RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Der chaotische Hauptfaden

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IPv6
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RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Ich hätte da mal ein Problem, das am besten von mir gelöst werden soll, auch wenn es nur bedingt mein Problem ist.
In einem Gebäude gibt es im ersten und zweiten Obergeschoss jeweils 16 Raumbediengeräte, die mit der Steuerung im Untergeschoss über BACnet MS/TP (RS485) sprechen. Bei der Planung war dann wohl irgendwann klar, dass es 5 Adern braucht: GND, 24 V für die Spannungsversorgung und A, B und GND für den Bus. Also hat jemand entschieden, dass dort ein 5x1mm² Ölflex Kabel verlegt wird...

Und wie hätte es anders kommen können: Es funktioniert nicht wirklich. Mal läuft die Kommunikation, mal nicht. Aber spätestens nach 1-2 Tagen hängt sie sich auf, dann muss an der Steuerung die Schnittstelle deaktiviert und erneut aktiviert werden und es geht meistens wieder eine Weile.
Die Baudrate hat nur einen mäßigen Effekt, auf 9600 scheint es zwar tendentiell am besten zu sein, von stabil aber noch meilenweit entfernt.

In jedes Stockwerk liegen vom Keller aus zwei Kabel, jeweils an den Anfang und an den Ende des Flures, an dem die Räume mit den Bediengeräten angrenzen. Das Kabel ist dann von Gerät zu Gerät weitergeschleift. Zwar hat das Kabel einen Schirm, der ist aber zwischen den Bediengeräten nicht durchverbunden :roll:
Ursprünglich war vorgesehen, dass das Kabel vom Keller in den ersten Stock geht, dort durch alle Räume, wieder runter in den Schaltschrank und von dort in das 2. OG und schließlich wieder in den Schaltschrank, wo dann der Abschlusswiderstand sitzt.

Die Erfahrung mit RS485 ist hier sehr begrenzt. Ich weiß noch grob das, was man mir im Studium dazu erzählt hatte, praktische Erfahrung haben ich damit aber kaum - außer, dass es als DMX in der Veranstaltungstechnik sehr stabil ist, auch wenn eher ungeeignete Mikrofonkabel verwendet werden. Und Abschlusswiderstände findet man dort in der Praxis auch selten.

Vielleicht hat da von euch jemand eine Idee oder Hinweise?
Das Kabel kann nicht ausgetauscht werden, das steht fest.
Die bisherigen Ideen gingen in Richtung Bus so kurz wie möglich machen. Im Notfall mit 4 einzelnen Bussen (von jeder Seite in jeden Flur vom Geschoss, in der Mitte der Flure das Kabel auftrennen). Oder den/die Busmaster irgendwie vom Keller in die jeweiligen Stockwerke bringen.
Könnte es was bringen, die Impedanz vom Kabel zu bestimmen und den Bus mit einem halbwegs passenden Widerstand abzuschließen?
Oder von der einen Seite Spannung zuführen und von der anderen RS485, sodass nur über eine kurze Strecke Bus und Spannung innerhalb des selben Schirms laufen?
Oder müsste das laut Erfahrungen eigentlich auch auf 1000 Meter mit rostigem Stacheldraht funktionieren und es ist wahrscheinlich, dass da noch ein ganz anderes Problem vorliegt?
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Chemnitzsurfer
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Chemnitzsurfer »

Wir machen in der Firma ja auch hauptsächlich DDC MSR Schaltschränke und Einzelraumregler etc.
Da gehen bei uns normalerweise div. Busse ( Modbus, MBus, Wilo Pumpenbus (CAN)) über 0815 JYSTY ohne das es da groß Störungen gibt, zuletzt in einer Schule drei dutzend Einzelraumregler quer übers Gebäude verteilt per JYSTY fürn Bus (Priva) und 2,5mm² für 24V~ (zentraler 1500 VA Trafo in der ISP)
Ich hätte jetzt als erstes versucht, den Schirm durchgängig zu machen und dann mal weitergesucht.
eaton gibt in seinen Schaltungsbuch für RS485 folgendes an
RS485
Die RS485-Schnittstelle ist nicht galvanisch getrennt. Das Gerät kann durch
Potenzialunterschiede beschädigt werden. Die GND-Anschlüsse aller Busteilnehmer müssen daher verbunden werden.
Verdrahtung
Es müssen abgeschirmte, verdrillte Zweidrahtleitungen eingesetzt werden.
Spezifikation Kabel: Nennwellenwiderstand 120 .
Zulässiger Wellenwiderstand 108-132 .
Spezifikation Kabel:
Max. Leitungslänge 1200 m
Mögliche Baudraten
9600 Bit/s
19200 Bit/s
38400 Bit/s
57600 Bit/s
115200 Bit/s
Bei der Konfektionierung darauf achten,
dass der Kabelschirm elektrisch gut leitend mit dem Steckergehäuse verbunden ist.
RS485-Topologie:
– Ein Bussegment kann maximal 32 Busteilnehmer miteinander verbinden.
– Mehrere Bussegmente können über Repeater (bidirektionale Verstärker) gekoppelt werden. Genauere Angaben
dazu entnehmen Sie den Dokumentationen des Herstellers des Repeaters.
– Durch den Einsatz von Repeatern kann die maximale Leitungslänge erhöht
werden. Genauere Angaben dazu entnehmen Sie den Dokumentationen des Herstellers des Repeaters.
– Ein Bussegment muss an beiden Enden mit einem Leitungsabschluss (120 .)
versehen sein. Diese Abschlüsse müssen im Stecker, direkt zwischen Pin 3 und 7, angeschlossen werden.
– Das Bussegment muss an beiden Enden abgeschlossen sein.
– Es dürfen nicht mehr als zwei Abschlüsse pro Bussegment vorhanden sein.
– Der Betrieb ohne korrekten Leitungsabschluss kann zu Übertragungsfehlern führen.
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Und genau in der Spezifikation sehe ich die Probleme.

Es müssen abgeschirmte, verdrillte Zweidrahtleitungen eingesetzt werden.
Spezifikation Kabel: Nennwellenwiderstand 120 .
Zulässiger Wellenwiderstand 108-132 .
Bei der Konfektionierung darauf achten,
dass der Kabelschirm elektrisch gut leitend mit dem Steckergehäuse verbunden ist.
Davon stimmt leider so ungefähr gar nichts.
Ein JSTY ist immerhin schonmal ein geschirmtes Kabel mit verdrillten Zweitdrahtleitungen und einem Wellenwiderstand irgendwo um 100 Ohm. Also als Buskabel eigentlich sehr gut geeignet. Für das 5x1mm² Ölflex findet man noch nichtmal eine Angabe zum Wellenwiderstand, verdrillt ist da auch nichts, die Spannungsversorgung läuft im gleichen Schirm wobei der Schirm noch nicht mal verbunden ist...
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Bastelbruder
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Bastelbruder »

Auch zwei parallel geführte Drähte im Gummikabel sind als Busleitung geeignet. Diverse Kunden haben es erfolgreich geschafft, paariges geschirmtes Steuerkabel 2x10x0,25 mit CAN und Flexray durch 17(+1) adriges "Starkstromkabel" 0,75² zu ersetzen und das läuft problemlos. Es darf bloß nicht sein daß sich die beiden Drähte in unterschiedlichen Lagen befinden und die direkt benachbarten Drähte sollten sich AC-mäßig neutral verhalten. Auch der Wellenwiderstand liegt bei 100 Ohm, im Gegensatz zu verdrillten Leitungen die bis 70 Ohm haben.
Was Kacke ist, die Symmetrie aber auch nicht stören sollte, ist der auf unterschiedlichen Potenzialen "geerdete" Schirm. Wenn dort elektrische Fürze herumschwirren, kann durchaus mal der zulässige Gleichtaktbereich der Empfängerbausteine überschritten werden.

Wenn sich die Übertragung "aufhängt" und immer wieder mal neu gestartet werden muß, dann ist das Protokoll krank. Besonders beliebter Fehler ist eine Rückfallebene "Notbetrieb" die bei einer bestimmten Fehlerzahl genutzt und dann nie wieder verlassen wird.

Was gern vergessen wird, ist der zweite Modus des Übersprechens. Es werden nicht nur kapazitiv Impulse in nebenliegende Drähte eingestreut, auch induktiv findet eine Übertragung statt. Die beiden Spulenwindungen im Kabel sind bloß nicht rund, sondern vielleicht 2 mm hoch und 10 Meter lang, das ist genauso wirksam wie zwei parallele Spulenwindungen von 16 cm Durchmesser. Es macht also durchaus Sinn, wenn die Eingänge diverser Schaltregler kapazitiv und mit Drosseln abgeblockt werden damit die Stromimpulse im Wandler bleiben.
Was an dem "ungeeigneten" Kabel wirklich schlecht ist, ist das Dielektrikum und seine relativ hohen Verluste bei hohen Frequenzen, aber bei 100 kHz sollte sich das noch nicht dramatisch auswirken.
poolizei
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von poolizei »

Solltet ihr das Kabel austauschen müssen, was vermutlich die einzige vernünftige Lösung ist wäre zb. von Kabeltronik das CPC 1 mini eine gute Lösung, hat 2x1mm² + ein entsprechendes Datenleitungs-paar...

Ich verwende das bei meinen DMX Installationen wo ich nur 24VDC brauche
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Bastelbruder hat geschrieben: Mi 22. Jan 2020, 22:54 und die direkt benachbarten Drähte sollten sich AC-mäßig neutral verhalten.
Was genau meinst du mit AC-mäßig neutral verhalten? Die Raumbediengeräte werden soweit ich weiß mit 24 V AC aus einem Trafo gespeist. Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass 50 Hz für so einen Bus quasi Gleichstrom ist und sich das viel zu langsam ändert als das da nennenswert was überspricht. Aber wo ich so drüber nachdenke, von wegen Induktion...Kann das schon Probleme machen?
Eventuell lassen sich die Geräte auch mit DC speisen auch wenn das Datenblatt nur AC erwähnt, die Elektronik braucht ja eh Gleichspannung, also muss irgendeine Form von Gleichrichter drin sein.

Das Hauptproblem ist eindeutig die fehlende Erfahrung (sonst wäre gleich das richtige Kabel verlegt worden), daher fällt es mir schwer zu beurteilen, welche Maßnahmen am vielversprechendsten sind. Versuche mit drei Raumbediengeräten und je einem Meter JSTY dazwischen direkt am Schaltschrank zeigen immerhin, dass das Ganze prinzipiell lauffähig ist.

Wenn AC im selben Kabel ein Problem ist würde ich als nächstes mal vorschlagen es mit DC als Spannungsversorgung zu versuchen und parallel irgendwie den Schirm durchzuverbinden und auf GND zu legen? Natürlich hat der ausführende Elektriker gut gearbeitet und in den Unterputzdosen den Schirm am abgemantelten Kabel sauber entfernt...
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ferdimh
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von ferdimh »

Ich würde ja mal nen Oszi an die Datenpins halten und mir angucken, was für Müll da rumschwirrt und wie das Signal aussieht. Ich könnte mir halt auch vorstellen, dass gut gemeinte Terminierungsversuche zu zu vielen Terminatoren führen.
Auch kann man mal nachmessen, ob der Leerlaufpegel stimmt (der Bus muss asymmetrisch und zwar richtig rum asymmetrisch terminiert werden, damit sicher "keine Daten" empfangen werden.
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Name vergessen »

RS-458 benutzt differentielle Signale, da sollte das AC eigentlich nicht stören. Allerdings funktioniert das natürlich nur, wenn die Leiter symmetrisch angeordnet sind. In Deinem Fall werden sie sicher nicht verdrillt sein, das macht das schon schwieriger.

Also checken, ob im Kabel nebeneinanderliegende Leiter auch über die ganze Länge parallel geführt werden. Falls ja, die Signalleitungen immer auf direkt benachbarte Leiter legen und den Strom genau gegenüber. Falls das nicht geht, lieber auf DC wechseln.

Den Schirm würde ich unbedingt durchverbinden und erden, damit wenigstens von Außen nichts einstreut. Das ist umso wichtiger, je weniger symmetrisch die Leitung ist. Ob man den Schrim evtl. nur einseitig erdet, muß man dann sehen.

Zur Not gibt auch RS-458 Transceiver mit galvanischer Trennung, falls Potentialunterschiede im Gebäude existieren und die Geräte irgendwie geerdet sind. Wenn die Teile nur über die Versorgungsleitungen referenziert werden, ist das aber unnötig bzw. kontraproduktiv. Da müßte man dann wissen, ob die Netzteile galvanisch trennen oder nicht.
ferdimh hat geschrieben: Mi 22. Jan 2020, 23:57 Ich würde ja mal nen Oszi an die Datenpins halten und mir angucken, was für Müll da rumschwirrt und wie das Signal aussieht. Ich könnte mir halt auch vorstellen, dass gut gemeinte Terminierungsversuche zu zu vielen Terminatoren führen.
Edit: das wäre auf jkeden Fall zu prüfen, es kann ja sein, dass alle Geräte eine Option zur Terminierung haben, da darf dann wie immer nur das letzte Gerät am Bus den Terminator aktiviert haben.
ferdimh hat geschrieben: Mi 22. Jan 2020, 23:57Auch kann man mal nachmessen, ob der Leerlaufpegel stimmt (der Bus muss asymmetrisch und zwar richtig rum asymmetrisch terminiert werden, damit sicher "keine Daten" empfangen werden.
Damit meinst Du sicher das Bias-Netzwerk (+<->720<->120<->720<->- Ohm) auf einer Seite und am anderen Ende nur die 120 Ohm? Das könnte eine zusätzliche Option in der Steuerung sein, die ggfs. auch zu aktivieren wäre.
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Ein erfahrener Kollege aus einer anderen Niederlassung hat noch ins Spiel gebracht, dass der Token verloren gehen könnte und der Master nach X erneut generierten Token die Kommunikation einstellt. Das würde erklären, wieso es eine Weile funktioniert und dann nicht mehr.
Ich werde dann die Geräte einfach mal nach Rücksprache mit dem Hersteller mit DC versorgen, einfach um zu sehen ob sich etwas ändert.
Und dann mal kontrollieren, ob auch benachbarte Leiter im Kabel für den Bus genutzt werden, ich meine aber schon. Falls nicht wäre das mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu erledigen.
Besagter Kollege empfielt dringend den Einsatz eines BACnet Routers vom Typ Loytec LIP‑ME204C, der daraufhin auch bestellt wurde. Der routet vier BACnet MS/TP Schnittstellen auf BACnet IP und sei angeblich auch am vermurksten Bussen sehr zuverlässig. Damit würde ich den Bus in vier einzelne Busse aufteilen, die dann möglichst kurz sind, die Schnittstellen sind dann ja eh vorhanden. Außerdem bringt das Kistchen recht umfangreiche Diagnosemöglichkeiten mit sodass im Falle eines Ausfalls hoffentlich klarer ist, woran es liegen könnte.

Mal sehen ob sich nebenbei noch der Schirm durchverbinden und auflegen lässt, da muss ich mal einen Blick in die Unterputzdosen werfen.

Als Abschlusswiderstände sind schon zwei im Hutschienengehäuse vorhanden, die auch ein Biasnetzwerk haben.
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Name vergessen »

IPv6 hat geschrieben: Do 23. Jan 2020, 21:00Als Abschlusswiderstände sind schon zwei im Hutschienengehäuse vorhanden, die auch ein Biasnetzwerk haben.
Also pro Busleitung nur ein Bias-Netzwerk, das ist dann ja schonmal richtig, wenn die andere Seite dann mit 120 Ohm terminiert ist.
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Ja, das sollte so passen.
Im original geplanten Szenario mit einem einzelnen Bus würde ja ein solcher WIderstand mit Biasnetzwerk reichen, zwei sind deshalb vorhanden, weil mal ein Modbus geplant war, der aber meines Wissens nach nicht existiert.
Tourist
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Tourist »

Ein aehnliches Problem hatte ich mal mit Modbus ueber RS485. Waren nur zwei Teilnehmer mit RS232 Schnittstelle, wurden um entsprechende Umsetzer ergaenzt. Da ich zu faul zum Kabel verlegen war, wurden einfach 5 unbenutzte Adern in einem vorhandenen Kabel mitbenutzt. Funktionierte mehrere Jahre problemlos, aber mit der Zeit haeuften sich die Aussetzer und nach einem Stromausfall ging gar nichts mehr. Die Anfrage des Masters kam vollstaendig an, nur die Antwort wurde nicht verstanden.

Ursache war ein alterndes bzw. sterbendes, eigensicheres Schaltnetzteil eines Ex-Terminals. Als dieses den Geist aufgegeben hatte und ersetzt wurde, funktionierte die Verbindung wieder. Vielleicht auch mal in diese Richtung schauen.
crasbe
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von crasbe »

An der Stelle möchte ich einmal die wirklich *STARK* unterschiedliche Qualität von RS485 Transceivern ansprechen. Bei uns in der Firma haben wir einige Versuche gemacht und durchaus wilde Ergebnisse gehabt.

Am schlechtesten Schnitt ein Chip von Sipex ab, bei dem schon im Datenblatt darauf hingewiesen ist, dass er ESD-empfindlich ist. Das war er auch und ist bereits auf dem Schreibtisch gestorben.
Gut bewährt hat sich der SN65HVD178x von Texas Instruments, wobei es den für drei verschiedene Baudraten gibt (115k, 1M und 10M). Die langsamen Varianten haben eine Limitierung der Flankensteilheit und sorgen für weniger Reflexionen auf der Leitung. Nachteilig bei dem Texas Instruments Chip ist allerdings, dass er bei 3.3V Betriebsspannung nicht sooo viel differenziellen Signalhub hat.

Aktuell habe ich den Renesas ISL32455E auf dem Schreibtisch, der ähnliche Qualitäten wie der Texas Instruments Chip hat und ebenfalls in verschiedenen Baudraten daherkommt.

Im Grunde kann ich dir nur empfehlen, mal in die Steuerung reinzuschauen, was dort verbaut wurde und das Oszilloskop anzuschließen und dir die Signale anschauen.
Bei einem digitalen Oszilloskop auch durchaus mal die Mathematikfunktion nutzen und dir das A - B Signal anschauen. Denn das ist das, womit der RS485 Transceiver am Ende arbeitet!
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Chefbastler
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Chefbastler »

Zu bemerken wäre auch noch dass einge RS485 Treiber ICs schon sterben wenn die mal 24V zu sehen bekommen. Unter Umständen sterben die auch zur hälfte und ziehen RS485-HI/RS485-LO auf GND/VCC/Hochohmig, ergibt dann unter umständen auch wackelige Effekte. Da unbedingt mit Oszi reinschauen was Sache ist.

Der Rest ist oben schon geschieben.

Aber ich würde die Verdahtung mit falscher Leitung vom Verursacher neu machen lassen. Der wird ja zumindest ein Leerrohr benutzt haben?
IPv6
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Mit dem Oszi draufschauen war auch mein erster Gedanke, das gehört nur leider nicht zur Ausstattung meines Arbeitgebers...
Und mein eigenes Werkzeug, zumal das ein altes, schweres DSO ist, möchte ich da nicht auf die Baustelle tragen um Fehler versuchen auszubügeln, die ich nicht verschuldet habe.
Chefbastler hat geschrieben: Do 23. Jan 2020, 23:05 Aber ich würde die Verdahtung mit falscher Leitung vom Verursacher neu machen lassen. Der wird ja zumindest ein Leerrohr benutzt haben?
Leider sitzt derjenige, der das Kabel geplant hat, in den eigenen Reihen - ein netter Kerl, der nach bestem Wissen sorgfältig arbeitet, aber mit Bussystemen kennt er sich einfach nicht wirklich aus. Er wusste es somit einfach nicht besser.
Leerrohre gibt es nicht und die Räumlichkeiten sind auch alle schon bewohnt. Es ist daher wie eingangs beschrieben keine Option, die Wände aufzureißen und Kabel zu tauschen.
urmel
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von urmel »

Habt ihr Buskoppler drin oder hängt das alles elektrisch zusammen? Weil wenn letzteres der Fall wäre würde es mich nicht wundern, Stichwort Reflexionen
IPv6
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Das verstehe ich nicht ganz. Alles hängt bisher zusammen, das ist doch der Sinn von einem Bussystem?
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Name vergessen »

Verstehe ich auch nicht, gegen Reflexionen gibt es ja die Abschlußwiderstände. Was natürlich nicht geht, ist eine Sternverdrahtung. An jeder Stelle dürfen nur exakt zwei Leitungen abgehen, oder eine Leitung und ein Abschlußwiderstand (der, wie der Name schon sagt, den Abschluß = das letzte Element am Bus bildet). Was auch nicht geht, sind mehr oder weniger als exakt 2 Abschlußwiderstände, egal, wo diese sitzen. Ungleich ein Bias-Netzwerk ist auch nicht OK.

So sollte es aussehen:

<Terminator mit Bias>---<Etage 1, Gerät 1>---<Etage 1, Gerät 2>---<Etage 1, letztes Gerät>---<Bus Master>---<Etage 2 Gerät 1>---<Etage 2, Gerät 2>---<Etage 2, letztes Gerät>---<Terminator ohne Bias>

Gehen würde auch sowas:

<Terminator mit Bias>---<Bus Master>---<Etage 1, Gerät 1>---<Etage 1, Gerät 2>---<Etage 1, letztes Gerät>---<Etage 2 Gerät 1>---<Etage 2, Gerät 2>---<Etage 2, letztes Gerät>---<Terminator ohne Bias>

Hatte ich aber jetzt auch so verstanden.
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ferdimh
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von ferdimh »

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ein schlecht (also normal) implementiertes Protokoll auf der Leitung zu erhöhter Zuverlässigkeit findet, wenn man die Vorspannung erhöht, z.B. wenn man standardwidrig zwei Biasnetzwerke einsetzt oder sich gar stärkere bastelt.
Diese Vorspannung ist ein Kompromiß zwischen "Pegel ohne Übertragung ist definiert" und "Die einzelnen Treiber müssen nicht zu stark dagegen zerren". Der ist nicht gottgegeben, sondern einfach mal als günstig festgelegt worden.
urmel
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von urmel »

Kannst du mal die grobe Topologie Skizzieren, geht das Kabel einmal komplett von Anfang bis Ende oder sind da Abzweige drin? Also "Äste" die irgendwo enden?
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

Ich versuche es mal mangels Zugriff zu einem PC halbgrafisch:

Schaltschrank-->erster Stock-->Schaltschrank-->zweiter Stock-->Schaltschrank

Auf den einzelnen Stockwerken identisch:
Von Schaltschrank-->Gerät1-->Gerät2-->GerätX-->zu Schaltschrank

Im Schaltschrank wird dann einfach nur durchgeschleift (von Stockwerk 1 zu Stockwerk 2). Damit sollte das flexibel werden und nicht beide Stockwerke direkt hintereinander geklemmt.

Also alles in einer Linie, wie sich das gehört. Im Schaltschrank gibts dann die Möglichkeit Abschlusswiderstände zu setzen (mit und ohne Biasnetzwerk).
urmel
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von urmel »

Kling nach doch relativ langer Strippe aber immerhin keine Stichleitungen. Sollten noch keine Abschlusswiderstände drin sein, dann wäre es naheliegend, das erstmal einzubauen, einmal mit Bias, einmal ohne. Jeweils an die beiden Enden des Busses.
Wenn das schon so drin ist, wird es vermutlich haarig. Zum einen könnte das PVC doof sein aufgrund seiner eigenschaften als Dielektrikum (wobei mir das bei 9600 Baud noch nicht ganz in den Kopf will), zum anderen könnte natürlich auch irgendwo was morsch sein an einer Klemme oder sowas
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zauberkopf
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von zauberkopf »

will), zum anderen könnte natürlich auch irgendwo was morsch sein an einer Klemme oder sowas
Jo !
Das hatte ich letztens :
Telekom Techniker kommt hier rein.. legt mir den Anschluss.. alles supi.
zauberköpfchen geht darauf hin, einen alten Vodafone Router auf Openwrt umzuflashen.
Dann probiert er es zu konfigurieren... nix...
okay.. vileleicht ist der Router kaputt... also bei ebay für 14Eur nen "neuen" Telekomrouter bestellt.
Klappt auch nicht... hmm...
Jetzt rufe ich bei der Hotline an.. bla bla bla.. fritzbox und telekomrouter müssten aber mal einen ton senden..der kommt hier nicht an.. am 19.01 aber gabs mal einen sync...
Moment !
Also an die Anschlussdose gekrochen.. und siehe da ! ein loses kabel...

9600.... das muss funktionieren ! Das ist doch keine Datenrate... Das wurde früher(tm) zum über hunderte Meter via RS232 ohne probleme im Gewerblichen Umfeld gefahren.
Ein Unix-Rechner... xxx Terminals.
Gary
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von Gary »

Die Zeit die da mit im Dunklen stochern verbracht wird kommt doch teurer als ein Oszi.
Pollin hat ein 20 MHz Owon für 180 €, ein Hantek für USB gibt es für rund 70 €.
urmel
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von urmel »

Gary hat geschrieben: Mo 27. Jan 2020, 14:05 Die Zeit die da mit im Dunklen stochern verbracht wird kommt doch teurer als ein Oszi.
Pollin hat ein 20 MHz Owon für 180 €, ein Hantek für USB gibt es für rund 70 €.
Dem kann ich eigentlich nur zustimmen; Messung des Signale an beiden Enden des Busses, Potenzialversatz auf der Busmasse zwischen den Enden (nicht dass da der Stromkreis für die Speisung drüber geschlossen wurde irgendwo) sollte man mal messen
eigentlich klingen RS485 bei 9600 Baud nach etwas was über 2km PVC-Kabel noch solide gehen sollte
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zauberkopf
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von zauberkopf »

Bei 9k6 könnte man sogar noch mit einer Soundkarte als Specki was ausrichten...

Nur bei Bussystemen... muss ich an meine Berufsschulzeit denken :
Wir hatten da auch Koax-Bussystem (10BASE2) .
Wir haben schnell herausgefunden, das man sich ne Freistunde ( von den völlig verblödeten Infolehrern ) erkaufen kann, wenn man an der Verkabellung etwas herumspielt.
Weil dann viel das komplette Netzwerk aus, der Leerer fing an mit seinem Messgerät zu verlieren.. und... ;-)
Jeder Stecker von rund 24PC´s konnte ja die Ursache sein. Jedes Kabel dazwischen gebrochen... (oder eine Nadel darin stecken.. )

Einer meiner ersten Amtshandlungen als Systemadmin in der 2. Firma : Durch die Glasmattenverseuchte Decke neue Kabel ziehen ! (kommt besonders gut im Hochsommer.. wuhaaaa)
Den Mist, durch die Verkabelung eine Komplette Firma lahmzulegen, wollte ich mir nicht antun.
andreas6
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von andreas6 »

Das ist aber häufig passiert. Damals gab es auch noch Arcnet mit ähnlicher Topologie, Koax-Bus mit Abschlusswiderständen. Jeder Wackler auf dem Bus legte das komplette Segment sicher lahm. Spätestens wenn die Wischlappenfraktion dort durch war, gab es neue Fehler. Abgerissene Koaxkabel konnten die ganz sauber wieder einfädeln, so dass optisch alles intakt war. Es ging nur gar nichts mehr. Damals habe ich ein Cd-Laufwerk gegen einen Vierling-Impulsreflektometer getauscht und konnte damit locker alle diese Fehler ausmessen und beheben. Das war so ein Koffergerät von der Post, eine Anleitung brauchte man nicht. Ich habe das heute noch und ab und zu gibt es einen Einsatz.
Kreativ waren aber auch die Anwender selber. Koax mit Lüsterklemmen und ein paar Metern Zwillingsleitung oder Antennenkabel verlängert kam bei Handwerkern öfter vor. Es ging ein bisschen, aber nicht zuverlässig. Messen ist Macht! Jede dieser Macken, auch hinter Schrankwänden oder unter Teppichen versteckt ließ sich damit sicher aufspüren.
Terminals mit hohem Tempo wurden hier absolut sicher über Stereo-Audioleitungen (4fach-Koax) angebunden. Quer durch das Haus über alle Etagen, ging immer einwandfrei.

MfG. Andreas
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Re: RS485 (BACnet MS/TP) über ungeeeignetes Kabel

Beitrag von IPv6 »

So, heute wurde der BACnet Router eingebaut.
Und euer Bauchgefühl hat aeuch nicht getäuscht, der Bus läuft ohne weitere Maßnahmen (immernoch kein Schirm, immernoch Wechselspannnung mit im Kabel geführt) einwandfrei, zumindest mit 9600 Baud.
Beide Stockwerke angeklemmt, ob der Bus abgeschlossen ist (einseitig, beidseitig, mit und ohne Biasnetzwerk) ändert überhaupt nichts. Es läuft einfach, die Diagnosemöglichkeiten des Routers zeigen keine verlorenen Token und keine fehlerhaften Datenpakete. Zumindest nicht in den paar Stunden die wir heute vor Ort waren.
Morgen werden wir dann mal noch die Baudrate hochstellen, da die Kommunikation doch schon recht langsam ist, das könnte zügiger gehen.
Und die ganzen Werte von den Raumbediengeräten werden mitgeloggt, mal sehen, ob das weiter stabil bleibt.

Immerhin gibt es jetzt die Diagnosemöglichkeiten am Router, wenn es jetzt immernoch Ausfälle und festhängende Werte gibt sehe ich wenigstens ob der Bus weiterhin einwandfrei läuft. Falls ja spinnen vielleicht die Thermokon Raumbediengeräte (aber gleich 30 Stück, darunter 3 Stück mit einer neueren Hardwareversion als die restlichen?).

Mal sehen. Vielen Dank euch auf jeden Fall schonmal bis hierhin!
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