dem Rost gehts an den Kragen

Der chaotische Hauptfaden

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RMK
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dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von RMK »

Hallo,

hab mal wieder was ausprobiert.
Meine kleine Abkantbank (siehe auch der MuFuTi-Thread...) hatte als Klemmschrauben ziemlich verrostete
Teile, die mir jämmerlich zugerufen haben "Tu was! das sieht doch nicht aus!"

na schön.. durch Zufall habe ich in einem Youtube-Video von "blackbeard projects" (der macht interessante Sachen!!)
ein Rostentferner-Rezept gesehen (in DIESEM Video: https://www.youtube.com/watch?v=gJf5mzJTYOo )

okay, hier die Ausgangssituation:

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nein, ist noch nicht durchgerostet, aber schön ist anders....

das Rezept sagt viel Essig, dazu Kochsalz, und gegebenenfalls mehrere Tage ruhen lassen.


da meine bessere Hälfte den Balsamico nicht rausgerückt hat ("Schatz, ich brauche viel Essig! - VERGISS ES..!") habe ich halt Essigessenz genommen,
das ist dasselbe, nur fünf mal so konzentriert.
Natürlich ist es nicht dasselbe wie Balsamico. Aber es ist halt Essigsäure drin.

Dazu noch zwei Teelöffel Salz und etwas Wasser, damit es nicht ganz so heftig ist, und ab in die Schüssel:

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nach drei Stunden (!) sieht es dann so aus (immer wieder mal zwischendurch bisl gekippt...)

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es sind noch Verfärbungen da, wo der Rost war, aber es ist glatt - gut, war auch nicht tief reingefressen...


ich hab die Teile aus der Schüssel genommen, lange und gründlich mit kaltem Wasser abgespült, und danach noch
eine Runde in Spiritus gebadet:

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dann mit TetraGun, einem Kaltbrünierungsmittel, angepinselt. Es ist sinnvoll mit dem Pinsel nicht nur die Werkstücke
einzupinseln und dann ruhen zu lassen, sondern auch ein bisschen zu "bürsten".

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so wird es dann, nach einmaligem Auftragen:

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Hier schön das vorher/nachher zu sehen (der linke Schraubenschlüssel ist behandelt, der rechte (die Unterseite) noch nicht...

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hier auch, behandelte Oberseite, unbehandelte Unterseite:

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ACHTUNG: Das Brünierungsmittel NICHT auftragen, womöglich länger als 10 min wirken lassen oder gar ANTROCKNEN lassen
und zum Mittagessen gehen! Danach ist alles rostiger als vorher. Woher ich das weiss? ähhh... hab ich mir sagen lassen. ;) ;)
(Please repeat from STEP 1....)

nach dem Brünieren nochmal mit Wasser abspülen (wichtig), ich habs dann auch nochmal durch den Spiritus geschubst und danach
dünn mit Ballistol eingeölt.

Jetzt schaut der Kram so aus:

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was soll ich sagen, die Abkantbank ist zufrieden, also bin ich es auch. :-)
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Geoschreiner
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Geoschreiner »

Hi,

einen ähnlichen Effekt (ohne Brünierung) erzielt man auch mit Zitronensäure oder per Elektrolyse (Batterielader fürs Auto + eine (Edel)stahlelektrode + etwas Waschsoda oder Natron) - beides ist ebenfalls billig und relativ schonend. Zitronensäure kann dir bei zu langer Einwirkung Werkstücke kaputtfressen.

Hinterher jeweils unter fließendem Wasser abbürsten und sofort einölen (ich nehme Ballistol) und, falls gewünscht, noch bürsten.

Nur als Alternativen - mir stinkt der Essig zu arg und Zitronensäure kostet fast nix, Waschsoda dito.

Viel Erfolg weiterhin!
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Gobi
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Gobi »

oh das ist interessant! Also brünieren ist ja mein täglich Brot, da hält sich die Begeisterung in Grenzen, ich staune eher, das der Röst doch ganz gut weggegangen ist - das muss ich mal probieren!
berlinerbaer
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von berlinerbaer »

Was ist denn Dein Brünier-Rezept der Wahl, Gobi?

Ich habe mit Phosphorsäure eigentlich recht gute Erfahrungen gemacht, aber da kommt es auch sehr auf den Stahl an.

Wenn alles gut geht, kommt da eine anthrazit-farbene Eisenphosphat-Schicht bei raus, die rosthemmend wirkt und prima aussieht.

Ordentlich abwaschen/mit leichter Lauge neutralisieren ist allerdings notwendig, sonst passieren unerfreuliche Sachen.
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Gobi
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Gobi »

ich nehme ein käufliches Brüniermittel, keine Ahnung, da ist wohl Selen drin? Ist wohl dem von RMK ganz ähnlich.
Ich finde das ganze nicht besonders rosthemmend, bei mir gehts nur darum, die Schleifstellen verschwinden zu lassen
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Bastelbruder
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Bastelbruder »

EntRosten durch Säure und oder gar Kochsalz ? :shock:
Ziemlich jeder Autofahrer weiß daß Chloride DIE Rostförderer sind.

Ernsthafte Restaurateure verwenden Natronlauge. Ok, das ist im trockenen Zustand auch wie Salz.

Und ich kann mich noch erinnern wie mein mit reiner Phosphorsäure "passivierter" Fahrradrahmen am nächsten Tag aussah. Aber der Lack hat darauf wirklich gut gehalten. Und verjährt ist der Fall auch. :lol:
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RMK
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von RMK »

Harald, ich hab mich auch gewundert, andererseits löst Salzsäure Rost ja auch gut auf...

wie soll ich sagen, es hat funktioniert. *schulterzuck*

das hinterherige Abwaschen ist aber Pflicht und unbedingt nötig, weil... äh. . naja. könnte sonst wieder rosten. :-)
Azze
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Azze »

berlinerbaer hat geschrieben:Was ist denn Dein Brünier-Rezept der Wahl, Gobi?

Ich habe mit Phosphorsäure eigentlich recht gute Erfahrungen gemacht, aber da kommt es auch sehr auf den Stahl an.
Wikipedia spricht u.a. von Säuren und Laugen, z.B. NaOH.
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Desinfector
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Desinfector »

Geoschreiner hat geschrieben: einen ähnlichen Effekt (ohne Brünierung) erzielt man auch mit Zitronensäure oder per Elektrolyse (Batterielader fürs Auto + eine (Edel)stahlelektrode + etwas Waschsoda oder Natron) - beides ist ebenfalls billig und relativ schonend. Zitronensäure kann dir bei zu langer Einwirkung Werkstücke kaputtfressen.

Das Werkstück kommt dabei an Anode oder Kathode?
tryps
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von tryps »

Bei Elektrolyse keine Edelstahlelektrode nehmen, da habt ihr danach Chrom(6)? im Elektrolyt rumschwimmen und den Scheiß sollte man zu Hause nicht entsorgen bzw. handhaben müssen. Einfaches Blech tut es völlig, ein altes Computerseitenteil z.B. und damit es schnell geht: mehr Oberfläche = mehr STROM.
Waschsoda bekommt ihr bei Rossmann/DM.

Gruß
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RMK
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von RMK »

okay, das wird dann der nächste Test. :)

mist, wo kriege ich jetzt ein rostiges Metallteil her? *g*
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Fritzler
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Fritzler »

Metall mit Salzwasser besprühen, aber ohne Essig :mrgreen:
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Toddybaer
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Toddybaer »

hier muss doch einer seinen T4 schweißen. Da werden bestimmt ein paar rostige Teile rausgeschnitten...

Alle schönen Meisen, aus Rost wird wieder Eisen :lol:
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ferdimh
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von ferdimh »

ich behaupte, dass der Rostigkeitsgrad von Karrenblech ein etwas anderer ist, als der von dem wir hier reden...
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Toddybaer
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Toddybaer »

Rost hin oder her, Eisen wird das nicht mehr.

Bei den chemischen entrosten wird ja nur der Rost mehr aufgelöst als das Eisen.
So und je nach Resteisengehalt des Werkstückes bleibt dann auch mehr oder weniger davon über
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RMK
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von RMK »

man kann schon aus Rost wieder metallisches Eisen machen, man muss das halt reduzieren (Stichwort Thermit).

aber ob das jetzt bei einem Fahrzeugblech so zielführend ist.... :mrgreen:
Azze
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Azze »

Ist anschließend einfach kompakter als vorher :lol:
jodurino
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von jodurino »

Toddybaer hat geschrieben:hier muss doch einer seinen T4 schweißen. Da werden bestimmt ein paar rostige Teile rausgeschnitten...

Alle schönen Meisen, aus Rost wird wieder Eisen
Eine Rundreise mit dem T4 jeder darf eine Stelle schweissen?

Aber RMK, ich habe einen Anbau mit einer gefühlten Füllstandshöhe von 150cm, Mischgedöns vom Vorgänger übernommen.
Da findet sich was für Dich.

Ich glaube 10 Liter Hufeisen sind auch noch da
cu
jodurino
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Desinfector
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Desinfector »

RMK hat geschrieben:okay, das wird dann der nächste Test. :)

mist, wo kriege ich jetzt ein rostiges Metallteil her? *g*
hätte ich das letzte Woche gewusst,
hätte Ich Dir noch einen Eimer mehr mit Rost mitgebracht.
In Dänemark anner Spundwand vonne Nordsee.

will mal schauen wie thermitgeeignet der Kram nach Ausglühen ist.
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reutron
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von reutron »

Zum Thema entrosten hier nochmal ein Link http://www.uhrenhanse.de/aktivitaeten/h ... stung1.htm
Alles was danach nicht gleich wieder Rosten soll und nicht fettig und schmierig sein soll behandle ich mit "Silbergleit"
Stahllineal / Winkel / Meßschieber / Sägen / Bohrmaschine / Anreiswerkzeug usw. ;)
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Julez
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Julez »

Was passiert denn, wenn aller Rost weg ist und das Teil immer noch am Strom hängt?
Ich wollte demnächst auch einen alten Abzieher entrosten, weiß aber nicht, wie ich das zeitlich und von der Stromstärke her abschätzen soll. Nicht dass ich nachher nur noch Metallkrümel übrig habe...
tryps
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von tryps »

Bei Elektrolyse mit Waschsoda gar nichts, kannst du so lange machen wie du willst. Der Rost wird Schwarz und fertig, der Strom lässt nach und die Opferanode rostet aber dem Werkstück gehts wunderbar.
Strom richtet sich nach Oberfläche, Spannung, und Elektrolyt Konzentration also einfach Ausprobieren, kannst vom Handylader bis zum Schweißgerät alles nehmen was Gleichstrom produziert.
^^artin
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von ^^artin »

"...habe ich halt Essigessenz genommen,
das ist dasselbe, nur fünf mal so konzentriert."

...und 10mal so teuer (pro Liter)!
Hab das früher auch gerne zum Reinigen/Entkalken benutzt aber inzwischen ist das Zeug einfach viel zu teuer geworden.
Ich verwende für solche Zwecke inzwischen nur noch billigst-Essig für (~35Cent/Liter).

Das anschliessende Neutralisieren mit Haushalts-Natron sollte das sofortige weiterrosten vermeiden.
Ist ansonsten schwer den Essig wieder loszuwerden.

Gruß Martin
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Freak
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Freak »

Ethansäure 60%, 10L 20 Euro. 1:10 -> Essig 6%, 20 Cent/L - und ich habe mit der Konzentration immer die richtig dicke Keule da, wenn ich sie brauche.
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Julez
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Julez »

Also ich hab's jetzt auch mal probiert, aber ohne Erfolg, warum auch immer.
Vorgehensweise:
Teile 2h im Tensid- Ultraschallbad gereinigt, garantiert fettfrei.
In einen aufgeschnittenen Kanister gehängt mit 5l Wasser und 1 EL Soda. Befestigung mittels Drahthaken an einem Metallrohr.
Gegenelektrode waren 4 etwa handgroße Blechteile aus Computergehäusen oder so.
Minuspol an Werkstücke, Pluspol an Gegenelektrode.
Ca. 8h lang 1A draufgegeben, hat auch gut geblubbert. Werkstücke allerdings unverändert.
Dann noch 1,5h lang 6A eingestellt, aber immer noch kein Effekt. Nicht der geringste.
Was mach ich falsch? :?:
Hausmeister
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Hausmeister »

Welche Spannung?
Deimos
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Deimos »

Moin,

Beizen / Entrosten wird in der Industrie für C-Stähle (schwarze Stähle) primär mit Salz-, Schwefel-, und seltener Phosphorsäure realisiert. Es gibt auch Fälle wo mit z.B. Zitronensäure gearbeitet wird, ist aber eher unüblich da die Abtragsgeschwindigkeit im Vergleich zu HCL, H2SO4 und H3PO4 um einiges geringer ist. Es gibt auch Mischsäurebeizen, hier ist aber die Aufbereitung und Reinigung der Beize aufwändiger als bei einer "Rein"stoffbeize.
Die Bäder werden in aller Regel beheizt um die Reaktivität zu erhöhen, bis zu 70°C sind hier Säureabhängig die Zieltemperatur. Der Limitierende Faktor bei der Temperaturwahl ist die Flüchtigkeit der Beize. In den Hallen wo die Durchlaufbeizen (gerade HCL Beizen) stehen ist trotz Abluftwäschern ALLES! verrrostet, respektive angegriffen.

Konzentrationen:
HCL 15 - 20%
H2SO4 20 - 30%
H3PO4 10 -20%

Wichtig ist, das den Beizen Beizinhibitoren zugesetzt werden, welche den Abtrag des Basismetalls reduzieren, dazu gibt es viele kommerzielle Produkte am Markt, die "einfach" prozentual beigemischt werden (Dosierung per Teststreifen oder Automatischer Beimischung)
http://www.ritter-chemie.com/de/beizinhibitoren ist einer der Hersteller.

Prozessablauf (grob):
Entfetten -> Spülen -> Beizen -> Spülen -> Neutralisation -> (Spülen) -> Trocknen -> Nachbearbeitung (besäumen)

Nach dem Beizen folgt je nach Prozessführung die erste Spülung (Wasser um die Säurereste zu verdünnen), danach wird mit Neutralisationslösung (billig NaOH, meistens kommerzielle Produkte) gespült welche die Säurereste neutralisiert, und je nach Wahl der Neutralisationslösung auch die Oberfläche passiviert. Danach erfolgt das trocknen / weiterverarbeiten, oder die Nachbearbeitung nach Kundenwunsch (einschlagen in Korrosionsschutzpapier/Folie, beölen oder anderen Verfahren).

Es gibt auch Laugenbeizen für C-Stahl, welche Verfahrensbedingt die Neutra-Stufe nicht in dem Umfang benötigen. Die sind jedoch sehr selten im Vergleich zu den Säurebeizen und langsamer, vulgo teurer.


Edelstähle werden mit deutlich amüsanteren Beizen behandelt. Meistens sind es Mischungen aus HNO3 und HF in veränderlichen Konzentrationen. HNO3 bis zu 30%, und HF bis zu 10% sind gängig, die Bäder liegen Konzentrationstechnisch meistens niedriger. Auch hier wird die Aktivität durch beheizte Bäder erhöht, der restliche Verfahrensablauf ist analog der C-Stahlbeize.


Zusammenfassung auf Fricklerniveau für "effektive" Entrostung (Selbst mehrfach erfolgreich Durchgeführt):
Wer das nachmacht, tut dies auf eigene Gefahr, ohne Erfolgsgarantie und ist selbst Schuld wenn er hinter wie der Joker aus Batman aussieht.

PSA und Material:
- Handschuhe Säurefest
- Gummischürze
- passende Schuhe
- Schutzbrille / Gesichtsschutz
- Maske + Filter ABEK
- Plastikwannen (Euroboxen funktionieren super)
- Tauchsieder Edelstahl
- Thermometer
- Zangen aus Edelstahl
- Salzsäure
- Natronlauge
- Wasser
- Neutralseife
- PH Papier
- Bremsenreiniger
- Pinsel oder Bürste

Durchführung:
Hinweis: MACHT DAS AUF JEDEN FALL DRAUßEN ODER UNTER ABLUFT!
Die entstehenden Dämpfe sind nicht gesund, und fressen alles an.
PSA anlegen!

- Salzsäurelösung 20% ansetzen (Vorsicht Hitzentwicklung, Spritzer, etc.)
- NaOH Lösung ansetzten 5%
- Die zu beizenden Teile entfetten (Bremsenreiniger)
- Eine kleinere Kunststoffwanne in eine größere welche als Containement dient reinstellen
- Eine weitere große Wanne mit Wasser füllen (Spülbad 1)
- Eine weitere große Wanne mit Wasser füllen (Spülbad 2)
- Eine weitere große Wanne mit NaOH füllen (Neutrabad)
- Säure in die kleinere Wanne einfüllen, Tausieder so befestigen, das er nicht die Wand des inneren Behälters anschmoren kann
- Säurebad unter rühren auf die Zieltemperatur von 50°C bringen, Tausieder raus aus dem Bad
- Die zu entfetteten Teile mit der Zange in das Bad legen, und das Bad in Bewegung halten (Man kann die Lösung auch in einem Ultraschallreiniger ansetzen, die Reinigungswirkung ist Phantastisch)
- Die sich lösenden Rost/Korrosionsprodukte mit Bürste und Pinsel entfernen
- Solange wiederholen bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist
- Spülbad 1, die Teile (am besten mit deionisiertem Wasser) spülen
- Die Teile in das Neutrabad legen und bewegen das alles überspült ist
- Spülbad 2, die Teile wieder(am besten mit deionisiertem Wasser) spülen
- PH-Wert am Teil prüfen (sollte Neutral sein), wenn nicht das Spülen wiederholen
- Teil trocken (man kann in einem weiteren Schritt das Teil mit einer gering konzentrierten Phosphorsäurelösung passivieren)
- Beize und Neutrabad kann man je nach Sättigungsgrad wiederverwenden, und lassen sich bei der Konzentration problemlos in geeigneten Plastikkanistern lagern

Ansonsten alles gut mit Wasser abspülen, Säure mit Lauge neutralisieren und entsorgen / oder an der Gefahrstoffsammelstelle abgeben.

Und ja, es ist das industrielle Verfahren auf Küchentischniveau, funktioniert dafür aber auch Problemlos. Vorteil gegenüber der reinen Phosphorsäure / Zitronensäurevariante ist, das man keine Flake / "Schlamm"bildung direkt am Teil hat. Auch die Verfärbung ist um einigers geringer.
(Vielleicht sollte man den Nachbarn vorher Bescheid sagen was man da macht, BEVOR die einem nen SEK auf den Hals hetzen wenn man a la Breaking Bad im Garten steht :)

Grüße
Deimos
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Smily »

Ich habe auch schon des öfteren mit strom entrostet.

Der ganze aufbau war ziemlich banane.

Alten Metalltopf, dieses mit einer Mischung aus wasser und Klorix (4/3 kloix) zusammengerührt.
Masse an den Topf und Plus an das Werkstück und selbiges an was nicht leitendem mittig in die suppe hängen.

Igor kam aus nem 8A Bleiakkuladegerät mit in reihe geklemmter H4 birne gegen kurzschluss.

Das hat anständig funktioniert!

Ein Hinweis, machs draußen oder in nen seeeehr gut belüfteten raum.
Die gase die da aufsteigen beißen sehr, und sind bestimmt alles andere als gesund.

Nach einer weile wird die brühe dann auch brutal Heiß. Und sieh zu, dass du die klemme am werkstück sehr massiv wählst. Die verschwindet nämlich mit!
Eine klemme von den billigen krokokabeln war nach 10 minuten nicht mehr aufzufinden.
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Phyro »

Klorix plus Elektrolyse? Da dürfte Chlor bei rauskommen. _Richtig_ gut auf Entlüftung achten, mit dem Kram ist nicht zu spaßen!
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Julez
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Julez »

Hausmeister hat geschrieben:Welche Spannung?
Bei 1A stellten sich 4-6V ein, später dann an 6A waren es ca 26V.
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von berlinerbaer »

Smily hat geschrieben:Alten Metalltopf, dieses mit einer Mischung aus wasser und Klorix (4/3 kloix) zusammengerührt.
Kampfgas-Synthese beim elektrolytischen entrosten ist wirklich Keine Gute Idee™ .

Um das Wasser leitfähig zu machen, gibt es eine reichhaltige Auswahl an Möglichkeiten ohne Chlor-Ionen: Natron, Backpulver, Natron- oder Kali-Lauge...

Auf das entstehende Knallgas sollte man auch ein Auge haben.
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Smily
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Re: dem Rost gehts an den Kragen

Beitrag von Smily »

Hmmm. Dann hätte ich mal besser die gase aufgefangen und für spätere nutzung aufbewahren sollen...
Nun ja.
Hat aber hervorragend funktioniert!

Eventuell , wenn jemand andere Erfahrungen hat die weniger tödlich sind, diese mal hier publizieren mit einer deppensicheren Anleitung?
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