Erfahrungsbericht Butylschnur

Der chaotische Hauptfaden

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caprivi
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Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von caprivi »

Ich sollte vom Eindichten einer Glasscheibe mit Butylschnur berichten.
Entgegen gewissen unzuverlässigen Quellen im Internet scheint Butylschnur zum wiederlösbaren Verkleben von glatten Materialpaarungen einsetzbar zu sein.

Konkret ging es um das testweise Öffnen einer chinesischen 35W-LED zum Zwecke der Einschätzung der Reparierfähigkeit. Die Verklebung ab Werk liess sich durch Wärme erweichen, die Glasscheibe ging raus, die Frage war, wie man das revisionssicher wieder eindichten kann, was die Verwendung von Silikon auschloss. Neben der Verwendung von Maulklemmen wurde Butylschnur genannt, und ich habe folgende Erfahrungen gemacht:

1. Butylschnur ist nicht vergleichbar mit Schnippgummi oder O-Ringen.
Es ist eine klebrige Masse von rotzartiger Konsistenz. Auch wenn die Geometrie in den Angebotsbeschreibungen als "xxx mm Durchmesser" beschrieben wird, ist der Querschnitt trotzdem gern rechteckig. Es wird als lose Rolle zwischen einem Streifen Trennpapier geliefert.
schnur.JPG
2. Im konkreten Fall ging es um das Abdichten des LED-Gehäuses, bestehend aus einem Alugusskörper und einer (von aussen versenkten) Glasscheibe. Der alte Schlonz wurde ausgekratzt und die Fuge mit Aceton entfettet; der Siebdruck an der Scheibe war nicht zu entfernen, also blieb er dran:
einlage2.JPG
scheibe.JPG
Zuvor wurde aber noch ein 1 mm Entlüftungs- bzw. Entwässerungsloch gebohrt und mit Staubband von der Terrassenüberdachung abgeklebt.
loch.JPG
loch2.JPG
3. Der Rat war, es sich eine Woche setzen zu lassen, also habe ich die Leuchte aufs Gesicht gelegt und von hinten einen Eisenklotz draufgestellt.
beschwer.JPG
4. Schlussendlich die Montage. Die Scheibe hängt frei nach unten, was nach den Befürwortern dieser Methode kein Problem sein sollte:
final.JPG
Ich werde beobachten und in zwei, drei Jahren erneut berichten -- und wehe, ich zerschneide mir die Reifen an der herausgefallenen Scheibe :twisted:
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Toni
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von Toni »

Butylschnur wird z.B. auch in KFZ Türen verwendet, um innen die Dichtfolie anzukleben.
Das löst sich manchmal nach ein paar Jahren von der Folie. Da hilft eine dünne Schicht Kövulfix als Haftgrund.
bastl_r
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von bastl_r »

caprivi hat geschrieben: So 27. Nov 2022, 11:35 Die Scheibe hängt frei nach unten, was nach den Befürwortern dieser Methode kein Problem sein sollte:
Welche Befürworter hast Du hierzu gefunden?
Die Butylschnur die ich hier habe hält zwar zuverlässig an wirklich fast allem. Allerdings bleibt die auch in gewissen Grenzen Dauerflexibeel so dass ich die Scheibe zumindest noch mit Federklemmen o.ä. fixieren würde.
Hatte mit meinem Zeugs über 10 Jahre lang ein Schürzchen am LNB aus Teichfolie angeklebt. Das musste ich, nachdem die Abdeckkappe am LNB verrottet war mit Gewalt abreißen und hab mir dann sogar noch die Finger mit dem Zeugs versaut.
So was in der Art ist auch an den modernen Autoscheinwerfern als Dichtung zwischen Frontscheibe und Gehäuse eingebracht. das kriegt man anscheinend bei 80 - 100° im Ofen so weit flexibel dass man den Scheinwerfer, nach entfernen der zusätzlichen Klips, zum Innenreinigen öffnen und wieder verschließen kann. War bei meinem alten Benz mit Xenon ein Thema.

bastl_r
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RMK
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von RMK »

Genau so waren meine Smartscheinwerfer verklebt, drei
Alibi-Spaxschrauben und der Rest Butylschnur....

Da ich den optisch nicht aktiven spiegelnden Inneneinsatz
lackieren wollte musste alles auseinander.
Backofen oder - in meinem Fall- Heissluftpistole hat geholfen,
die Butylschnur zieht dann beim Zerlegen kaugummiartige Fäden
und bleibt halb/halb an den Bauteilen hängen.
Die Reste dann abzukriegen ist die eigentliche Strafarbeit, am
Besten geht's mit einem kleinen Klumpen Butyl der immer wieder
aufgetupft wird und nach und nach in der Grösse wächst...
ordentlich schimpfen und fluchen hilft dabei. :-)

Eine Glasscheibe ohne zusätzliche Sicherung kopfüber an die
Klebeschnur hängen würde ich allerdings nur an Stellen die durch
Spontantrennung keinen nennenswerten Schaden erleiden, das
ist aber fast nirgends der Fall (und sei es weil dann die Glasscheibe
hinüber ist....)
Also, noch zwei bis vier Federklemmen drumrum fürs gute Gefühl...
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gafu
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von gafu »

top, danke für den bericht :)

ich hatte probleme mit der dichtheit von den aggregateträgerblechen in den autotüren (Themenfeld: "wasser steht unten auf der türdichtung" bis "teppich schimmelt im fußraum")
Ab werk war da nur eine schaumstoffdichtung. Die hielt auch fast 10 jahre dicht. Dann hab ich das auto gekauft, und schon bei der probefahrt das wasser auf der unteren türdichtung gesehen.

Ich hab das nach allen regeln der kunst sorgfältigst gereinigt und dann die butyldichtung angebracht. Das dumme war nur, das zwei jahre später genau eine woche vorm tüv-termin hinten das türschloss kaputt ging, und natürlich genau bei mir der tüv prüfer langeweile hatte, und sich dachte, jetzt prüfen wir mal die auslösung der rollgurtsperren auf den hinteren sitzen, und natürlich wollte er genau durch die tür, die nicht mehr aufging...

War dann auch auf allen behandelten türen nie wieder leckage. ich habs dann ja noch 7 oder 8 jahre gefahren bis der rost uns getrennt hat.
RMK hat geschrieben: So 27. Nov 2022, 13:30 die Butylschnur zieht dann beim Zerlegen kaugummiartige Fäden
und bleibt halb/halb an den Bauteilen hängen.
Die Reste dann abzukriegen ist die eigentliche Strafarbeit,
ganz genau so.
bei dacia lassen sie teils sogar die clips an den türpappen weg, wenn sie keine lust haben, und kleben das gleich nur mit butylschnur fest.
Siehe verlinktes video im anderen thread.
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Julez
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von Julez »

caprivi hat geschrieben: So 27. Nov 2022, 11:35 []Ich werde beobachten und in zwei, drei Jahren erneut berichten -- und wehe, ich zerschneide mir die Reifen an der herausgefallenen Scheibe :twisted:
Hervorragend, vielen Dank!
Für's gute Gewissen würde ich persönlich noch ein Stück Tüddeldraht lose drum machen. Falls sich die Scheibe nicht bewegt, kann man den ja in ein paar Jahren entfernen, aber falls sich die Scheibe bewegt, würde sie dann im Draht hängen bevor sie ganz rausfällt.
In letzterem Fall würde ich dann in jede Ecke einen kleinen Tropfen Silikon geben, um die Dichtschnur vom Gewicht der Scheibe zu entlasten.
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Desinfector
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Re: Erfahrungsbericht Butylschnur

Beitrag von Desinfector »

also wennman wirklich Bedenken hat, dass die Gravitation irgendwann stärker als die Haftkraft ist,
würde ich die Scheibe einfach nochmal mit ner dünnen Schnur sichern.
an jeder Schmalseite einmal rum und gut.
Also kein Butyl gemeint, sondern einen Faden, Angelsehne etc.

Schluckt dort ja auch kein Licht
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