Klirr, Frequenzgang und Intermodulation an Röhrenradios

Der chaotische Hauptfaden

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ferdimh
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Klirr, Frequenzgang und Intermodulation an Röhrenradios

Beitrag von ferdimh »

(aus "SNT 36V/10A" in "Wer hat, ich suche")
Vielleciht kann man die vorherigen Posts mal hierher übertragen.
@Zauberkopf:
Ich mache jetzt erstmal weiter, weil ich gerade mit SPICE ne Grafik gebaut habe:
Wir haben hier den Standardtestfall für SSB-Kisten.
Bild
Simulationsgegenstand war ein 2N3904 mit 1K Rc und Re (Re überbrückt mit 10µ) und 3,3mA Ic.
Hier ist der direkte Zusammenhang recht gut erkennbar, denke ich. Man ist aber recht schnell dabei, sich zu verirren, weil man gerne die unmittelbar sichtbaren Komponenten (2. Oberwelle und IMD 3. Ordnung) miteinander vermischt.

Der Audiotestfall ist sinnvollerweise etwas anders, hier ist eher IM zwischen 100 Hz und 1000 Hz relevant, weil große Pegel im Bassbereich relativ hochpegelige "Zusatzfrequenzen" erzeugen können, die dann auch noch maximal unharmonisch sind (Primäre Quelle ist die Bassdrum, die bei nicht-Jumpstyle/Hardstyle/Gabber überhaupt nicht auf einen musikalischen Ton gestimmt ist). Da müsste man mit 100Hz und 1000Hz ca. 20dB drunter messen. Letzten Endes misst man dabei aber auch nur wie krumm die Kennlinie bei 100Hz ist.
Hier wird auf einmal die (größere) IMD 2. Ordnung interessant. Eine schnell hingerotzte Simu liefert bei -30dB 2. Oberwelle (also ~3% Klirr) und -23dB IMD 2. Ordnung, was definitv schon im hörbaren Bereich liegt. IMD höherer Ordnung ist nicht wirklich von Interesse, weil die varianten hoch+hoch+-niedrig wegen geringen Pegels der hohen Frequenz ohnehin fast nicht auftreten, und die Varianten hoch+niedrig+niedrig und hoch-niedrig-niedrig erst relevant werden, wenn IMD 2. Ordnung schon lange durch die Decke gegangen ist. Ausnahme wären hier vollständig symmetrisch aufgebaute Konstruktionen, die wirklich keine 2. Oberwelle haben. Davon reden wir bei Röhrenradios aber nicht; hier ist bei sinnvoll geringer Aussteuerung eigentlich immer die 2. Oberwelle dominierend, da die Kiste nicht symmetrisch ist, erst nahe der Übersteuerung wird die 3. Oberwelle relevant.

Hierzu noch eine Anmerkung: Oberwellen und IM haben ihre Ursache in Potenztermen in der Kennlinie. Dabei werden die Terme entsprechend ihrer Potenz größer.
Also: Grundwelle steigt linear, 2. Oberwelle quadratisch, 3. Oberwelle kubisch usw. Solange die Kennlinie sinnvoll durch y(x)=ax+bx^2+cx^3(+d) beschreibbar ist (Das gilt für den Fall der Transistorkiste mit Übernahmeverzerrungen nicht, bei der Röhrenkiste aber schon), verschwinden daher bei reduzierter Aussteuerung die Oberwellen immer um so schneller, je höher ihre Ordnung ist. Für IM gilt das Gleiche.
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