Heaterman hat geschrieben: ↑Mo 25. Okt 2021, 21:14
Übrigens: eine VDE-„Norm” ist per se kein Gesetz. Gesetze sind öffentlich zugänglich und keine Handelsware wie VDE-Papiere. VDE ist kein Gesetzgeber. Sie wird aber in Schadensfällen bequemerweise vom Richter bemüht, da sie eine technische Richtlinie darstellt, an der man sich orientieren sollte. Ist im Prinzip auch gut und richtig, siehe elektrotechnische Anlagen, aber nicht Pflicht - dann greift die eigene Verantwortung. Siehe die Kalamitäten, denen Elektriker täglich ausgesetzt sind: Dosen, Klemmen etc.
Moooment! VDE ist kein Gesetzgeber, aber juristisch trotzdem bindend (ich bin kein Jurist, kann nur das wiedergeben, was mir Juristen sagen
). Die Konstruktion fängt an mit Par. 13 der Niederspannungsanschlussverordnung
https://www.gesetze-im-internet.de/nav/__13.html an:
Unzulässige Rückwirkungen der Anlage sind auszuschließen. Um dies zu gewährleisten, darf die Anlage nur nach den Vorschriften dieser Verordnung, nach anderen anzuwendenden Rechtsvorschriften und behördlichen Bestimmungen sowie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und instand gehalten werden. In Bezug auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik gilt § 49 Abs. 2 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes entsprechend. [...]
Das gilt für alles, was irgendwie ans öffentliche Stromnetz angeschlossen wird. Inselanlage daheim ist nicht im Anwendungsbereich, "Balkon-PV" aber schon, da üblicherweise ja eine Verbindung ins Stromnetz besteht. Weiter gehts mit Par. 49 EnWG:
(1) Energieanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
(2) Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird vermutet, wenn bei Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von
1. Elektrizität die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.,
2. Gas und Wasserstoff die technischen Regeln des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V.
eingehalten worden sind. Die Bundesnetzagentur kann zu Grundsätzen und Verfahren der Einführung technischer Sicherheitsregeln, insbesondere zum zeitlichen Ablauf, im Verfahren nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen treffen, soweit die technischen Sicherheitsregeln den Betrieb von Energieversorgungsnetzen betreffen. Dabei hat die Bundesnetzagentur die Grundsätze des DIN Deutsches Institut für Normung e. V. zu berücksichtigen.
Sprich: Sobald man sich an die VDE-Normen hält, kann man davon ausgehen, das die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Natürlich kann man davon auch abweichen -- allerdings muss man dann halt im Streitfall/Unfall-Fall den Nachweis erbringen, das man mindestens gleichwertige Lösung umgesetzt hat. Der Richter guckt also nicht bequemerweise auf den VDE, sondern er ist via EnWG und NAV dazu gezwungen. Die Festlegung des Mindeststandards ist nun einmal vom Gesetzgeber auf den VDE übertragen worden.
Heaterman hat geschrieben: ↑Mo 25. Okt 2021, 21:14
Gesetzeslage ist: Jeder, auch ein Mieter, kann sowas benutzen, solange die Grundbedingungen eingehalten werden: max. 600 W Einspeisung, entweder per Schuko oder Wieland, konformer WR.
Dazu sagt die VDE-AR-N 4105 "Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz" sinngemäß: 600 VA maximale Einspeiseleistung, Netz- und Anlagenschutz nach vorheriger Anwendungsregel, sowie eine
"Energiesteckdose". Was das ist steht in der VDE V 0628-1:2018-06. Schuko scheitert daran, denn ihre Steckkontakte sind eben berührbar. Genau das macht z.B. Wieland RST2013 (oder Betteri, oder ...) eben besser. Korrekt ist natürlich, das der NA-Schutz (bzw. "ENS" in diesem Fall) einfehlersicher garantieren muss, das innerhalb 1 Sekunde nach ausstecken die Spannung unter 10% der Nennspannung des Netzanschlusses gesunken ist. Ob ein Chinawechselrichter das nach 10 Jahren im Garten noch leisten kann? Hier wäre das (juristische) Argument eben, das eine Schukosteckdose im Vergleich zur Energiesteckdose eine technisch unterlegene Lösung ist, und daher eben nicht dem Stand der Technik entspricht.
Im Kontext dieses Forums mache ich mir eigentlich wenig Gedanken um solche Themen -- Ihr seid alle groß und wisst, das Strom eben klein, schwarz und hässlich machen kann. Aber generell tu ich mir schwer mit der Argumentation, das "die Industrie" oder wer auch immer Lobbyarbeit macht. Selbst wenn sie das macht: Der Schukostecker ist eine räudige Verbindung und darf gerne sterben gehen. EDIT: Das gilt z.B. auch für die Strombelastbarkeit: 16A halt nur eine Stunde lang, die zulässige Dauerlast sind 13A. Das fällt in letzter Zeit immer mal wieder bei den "Notladeziegeln" von Elektroautos auf (vgl.
https://ladefragen.de/4/)
HTH,
-Mathias
PS: Die DKE fasst die ganze Normengeschichte übrigens sehr schön hier zusammen:
https://www.dke.de/resource/blob/196292 ... n-data.pdf
Eine schicke Doku mit den ganzen Zertifikaten gibts übrigens zum Aeconversion INF315, den meine Mini-PV verwendet:
https://www.aeconversion.de/de/inv315-50.html