Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Wenn das Irrenhaus überfordert ist

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Raja_Kentut
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Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Raja_Kentut »

Moin,

ich hatte beim Goslartreffen ein sehr interessantes Gespräch über das Thema SCRUM. (Nicht das im Rugby, sondern als Arbeitsmethode)
Da ich seit langem drüber sinniere wie in meiner Abteilung das Konzern-Gähn-Gen ausgerottet werden kann, (im Rahmen meiner Freiheitsgrade, die FIRMA werde ich nicht umstellen können...)
und ich über neue, junge, denkoffene Kollegen und meine Zusammenarbeit mit Hochschulen und Startups auf SCRUM aufmerksam wurde
bin ich sehr an einem Erfahrungsaustausch mit Leuten interessiert in deren Frima SCRUM gelebt wird.

Über eine Kontaktaufnahme per PM und natürlich eine FingersWelt typische Diskussion hier wäre ich sehr froh.

teambasiert transzendente Grüße,

RK
Gary
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Gary »

Bei uns in der Firma wird schon lange mit Abkürzungen gearbeitet, geht zum einen fast nicht anders, teils weiß man aber deren Bedeutung schon nimmer.
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Fritzler
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Fritzler »

Wir hatten das auch mal durchgezogen, das ist dann langsam wieder eingeschlafen.
Was geblieben ist, ist das morgendliche "Standup".
Das bringt sogar etwas wenn man weis was die Anderen grade so tun.
Da kommen dann auch schnell mal Ideen von wem anders wie son Bug weggebugt werden kann.
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Hightech
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Hightech »

Hör das mal durch wenn du Zeit hast:
https://cre.fm/cre028-extreme-programming
duese
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von duese »

Ja, wir entwickeln schon länger mit SCRUM. Zumindest im Ansatz. Erfahrung (auch aus anderen Bereichen der Firma): Anfangs fühlen sich die Leute zum Teil kontrolliert/beobachtet, aber wenn es mal läuft, waren auch kritisch eingestellte zufrieden damit, weil man regelmäßig Erfolgserlebnisse hat und sieht, dass was weitergeht (indem man Karten von links nach rechts hängt).

Wie Fritzler auch gesagt hat: das Daily (Standup) ist sehr wertvoll. Wir arbeiten nicht alle an einem abgeschlossenen Softwarepaket, sondern machen Software für viele Prüfstände. Der regelmäßige Austausch, was gerade gemacht wird und worüber man das so stolpert ist sehr gut.

Eine zeitlang war bei uns der Slogan "100% agile" unterwegs. Der ist aber wieder verschwunden. Ich vermute als die Führung gemerkt hat, dass sie bei 100% agile nicht mehr viel zu sagen haben :mrgreen:
sysconsol
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von sysconsol »

Raja_Kentut hat geschrieben: Fr 13. Aug 2021, 12:56 Da ich seit langem drüber sinniere wie in meiner Abteilung das Konzern-Gähn-Gen ausgerottet werden kann, (im Rahmen meiner Freiheitsgrade, die FIRMA werde ich nicht umstellen können...)
Ich kenne deine Abteilung und deren Probleme nicht.

Aus eigener Erfahrung in verschiedenen Arbeitsverhältnissen kann ich sagen, dass Innovation vor allem aus Neugier und damit auch aus intrinsicher Motivation kommt.
Wenn die Menschen in einer Abteilung halbwegs miteinander können, werden sich dadurch entsprechende Gespräche ergeben.
Das führt zu Innovation.

Erzwingen lassen sich Innovation und Motivation nicht. Motivation muss intrinsich kommen.
Wenn die Motivation vorhanden ist und nur durch "wir wissen nicht, wie wir unser Wissen sinnvoll einsetzen und origanisieren sollen und damit gegenseitig über die Füße stolpern" nicht zur Wirkung kommt, dann mag ein Konzept wie SCRUM helfen.
Wenn es an einer Stelle an passenden Fähigkeiten fehlt, dann hilft Weiterbildung oder ein passender Mitarbeiter.


Wenn ich allerdings "Konzern-Gähn-Gen" lese, dann habe ich das Gefühl, dass man soziale Probleme und / oder Aufgaben der Konzernleitung mit Verwaltungsaufgaben zu erschlagen versucht.
Ich sitze auch gerade in einer Abteilung, die sich in Richtung Totverwaltung bewegt.

Wenn da Menschen sitzen, die aus Desinteresse nur ihre Stunden abreißen, dann denke über die Ursachen nach.
Das kannst du ggf. nach oben melden, daran etwas zu ändern kann eine Aufgabe der Konzernführung sein.
Wenn es an den Menschen selbst liegt, dann trenne dich von ihnen.

Das mindert auch die Gefahr, dass Neulinge nach 4 Wochen "plötzlich" gehen...
(Habe ich exakt so erlebt. Grund war, dass ein resignierter Kollege jede Eigeninitiative nur belächelt hat.
Was die Konzernleitung betrifft, war es in diesem Fall so, dass man der Meinung war, dass jegliche Innovation "nebenbei" erledigt werden kann.
Damit haben seit 10 Jahren bekannte und nie angegangene Probleme die Effektivität niedrig gehalten und der eine Mitarbeiter war vor allem auch deswegen demotiviert.
Offizielle Gründe sind dann natürlich immer die Bezahlung.
Zu der Zeit als ich gekündigt habe, haben noch viele Menschen aus anderen Abteilungen gekündigt.)


In einem anderen Arbeitsverhältnis war man mehr mit dem Schimpfen über die Welt beschäftigt als mit Arbeiten.
Das steckt an. Fachlicher Austausch war nicht möglich**.
Der Abteilungsleiter wollte davon nichts wissen. Spätestens dann sollte man aussteigen.
Trotzdem die Arbeit dort fachlich sehr viel Spaß gemacht hat und vielseitig war (bis jetzt ein Teil meiner besten Zeit).


Ich habe ganz stark den Eindruck, dass ein sehr großes Problem darin besteht, arbeitstechnisch(!) zueinander passende Menschen zu finden.
Da hilft einem eine Papierbewerbung eben nicht, weil gewisse Dinge da nicht drinnenstehen.
Probearbeiten ist für den Bewerber nicht immer einfach.
Gute Werkstudenten schaffen was und man lernt sie etwas kennen - ganz hilfreich.
Wirklich Gute brauchen aber auch Gründe, um zu bleiben. Eine gute Arbeitsweise ist da schon ein Argument, Geld auch (-> Konzernleitung).

"Team Building Events" empfinde ich hingegen als Zumutung.
Ein gutes Arbeitsklima ist mir viel wichtiger. Dazu muss ich Kollegen nicht privat kennen (und will es oft auch gar nicht!).

** Fachlicher Austausch: Wenn man die Möglichkeit dazu nicht hat, kann das sehr zehren. Das erlebe ich gerade. Als einziger "Techniker" unter "Künstlern".
Man kann aber nicht alles wissen und man verrennt sich auch mal.
Da ist es manchmal ganz gut, wenn man jemand fragen kann.
Ich würde das inzwischen auch zu gutem Arbeitsklima zählen.
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Marsupilami72
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Marsupilami72 »

Wie jetzt...ihr habt auf dem Treffen agiles bullshit-Bingo gespielt, und mir nicht Bescheid gesagt? Schämt euch :mrgreen:
"agil" ist auf der Buzzword-Skala aktuell halt ziemlich weit oben - da will jeder irgendwie agil sein...was dabei raus kommt, hat dann aber meist nicht mehr viel mit SCRUM zu tun.

Die entscheidende Frage ist, wie euer Arbeitsalltag aussieht - viele kleine Aufgaben, große Projekte...beschreib doch mal in Stichworten, was ihr so macht.
Wenn ihr viele kleinere Aufgaben habt, ist ein Kanban Board ein guter Einstieg - da braucht es kein SCRUM.

Das daily-Standup ist wie schon gesagt durchaus hilfreich - das gilt aber grundsätzlich für viele Formen des fachlichen Austauschs (das zwanglose Gespräch in der Kaffeeküche wird m.E. massiv unterschätzt).
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xoexlepox
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von xoexlepox »

Ich habe bei meinem letzten Arbeitgeber die Einführung von SCRUM mitgemacht, hielt es zuerst für unsinnig, und fand es später gar nicht mal so schlecht. Aber ich war auch nur ca. 1.5 Jahre dabei, und habe so nur die "Anfangszeiten" miterlebt.

Eigentlich soll das Verfahren ja die Effektivität und Kreativität steigern, aber dafür benötigt es selber auch eine Menge zusätzlicher Zeit. Die Posten des Scrum-Masters und des Project-Owners verschlingen jeweils schon mal so mindestens eine halbe Stelle, denn das macht niemand "mal so nebenbei". Dazu kommen dann noch die regelmäßigen Meetings zum "Planning" und "Review", bei denen das komplette Team jeweils einige Stunden eingebunden ist. Außerdem dauert es einige Monate, bis sich das Team eingespielt hat, und die "Spielregeln" (Sprint-Dauer, "Done"-Kriterien, ...) so grob optimiert sind. Dafür wird - wenn es denn mal "läuft" - nicht mehr so viel "spontaner Mist" produziert, der später wieder aufwändig korrigiert werden muss.

Wichtig ist dabei, daß die Geschäftsleitung auch mitspielt, denn nur so kann das Team (von "Fachleuten") auch unsinnige
Einwürfe/Anweisungen/Planänderungen ablehnen, und sich über andere Ansätze zur Problemlösung Gedanken machen.

Wirklich "agiler" wird das Team dadurch m.E. nicht, eher "träger, aber zielgerichteter", und der Gesamtablauf wird für jeden anschaulicher und besser verständlich. "Schnelle Reaktionen" (wie z.B. auf auftauchende Bugs) können mit diesem Verfahren jedoch nicht erreicht werden. Um auch solche Fälle abhandeln zu können, ist es sicher sinnvoll, von der verfügbaren Zeit für
Sprints nur z.B. 80% zu verplanen.
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Raja_Kentut
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Raja_Kentut »

"Die entscheidende Frage ist, wie euer Arbeitsalltag aussieht - viele kleine Aufgaben, große Projekte...beschreib doch mal in Stichworten, was ihr so macht"
Ich sag mal nix weiter um die Diskussion nicht unbewusst in eine Richtung zu lenken.

Ich lese grad das Scrum Buch vom Sutherland, interessant wie viele Dinge hier schon in der Diskussion sind, die er vorhersagt und die zeigen, das es eine Frage der "Firmenkultur" ist ob Scrum überhaupt Sinnvoll machbar ist.
Bitte weiter so😁
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Fritzler
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Fritzler »

Raja_Kentut hat geschrieben: Sa 14. Aug 2021, 12:55 Die entscheidende Frage ist, wie euer Arbeitsalltag aussieht - viele kleine Aufgaben, große Projekte...beschreib doch mal in Stichworten, was ihr so macht
Na so wies eigentlich gemacht werden sollte:
Es gibt ein großes Projekt und das wird in Teilaufgaben unterteilt.
Ein Aufgabenteil sollte nicht so lang sein, dass es über Wochen geht und man somit im Kanban nix vorschieben kann.
Eine 2 stellige Anzahl an Miniaufgaben wäre jetzt das andere Extrem.

Leider kann ich da jetzt nicht hier öffentlich konkret werden was wie aufgeteilt wird.
Da ich grade an was neuem für unsere Prdukte arbeite.
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Marsupilami72
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von Marsupilami72 »

Klar kommt es auf die Firmenkultur an - "die da oben" müssen wirklich bereit sein, sich darauf einzulassen.
Oft werden einfach alle Mitarbeiter auf eine SCRUM Schulung geschickt, einer wird zum SCRUM Master ernannt - und dann gleitet das ganze ins Chaos, weil man sich nicht wirklich an die Regeln hält.

Aber man braucht auch eine gewisse Team- und Projektgröße, damit SCRUM Sinn macht, deswegen frage ich ja danach.
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ESDKittel
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Re: Neue Welt, neue Methoden, alte Denke - Macht hier jemand SCRUM?

Beitrag von ESDKittel »

Nach dem Überfliegen des Wiki-Artikels zu SCRUM kommen mir viele der Element sehr bekannt vor.
Hab ohne es zu wissen quasi schon danach gearbeitet, nur ohne diesen ganzen Neusprech drumherum.

Kann sehr gut funktionieren, braucht aber die richtigen Leute denen man auch Raum geben muß.
Und Vorgesetzte die ein Projekt auch mal laufen lassen können und sich nicht dauernd bei Kleinigkeiten einmischen,
sondern das Gespür dafür haben wann es läuft und wann nicht und im letzteren Fall auch mal rechtzeitig beherzt eingreifen.

Besonders mein erster Vorgesetzter nach dem Studium ist mir da positiv in Erinnerung.
Der hat sich aus dem Tagesgeschäft komplett rausgehalten und nur administrative Dinge erledingt.
Projektleiter wurden immer aus dem Entwicklerteam heraus bestimmt.
Aufgabenverteilung, Zeitplanung, etc ebenfalls, nur der grobe Projekrahmen kahm von Oben.
Die komplette Entwicklung und auch die Abstimmung mit anderen Abteilungen und mit Kunden lief weitestgehend auf Ingenieurs-/Technikerebene.
Der Chef tauchte aber wiederkehrend uneingeladen in Projektbesprechungen auf, hat sich still in eine Ecke gesetzt und dort an seinem Schlepptop gearbeitet.
Manchmal ist er irgenwann wortlos wieder verschwunden, manches mal nach der Besprechung im Raum geblieben.
Dachte erst der versteckt sich damit der seine Ruhe hat.
Bis irgendwann mal ein Problem auftauchte und wir im Projekt festzustecken drohten, da hat er auf den Tisch gehauen und eingegriffen.
Er hatte das gesamte Projekt im Detail aufm Schirm, hat das Problem genau erkannt und die richtigen Aufgaben verteilt und auch selbst Aufgaben zur Problemlösung übernommen.
sysconsol hat geschrieben: Fr 13. Aug 2021, 22:18 "Team Building Events" empfinde ich hingegen als Zumutung.
Ein gutes Arbeitsklima ist mir viel wichtiger. Dazu muss ich Kollegen nicht privat kennen (und will es oft auch gar nicht!).
+1
Was nütz es einem wenn man die Arbeitskollegen eine Woche lang im Tagungszentrum durch ein Spinnennetz tragen soll oder durch virtuelles Moor,
wenn die einen danach immer noch nicht Grüßen, der Bürostuhl völlig durchgesessen ist, defekte Meßmittel nicht ersetzt werden oder das Klo nicht ordentlich geputzt wird.

Das lockere Gespräch in der Kaffeeecke oder sich einfach mal die (berechtigten arbeitstechnischen) Sorgen und Nöte des Kollegen anhören der einem gerade mit Qualm aus den Ohren aufm dem Flur entgegenkommt sind dort viel wirkungsvoller.
Auch wirkliches technisches Interesse an der Arbeit der Kollegen untereinander (z.B. wenn einer ein neues Meßgerät in Betrieb nimmt) ist sehr viel wert.
Das muß aber von den Mitarbeitern selbst kommen und gelebt werden.
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