Heute: Überholung eines Blaupunkt Sultan 2320. Das Gerät ist ein Erbstück von meiner Oma, es war mein erstes Radio als Kind, und es war bis in meine Jugend mein Haupt-Radio. Daher bin ich es sehr sorgfältig angegangen, und es hat dann auch längere Zeit gedauert.
Die Symptome: schlechter UKW-Empfang (irgendwie etwas leise und tendenziell etwas kratzig), bei Warmwerden springende Empfangsstärke bzw Lautstärke, die EM80 schon etwas düster.
Am Gerät wurde seit der Herstellung nichts mehr gemacht, d.h. es waren noch die alten "Malzbonbons" verbaut - und zwar nicht wenige.
Die habe ich mal Stichprobenartig durchgemessen, wie erwartet waren viele davon bzgl Isolation nicht mehr auf der Höhe. Besonders die kritischen Stellen (Koppel-Kondensator vor der Endstufe, Koppel-Kondensatoren nach der Endstufe zu den Elektrostat-Hochtönern) erschein mir davon unabhängig sinnvoll zu ersetzen. Um Ruhe zu haben habe ich die Papp-Folienkondensatoren alle ersetzt, die moderneren Plastik-Folienkondensatoren sind technisch einfach besser. Der 50+50uF Becherelko war noch gut und durfte drin bleiben. Die geschirmten Folienkondensatoren habe ich nachgefertigt durch Umwickeln mit dünner Kupferfolie (mit einem angelöteten Drähtchen), und Einschrumpfen mit Schrumpfschlauch. Ausserdem war die EABC80 schon etwas taub, wie eine Anodenstrom-Messung ergab, was sich in schlechtem UKW-Empfang bemerkbar machte (irgendwie etwas leise und tendenziell etwas kratzig). Elkos an unkritischen Stellen (Kathoden-Gegenkopplung) durften bleiben, der Ratio-Elko für den UKW-Empfang war schon etwas taub und wurde ersetzt.
Bei allen Reparaturen habe ich wieder axiale Typen eingesetzt, um halbwegs original zu bleiben. Reingestemmte "prismatische" Folienkondensatoren (d.h. die modernen radialen Typen) funktioneren natürlich genauso, hätte ich hier aber als lieblosen Pfusch empfunden.
Als Ersatzteile hatte ich von den meisten benötigen Werten noch auf Lager, aus diversen Pollin-Folienkondensator-Sets, in denen vor einiger Zeit noch schöne axiale Ost-Folienkondensatoren enthalten waren mit höheren Spannungen (im Katalog oft fälschlicherweise als Styroflex angepriesen wegen der täuschend ähnlichen Bauform, sind aber normale MKT). Nur einen 22nF-Folko konnte ich nirgends auftreiben in axialer Bauform, da hat mir aber nach diesem Gesuch hier
viewtopic.php?f=16&t=19797 nettweise ein Forent welche zugesendet. Beim Wechsel hab ich dann bemerkt, dass der (verzwickt eingebaute) original-C nur 250VDC Spannungsfestigkeit hatte, entgegen den im Plan angegebenen Spannungswerten - davon hätte ich sogar noch einen gehabt
Die nun verbaute 630V-Variante bietet aber natürlich mehr Reserven, insofern nicht verkehrt.
Die EM80 habe ich versucht durch ein besseres Exemplar zu ersetzen, aber habe keins gefunden. Auch hier hat mir netterweise wieder ein Forent einige EM80s zugeaalt, die aber leider nicht besser waren als die schon verbaute. Vorsicht übrigens bei den russischen Klonen, die funktionieren, haben aber (wie auch Telefunken) andere Abmaße, sie sind länger. Es passt nur die Valvo EM80! Das hat mich einige Zeit und Lehrgeld gekostet auf ebay.
Hier noch einige Bilder.
Davor:
Getauschte Kondensatoren.. der 22nF sitzt auf dem Bild noch falsch, das war eine sehr enge Stelle, und ich hatte ihn leichtsinnigerweise (zusammen mit zwei anderen Widerständen) falsch aufgelegt. Die Folge war kratziger Empfang und zu weites Aussteuern der EM80. Nach Korrektur ging es dann problemlos.
Radio in Betrieb:
Wer genau hinsieht entdeckt eine Gefahrenquelle: es fehlt eine Taste, das Chassis ist also (via Metallhebel der Taste) berührbar. Das Gerät hat durch Trafo volle Netztrennung, das Chassis ist aber nicht geerdet. Daher nicht optimal. Da werde ich bei Gelegenheit nochmal ran, eventuell kommt da einfach ein Stück Schrumpfschlauch auf den Tastenhebel, denn eine entsprechende Taste zu finden dürfte wohl schwierig werden.
Besonderer Dank gebührt Ferdi, der mit unendlicher Geduld meine Fragen zur Reparatur beantwortet hat, und mir damit geholfen hat, die Fehler einzukreisen, so dass eine zielgerichtete Reparatur (statt einem wilden Tauschen auf Verdacht) möglich war. Ich habe eine Menge dabei gelernt. Dank ebenso an Yehti, der mir einen passenden 22nF-Folko veraalt hat. Außerdem an Spike für die Ersatz-EM80s!