Alte Glotzentechnik

Der chaotische Hauptfaden

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ferdimh
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Alte Glotzentechnik

Beitrag von ferdimh »

Aus gegebenem Anlass dachte ich, mal ein paar Beiträge zu sammeln, da ich irgendwie immer mal wieder was zu dem Thema schreibe, und das dann irgendwie versackt.
Zum Thema Boosterkondensator in (Voll)röhrenglotzen:
Wo für war der noch mal genau gewesen?
Signifikante Steigerung der Effizienz der Zeilenendstufe.

So eine 110°-Bildröhre braucht ungefähr 500VA Ablenkleistung. In dem fraglichen Gerät ist vermutlich noch eine Schwarzweißröhre drin, lass es "nur" 200VA sein.
Diese Leistung ist - da die Bildröhre eine Spule ist - erst einmal Blindleistung. Sie MÜSSTE also nicht aus dem Stromnetz entnommen werden, wenn man denn einen Weg fände, sie zu recyclen.
In den üblichen Vollröhrengeräten finden sich hier zwei Tricks, bei Transistorgeräten ist das Ganze etwas einfacher.
Eine "normale" Ablenkspule hat ungefähr 100V beim Hinlauf anliegen, und produziert mit dem Resonanzkondensator beim Rücklauf eine Spannungsspitze von ca. 1000V. Die Spannung ist beim Hinlauf tatsächlich konstant und nicht sägezahnförmig, weil die Spannung an der Spule den ANSTIEG des Stromes steuert.

Das passt ganz gut auf übliche Ablenktransistoren, die beim Hinlauf etwa 1V verlieren. Zusammen mit 100V Betriebsspannung und 1,5kV Spannungsfestigkeit haut das alles ganz gut hin.
Nehmen wir jetzt aber mal an, wir müssten die Zeilenendstufe mit einer Röhre realisieren.
Unter 70V Restspannung kommen wir auch mit einer Pentode kaum, Mit einem Übertrager kriegen wir die Spannung der Ablenkspule zwar hochtransformiert, aber müssen in dem Bereich bleiben, wo es nicht gnadenlos überschlägt. Das lässt uns ungefähr 400V beim Hinlauf und 4kV beim Rücklauf.
Ich beziehe mich in Folge auf dieses vom Radiomuseum geborgte Bild:
Bild
Der Boosterkondensator ist hier an Pin 4 vom Zeilentrafo angeschlossen und abgeschnitten. Er führt von dort entweder (eigentlich richtig) nach Masse oder (zur Einsparung von Spannungsfestigkeit) gegen die Betriebsspannung.

Nehmen wir erstmal an, dass Pin 4 an eine feste Betriebsspannung von - sagen wir - 500V angeschlossen wäre; wir beginnen mit der rechten Bildhälfte.
Der Strahl steht in der Mitte, die PL81 wird eingeschaltet (Wir sehen am Oszillogramm des Gitters, dass die Röhre nicht mit Sägezähnen angesteuert wird, sondern für die 2. Hälfte des Hinlaufs komplett eingeschaltet ist). Die Spannung an der Anode wird um die 70V sein. Am Trafo liegen also 430V an. Der Strom steigt stetig an.
Wenn wir jetzt schlagartig abschalten, kommt ein Schwingkreis ins Spiel. Eine reine Spule würde eine unendlich große Spannungsspitze fabrizieren, aber wir haben mit C105 und der Schaltkapazität einen Schwingkreis gebildet. Dieser Schwingkreis schwingt sich auf, bis alle Energie in den Kondensator umgefüllt ist. Dabei lädt sich das ganze auf, bis 4kV oder so an der Anode der PL81 anliegen. Jetzt ist der Strahl wieder in Bildschirmmitte. C105 ist aber noch geladen, es liegt weiterhin eine Spannung an. Diese zeigt andersrum als der Hinlauf, also geht es nach links. Wenn der linke Bildrand erreicht ist, sind genau wieder 70V an der Anode der PL81. Jetzt kann man die aber nicht einfach wieder einschalten, denn der Strom ist falschrum gepolt und will die Spannung an der Anode der PL81 weiter senken.
Wir brauchen also eine Quelle, die die Anodenspannung der PL81 auf dem richtigen Wert hält. Eine Diode gegen +70V würde den Job tun, aber wir haben keine 70V zur Verfügung.
(Wenn die PL81 ein Transistor wäre, wäre die Kollektorspannung beim Hinlauf ungefähr 1V, hier kann man die Diode einfach gegen Masse schalten, so dass sie bei -0,7V einschaltet. So kann man sich die zusätztliche Anzapfung sparen.)
Also wird getrickst, und die Dioden an eine Anzapfung angeschlossen, an der die Spannung etwas kleiner als "+2" ist (+2 sind vermutlich ungefähr 230V DC).
Während des 1. Teil des Hinlaufs fließt also ein stetig abnehmender Strom durch die Boosterdiode, gleichzeitig fließt selbiger Strom zurück in den Boosterkondensator. Dabei werden bei Röhrenkisten ungefähr 70%, bei Transistorkisten ungefähr 98% der eingesetzten Ablenkleistung zurückgewonnen.
Sobald der Strom das Vorzeichen wechselt (also ungefähr in Bildmitte, in der Realität ein bisschen links davon, weil Verluste auftreten), sperrt die Diode, die schon aufgesteuerte PL81 übernimmt und das ganze Spiel geht von Vorne los.

Jetzt müssen wir aber noch an die +500V kommen. Dafür gibts einen zweiten Trick, der in der Schaltung schon enthalten ist:
Wenn die 500V nicht vorhanden sind, wirkt das ganze Ding als Spannungswandler:
Die PL81 wird aufgesteuert, die Boosterspannung fehlt (oder ist nicht hoch genug), also wird die Boosterdiode leitend. Der Zeilentrafo transformiert jetzt den Saft aus +2 hoch, um die Boosterspannung selbst zu erhalten. Sie muss lediglich mit einem Kondensator gestützt werden.
Die Zeilenendstufe ist also neben ihrer Funktion als Stromsägezahngenerator und Sperrwandler für die Hochspannung auch noch ein Durchflußwandler, um ihre eigene Betriebsspannung zu erzeugen.
Ein Nebeneffekt ist, dass im normalen Betrieb der Stromübergang Boosterdiode-Zeilenendröhre nicht schlagartig erfolgt, sondern ein Zeitfenster dazwischenliegt, in dem beide Röhren leiten. Das macht vermeidet harte Schaltvorgänge während des sichtbaren Bildes, die so auch nicht den Empfänger stören können.

Jetzt gibt es in dem Ganzen noch einen Trick (Auch den gibts wieder bei Transistorkisten): Die Bildröhre hat einen Geometriefehler, weil die Ablenkeinheit den Winkel steuert. Die Ablenkung muss also zu den Bildrändern hin gebremst werden.
Das regelt man, indem man den Boosterkondensator gezielt kleiner macht, so dass die Spannung gegen Ende des Hinlaufs einbricht. Zu Beginn des Hinlaufs ist die Spannung dann immer noch geringer, so dass auch der Anfang des Hinlaufs langsamer geschrieben wird.
Deswegen ist der Boosterkondensator gerne mal ein krummer und relativ kleiner Wert. Eine Verkleinerung drückt die Ränder des Bildes ein, eine Vergrößerung lässt sie weiter rausstehen. Der dadurch fließende Strom macht das Ding zusammen mit der relativ kleinen Kapazität zu einem hochbelasteten Kondensator. Hier wird man eher keine heutzutage kritischen Billigpapiertypen einsetzen.

Eine Zusatzanmerkung noch: Das Ding heißt Boosterkondensator, weil die Schaltung "magisch" die wirksame Anodenspannung der Zeilenendröhre anhebt. Dass das garnicht so magisch ist, wenn man die Funktion des Spannungswandlers bedenkt, tut hier nichts zu Sache.
Auch stammt die Energie, die den Boosterkondensator auf ca. 500V bringt, nicht direkt aus dem Rücklauf (entgegen z.B. der Erklärung in "Fernsehtechnik ohne Ballast"). Der Kondensator wird lediglich in der ersten Hälfte des Hinlaufs mit der mehrfach umgewandelten Energie aus dem Rücklauf geladen, die aber bereits vorher aus dem Kondensator entnommen wurde.
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video6
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von video6 »

Super ich musste erstmal schlucken. ;)
Aber super Erklärt.
Das war oft kann ich mich erinnern eine Ausführung aus Keramik.
Also geschlossene Kappen und der Körper aus weißer Keramik.
Sicherlich war das zuverlässiger da der auch recht heiß wurde und rundherum es auch nicht grad kalt war.
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Fritzler
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Fritzler »

Wenn jetzt xana noch mit dem Oszi ein paar passende Graphen schießen würde, dann wärs perfekt!
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Wusel
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Wusel »

ferdimh hat geschrieben: Mo 28. Dez 2020, 10:59 Auch stammt die Energie, die den Boosterkondensator auf ca. 500V bringt, nicht direkt aus dem Rücklauf (entgegen z.B. der Erklärung in "Fernsehtechnik ohne Ballast").
Ja super, das gehörte schon lange zu den Schaltungsteilen, die ich mir immer noch mal genauer ansehen wollte, um das mal "richtig zu verstehen". Jetzt kommst Du damit. Nach 42 Jahren ...
Finde aber nur in der 12. Auflage (S. 153) nur den Hinweis, dass "die inzwischen hinfällig gewordene Schaltungstechnik" in den beiden Auflagen zuvor ausführlicher erklärt worden wäre. Ohne Ballast halt ... :roll:
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Harry02
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Harry02 »

Das werde ich demnächst brauchen können, denn ich habe hier im Wohnzimmer ein Objekt als Dauerausstellungsstück, an dem ich jetzt schon fast 50% der fragwürdigen Cs getauscht habe. Daran gemessen habe ich noch nicht, 4 Kanal Oszi wäre natürlich dann schön.

Hier als weiteres (besser gesagt: anderes) Beispiel zum Text im Startpost, der Schaltplan vom Weltspiegel 843:
_20201228_183523.JPG
Nur, wo ist da jetzt der Boosterkondensator...
_20201228_184408.JPG
Knusprige Cs
Zuletzt geändert von Harry02 am Mo 28. Dez 2020, 20:04, insgesamt 3-mal geändert.
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Bastelbruder
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Bastelbruder »

Die Bezeichnung "Schaltdiode" an der PY ist aber wirklich recht futuristisch!

Und in der Funkschau findet man bei Gerätevorstellungen der 50er und 60er Jahre regelmäßig den Wortlaut: "Die Schaltung selbst zeigt keine Besonderheiten."
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Herrmann
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Herrmann »

Der weiße Rohrkondensator ist der im Plan unbeschriftete direkt an den Primärwicklungen, Prüfsp. 10kV/82k beschriftet
Und der entspricht dem C105 in Ferdihms Schaltbild, ist also der Schwingkreiskondensator. (82k bedeutet 82pF, K Toleranz /- 10% )
Er führt von dort entweder (eigentlich richtig) nach Masse oder (zur Einsparung von Spannungsfestigkeit) gegen die Betriebsspannung.
Das ist hier der C325 mit 22nF
Zuletzt geändert von Herrmann am Mo 28. Dez 2020, 20:08, insgesamt 2-mal geändert.
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Harry02
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Harry02 »

Ja, das mit C105 hatte ich wieder rauseditiert, weil nebensächlich bei der Frage nach dem BoosterC.

Stimmt, C325, danke. Ich hatte Ferdis Text mittags nur überflogen und eben nach einem Boosterkondensator mit min. 4kV Sp. Festigkeit gesucht. :oops:
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Wusel
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Wusel »

Weltspiegel 843 ist auch ein schönes Teil. Bei mir ist's ein Philips Leonardo S, der aber nun im Keller ist. Damals nur die beiden Becher Elkos gegen baugleiche getauscht, weil die auf den Schrank getropft hatten, wo er drauf stand.

In den Neunzigern dann irgendwann war der Boosterkondensator dran, der auch die PY88 mitgenommen hatte.

War mein einziger Fernseher in Benutzung - regelmäßig bis nach der Jahrtausendwende. Zum Schluss mit Sat Receiver davor, der einen UHF Ausgang hatte. Schont auch den Gummiriemen im Tuner. Der eingeblendete Lautstärke-Balken beim Betätigen der Fernbedienung machte sich jedenfalls cool auf dem alten Ding. Alles Originalteile. Recap war damals irgendwie noch nicht so in Mode wie heute. Nun ja, das was Du da im Glas hast, musste schon raus. Da hilft nix.
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Lötfahne
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Lötfahne »

Wie schön daß mein Straßenrandfund in gute Hände gekommen ist. Der Weltspiegel wird sicher wieder glänzen. :mrgreen:
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Wusel
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Wusel »

Lötfahne hat geschrieben: Mo 28. Dez 2020, 20:50 Wie schön daß mein Straßenrandfund in gute Hände gekommen ist. Der Weltspiegel wird sicher wieder glänzen. :mrgreen:
Jetzt habe ich grad' beim Googeln das hier gefunden. :shock:
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Lötfahne
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Lötfahne »

Wusel hat geschrieben: Mo 28. Dez 2020, 20:58
Lötfahne hat geschrieben: Mo 28. Dez 2020, 20:50 Wie schön daß mein Straßenrandfund in gute Hände gekommen ist. Der Weltspiegel wird sicher wieder glänzen. :mrgreen:
Jetzt habe ich grad' beim Googeln das hier gefunden. :shock:
:mrgreen: Es fing hiermit viewtopic.php?f=14&t=11981&p=248398&hil ... el#p248398 an. 8-)
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Wusel
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von Wusel »

Lötfahne hat geschrieben: Mo 28. Dez 2020, 22:46 :mrgreen: Es fing hiermit viewtopic.php?f=14&t=11981&p=248398&hil ... el#p248398 an. 8-)
Coole Kiste. Meiner ist 1 - 2 Jahre jünger und teilweise auch ein Straßenfund, den der Vater eines Mitschülers beim Sperrmüll fand und bei mir abgeladen hat. Hab' ihn nicht mehr hinbekommen und schließlich geschlachtet. Mit mehr als einem Multimeter war ich auch nicht bewaffnet damals.

Dann kam die Erdkundelehrerin. "Du machst doch was mit Elektronik." Sie hatte einen alten Bauernhof gekauft und ein fast baugleiches Gerät auf dem Dachboden da gefunden. Mit Vater abgeholt. "Was willst du mit dem Schei..?" Na ja, Lautsprecher war hin. Bauweise: Spule und Magnet vor der Membran. 300 Ohm sollte er haben. Aber ich hatte ja noch einen. :mrgreen: Mit Aufkleber "ACHTUNG! Lautsprecher führt Spannung gegen Chassis." :? Der hängt am Schirmgitter, das hatte leichte Verwirrungszustände ausgelöst damals. (Bild verlinkt von hier.) Aber vielleicht kann das der Telefumpen ja auch so schön erklären wie das mit der Schaltdiode? :mrgreen:

Nun ja, nachdem ein Bastelprojekt ein paar Jahre später nicht so wollte, war die Ursache eine kaputte Röhre. Innen war die Verbindung von der Kathode zum Sockelpin ab. Schwer zu sehen. Die hatte ich aus dem ersten Gerät. :roll:
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ferdimh
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Re: Alte Glotzentechnik

Beitrag von ferdimh »

Ich habe gerade einen alten Entwurf gefunden, der wohl hier her gehörte - und ihn mal vollendet. Oje, das ist ja schon mehr als 3 Jahre her...
Aber vielleicht kann das der Telefumpen ja auch so schön erklären wie das mit der Schaltdiode? :mrgreen:
Ich versuchs zumindest mal:
Generell ist die Motivation hinter der eisenlosen Endstufe sehr modern:
Es wurde versucht, ein Problem zu lösen, das in der Form garnicht existierte, dabei wurde ein Haufen neuer Probleme erschaffen.
Zur Grundlage sei mal der Status quo; 2. Seite zu betrachten.
Wer Spaß dran hat, versuche alle Frequenzgangkorrekturglieder und Gegenkopplungsmagien in der Kiste zu verstehen.
Weiterhin kann man einen Blick auf die Frage werfen, Ob und wie die Gegenkopplung überhaupt flächendeckend wirksam sein soll, wenn sich ein Bassregler innerhalb der Gegenkopplungsschleife befindet. Das ganze Flickwerk setzt die Gegenkopplung mehr als Frequenzgangveränderungsmaßnahme als als allgemeine Korrekturmaßnahme ein.
Nichtsdestotrotz ist das Resultat klanglich ziemlich gut.
Der hier vorhandene und viel kritisierte Ausgangsübertrager findet relativ angenehme Bedingungen vor: Die Quelle ist sehr hochohmig, die Last halbwegs niederohmig. Da schafft schon ein Netztrafo die geforderte Bandbreite, wenn man ihm einen angemessenen Luftspalt verpasst.
Kleinere Frequenzgangfehler des Übertragers fallen kaum ins Gewicht, sie werden in dem handoptimierten Klangformungskonglomerat gewinnbringend eingesetzt. Auch ein paar Verzerrungen im Bereich tiefer Frequenzen werden heute als "SRS TruBass" oder ähnliches vermarktet.
Bei Gegentaktendstufen wird es etwas heikler, hier muss man einen Weg finden, wie man den Übergang von der einen auf die andere Wicklung ohne Dreckeffekte hinbekommt. Aber auch das ist ohne große Probleme mindestens bis zu ein paar 100W mit absolut HiFi-tauglicher Qualität machbar.

Wenn man jetzt den Übertrager wirklich loswerden will, muss man eine PNP-Röhre erfinden. Dafür braucht es Antimaterie. Da hier noch etwas Forschungsbedarf besteht, gibt es mehrere Möglichkeiten, es trotzdem zu tun:
Die einfachste ist, zwei Röhren im Schaltplan übereinander zu stapeln und beiden die NF über Übertrager zuzuführen. Dummerweise sind diese Übertrager vermutlich schlechter als der einfache Eintakt-Ausgangsübertrager.
Ein anderer Trick ist, die obere Röhre garnicht zu steuern. Wobei "garnicht" relativ zu sehen ist, denn einen Kathodenwiderstand bekommt sie ja sehr wohl verpasst, und der Lautsprecher wird direkt an die Kathode angeschlossen.
In Ruhe stellt sich das Ding so ein, dass die Anodenströme beider Röhren gleich sind. Wenn man jetzt die Kathodenwiderstände so hinfummelt, dass die Spannung sich auch ungefähr gleich aufteilt und der obere Kathodenwiderstand gleich der 1/(Steilheit der unteren Röhre) ist, kann man sich mit Wechselspannung am Eingang beschäftigen.
Die untere Röhre lässt als Spannungsverstärker -"Ra"*S am oberen Kathodenwiderstand auftreten. Da ist unsere "Phasenumkehrstufe" versteckt. Wenn "Ra"=1/S ist, ist die Verstärkung des ganzen Gebildes -1 und die obere Röhre wird genau invertiert zur unteren gesteuert.
Wenn die Röhren unterschiedliche Steilheiten haben, muss man die Kathodenwiderstände etwas variieren, bis es ungefähr passt. Das Ganze funktioniert aber nur im A-Betrieb!
Der Lautsprecher wird jetzt über einen Kondensator an der Kathode der oberen Röhre angeschlossen - und die obere Röhre braucht eine Schirmgitterspannung, die der Kathode folgt. Beides lässt sich erzielen, indem das Schirmgitter mit einem Kondensator mit der Kathode verbunden wird - und anstelle der jetzt notwendigen Schirmgitterdrossel nimmt man einfach gleich den Lautsprecher, und spart so sowohl die Schirmgitterdrossel als auch den 2. Koppelkondensator.
Die paar mA Schirmgitterstrom fallen auch bei einem hochohmigen Lautsprecher kaum ins Gewicht.
Zusammen mit der jetzt stärker ins Gewicht fallenden Restspannung der Röhren hat man also im besten Fall mit zwei Endröhren die gleiche Ausgangsleistung, die sonst eine einzelne Röhre ergeben würde.


Der Pfuscher vergrößert jetzt Rk der oberen Röhre.
Jetzt wandert der Arbeitspunkt der oberen Röhre zu niedrigeren Strömen, die obere Röhre wird aber weiterhin bei gesperrter unterer Röhre voll durchgesteuert. Die Röhre reagiert jetzt also steiler auf eine geringe Absenkung des Stroms. Gleichzeitig wird bei Vollaussteuerung der unteren Röhre aber die oberere Röhre schnell komplett gesperrt. Wir haben jetzt sowas ähnliches wie einen AB-Verstärker, nur dass der positive Zweig mehr Verstärkung hat als der negative...
Da jetzt aber keine Phasenverschiebung durch den Ausgangsübertrager mehr passiert, kann man das Gebilde mit kräftiger Gegenkopplung zähmen. Baut man die Vorstufen mit Transistoren (und in Gleichstromkopplung) auf, kann man weitere Phasenverschiebung sparen, und so mächtig Leistung bei geringen Verzerrungen erzielen.
Sinn ergibt das aber nur, wenn man eine hochohmige Last hat. Der 800Ω-LS ist hier eher eine Krücke, aber ein Elektrostat macht sich hier sehr gut (noch besser, wenn man zwei solche Endstufen in Brücke aufbaut).
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