Suppressordiode in Mikrowelle

Der chaotische Hauptfaden

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berferd
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Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von berferd »

Repariere grade eine alte Panasonic-Mikrowelle. Die Schaltung sieht in etwa so aus:
http://www.kronjäger.de/hv-old/hv/where/micro.html

Die Suppressordiode D2 scheint in meinem Gerät defekt zu sein, zu früh durchzugehen. Sie hat zumindest bis 30V keinen Durchgang, solange sie eingebaut ist tut die Mikrowelle aber nichts. Baut man sie aus, funzt das Gerät.

Nun die große Preisfrage: kann man das Ding ersatzlos streichen? Viele Mikrowellen scheinen ohne die Diode auszukommen, und laut einer Netzrecherche scheint keiner so richtig zu wissen wozu man die braucht. Um den Anlauf (die alten Mikrowellen takten ja im Sekundentakt ein/aus) etwas sanfter zu gestalten?
berferd
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von berferd »

OK hier ist nochwas aufgetaucht. Das Zauberwort ist "protection diode", anstatt "suppressor diode" oder "TVS":
https://www.electro-tech-online.com/thr ... ode.85646/
https://fusor.net/board/viewtopic.php?t=4854
Offenbar soll das Ding im Fehlerfall das Durchbrennen der Primärsicherung provozieren, um den Trafo zu schützen.
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ProfessorBalthazar
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von ProfessorBalthazar »

Habe ich mich ehrlich gesagt auch schon gefragt, würde mich wirklich interessieren, wie es damit aussieht. :)
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Bastelbruder
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Bastelbruder »

Suppressordiode, Protection diode, TVS ist alles dasselbe. Und wenn man die Schaltung so anguckt, scheint die Diode ziemlich Sinnfrei.
Wenn man aber den Trafo genauer untersucht, hat der zwischen den Wicklungen ein paar Eisenstückchen die effektiv eine Spule in Serie zu den Wicklungen schalten.
Wenn man die Schaltung um diese "Streuinduktivität" erweitert entsteht ein Serienresonanzkreis, dessen Spannung am Hochpunkt durch das Magnetron begrenzt wird. Oder auch nicht, so lange die Heizung unmittelbar nach dem Einschalten noch kalt ist. In diesem Fall wird die Diode wirksam, begrenzt die Spannung und schützt den Kondensator.
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ferdimh
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von ferdimh »

Wenn man die Schaltung um diese "Streuinduktivität" erweitert entsteht ein Serienresonanzkreis, dessen Spannung am Hochpunkt durch das Magnetron begrenzt wird. Oder auch nicht, so lange die Heizung unmittelbar nach dem Einschalten noch kalt ist.
Hier muss ich widersprechen.
Wenn das Magnetron kalt ist, ist der Kreis einfach offen.
Im Kurzschlußfall KÖNNTE sich das Ganze aufschwingen.
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Bastelbruder
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Bastelbruder »

Einmal muß der Kondensator geladen werden, in der Zeit fließt Strom. Und zwar gehörig.
Beim Einschalten im richtigen Moment sind 3200 Volt an der Sekundärseite des Trafos. Und die andere Seite des Schwingkreises ist über die Gleichrichterdiode an Masse. Das reicht für eine halbe Periode am Kreis von der eventuell 10 KV im Kondensator hängen bleiben.
Wie simulier' ich das jetzt daß die Gemeinde auch glaubt ...
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Bastelbruder
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Bastelbruder »

Die Induktivität und Widerstände hab ich an einem MOT mit Kleinsignal gemessen, bei 230 ACV könnten die noch etwas anders sein. R1 ist bloß drin um unschöne Resonanzen im KHz-Bereich zu dämpfen. Man sieht daß die Ladespannung des Kondensators deutlich über der Sekundärspitzenspannung des Trafos liegt. 10 KV hab ich nicht geschafft, aber 3845 V hätte wohl keiner vermutet.

edit: Irgendwie bin ich etwas neben der Kapp'. Die Streuinduktivität ist tatsächlich viel größer und der Kondensator hat nicht 2 sondern 0,95 µF. Die Ladespannung ist jetzt 4300 V, das ist sogar zuviel für die 6KV-Hybriddiode.
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Desinfector
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Desinfector »

in Wellen, die ich bisher auf dem Tisch hatte, war immer genau eine Diode drin.
Die zur Spannungs-Verdopplung.
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Bastelbruder
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Bastelbruder »

Ich hab da was offizielles gefunden. :shock:
Name vergessen
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Name vergessen »

Erstaunlich, ich kenne die eigentlich nur mit dieser Diode über dem Kondensator. Die waren aber alle aus dem letzten Jahrtausend, evtl. wurde also die Gesetzeslüge irgendwann mal geändert, so dass das inzwischen zulässig ist...? Vermutlich wegen der vielen Singlehaushalte, die ja immer das Meiste wegwerfen müssen? Ach nee, das war was Anderes. Vielleicht ist die Diode neuerdings im Kondensator integriert, genau wie der Entladewiderstand? Das würde dann aber draufstehen.

@ Simulation: interessant! Dahilft es auch nicht, dass die Kondis mit 2,1KV "AC" beschriftet sind, das reicht ja nicht für mehr als die doppelte Spannung. Aber weshalb sind 4,8Kv zuviel für die 6KV Diode?
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ferdimh
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von ferdimh »

Die 4,8kV Addieren sich auf die 3 kV Spitze, die der Trafo macht zu -7,8kV.
Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass eine der beiden beteiligten Dioden zu einem ausreichend kontrollierten Durchbruch fähig ist, um das zu überleben. Da muss doch ne ganze Menge Energie weg. Und WELCHE der beiden Dioden jetzt die Energie im Durchbruch vernichtet, ist doch ziemlich egal, oder?

Ich könnte mir vorstellen, dass irgendein Sättigungseffekt im Trafo diese Energie "magisch" verschwinden oder geringer erscheinen lässt.

DIe These aus dem Sharp-Paper "Der Streufeldtrafo wird wegen der Charakteristik gebraucht" halte ich auch nur für die halbe Wahrheit - die Charakteristik ließe sich auch durch einen entsprechenden Kondensator herstellen. Ich vermute, dass der Zweck eher ist, mit dem (definierten) Lstreu die Kapazität teilweise zu kompensieren - so dass man einfach einen kleineren Kondensator nehmen kann. Zc ist halt schon 3,2kΩ (1µF, 50Hz). Da fällt schon signifikante Spannung ab. Nebenbei verbessert der L-C-Serienkreis den Leistungsfaktor.
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Bastelbruder
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Bastelbruder »

Weil die Spitzenspannung in Sperrichtung überschritten wird. In der Simulation sieht man bei 15 ms wie der blaue Sinus die Ladespannung runterzieht, es fließt auch etwas roter Strom aus dem Kondensator. Die Diode ist in der Lib mit BV=750 hinterlegt, die Simulation probiert doch tatsächlich 4800 V + 3200 V = 8000 V an der Diode. :lol:
Die tatsächlich an meinem Radar verbaute Diode HVR-1X-3 ist mit 11 / 12 kV spezifiziert.

Die kleine Schutzdiode ist also dazu bestimmt, bei dramatischer Überschreitung der Spannung am bei Kurzschluß am Magnetron kaum gedämpften Schwingkreis ihr Leben auszuhauchen bevor das der Kondensator tut. Und die verbleibende fette Diode bewirkt durch Gleichstromlast eine Eisensättigung im Trafo.
Thomas
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Thomas »

Danke Bastelbruder ,
für deinen Fund.

Grüße, Thomas
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Name vergessen »

Bastelbruder hat geschrieben: Mo 30. Mär 2020, 23:43 Die kleine Schutzdiode ist also dazu bestimmt, bei dramatischer Überschreitung der Spannung am bei Kurzschluß am Magnetron kaum gedämpften Schwingkreis ihr Leben auszuhauchen bevor das der Kondensator tut. Und die verbleibende fette Diode bewirkt durch Gleichstromlast eine Eisensättigung im Trafo.
... was dann zu demselben Effekt führt, wie dem, den der Kondensator bei dessen Ausfall mit Kurzschluß erzeugt: die Sicherung kommt, im Normalfall der LSS im Hausverteiler.

In dem Fall könnte die Restdiode noch als HV-Gleichrichter weitergenutzt werden. 8-)
berferd
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von berferd »

Ich vermute eine platzende (im Idealfall sogar nur still kurzschliessende) Diode macht weniger Dreck und Gestank als ein platzender Kondensator. 8-)

Danke für den Link auf die Sharp-Anleitung, sehr interessant!
berferd
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von berferd »

Besagte Mikrowelle steht wieder einmal bei mir auf der Werkbank.
Angeblich weil sie das Gargut nicht mehr erhitzte, was ich aber nicht reproduzieren konnte: Magnetron scheint zu tun, ein Becher mit Wasser wird warm.

Allerdings brummt (bzw eher: knarrt) das Ding seit geraumer Zeit ziemlich laut. Also das mal genauer angesehen bei der Gelegenheit: Schallquelle ist der Trafo. Das Brummen ist zunächst nach nach dem Takten ("Ein") des Magnetrons für ca. eine halbe bis maximal eine Sekunde normal (vermute: bis das Magnetron geheizt ist und Strom zieht), dann ist ein ziemlich hartes, knarrendes Brummen zu hören (so als ob der Trafo in die Sättigung geht o.ä.). Gerät funktioniert aber. Ein isolierter Schraubenzieher, der außen vorsichtig auf die Sekundärwicklung aufgelegt wird, vibriert stark. Um den magnetischen Shunt als Ursache der Schwingung auszuschließen, habe ich mit der Schraubenzieherspitze auch mal die Shuntbleche angetippt... und dabei ist mir aufgefallen, dass zwischen Shuntblechen, Schraubenzieher und Trafokern (auf dem der Schraubenzieher auflag) an den Kontaktflächen jeweils kleine blaue Fünkchen tanzen. Nachgemessen: 70VAC unbelastet. Mich wundert woher die kommen. Klar, der Shunt formt eine Windung auf dem Trafo, und man muss aufpassen dass man die nicht aus versehen schließt .. aber 70V? Das kann doch eigentlich nur von der HV-Wicklung kommen. Schluss zwischen Shuntblech und HV-Wicklung irgendwo nahe am Wicklungsanfang (auf der geerdeten Seite)? Oder beobachte ich hier andere Effekte?
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Desinfector
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von Desinfector »

Miss mal belastet, mit nem Widerstand parallel.
berferd
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Re: Suppressordiode in Mikrowelle

Beitrag von berferd »

Kann ich machen - aber wie gesagt: es bratzen da deutlich Funken an beiden Kontaktstellen (Schraubenzieher-Kern, Schraubenzieher-Shunt) - und nicht nur einmal, sondern dauerhaft. Das spricht gegen eine Quelle die bei Belastung fast auf Null zusammenbricht..
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