radixdelta hat geschrieben: ↑Do 11. Nov 2021, 16:40
Wenn dT kleiner wird, dann wird unweigerlich die Wärmemenge die verloren geht kleiner. Das Prinzip kann man nicht außer Kraft setzen.
Bisher konnte mir noch niemand schlüssig vorrechnen oder empirisch nachweisen dass Nachtabsenkung nichts bringt, geschweige denn Mehrverbrauch verursacht. Ich halte das für einen Mythos.
Dann möchte ich mal eben dafür sorgen, dass du das nicht mehr für einen Mythos hältst
Bedingung ist hier ein modernes, sehr gut gedämmtes Gebäude mit Flächenheizung, wie es eigentlich jeder Neubau der letzten Jahre aufgrund der Gesetzgebung ist. Damit geht ein Wärmeerzeuger einher, der für einen Betrieb mit möglichst geringen Temperaturen ausgelegt ist, in der Regel eine Wärmepumpe.
Dass eine Nachtabsenkung bei einem unsanierten 80er Jahre Bau merklich Energie einspart wird wohl niemand ernsthaft anzweifeln, aber das ist eine völlig andere Welt.
Zunächst sorgt die sehr gute Dämmung dafür, dass der Wärmeverlust bei 2 K Absenkung nicht deutlich weniger wird. Also selbst wenn man es schaffen würde, das Gebäude in der Nacht um 2 K auskühlen zu lassen würde das zu keiner extremen Einsparung führen, einfach weil durch die Dämmung so wenig Energie flöten geht, das die paar Prozent weniger Verluste absolut gesehen nicht wirklich was ausmachen.
Aber der Hauptpunkt ist, dass es das träge Heizsystem (riesige thermische Speichermassen) zusammen mit der Dämmung völlig unmöglich macht, das Gebäude über Nacht nennenswert auskühlen zu lassen.
Nehmen wir also an, um 21 Uhr geht die Heizung aus und bleibt bis zum nächsten Morgen um 6 Uhr inaktiv. In der Zeit kühlt das Gebäude kaum merklich aus, wie oben beschrieben ist der Einspareffekt minimal.
Aber dadurch, dass die ganze Nacht nicht geheizt wurde fehlt nun einiges an Heizenergie. Wenn sich einige Tonnen Estrich (und evtl. Beton bei Bauteilaktivierung) um 1 K abgekühlt haben muss die Wärme da nun wieder reingesteckt werden.
Bei vernünftiger Auslegung der Wärmepumpe ist diese Betriebsart grundsätzlich im tiefen Winter unmöglich, da die WP tagsüber den Verlust der Nacht mit nachheizen muss und somit fast doppelt so groß dimensioniert sein müsste.
Nun zum Punkt wieso das am Ende teurer wird:
Damit die WP tagsüber den Energieverlust der Nacht aufholen kann, sind deutlich erhöhte Vorlauftemperaturen nötig, es ist schließlich der doppelte Energieeintrag in die Speichermassen notwendig als wenn man nur rund um die Uhr die ständig anfallenden Verluste nachheizen würde.
Und bekanntermaßen ist die Arbeitszahl einer Wärmepumpe stark von der benötigten Vorlauftemperatur abhängig. Schon 1 K weniger bedeutet ein paar Prozentpunkte mehr Wirkungsgrad.
Man spart nun nachts durch die Absenkung minimal Energie, muss am Tag aber die Speichermassen wieder aufheizen, was durch den Effizienzverlust dank deutlich höherer benötigter VL-Temp die eingesparte Energie deutlich übertrifft.
Das ist absolut nicht zu vergleichen mit einem undichten Altbau, indem das Gebäude bis Mitternacht merklich ausgekühlt ist und die Heizung dann weiterläuft um die nun dank abgesenkter Temperatur geringeren Verluste auszugleichen.
Ein modernes Niedrigenergiehaus erfordert ein komplettes Umdenken und loslösen von den klassischen Denkmustern von herkömmlichen Heizungen, sonst wird es schnell ineffizient. Das ist leider noch nicht bei vielen Heizungsbauern und Planern angekommen, da wird noch gerne mit Pufferspeicher, fühlbar warmem Fußboden und Nachtabsenkung gearbeitet. Aber sinnvoll ist das nicht.
Und zuletzt muss ich dir irgendwie auch vorwerfen, dich einfach nicht wirklich informiert zu haben. Auch wenn dir das persönlich noch niemand vorgerechnet oder schlüssig erklärt hat, so findet sich diese Erklärung schon vielfach im Netz, auch mit genaueren Zahlen belegt.