Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Der chaotische Hauptfaden

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shaun
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Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von shaun »

Moin,

ich habe unlängst eine größere Menge DRAMs der ersten Generation (Am9060) erworben. Die Dinger haben als eine Besonderheit, dass sie auf den Datenleitungen bis zur Vdd von bis zu 20V vertragen, was ich für ein Gerät brauche, dort laufen einie mit 12V Datensignalen.

Aus einer Lieferung von über 700 neuen Altlagerbeständen ("NOS") sind etwa 200 durch den Test gekommen, der Rest hatte alle möglichen Fehler, meistens gleich im ersten Test statische Datenleitung.

Was für Fehler können solche ICs haben? Ein Test einiger Stichproben der zuvor gut getesteten ICs hat keine weiteren Fehler gezeigt.

Sind das bei ICs aus den späten 70ern eher Fertigungsfehler, die schon frühzeitig aufgetreten sind, oder schleppen sich solche Fehler durch die Jahrzehnte?
urmel
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von urmel »

Da gabs früher mal Probleme, auch und gerade mit Logikgattern.
Ist in dem Dokument eingangs erwähnt, da hat das Gold der Bonddrähte mit der Alu-Metallisierung reagiert.
https://www.springer.com/cda/content/do ... p174706113
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ESDKittel
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von ESDKittel »

Ist das wirklich unbenutzte Bin1 Ware?
Früher gab es durchaus funktionierende aber außerhalb Spezifikation gemessene Halbleiter z.B. als Bastlerware im Handel.
Ist es wirklich Originalware?
Auch uraalte seltene IC's werden mitunter gefälscht.

Wenn die ewig unter schlechten Bedingungen rumlagen könnte es ein Schaden in Zusammenhang mit Feuchte sein.
Die meisten anderen Ausfallmechanismen brauchen eigendlich immer einen Stressfaktor der eher beim Betrieb oder beim Lötprozess auftritt: Temperatur, Spannung, Stromfluß, mechnische Wechselbelastung,...

Falls es den Hersteller noch gibt, schick mal ein paar fehlerhafte Bausteine an die Q-Abteilung mit bitte um Fehleranalyse...

Wie testest Du die Bausteine, welches ATE benutzt Du?
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eJunkie
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von eJunkie »

Bonddrähte können evtl. durch wiederholte Temperaturwechsel abreissen. Es gab z.b. von Tek eine Custom Chip bei dem ist das oft vorgekommen, irgendie ist da bei der Produktion geschlampt worden. Bei meinen Oszi habe ich einen Kühlkörper drangefrickelt um da zu verhinden und dabei habe ich mich sehr gewundert das der Chip auch ohne Kühler eigentlich nicht sonderlich warm wird. So grob geschätzt waren das bestimmt nicht mehr als 40°. Wenn die ICs jetzt jahrelang irgendwo gelagert waren wo es im Winter sehr kalt wird und im Sommer sehr heiß wird und die Dinger schlecht gebondet waren wäre so was vieleicht sogar im Bereich des Möglichen. Obwohl ich es schwer vorstellbar finde das ein paar Jahreszeiten ausreichen. Ein Gerät was evtl. täglich ein und ausgeschaltet wird ist ja was anderes.
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ferdimh
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von ferdimh »

Bondversager kann man einfach messen... ein abgefallener Pin hat keine Diode mehr gegen die negative Besaftung.
Den Hersteller (AMD) gibt es noch ;-)
Die Wege von New Old Schrott sind oft unergründlich, auch an 1000 Vintage-ICs (oder Röhren oder Germaniumtransen) kann kaum ein seriöser Händler verdienen. Das Zeug kommt immer aus dubiosen Kanälen, da die offiziellen längst versiegt sind...

Das Ding ist ein ALTES MOS(nicht CMOS!) IC. Die Chancen, dass das Ding irgendwo auf seinem Weg den ESD-Tod gestorben ist, ist nicht so unwahrscheinlich, besonders wenn sich ein betroffener Pin niederohmiger misst...
Es macht im Übrigen Sinn, derartige alte (C)MOS-ICs mit 100k-1M in Reihe zu den Eingängen (entsprechend langsam...) zu testen und dabei auch auf die Stromaufnahme zu gucken. So findet man auch "leicht angeknackste" Ein- und Ausgänge.
Bei der gegebenen Anwendung würde ich aber anfangen, über ein SRAM und eine Adapterplatine nachzudenken.
shaun
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von shaun »

Moin und danke für die Hinweise.

Bei dem Preis macht sich keiner die Mühe, 700+ Stück zu fälschen. Es sind keine Steckspuren an den Beinchen und keine Hebelspuren vom Greifer am recht empfindlichen Gehäuse, und die Spreizung passt auch nicht zu schon mal eingesteckt - auch hier wäre der Aufwand, die wieder zurückzubiegen, zu hoch gewesen. Das scheint mir wirklich ein genuiner Industrie-Restposten zu sein. Die Lagerungsbedingungen kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Was ich natürlich nicht ausschliessen kann, ist, dass die vor Jahr(zehnt)en mal im Bulk aus Karten gezogen und ersetzt wurden und damals warum auch immer wieder hübsch gemacht wurden.

Test: mit dem RAM-Test-Gerätchen von Neoloch. Ist zwar low end, aber hat mir bisher sehr gehofen, 9060, 4015/4027, 4116, 4164, 6116, 6264, 62256... zu testen, weil der halt wirklich bis zu 17 Durchläufe mit wandernden Mustern auf Adressen und Daten macht. An einem 62256 testet der irgendwas bei 2 Minuten rum. Das teure Viech von ABI (Chipmaster) hat bei mir gerade bei RAMs fast nur Fehlschläge, und die 3-Spannungs-RAMs kann er gar nicht testen.

Ersatzplatine: ja darüber habe ich natürlich auch nachgedacht. Der Mist daran ist: ich brauche 10 Bits und die Hälfte wird mit 5V Daten, die andere mit 12V Daten gefüttert. Adressen so ähnlich. D.h. zwei 8 bit RAMs und so einiges an Pegelwandlern, plus Nachempfinden des Timings, viele dieser alten DRAMs halten die D-Out recht lange nach Deselect, aber das müsste ich mal am lebenden Objekt nachmessen und vor allem schauen, wann die folgenden Latches getriggert werdne, ggf ist das gar nicht so kritisch.
shaun
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von shaun »

Habe mir die Schaltung und das DaBla vom 9060 gerade mal angeschaut. Innerhalb von 30us wird zwei mal schreibend und zwei mal lesend auf das RAM zugegriffen, schön separat, eventuell noch am Ausgang anstehende Daten während schon geschrieben wird nutzen usw wird nicht gemacht.
Die Latches hinter den RAMs werden nur geclocked wenn die RAMs enabled sind. Sieht eigentlich recht übersichtlich aus. Ich bräuchte 12 Pegelwandler 12->5V für die Adressen, 4 für die oberen 4 Datenleitungen, einen für CE und einen für WE, zwei 8kx8 RAMs und 10 Pegelwandler 5->12V für die Datenausgänge. Muss nur noch mal schauen, ob die Adressen während des gesamten CE Zyklus stabil bleiben, die 9060 latchen die Adressen nämlich bei CE->high.
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ferdimh
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von ferdimh »

Naja, man kann ja auch Ausschuss umlabeln... Evtl auch schon 1975 oder so...
Das Zeug ist dann bei einem Pollinäquivalent gelandet und nicht weggegangen, und 40 Jahre später verkloppts der Erbe auf Ebay.
Bei gegebenen Geschwindigkeiten sind Pegelwandler nach unten ja einfach (Spannungsteiler?).
LS-TTL verträgt, wenn ich mich recht erinnere, auch 12V an den Eingängen, da könnten ein paar 74LS244 dein Problem schon lösen.
Bei der gegebenen Langsamkeit könnten auch 4050 oder so helfen.
shaun
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Re: Ausfallmodi ICs (Altes Zeug)

Beitrag von shaun »

Wie auch immer - LSTTL würde ich nun nicht als Pegelwandler nutzen. In der Originalschaltung sind an einigen Stellen die Umsetzungen in der Tat mit Widerstandsteilern realisiert, und zwar in beide Richtungen, bei 5V->12V dann halt mit Spannungsteiler nach "oben" und mit handverlesenen Kondensatoren parallel zum Anpassen der Geschwindigkeit.

Ich überleg mir da mal was...
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