Mein großer Röhrenverstärker

Der chaotische Hauptfaden

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Chrissy
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Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Hallo zusammen,

um in Matzes "Berechnen eines Röhrenverstärkers" Therad nicht weiter Verwirrung zu stiften, mache ich für meinen Verstärker, der parallel zu Matzes Verstärker entstehen soll, mal einen eigenen Fred auf. Dieses Projekt möchte ich semesterbegleitend fertig stellen, um das dann bei der Uni als Grundpraktikum anrechnen zu lassen. Das ist Vorraussetzung, um später das halbjährige Fachpraktikum machen zu dürfen und ich habe es bisher verpennt das zu machen, auch weil ich keine 6 Wochen in nem Betrieb Kaffee kochen und Zeugs kopieren möchte.

Grundsätzliche Daten des Verstärkers:

Ausgangsleistung 100W aus 4 GU50 oder 4 EL34 pro Kanal (muss noch ermittelt werden, was besser funktioniert)
Verwendung des Pikatron-Übertragers aus dem Forumsflohmarkt mit Raa 2,8k
100W pro Kanal
500V Anodenspannung
Differenzverstärker in der Phasendrehstufe, weils geht und weils linearer sein soll als die Kathodyn-Schaltung


Ich habe die Tage also erst mal ein Testbrett aufgebaut, während Matze für seinen Verstärker erst mal ein Testbrett für die Anodenspannungsversorgung gebaut hat. Somit haben wir ein Testbrett für das Netzteil und eines für den Verstärker.

Bild

Dieses Testbrett beinhaltet eine ziemlich widerlich zusammengefrickelte Schaltung, um erst mal ein paar Vortests zu machen.

Bild

Einen Schaltplan hab ich auch schon mal gemalt.

Bild

Die ganze Schaltung ist alles andere als gut (auch weil sie gerade noch schwingt wie sau und nicht verstärkt) sondern stellt den Ausgangspunkt dar, um sich dann in mehreren Iterationen in Richtung Optimum zu bewegen.

Der Differenzverstärker hat ne ECC83 drin und funktioniert alleine erst mal prächtig. Der Specki (wir haben einen bis 10MHz, also genau ungeeignet für meinen BITX) stellt jedenfalls in großen Teilen des hörbaren Bereiches schon mal keine Oberschwingungen fest. Das ist schon mal gut so. Die Treiberröhre ist eine ECC81, die gerade rumkullerte und den GU50 erst mal irgendwie etwas Arbeit geben soll (volle Aussteuerung hab ich da gerade noch gar nicht geplant; Plan ist erst mal überhaupt was raus zu bekommen). Die Treiberstufe macht jedenfalls ein Signal von so 40-50V Amplitude ohne zu verzerren.

In den fertigen Verstärker soll noch ein Klangregler davor kommen, der dann auch die Eingangsstufe enthält und der Phasendrehstufe genügend Pegel geben soll:

Bild

Soweit erst mal der grobe Überblick über mein Vorhaben.

Viele Grüße,
Ludwig
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Bastelbruder
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Bastelbruder »

Schmeiß die Drosseln an den Anoden raus.
Nur in manchen HF-Schaltungen sind stark verlustbehaftete Dosseln sinnvoll, um nämlich den verlustarmen Serienschwingkreis
Masse - Kathode - Anode - versilberte Zuführungsleitung - Entkoppelkondensator - Anoden(dreh)kondensator - Masse, rückgekoppelt über die Induktivität in der Kathodenleitung und niederohmige Gitterschaltung, zu entschärfen. Oft reicht es, die Strippe zur Anode statt mit versilbertem Kupfer, aus Büchsenblech anzufertigen.
Der NF-Verstärker hat weder einen solchen Schwingkreis noch eine niederohmige Gatezuführung.
Kainit
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Kainit »

-Deine Folienkondensatoren haben eine rosa Markierung. Wenn ich nicht irre dann bedeutet das max. 400V DC. Könnte knapp werden.
-Gegenkopplung weglassen. Bring das Ding zuerst stabil ans Laufen, alles andere kannst Du später probieren.
-Die ECC83 will eher 300V oder drüber als Ub. Das Philips-Datenblatt dieser Röhre hat einige sehr gute Beispiele dazu.
-Als Treiber nehme ich gern die ECC82 mit Ra im Bereich von 20-25kOhm bei Ub ca. 300V. 56k scheint mir etwas groß.
ECC81 will ich jetzt nicht extra rechnen...
-1Meg als Gitterableiter an den Endröhren sind viel zu groß...
-Für die Phasenumkehr mal hier lesen:

http://www.angelfire.com/electronic/fun ... Heart.html

Gehe zu Figure5/Figure6.

-Konstantstromquelle als "Katodenwiderstand" erlaubt gleichgroße Ra für beide Trioden und gibt hervorragende Symmetrie
der Signale. Man muss keine Röhre nehmen, Halbleitertechnik tut es auch sehr gut.
-hier ein Link für ein paar einfache und effektive Konstantstromquellen:

http://www.pastisch.se/faktiskt/diyAudio-CCS-beta3.pdf

So, das wars fürs Erste...

mfg

k.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Sorry, wenn ich das jetzt sagen muss, aber diese Gitarrenverstärkerphasenumkehrkrücke macht in der Kiste einfach keinen Sinn, weil man sie nie wirklich symmetrisch bekommt. Ja, mit Bootstrapgewürge oder Halbleiterkonstantstromquelle gehts, aber tut das Not?Die "geringere Verzerrung" (korrekterweise: höhere mögliche Ausgangsspannung) nutzt dir nix, wenn du eh einen Verstärker hinterherschaltest. Mit "eine Triode als Verstärker und eine als Kathodyn" kommt man besser hin, wenn die Ausgangsspannung klein bleibt.
Und halte im Hinterkopf, mittelfristig in den Treibern auf Pentoden umzustellen.
Nur die ECC82 bringen an 250V genug Pegel, aber die wollen mächtig Gegenkopplung sehen, sonst baut man einen Gitarrenverstärker.
Mit ECC81/83 könnte es gehen, wenn man die Anodenwiderstände vergrößert und das Ganze direkt an UaEndstufe (400V oder mehr) hängt.
Dummerweise ist der Klirrfaktor der Vorstufen nicht ganz unwichtig, weil dabei so zweite Oberwellen entstehen, die für sich kein Problem sind, aber der unvermeidbare Bruder der 2. Oberwelle (namens DC-Offset) schon.
Wenn du GU-50 verwenden willst bei Ug2=250V, kommt man nach polnischen Kennlinien etwa bei -Ug1=60V raus. Das bedeutet, bei Aussteuerung bis zum Gitterstromeinsatz (wovon ich mal ausgehe), braucht man 42Veff. Da ist die ECC82 an 250V schon über den Datenblattwert von Ra=100kΩ/Rk=2,2kΩ/Ua=250V/Uo=32V/k=5,9% hinaus. Unter der (recht optimistischen) Annahme "Der Klirrfaktor ist der Ausgangsspannung ungefähr proportional" gäbe das bei 42Veff 7,7%. Dazu wandert der Arbeitspunkt anodenseitig um etwa 3V (Geschätzte Amplitude der 2. Oberwelle), was sich auf die Gittervorspannung der Endstufe auswirkt. Ja, ich weiß, dass das so gebaut wird. Von vielen. Auch kommerziell. Das tut auch, weil niemand auf dem Ding "Vollgas" Musik hört. Nichstdestotrotz ist das kacke, spätestens, wenn man argumentieren muss, warum man das getan hat.

Die ECC83 steht eigentlich besser da, weil schlichtweg mehr Verstärkung da ist. Davon kann man sich per erhöhtem Kathodenwiderstand weniger Klirrfaktor kaufen. Allerdings ist auch bei Ra=220kΩ recht früh schluß, weil einfach die negative Gittervorspannung nicht reicht. Bei 55Vp/39Veff wird das Gitter positiv und Feierabend.
Dagegen hilft nur mehr Ua...

Oder ne ECC81? Ich erinnere mich, dass im Valvo Datenbuch ziemlich gute Daten als NF-Verstärker standen. Das habe ich aber nicht greifbar und das Netz scheint es auch nicht zu kennen.
Also von Hand:
Wir wissen; Ua=250V, Uo=120Vpp, Uo/Ui etwa 15.
Also greifen wir uns das Ausgangskennlinienfeld und malen mal Lastkennlinien für die üblichen verdächtigen Anodenwiderstände rein:
blau:50kΩ, rot: 100kΩ, grün: 250kΩ
Bild
Auf den ersten Blick sieht die rote Linie günstig aus, weil sie von den Linien etwa im gleichen Abstand geschnitten wird.
Wir legen also einfach mal fest:
Ra=100kΩ.
Jetzt lesen wir einfach mal Anodenspannungswerte für Gitterspannungswerte ab:

Code: Alles auswählen

-Ug1      Ua   diff
0         30    
1         73    43
2        115    42
3        155    40 
4        190    35
Jetzt haben wir schonmal ne grobe Ahnung, dass die Verstärkung etwa 40 betragen wird. Wir konstruieren uns mal eine Übertragungskennlinie:
Bild
Also, gegen Ende knickts ab. Diese lineare Interpolation ist sicher keine perfekte Näherung, vermutlich kann man etwa bis -3,5V ganz gut aussteuern, -4V gingen aber auch noch. Gehen wir von 3,5V als Grenze aus, dann haben wir 172-30 also 152Vpp Aussteuerungsbereich. Das reicht uns.
Also: Arbeitspunkt -Ug1=1,75V, Ua=105V, Ia= 1,45mA
Jetzt steuern wir +/- 1,5V aus (also ca 60V):
bei 0,25V kommen 41V raus, also -64V gegenüber Arbeitspunkt
bei 3,25V kommen 164V raus, also +59V.
Die Durchschnittliche Ausgangsspitzenspannung beträgt 61,5V, beide Seiten weichen davon um 2,5V ab. Wir müssen also zur Näherung zwei Terme hinzufügen:
a) einen Sinus von doppelter Frequenz, der beide Spitzen um 2,5V runterdrückt, Also 2,5V Spitze-Spizte, oder 1,25V Amplitude.
b) einen Gleichanteil von -1,25V, damit der "Doppelfrequenzsinus" beim Arbeitspunkt wirklungslos wird.
Unsere Schätzung der 2. Oberwelle sagt also: Zu 61,5Vp Grundwelle kommen 1,25V 2. Oberwelle und 1,25V Gleichstrom, also 2% 2. Oberwelle.
Das ist überraschend gut, und eigentlich schon gut genug. Ich glaube einen derartigen Wert aber erst nach dem Messen.
Wir können den Kram jetzt noch etwas optimieren, wenn wir einen Kathodenwiderstand einziehen.
Die Berechnung des Ganzen mit Rk wird bei Trioden etwas fummelig, das würde ich ausprobieren. Der Klirrfaktor wird aber ungefähr proportional zur Verstärkung runtergehen.
Also gib dem Ding mal 4,7k Rk, da fallen dann in Ruhe 6,8V ab, also braucht das Gitter +Ug1(!)=5V.
Das sollte also als Treiber funktionieren, auf jeden Fall besser als die ECC82. Das setzt natürlich voraus, dass die ECC81 ihr Datenblatt gelesen hat, was ich bei "Gitarrenverstärkerröhren" aus moderner Produktion manchmal in Frage stellen würde.

Das gleiche Spiel kann man auch mit ner EF80 treiben (und macht sich in der Projektarbeit sicher gut ;-) )
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Roehricht
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Roehricht »

hallo Ferdimh,
Oder ne ECC81? Ich erinnere mich, dass im Valvo Datenbuch ziemlich gute Daten als NF-Verstärker standen. Das habe ich aber nicht greifbar und das Netz scheint es auch nicht zu kennen.
Also von Hand:
Hier mal die Tabelle ausm Telefunken "Handbuch für Spezialröhren" Ausgabe 1965/66.

Ist für ne ECC81S, die Langlebe Version der ECC81.


Bild->zoom

Bild->zoom

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Wolfgang
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Okay, danke erst mal für die vielen Tips. Ich bin gerade dabei das Ganze mal durch zu rechnen. Mittlerweile hab ich schon mal den ersten Erfolg vermelden können. Nachdem Matzes Netzteil funktionierte ham wir einfach mal die richtigen Spannungen an die richtigen Stellen gelegt und waren erstaunt, dass das Ding schon mal einen recht schönen Sinus mit 16V RMS in 4 Ohm pumpte. Auch mit Musik war das Ganze auch ohne Gegenkopplung schon mal recht tauglich, wenn auch noch kein Optimum.

Die ECC81 ist allerdings gerade nicht in der Lage, die 22kOhm Gitterableitwiderstand mit GU50 hinten dran mit genügend großer Spannung zu treiben, sodass gerade der Treiber das begrenzende Element ist, ich muss den morgen noch mal nach ferdimhs Rechnung umbauen. Ich rechne das heute oder morgen noch mal für die EF80 oder die E180F (davon kullern hier einige rum), durch.

Zur Phasenumkehrstufe:

Ja das stimmt. Ohne vernünftige Stromquelle an den Kathoden bekommt man bei beiden Zweigen nicht unbedingt gleiche Amplituden am Ausgang hin. Ich habe mich an das Optimum heran iteriert, und ich jetzt im Kathodenzweig 47k stecken habe, sodass mit dem Oszi kein Fehler mehr feststellbar ist. (Bild folgt morgen). Ich werd noch mal mit ner Kathodynstufe experimentieren und dann entscheiden, was mir lieber ist.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Das Problem mit dem "schief gebastelten" Differenzverstärker mit schiefen Ausgangswiderständen ist, dass es halt wieder nicht stimmt, wenn du die Gegenkopplung (an der anderen Seite...) anklemmst...
Wenn du das nicht tust, brauchste eine Röhre extra (was nützlich sein kann, wenn du die zusätzliche Verstärkung brauchst; ich behaupte aber mal, dass du sie nicht brauchst).
Eine Sache noch, damit du meine Fehler nicht unbedingt wiederholst: So wenige Koppelkondensatoren in der Gegenkopplungsschleife wie möglich verwenden!
Hier ist die Kathodynstufe im Vorteil, insbesondere, wenn man sie an die Vorstufe gleichstromkoppelt: die Gegenkopplung kann (und sollte!) ohne Koppelkondensator an die Kathode angeschlossen werden.

Warum 22k Gitterableitwiderstand? Weil das irgendwer, der an Sender gedacht hat, ins Datenblatt geschrieben hat?
Mit 22k kommst du in die Größenordnung, wos Leistungsröhren als Treiber braucht... Ich sehe kein Problem, da auch 220k zu nehmen.
Mit der E180F könnte es bei ca 5k in der Anode gerade so gehen in 22k Last. Die Kennlinie von der ist halt arg krumm.

(Übrigens: Meine Berechnungsanweisung oben geht davon aus, dass die Last hochohmig ist. Das müsste man beim reinlegen der Lastkennlinie noch berücksichtigen.)
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Okay. Also die Gegenkopplung soll sowieso gar nicht in den Differenzverstärker rein. Das das dann nämlich nicht mehr so recht symmetrisch wird, ist mir soweit auch klar. Dann würde es auch der doofe Widerstand nicht mehr als Stromquellenersatz tun. Und auf Stromspiegel bauen hab ich keinen Bock.

Die Gegenkopplung soll an die Stufe hinter der Klangwaage kommen, also eine Stufe vorm Differenzverstärker. Damit sollte auch der Differenzverstärker symmetrisch bleiben. Mal schaun, ob das in der Praxis auch so funktioniert, wie erhofft.

Ich hab das ganze Spiel mal mit der EF80 getrieben, auch unter Annahme, dass die Last keinen Strom zieht:

Anodenspannung 350V, Schirmgitterspannung 250V Ra = 20k

Bild

Hm. Ganz schön Krumm. Zwischen -3 und -4V Ug1 siehts allerdings einigermaßen brauchbar aus.

Also das Ganze mal mit Ua 350V, Schirmgitterspannung 250V und Ra = 50k.

Bild

Hm. Auch krumm.

Mal weniger Ug2 und Ua nehmen: Ua = 250V und Ug2=200V

Bild

Bild

Hm Im Bereich Ug=-4 bis -2,5V sieht das doch schon mal einigermaßen linear aus. Also könnte der Arbeitspunkt bei Ug = -3,25V liegen. Da ist dann Ua = 130V und Ia = 6mA. Mit dem Wissen kann ich den Kathodenwiderstand auf 3,25V/6mA =540 Ohm errechnen. Dann wäre meine maximale, einigermaßen symmetrisch verstärkte Ausgangsspannung (200-130)/sqrt(2)=49,49Veff.

So. Soweit das. Hoffe dass das Ganze so nicht kompletter Bullshit ist.

Ansonsten: Ich kapiere nicht, wie die 2. Oberschwingung zu dem DC offset, von dem du sprichst, führt.
Kainit
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Kainit »

Warum nicht einfach die Schaltung des V75 vom Funkwerk Kölleda nehmen und schauen wie die das mit der EF80 gemacht haben?
Das ist eine tausendfach gebaute Industrieschaltung. Besser eine erprobte Schaltung modifizieren als ein Schuß ins Blaue...
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Ich bin mit meinen Berechnungen und Annahmen und dem ganzen Krams tatsächlich auf sehr ähnliche Werte gekommen. Ich hab die V75 Schaltung bei mir vor der Nase liegen und hab mir da schon einige Tricks und Kniffe abgeschaut.

edit: außerdem will ich in meinem Praktikumsbericht doch auch begründen können, warum etwas so gemacht ist, wie es gemacht ist. da kommt ein "hab ich aus ner Schaltung von 1960 so" ziemlich schlecht an.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Aaaaalso, das 1. Diagramm der EF80 ist schon ganz gut.
Grund: Du kannst gegenkoppeln. Du hast ne Verstärkung von etwas über 100, brauchst aber nur 10-20. Dadurch wird die Delle erheblich kleiner. Nebenbei sind "symmetrisch krumme" Kennlinien deutlich unproblematischer (gibt 3. Oberwelle, die durch über-alles-GK verringert werden kann und keinen DC-Offset). Problematisch beim Gegenkoppeln ist, dass der Trick mit dem Kathodenwiderstand nur begrenzt gut geht, weil der (nichtlineare) Schirmgitterstrom ebenfalls durch die Kathode fließt. Das könnte bei richtiger Dimensionierung genau kompensieren oder stören. Hier kommen wir aber an die Grenzen des Kennlinienmaterials und in den Bereich wo es Zeit wird, Versuche anzustellen. Löst dein NF-Spekki gut genug auf für Klirrfaktormessungen?
Alternativ (und hier wird wieder die Differenzverstärkerphasenumkehrstufe nützlich) könntest du Gegenkopplung auf die Anode der Vorröhre machen, im dreistesten Fall durch Anschließen der Anodenwiderstände der Phasenumkehrstufe an die Anoden der EF80. Hier sind wir aber definitiv im Bereich der Kunstschaltungen, die man fast nur noch mit dem Lötkolben "simulieren" kann.
Ich kann aber immer wieder nur raten, sich mit der Endstufe erst zu beschäftigen, wenn an den Gittern derselben zwei genau gleich große gegenphasige Signale anliegen, die möglichst wenig Oberwellen haben (ich habe damals k<0,1% bei Vollgas gefordert, das war echt sportlich, so weit muss man es nicht treiben, aber k<1% wäre schon gut).

Zum Offset: Die Röhre macht ja nicht magisch die doppelte Frequenz, sondern die Kennlinie hat einen quadratischen Fehler, der über sin(x)^2=0,5-0,5cos(2x) einen Fehler mit doppelter Frequenz UND einen Fehler mit Gleichstrom produziert:
Bild
Das Ergebnis sind übrigens 12,5% Klirrfaktor, verursacht durch "Summe"=signal+0,25(signal^2).
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Okay. Danke für die Erklärung mit der 2. Oberwelle + dem DC Offset. Leuchtet ein. Der "Specki" ist ein HP89410A Vektor-Signal-Analysator. Ich missbrauche den nur als Specki. Der kann auf ein paar mHz auflösen. Sollte also für Klirrfaktormessungen mehr als ausreichend sein.

Ich habe den Treiber nach dem vorherigen Kennlinienrumrechnen und ein bisschen Empirie mal nach folgender Schaltung aufgebaut:

Bild

Betriebsspannungen usw. stehen dabei. Ich habe die Schirmgitterspannung mit Z-Dioden stabilisiert. Möchte ich nachher bei den Endröhren auch so machen.

Ich habe die ganze Schaltung (Phasendrehstufe hängt noch mit davor) dann mal mit 1kHz 1,0Vrms gefüttert. Ergebnis: An der Treiberstufe liegen 12V Amplitude an aus der Treiberstufe raus kommen etwa 60V Amplitude --> passt. Wenn ich die Eingangsspannung auf 1,37Vrms erhöhe kommt als erstes die 3. Harmonische und sehr sehr lange keine 2. --> passt.

Es folgen ein paar bunte Bildchen. Alles mit nem Tastkopf 1:10 gemessen, auch am Specki um den nicht zu grillen.

Normale Aussteuerung:

Bild

Bild

Beginnende Übersteuerung:

Bild

Bild

Somit ergibt sich der aktuelle Schaltplan der Kiste zu folgendem Bild:

Bild

edit: jetz krieg ich die GU50 auch einigermaßen gut ausgesteuert. Gerade die 100W raus bekommen, die ich anpeile, allerdings mit stark verzerrtem Signal. So kann man aber schon gut bei geringen pegeln (bis so 60-70W) gut Musik drauf hören, wobei ich es vorziehe nicht über 1W aufzudrehen, weil das Ding schon tierisch lärmt.

edit²: wenn ich den verstärker weiter als ein bestimmtes level aussteuere, dann flimmert es schwach blau in den GU50 und alles beginnt mit ein paar Hz zu schwingen. Hmpf.
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Kainit »

Nach Deinem Schaltbild hast Du für die Ug2 der EF80 250V, eine ZD von 200V und einen Rv von 40kOhm eingesetzt.
Das sind 50V über 40k- ergibt 1,25mA durch den Rv. Das reicht normalerweise nicht mal für die ZD.
Das RFT-Datenblatt für die EF80 gibt für Ug2=200V einen Ig2 von 2,6mA an(pro Röhre).
Der Ia von 3,6mA scheint mir auch etwas niedrig, RFT gibt 10mA an/Kölleda hat wohl 7mA verwendet.

Bei Phasenumkehr und Treiber steht jeweils +340V als Ua dran. Sind die direkt an der gleichen Quelle
angeschlossen? Die Versorgung für beide Stufen sollte voneinander entkoppelt sein um gegenseitige
Beeinflussung auszuschliessen.
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Kainit:
Es macht für den Betrieb als NF-Verstärker keinen Sinn, den maximal möglichen Anodenstrom (das wären bei der EF80 10mA/250V, dann ist die Anodenverlustleistung ausgereizt) zu nutzen. Der Gewinn an Steilheit wird durch den dann notwendigen kleinen Anodenwiderstand wieder aufgefressen. Man bewegt sich so lediglich in einen nichtlineareren Teil der Kennlinie. Die EF80 ist als HF-Verstärker gedacht, dort macht es Sinn, "Vollgas" zu fahren, weil der Lastwiderstand (=Schwingkreis oder Trafo) für das Nutzsignal hochohmig ist, auch wenn er für Gleichstrom niederohmig ist (oder der Lastwiderstand ist niederohmig, weil es der Bandbreite wegen nicht anders geht).
Dementsprechend wird der Schirmgitterstrom hier auch niedriger sein. Ich finde nur gerade kein brauchbares Schirmgitterkennlinienfeld im Netz (und meine Valvo-Tabelle scheint auch verschollen).

Die Stabilisierung der Ug2 mit Zener ist aber trotzdem in meiner Welt keine besonders umwerfende Idee. Auf der Endstufenseite brauchts da richtig Strom, was Leistungszener erfordern würde (Dass es sich eher um Stromspitzen handelt, macht einen Längsregler hier vergleichsweise praktikabel).
Bei der Vorstufe würde es auch ein Spannungsteiler oder einfach nur nen Siebwiderstand mit nem Elko tun, die Ströme sind klein genug. Der gemeinsame Schirmgitterwiderstand ist gut gemeint, aber eine potentielle Quelle von chaotischem Verhalten. Ich würde hier, wenn ich nicht unter akutem Sparzwang stehe, zwei getrennte nutzen.

Das niederfrequente Schwingen deutet auf ein Problem mit der Stabilität oder Siebung deiner Versorgung hin.
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Noch mal ne Idee zur Phasenumkehrstufe:
Ein Telefunken Laborbuch zeigt eine "Differenzverstärkerphasenumkehrstufe" die symmetriert wurde, indem der nichtaudioführende Eingang nicht auf Masse, sondern auf einen Spannungsteiler gelegt wurde, der den Mittelwert der beiden Ausgänge liefert. Dadurch gibt es Zusätzliche Gegenkopplung für die Gleichtaktverstärkung.
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Kainit »

Klingt nach "Paraphase" und ist nicht besonders symmetrisch.
Siehe auch hier unter "floating Paraphase":

http://www.valvewizard.co.uk/paraphase.html
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Oh mann...
Es macht natürlich keinen Sinn, durch die zusätzliche Gegenkopplung die Symmetrierung durch den großen Kathodenwiderstand aufzugeben. Dann ist das natürlich kacke.
Sinnigerweise setzt man den Differenzverstärker mit großem Rk und die Gegenkopplung gemeinsam ein.
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Im Übrigen kann ich es gerade nicht lassen, die beiden Schaltungen zu vergleichen:
Wenn wir Waffengleichheit herstellen (also zwei gleiche Anodenwiderstände in der Differenzverstärkerstufe und zwei gleiche Teilerwiderstände in der Paraphase), kommen wir auf folgendes Ergebnis:
ECC83, Ra=100k, Rkgemeinsam=17k, Uba=250V
Der durch die Widerstände eingestellte Arbeitspunkt ist "weit ab vom Schuß", die Steilheit wird etwa 1mA/V betragen.
Damit hat jede Röhre einen äquivaltenten "eingebauten" Kathodenwiderstand von 1kΩ.
Damit ergibt sich ein Spannungsteiler. für jedes mA Anoden(=Kathoden)wechselstrom der linken Röhre ergibt sich 1V am gemeinsamenKathodenwiderstand, macht 59µA, die durch die linke Röhre, aber nicht durch die Rechte fließen. Oder anders gesagt, die linke Röhre produziert 6% mehr Ausgangsstrom als die rechte.
Wie korrigieren wir das:
Dementsprechend müsste der gesamte Anodenwiderstand der rechten Röhre um 6% größer sein. Parallel dazu liegt aber noch der Innenwiderstand der Triode in der Größenordnung von 80kΩ, wodurch die Anodenwiderstandsdifferenz größer wird.
Im gegebenen Verstärker sieht die linke Röhre 40,5kΩ, die rechte 44,4kΩ, was 10% mehr Gesamtwiderstand ergibt. Von daher müsste in der gegebenen Schaltung die rechte Röhre rund 4% mehr (ich weiß dass das keine korrekte Prozentrechnung ist!) ausgeben.

Betrachten wir nun die Paraphase mit Gegenkopplung. Sie ist deutlich einfacher zu verstehen:
Ein gegengekoppelter Verstärker mit einer Verstärkung von A wird mit einem Gegenkopplungsnetzwerk mit einer "Verstärkung" B gegengekoppelt.
Wenn wir uns günstige Parameter raussuchen, kommen wir bei der ECC83 auf eine Verstärkung A=ca 50.
Davon wird die Hälfte (1M vom Ausgang, 1M vom Eingang teilt auf die Hälfte runter) zurückgekoppelt. Ebenso sieht das Gitter die Hälfte des Eingangssignals.
Die Verstärkung eines Gegengekoppelten Verstärkers ist A/(1+A*B), wobei in unserem Fall noch der Teiler dazukommt.
Also haben wir hier für B=0,5:
Gesamtverstärkung ist 0,5*50/(1+50*0,5)=0,96.
Der Fehler ist also tatsächlich ohne jede Trickserei kleiner als bei dem Differenzverstärker!
Als Bonus gibts erhöhte Aussteuerbarkeit dazu, weil keine Betriebspannung am großen Kathodenwiderstand verlorengeht.
Dafür gibt es halt völlig undefiniertes Übersteuerungsverhalten, weswegen sich wohl auch die Differenzverstärkerstufe im Gitarrenverstärkerbau so gut hält (und sie sieht so schön symmetrisch aus).
Wenn natürlich die Krankheit des Röhrenverstärkerbaus, auch ECC82 genannt, eingesetzt wird, hat man halt ein Problem, dann ist die Verstärkung viel geringer. Das betrifft aber ebenfalls den Differenzverstärkeraufbau.
Kainit
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Kainit »

Ein Haufen Text ...

Ich stelle den Link hier nochmals ein(Seite ist wieder online):

http://www.angelfire.com/electronic/fun ... Heart.html

Da hat sich jemand eine Menge Arbeit gemacht bei der Analyse verschiedener Schaltungen.

Was die Symmetrie des Differenzverstärkers angeht:

http://www.diyaudio.com/forums/tubes-va ... pairs.html

Ein Differenzverstärker aus ECC81+ECC88. Unterschiedliche Anodenströme, gleiche Anodenwiderstände
und trotzdem gleiche Ausgangssignale...
Wenn der Differenzverstärker nix taugt sind wohl alle Operationsverstärker Müll?
Die Aussage zur ECC82 kommentier ich mal nicht.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Ein Differenzverstärker aus ECC81+ECC88. Unterschiedliche Anodenströme, gleiche Anodenwiderstände
und trotzdem gleiche Ausgangssignale...
Mit Stromquelle. Nicht mit Kathodenwiderstand. im Übrigen sind die Bilder nicht sichtbar.
Wenn der Differenzverstärker nix taugt sind wohl alle Operationsverstärker Müll?
Der Differenzverstärker ist super!
Aber nur, wenn er eine Stromquelle in der Kathode/Emitter/Source hat! Echt jetz! Wenn wir die nicht haben, ist die Gleichtaktunterdrückung schlecht, und dieser Mangel ist in der Praxis derart schwerwiegend, dass er die Mängel aller anderen "einfachen" Phasenumkehrstufen in den Schatten stellt, auch wenn die Schaltung so toll symmetrisch aussieht. Und natürlich kann man sich mit unterschiedlichen Anodenwiderständen oder Balancepotis oder wasauchimmer drumrumtricksen. Aber ich baue keine symmetrisch aussehende Schaltung auf, wenn ich am Ende doch symmetrieren muss.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Mir hat das ganze Thema jetzt keine Ruhe gelassen und ich habe das Ganze mal gegen SPICE geworfen:
Sofern die Modelle stimmen (überschlägig taten sie das), kommt das bei raus:
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Ufehler ist 40mV, Uout 2,5V bei 100mV Eingangsspannung, 1,6% Fehler. Das entspricht ziemlich genau den Erwartungen. Den Kathodenwiderstand habe ich gegenüber den originalen 15+2,2k vergrößert, den Arbeitspunkt sinnvoll eingestellt (2,2k Rk für 2 Röhren ist ziemlicher Hungerbetrieb).
Bei R6=15K siehts schlechter aus: 2,4Vout, 120mV/5% Fehler...
Das ist schon garnicht mal so schlecht, und meiner Meinung nach ohne weitere Maßnahmen akzeptabel. Eine etwaige Symmetriermaßnahme müsste keinen sehr großen Fehler korrigieren.
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Dieser Trick verringert die Fehlerspannung auf 30mV, die Ausgangsspannung bleibt gleich. Also 1,2% Fehler. Die Wirksamkeit ist bei einer "ungünstig" dimensionierten Phasenumkehrstufe deutlich vorteilhafter, da sie den maximalen Fehler auf die Größenordnung der Eingangsspannung begrenzt (wenn der Fehler mit der Eingangsspannung betragsgleich wäre, wäre die Schaltung symmetrisch). Damit sind wir letzten Endes bei der "Paraphase" angekommen: Wenn wir R6 verkleinern (z.B. auf 0) ergibt sich ein Fehler von 110mV. Gleichzeitig ist aber die Verstärkung gestiegen, so dass die Ausgangsspannung 4,5V beträgt. Das sind 2,4% Fehler.
Damit sind wir schonmal besser als eine ungünstig dimensionierte Differenzverstärkerstufe. Höhere Aussteuerungsreserve (Mehr Spannung an den Röhren) gibts gratis dazu.
Der wirklich interessante Teil ist aber die abgrundtief primitive Kathodynschaltung:
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Hier müssen wir zur ECC81 greifen, da die ECC83 zu hochohmig ist, um direkt zu koppeln (da würden 470k Ra fällig, und... nein).
Dabei kommen 3V Nutzsignal und 2,6mV Fehler raus, also 0,087%...
Die Kathodynschaltung ist also mal eben um mehr als ne Zehnerpotenz besser als die schöne symmetrische Schaltung...
Natürlich kommt das nicht ohne Nachteile: Die Ausgangsspannung ist nur halb so hoch wie bei der Paraphase möglich (und noch kleiner als beim Differenzverstärker). Damit ist das direkte Antreiben von EL34, was mit dem Differenzverstärker noch mit etwas Würgen, mit Kathodyn quasi unmöglich. Im Gegenzug kompensieren sich die Lastkapazitäten, was einen deutlich besseren Frequenzgang nach oben mit sich bringt.

Fazit: Nachdem ich mich damit nochmal beschäftigt habe, kann ich die Kathodynschaltung noch viel mehr empfehlen, als ichs wegen ihrer Einfachheit sowieso tun würde.
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Oha. Da hast du dir aber nen ziemlichen Aufwand gemacht, das alles in Spice zu kloppen und zu simulieren. Vielen Dank dafür! Den Beitrag sollten wir mal im Wiki festhalten, ich werde nicht der letzte sein, der sich mit solchen Phasensplittern beschäftigt. Ich werd dann doch mal eine Kathodynstufe ausprobieren und mal hinsichtlich Klirrfaktor ausmessen.

Ich bin gerade etwas inaktiver bei dem Projekt, wenn mein Oberseminar dann mal läuft, hab ich den Kopf wieder etwas freier fürs Basteln. Ich werde demnächst auch mal alles vorbereiten, um die Schaltung irgendwo schön aufzubauen, also Blech zuschneiden und bohren, Fassungen einsetzen, Löt- und Messerleisten ran schrauben, Kabelbäume vorbereiten etc. So viele große Änderungen wirds an der Schaltung dann eh nicht mehr geben.

Die EF80 liefern jedenfalls genug Pegel (und Verstärkung), um die GU50 bis zum Gitterstromeinsatz auszusteuern. Das sollte also so passen. Aus irgend einem Grund bekomme ich allerdings höchstens 60W raus, dann aber auf der Sekundärseite des AÜ mit ziemlich ekligen Übernahmeverzerrungen. Kann gerade sein, dass 200V am Gitter 2 etwas wenig ist und ich deswegen die Leistung nicht bekomme. Ich schau da demnächst noch mal genauer hin. Auf jeden Fall läuft der Verstäker stabil, seitdem ich an die richtigen Stellen dann doch mal ein paar Elkos gepackt habe.
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ferdimh
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von ferdimh »

Wenn du Übernahmeverzerrungen hast, läuft deine Gittervorspannung hoch oder die Schirmgitterspannung sackt weg. Dann fließt da vermutlich schon Gitterstrom.
Trick 17 zum Prüfen:
Nimm ein DSO auf Singleshot. So einstellen, dass es mit Signal sicher triggert und 10 Perioden eines eher niederfrequenten (100-300Hz) Prüfsinus draufpassen.
Signal wegnehmen, Oszi bereitmachen, Signal dran (Ich empfehle, einen Schalter einzubauen, mit "Dranhalten" britzelt man zu sehr). Wenn die erste Periode in Ordnung ist und es schleichend schlechter wird, läuft dir irgendwo nen Arbeitspunkt weg.
Bedenke, dass auch die EF80 in Gitterstrom gehen könnten.

Du machst diese Tests hoffentlich ohne Gegenkopplung? Mit wird die Betrachtung deutlich schwieriger, weil dann die Anfänge von komsichen Dingen noch in der Gegenkopplung verschwinden.

Zur Phasenumkehrstufe:
Mach dir nicht zu viel Kopf deswegen. Letzten Endes sind die Unterschiede trotz allem klein genug, dass jede Schaltung, die halbwegs symmetrisch getrimmt wird, funktioniert. Es hat mich halt, nachdem gegen die Paraphase gewettert wurde, interessiert, wie es genau aussieht.
Nichtsdestotrotz ist die Kathodynstufe halt elegant, schon weil sie einfach ist. Ich würde sie aber nicht pauschal aus allem rausreißen.
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Tjo. Ich hab mir mal die Schirmgitterspannungen vorgenommen. Der Widerstand in der RC-Kombination war zu groß. Mit 500 Ohm gehts jetzt. Nächstes Problem: Matzes Testboard für das Netzteil ist zu niedlich. Die EY88 kacken bei Volldampf einfach ab und die Anodenspannung geht mehr als 100V runter. Das Netzteil, aus dem ich meine Schirmgitterspannung hole (EZ80) ebenso. Wenn ich da die Ausgangsspannung bei voller Aussteuerung nachstelle und in Matzes Netzteil die EY88 durch Dioden ersetze, dass alles wieder seine Spannung hat, dann passts auch wieder und ich bekomme saubere 100W raus.

Alles in Allem also "nur" eine Frage eines amtlichen Netzteils. Wobei ich gerade Musik drauf gebe. Wie Röhricht schon sagte, ist der "Formfaktor" von Musik ziemlich klein, sodass auch ein niedliches Netzteil das schon schafft. Niemand hört auf seinem Amp den ganzen Tag Sinüsse.

Der Klirrfaktor und der Frequenzgang ist auch ohne Gegenkopplung über alles ziemlich gut. Ich habe aber von den Anoden der Endröhren zu deren Gittern eine kleine Wechselstromgegenkopplung. Die hilft da auch schon ganz gut.
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

So, die Endstufe läuft auf nem Niveau, das mir soweit gefällt, mit ner ordentlich stabilen Schirmgitterspannung sollte es dann auch die 100W geben, die ich wahrscheinlich im realen Einsatz nie brauchen werde, außer um schwerhörige Nachbarn mit Musik zu beglücken, sollte aus deren Wohnungen mal wieder Heino am Sonntagmorgen zu mir schallen.

Ich hab mir heute mal Gedanken zum Netzteil gemacht:

Bild

Auch wenn ein Halbleitergleichrichter in fast jeder Hinsicht sinnvoller wäre, weil kleiner und effizienter usw usf, kann man mit nem Röhren-gleich-riecht-er dann doch eher Eindruck schinden und einen auf dicke Eier machen. Spart einem dann auch gleich die Raumheizung, spendet Licht in kalten Winternächten und rückt das Gerät noch weiter in Richtung Raduga. (Für alle, die das nicht kennen: Raduga waren teilweise vollröhrenbestückte Farbfernseher aus sowjetischer Produktion mit nem dezenten Wärmeproblem: Die Kisten sind immer mal wieder abgebrannt)

Für meinen Teil würden es dann 4 russische EY500 werden, damit das Netzteil dann auch nicht etwa zu niedlich wird. Die Schaltung vom Längsregler hab ich mir erst mal von Matze geklaut, vielleicht klappt die bei mir ja auch. Ich werde aber wohl eine PL504 als Längsregelröhre einsetzen, weil ich ernsthaft Strom für das Schirmgitter brauche und mein Netztrafo eine für die PL504 Heizung passende Wicklung hat, die ich sonst für nix brauche. So kann ich auch gleich das Problem der recht geringen U_kf der PL504 lösen, indem ich diese Heizwicklung des Trafos halt über Widerstände symmetrisch auf Kathodenpotenzial ziehe (oder ist diese Idee Bullshit?).

Als Regelröhre hab ich ne EF183, die da ganz gut gehen sollte, als Glimmstabi ne StR150/30. Ich probiere den Mist demnächst mal aus, ob der so tut, wie er soll.
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Bastelbruder
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Bastelbruder »

Silizium-Brückengleichrichter und fetter Elko sind hier aber wirklich nicht nötig. Einfach eine Seite der Heizwicklung dort anschließen wo der Draht an der Kathode abgebrochen ist. (Zumindest im Schaltplan).
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Chrissy
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Re: Mein großer Röhrenverstärker

Beitrag von Chrissy »

Okay, den Brückengleichrichter und den Elko hab ich dort aus nem bestimmten, anderen Grund: Die Wicklung macht 22V Effektivwert. Das ist der PL504 zu wenig. Mit Brückengleichrichter und nem kleinen Elko komme ich rechnerisch auf etwa 29V. Unter der Last der Röhre fließen dann auch die 300mA und die Spannung geht auf die im Datenblatt der PL504 angegebenen 27V runter. Ist also ne Trickserei, um mit dem vorhandenen Zeugs was auf die Reihe zu kriegen.
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