst die Maßzeichnungen waren falsch... Fraglich haltbare technische Daten und falsche Artikelbezeichnungen. Echt Bombe...

Mein Vorgesetzter bat mich darum, mir Gedanken zu machen, welche Aufgaben ich mir vorstellen könnte um all diese Baustellen zu entschärfen und wie man das der GF sschmackhaft machen könnte.

fühlt sich gerade an wie "zur richtigen Zeit am richtigen Ort"... Parallel stehe ich wie der Ochs vorm Berg... Nachdem das Thema mit dem technischen Redakteur zwischenzeitlich ziemlich im Sande verlaufen und auf Nachfrage bei den vorhandenen Kollegen belassen wurde, hätte ich nicht so zügig mit einem Revival gerechnet...
Benutzeravatar
Heaterman
Beiträge: 3990
Registriert: Fr 28. Jun 2013, 10:11
Wohnort: Am Rand der Scheibe, 6 m unter NN

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von Heaterman »

Ich bin seit 30 Jahren mit dem zweiten Standbein als Technischer Redakteur unterwegs - Manuals, Übersetzungen, Produkttests, Technik-Support, e-Commerce-Support, Webshop und, und ...

Beruf: Dipl-Ing Nachrichtentechnik, seit 1985 Redakteur bei Elektronik- und Autozeitschriften, seit 1989 selbstständig. Was mir stark geholfen hat, war die Berufserfahrung als Zeitschriften-Redakteur samt den Produktionsabläufen von Publikationen, der Erfahrung mit wirklich produktiver Hard- und Software, der frühe Einstieg in das ganze System der elektronischen Produktions- und Informationsbeschaffungssysteme und, da selbstständig, Connections, Connections. In den Neunzigern musste man sich dazu noch ein halbes Jahr auf Messen rumtreiben.

Eine Grunderfahrung neben ewigem und existentiell wichtigem Lernen (das frisst vor allem für Freiberufler mächtig Zeit, lohnt sich aber, weil man eben im Stoff steht, sich sicher ist, und das wird von manchen Kunden auch erkannt und honoriert) heißt: so früh wie möglich mit in alle Prozesse eingebunden zu sein. Tatsächlich, wenn möglich, schon beim Brainstorming für neue Produkte. Man sollte drin sitzen wie die Spinne im Netz, dann hat man nämlich auch die Chance, Systemfehler gleich am Anfang auszusparen oder wenigstens anzusprechen - der Entwickler denkt eben oft anders als der spätere Kunde, aber man darf den Entwickler nie als Gegener betrachten, sondern möglichst dicht mit dem arbeiten. Manche „Entscheider" nervt das, viele Entwickler sind aber auch dankbar für das gewisse Regulativ. So kehrt eben auch mal ein Feature mit ein, das am Anfang nicht im Pflichtenheft steht. Ich hab in dem einen Fall auch das Glück, einen kurzen Draht zum Unternehmer zu haben, und der ingenieurmäßig immer noch voll auf dem Teppich ist.

In dem Prozess gewinnt das Wort „Begreifen" ganz neue Bedeutung - man muss das Ding auch in der Hand halten.

Meine Erfahrung ist, je dichter man am Entwickler ist, und den quasi auch aus Kundensicht immer begleitet, desto besser und akzeptierter wird das Produkt.
Die einzigen Sachen, aus denen ich mich raushalte, weil das wirklich knochentrocken ohne Diskussionen und Ausweichmöglichkeiten an eigenen Gesetzen hängt, sind Gebiete wie EMV-Prüfungen und QS. Die Jungs da müssen einfach unbeeinflusst arbeiten. sonst wird das nix.

Und man muss den ganzen Prozess selber bis zur Abgabe im Blick haben. Sowas wie „die Zeichnungen stellt das DTP dann zum Schluss bei", ohne Kontrolle rausgehen zu lassen, ist tödlich. Zum Schluss steht Dein Kürzel samt Datum im Impressum, und das gilt vor dem Kadi.

Oder sowas wie:„Machen Sie schnell mal eine Anleitung, die Chinesen haben uns schon eine tolle deutsche Vorlage geliefert. Musst Du nur noch in unser Format umsetzen". Ganz böse Falle. Nur das beschreiben, was körperlich auf dem Tisch steht, auf wirklich nichts Anderes einlassen. Ich hab mit dieser Haltung schon Kunden verloren, so what, besser, als wenn irgend jemand an einer Fehlbedienung einen Schaden nimmt. Man merkt einem Manual an, wenn es der Autor nur als Übersetzung geschrieben hat, das gibt es selbst im Industriebreich. Ellenlange Sicherheitshinweise sind unabdingbar, aber wenn das ganze Manual daraus besteht und nur noch eine schlecht erklärte Explosionszeichnung die Anleitung bildet, dann war es das, und das merkt der Kunde.

Ist als Freiberufler auch eine Versicherungsfrage - bei den verhältnismäßig schmalen Honoraren ist eine wirklich gute Versicherung nicht zu bezahlen. Bei Produkthaftung, die der Kunde garantiert auf Dich abwälzt, hast Du im Ernstfall verloren. Dagegen hilft nur konsequente Sorgfalt. Bei angestellten Redakteuren ist das etwas anders. Ich hatte in den dreißig Jahren zum Glück keinen einzigen Fall.

Ene Erfahrung am Rande: Diese Redakteurs-Pools, die Dich als Redakteur für ein Projekt einkaufen, sind in vielen Fällen Sklaventreiber. Das merkt man leider oft erst am Schluss, wenns um die Rechnung geht. Sind nicht alle so, aber bei den guten Läden sind dann auch für Einsteiger schwer überwindbare Hürden und lange Durststrecken eingebaut. Ist eine gewisse Selektion gegen Möchte-Gern-Quereinsteiger, denn da sind wirklich die großen Player der Industrie unterwegs - die kennen im Fehlerfall keine Gnade. Da sollte man wirklich nur anheuern, wenn man auf einem Spezialgebiet totaler Crack ist. Ich bin da z. B. bei einem Büro in puncto Messtechnik-Importen unterwegs. Die Dinger aus Asien muss man von Null an erkunden, weil das chinesische Pidgin-Englisch auch nicht verwertbar ist.

Nicht ganz unwichtig ist auch die persönliche Einstellung. Ist man ständig gebremst, schlecht bezahlt und frustiert, wird man aus Frust schlampig, dann hat man den falschen Job. Wie ich oben schon schrieb, wenn man hoch will, muss man lernen, lernen, lernen - und das auch der Umgebung zeigen, universelle Fachkompetenz ist alles (auch wenn sich das liest wie ein Widerspruch, mal drüber nachdenken). Die Messlatte sind Kundenbeschwerden. Wenn man da immer wieder Rückschläge erleidet, von wem auch immer verursacht, hat man den falschen Job. Ach ja, Schlips und Kragen sind eigentlich Wurscht - wer mich kennt, weiß, was ich meine. Dresscode ist mir Wurscht. Es sei denn, das ist zum Termin angesagt, dann kämme ich mich auch schon mal. Respekt, Toleranz und auch mal Rücknahme gegenüber Kunden und deren Kunden sind eine Grundtugend in dem Job, genauso wie Durchsetzen, wenn es um was geht.
Das lohnt sich dann auch irgendwann finanziell - gute Leute sind dünn gesäht, und wenn man den AG nicht über den Tisch zieht und moderat in gegenseitigen Nehmen und Geben steigert, lohnt sich das auf lange Dauer. Ehrbare Unternehmer honorieren das auf Dauer. Schnell reich wird keiner in dem Job, aber wenn man durchhält, ist für den Kunden das nahende Rentenalter kein Anlass aufzuhören „Sie machen doch noch weiter?" Hmm ...wahrscheinlich das höchste Lob ...
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: technische Redakteure anwesend?

Beitrag von SchuesselTech »

Vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
ich denke mal, dass das bei mir (wenn überhaupt) erstmal ziemlich "weichgespült" losgehen wird.

Es wird wohl erstmal ein Projekt zum ausprobieren für beide Seiten gemacht und auch vermutlich eine ziemliche eierlegende wollmilchsau-stelle.
Mutmaßlich reden wir hier noch vom ein paar Wochen, bis was davon greifbar wird.

Wenn nur die Hälfte von meiner Wunschliste umgesetzt wird, wäre das für mich ein riesen Schritt nach vorne. Die anderen ungeliebten Aufgaben "jobcrafte" ich gerade weg ^^ was mir liegt und gefällt bekommt mehr Aufmerksamkeit und Energie, der Rest wird nur noch mit 85 statt 105% erledigt (und bekommt so oft trotzdem noch umfassendere Klärung als bei meinen Kollegen, die teils den ganzen Tag nebenbei podcasts hören... Bei mir ists nur Musik und durch mein High-end Headset höre ich im Gegensatz zu denen sogar, wenn mein Telefon klingelt :-))
Antworten