Platinen verzinnen

Der chaotische Hauptfaden

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berferd
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Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

Hallo,

mich würden eure Erfahrungen zum Platinen-Verzinnen interessieren. Ich habe bisher bei meinen Selbergefertigten immer mit Kolophonium-Lötlack gearbeitet um die Platinen zu versiegeln, anschließend bei 60-65 Grad für 2-3 Stunden im Ofen backen (sonst klebts noch längere Zeit). Verzinnen scheint mir aber die sauberere Variante.

Ich habe bisher (wg guter Verfügbarkeit) mal Fittings-Lötpaste ausprobiert: dünn auftragen (mit Plastikkarte z.B.), mit Heissluftpistole erhitzen bis sich Blasen in der Lötpastenschicht bilden und sie wieder "vertrocknet" ist. Dann kurz abkühlen lassen und unter fließendem Wasser sorgfältig abreiben (wegen korrosiven Inhaltsstoffen!). Endergebnis sieht erstmal gut aus und lässt sich gut löten, allerdings ist die Bahn nachher stellenweise (mit starker Lupe sichtbar) rauh bzw. angekratert - ich vermute das kommt von der Lötpaste. Beim Löten schwimmt um die Lötstellen zudem ein schwacher, lila-schwarzer Film auf - eigentlich sollte das alles abgewaschen sein, ich kann mir also nicht erklären woher der kommt. Doch noch Reste zwischen Zinn und Kupfer? Oder sind das andere Effekte?

Nun würden mich also eure Beobachtungen bzw. Einschätzungen zur Fittingspaste interessieren (v.a. wäre dumm wenn die Platinen langfristig weggammeln..) und welche "normalen" Produkte zum Verzinnen ihr stattdessen verwendet. Wichtige Punkte sind Einfachheit der Nutzung, Haltbarkeit der Lösung bzw. der Chemie (angesetzt, Rohzustand), Preis und natürlich Verfügbarkeit bei den übliichen Elektronikhändlern.

berferd.
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Weisskeinen
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Weisskeinen »

Ist jetzt nicht gerade eine Antwort auf deine Frage, aber der Lötlack SK10 von Kontakt Chemie funktioniert sehr gut zum Schutz der Platinen und für gute Lötbarkeit...
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Fritzler
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Fritzler »

Also ich hatte mal Bungard Surtin benutzt.
Quasi Pisse mit Zinn.

Da bekommt man aber auf einen Schlag so viel von, dass sich 3 Bastler zusammentun sollten, weil das zeuch auch nicht allzu haltbar ist.

Sieht dann so aus:
http://www.fritzler-avr.de/gallery/main ... _0474k.jpg
http://www.fritzler-avr.de/gallery/main ... _1271k.jpg
http://www.fritzler-avr.de/gallery/main ... _2341k.jpg

Wenns verbraucht ist, dann scheint immer mehr das Kupfer durch:
http://www.fritzler-avr.de/gallery/main ... _3125k.jpg
berferd
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

Kontakt Chemie SK10 verwende ich bisher, das ist der "Kolophonium-Lack" den ich meinte.

Das mit der Haltbarkeit ist das Problem das mich bisher abgeschreckt hat. Bei mir ist es öfter so, daß ich mal 3 Platinen in einer Woche mache, dann mal wieder 1 Jahr Flaute. Da ist das eher ungünstig..

Was mich etwas wundert beim Bungard Surtin, Zitat von der Seite: "Not suitable for multiple soldering", "Storage time 12 months, solderability 6 months". :?:
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Weisskeinen
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Weisskeinen »

Solange die Dose dicht bleibt, hält sich das Kontakt Chemie-Zeug. Wenn die Dose undicht wird (aka durchrostet :evil: , scheint ein übliches Problem des Herstellers zu sein), kann man den Rest-Lack in ein Glas füllen und mit einem Pinsel auf die Platinen auftragen.
Azze
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Azze »

berferd hat geschrieben: Di 8. Okt 2019, 16:49 dünn auftragen (mit Plastikkarte z.B.), mit Heissluftpistole erhitzen bis sich Blasen in der Lötpastenschicht bilden und sie wieder "vertrocknet" ist. Dann kurz abkühlen lassen und unter fließendem Wasser sorgfältig abreiben (wegen korrosiven Inhaltsstoffen!).
Ich habe es noch nie mit Platinen versucht, kenne Lötpaste auch nur aus dem Sanitärbereich, aber die leicht raue Oberfläche und den Blaustich der Verbindung kenne ich. Evtl würde es ja was bringen, noch im flüssigen Zustand über die Verzinnung zu wischen.
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Fritzler
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Fritzler »

berferd hat geschrieben: Mi 9. Okt 2019, 09:44Was mich etwas wundert beim Bungard Surtin, Zitat von der Seite: "Not suitable for multiple soldering", "Storage time 12 months, solderability 6 months". :?:
Die angerührte Lösung hält 1 Jahr.
Die in surtin eingelegte Platine ist 6 Monate lang gut lötbar, danach etwas weniger gut.
Aber das kennt man vom nackten Kuper ja auch.
Multiple Soldering: du sollst halt nicht 100 mal auf derselben Stelle rumbraten, das verzinnte Zinn geht ja in den verlöteten Zinnblobs über.
Also nach dem Entlöten eines Bauteils haste wieder Kupfer.

LAut Anleitung muss man alles auf einmal anrühren, aber man könnt sich ja die Verhältnisse für immer mal 100ml runterrechnen.
Dann rührste eben immer nur 100ml an.
bastelheini
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von bastelheini »

Vielleicht hilft das:
https://synthronics.de/technische-verfa ... verzinnen/

Ist wahrscheinlich ähnlich/gleich dem, was oben schon beschrieben wurde
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ESDKittel
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von ESDKittel »

Hatte mal das Glanzzinn von Seno ausprobiert, auch soein Zinnpipi.
Frische Lösung funktioniert wunderbar, aber nur auf wirklich sauberem Kupfer.
Abgestandene Lösung (nach ca. 3/4 Jahr kühl und dunkel gelagert) nurnoch spärlich.
Die verzinnten Platinen werden nach langer Lagerung an Luft schwer lötbar.
Ist dasselbe Problem wie mit den unlötbaren Lötleisten...
Eine zusätzliche Schicht Lötlack auf die frisch verzinnten Platinen könnte hier Abhilfe schaffen.

>>Evtl würde es ja was bringen, noch im flüssigen Zustand über die Verzinnung zu wischen.
Das funktioniert, mache ich bei kleinen Sachen mit breiten Leiterbahnen.
Leiterbahnen verzinnen und noch flüssig hinterm Lötkolben mit einem Baumwoll-/Leinenlappen hinterherwischen.
Thermisch aber nicht übertreiben sonst löst sich das Cu von der Platine.

>>das verzinnte Zinn geht ja in den verlöteten Zinnblobs über.
>>Also nach dem Entlöten eines Bauteils haste wieder Kupfer.
Das Zinn legiert beim Löten auch etwas in die Cu Oberfläche
Das bekommt man nicht restlos weggesaugt.
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Hightech
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Hightech »

Fitting-Lötpaste ist ungeeignet. Ich hatte Platinen damit mal verzinnt, das Ergebnis war, das es irgendwie zwischen den Leiterbahnen einen Widerstand gegeben hat.
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ESDKittel
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von ESDKittel »

->SMD-Lötpaste...hat aber auch ein Verfallsdatum...
ch_ris
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von ch_ris »

Ich glaube irgendwie entspannter als mit Lötpaste ginge es galvanisch.
Also mit zinn elektrode+schwämmchen+säure.
gibt kein Temperaturfenster zu beachten etc....
bastelheini
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von bastelheini »

Da muss aber jede Leiterbahn elektrisch angebunden sein oder? Stell ich mir recht mühsam vor..
berferd
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

Wie machen das eigentliche die professionellen Hersteller? Heißverzinnen, klar. Aber wie funktioniert das mechanisch? sowas wie ein Tauch-Lötbad oder Wellenlötbad (aka "Springbrunnen") über das die Platine dann gefahren wird?
berferd
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

Hightech hat geschrieben: Mi 9. Okt 2019, 13:34 Fitting-Lötpaste ist ungeeignet. Ich hatte Platinen damit mal verzinnt, das Ergebnis war, das es irgendwie zwischen den Leiterbahnen einen Widerstand gegeben hat.
Oha... In welchem Widerstandsbereich bewegt sich das? Meine bisherigen Platinen haben funktioniert, kann aber nicht ausschließen dass das einfach nur robuste Schaltungen waren. Muss ich an einer Testplatine nochmal nachmessen.
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Hightech
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Hightech »

Ich hatte mal eine Servosteuerung damit gemacht, die hat nur rumgesponnen. Ich musste alle blitzeblank saubermachen.
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Weisskeinen
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Weisskeinen »

berferd hat geschrieben: Mi 9. Okt 2019, 17:36 Wie machen das eigentliche die professionellen Hersteller? Heißverzinnen, klar. Aber wie funktioniert das mechanisch? sowas wie ein Tauch-Lötbad oder Wellenlötbad (aka "Springbrunnen") über das die Platine dann gefahren wird?
Heißverzinnen weiß ich jetzt nicht, aber der übliche Weg bei Leiterplattenherstellern ist etwas anders als beim Hobbyisten. Die Hersteller haben Basismaterial mit sehr dünner Kupferfolie drauf. Da wird eine Negativmaske des Leiterbildes drauf erzeugt und dann Kupfer aufgebaut bis zur gewünschten Leiterbahndicke und zwar nur da, wo die Maske offen ist. Dann können die Leiterbahnen durch Electroplating vergoldet oder verzinnt werden. Anschließend wird der Maskierungslack entfernt und die ganze Platine in Ätzlösung geworfen, wobei die Folie zwischen den aufgekupferten Leiterbahnen weg geätzt wird. Die Leiterbahnen werden durch das Gold oder Zinn geschützt. Wenn nicht, wird etwas vom Kupfer mit weg geätzt, das muss man dann beim Aufkupfern berücksichtigen. Anschließend kommt der Lötstopplack und der Bestückungsdruck drauf. Fertig.
CH-Bastler
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von CH-Bastler »

Da hatte ich doch mal was gesehen...
http://thomaspfeifer.net/platinen_verzinnen.htm
Habe ich selber aber noch nicht ausprobiert.
berferd
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

Richtig, daher hatte ich die Idee mit der Lötpaste.
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reutron
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von reutron »

https://www.youtube.com/watch?v=Gt0JnTDQr24

Selbe Methode aber das Ergebnis soll besser aussehen, ich hab es aber nicht probiert.
berferd
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von berferd »

also man bekommt ohne weiteres bessere Ergebnisse hin, selbst im ersten Anlauf. Habe alles so gemacht wie im Video, bei mir hats gut funktioniert. Kein "wegschrumpfen" der Lötpaste am Rand etc.. Platine nicht richtig entfettet möglicherweise? Ich mache beim nächsten mal Bilder und stelle sie hier ein.
Konsole
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Konsole »

Also wenn es nur um die Erhaltung der Lötbarkeit geht, würde ich bei Kolophoniumbrühe bleiben (gerne selbstgemacht: Teelöffel Pulver in ein Marmeladenglas Spiritus).
Ich hab neulich zwei Platinen in die Hand bekommen, die ich vor - nunja - zwanzig Jahren auf billigem Pertinax mit dem HCl-Prozess gemacht hatte, eine bestückt, die andere nicht. Beide blank und einwandfrei lötbar.

Geklebt haben die allerdings jahrelang, da ist das Backen vielleicht gar nicht so dumm.

Michael

Edit: Alles, was die Buchstabenfolge "Chlor" in den Zutaten hat, würde ich nicht an meine Platinen lassen. Ich hab mal einen Bausatz repariert, den ein Kupferschmied mit den Sachen aus seiner Werkstatt gelötet hat... :-O
Henning
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von Henning »

Weisskeinen hat geschrieben: Mi 9. Okt 2019, 09:53 Solange die Dose dicht bleibt, hält sich das Kontakt Chemie-Zeug. Wenn die Dose undicht wird (aka durchrostet :evil: , scheint ein übliches Problem des Herstellers zu sein), kann man den Rest-Lack in ein Glas füllen und mit einem Pinsel auf die Platinen auftragen.
Ich sag es dir! Einmal minutenlang nach einem "zischen" in der Werkstatt gesucht, und eine undichte Dose gefunden. Mehrere weitere Dosen hatten sich schon ausgekotzt. Es handelte sich um Kontakt 60 und 61, alle Dosen noch innerhalb der Mindesthaltbarkeit.

Hersteller angeschrieben, und reklamiert, je 1 Karton als Ersatz erhalten....
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BernhardS
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Re: Platinen verzinnen

Beitrag von BernhardS »

Das chemisch verzinnen mit dem Mittelchen von Seno hab ich auch mal versucht, in der Hoffnung es wäre besser zu löten - Ferienprogramm für Kinder.
Es war eine ziemliche Enttäuschung und überhaupt nicht besser zu löten.
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