Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Wenn das Irrenhaus überfordert ist

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Cubicany
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Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Wir dürfen ja Gott sei Dank in der Ausbildung nicht zu viel
gleichartige Arbeit verrichten, so habe ich für einen Geldbonus
2 Wochen Arbeit in der Produktion zugestimmt.

Morgen ist der zweite Tag, weil 2 Tage BS Homeoffice dazwischen lagen.

Aber schon der Montag war "erfahrungsreich".

Und zwar in der Hinsicht, dass ich mich frage, wie man sowas
uU. 30 Jahre machen kann. Im Prinzip ist es immer verschieden geformte
Teile vom Band nehmen und mit Vlies in Eurokisten packen, für volle Kisten
ein Etikett drucken und aufbringen. Und man ist quasi ständig unter Stress, weil
die Maschinen ja permanent durchlaufen. Die Zeit bekommt man für ein paar
Tage damit rum, dass man überlegt, was man wie bauen würde
und dann nach Feierabend bzw. am Wochenende macht.

Einer sagte mir, er wäre schon 20 Jahre dort angestellt.

Wie halten manche da so lange durch?

Und gibt es Tricks, wie die Zeit vielleicht noch etwas schneller vergeht?
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Hightech
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Hightech »

Entweder man gewöhnt sich an die Tätigkeit oder wird verrückt.

Ich wäre nach 1 Tag Gehirntot und nach 2 Tagen würde ich verrückt werden!
Es gibt Menschen die können das und sogar jene die das toll finden.
xanakind
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von xanakind »

Man stumpft ab.
Mir wäre das aber auch nichts.
Als Azubi durfte ich (mit meinem Mitazubi) 2 Tage lang fast durchgehend Zahnbürstenköpfe in ein Förderband einlegen.
Körperlich & Geistig nicht anstrengend, aber man wird doof dabei.
Ich habe dabei dann Musik gehört, so hatte mein Kopf etwas zu tun.

Von diversen Kunden kann ich aber sehr ähnliches Berichten:
Mitartbeiter sind schon seit vielen Jahren angestellt und machen immer die gleiche dusselige & stumpfsinnige Arbeit.
z.B. Anal-C Zahnbürsten einpacken
Oder ABS-Blöcke teilweise montieren.
Immer & immer wieder die gleichen Bewegungen machen.
Und es ist niemals ein Ende in sicht, da die Produktion ja immer läuft.
Mal kurz auf´s Klo gehen? nur zu festgeschriebenen Zeiten, da dazu die Produktion teilweise pausieren muss.
Ich könnte das nicht, selbst wenn der Job gut bezahlt wäre.
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Ja, hatte mal so gefragt, wer wie lange dabei ist, weil der Altersschnitt
von 25 bis "rieche schon mal an der Erde" reicht. Der Großteil macht es
seit 4 Jahren und plant zügig dort weg zu gehen, andere machen es, um
Geld nach Hause zu senden (Ja, sind viele Rumänen, Russen und Polen dabei)
und nur ganz wenige machen es gerne.

Wie gesagt, ich halte mich mit den Überlegungen zu Basteleien und der
Aussicht "nur noch 4 Tage" über Wasser. Aber für noch länger wäre es undenkbar.
Und ich habe das Glück, nur eine Woche früh und eine spät zu haben.
Nacht dürfen wir nicht und das wäre eh mein Ende.

Habe schon überlegt, mir einen Satz der günstigsten kabellosen Pods zu
besorgen, um bisschen Finger Podcast oder was anderes zu hören. Wir dürfen
eigentlich nicht hören, aber da hält sich eh keiner dran. Auch von den fest
Angestellten.
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RMK
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von RMK »

ich hab mal als Ferienjob zwei Wochen lang in einer
Grossgärtnerei Nelkenstecklinge
(im Prinzip Stengel, 10cm lang, mit nem Blatt dran,
kommen in 25er-Bündeln per Gummiband gehalten in
grossen Plastikwannen...)
in Anzuchttische gesteckt. glücklicherweise waren das
schon Tische und nicht mehr wie früher Bodenbeete....

es geht, wenn man sich nebenher überlegt was man
nach Feierabend machen wird, und Musik lief auch
(allerdings der falsche Sender....)

nach zwei Wochen hatte ich dann (hab mitgerechnet)
ca 100.000 Nelken gesteckt.... :|

das größte Highlight war dass ich die Gummiringe
gesammelt hab und in den Pausen zusammengetüdelt.
ebenfalls nach 2 Wochen hatte ich dann einen Gummiball
mit 18cm Durchmesser und einem guten Kilo Gewicht...
...erstaunlich wie weit so ein Teil rumhüpft, und auch
was da für Zerstörungspotential drinsteckt.... :mrgreen:

immer wenn ich mal im Job keine Lust hab, denke ich
an diese Zeit zurück, dann gehts wieder. :)
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Vor allem merkt man dann, wie viel Macht Bildung hat.

Die Leute da haben vielleicht nicht die Möglichkeiten, aber
unsereins kann sich ja nach Belieben weiter qualifizieren und
so in tolle Positionen kommen.

Dann hat man halt nochmal 2 Jahre Schule, aber dafür hat man
vielleicht Aussicht auf Entwicklungslabor, Prüfmittelbau oder
leitende Funktionen.

Es gibt da ja so viel.
Miraculix
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Miraculix »

War früher ähnlich bei mir. Morgens auf den Bau, Schlitze kloppen und stemmen. Abends in den Bus und wieder heim. Und das wochenlang. Der überlebensfeflex war jede Pause und das Wochenende.

Ich war jünger...:D

War für mich der Grund den Bau schnellstmöglich zu verlassen. Ist mal ganz nett, aber für dauerhaft bin ich nicht der Typ gewesen. Da hatte ich andere kollegen die haben das mit richtig Freude gemacht. Ich war da eher im Kundendienst auf Fehlersuche. Dinge die das Hirn Fordern.


Aktuell hab ich das im Büro. Wenn ich nur im Büro bin und digitale Ergebnisse produziere oder auch Nen Haufen Papier... ich geh abends mit nem Brummschädel heim, bin komplett platt, hab das Gefühl nichts geschafft zu haben und bin frustriert.

Mischt sich das aber, Büro, Kunde, Labor und Werkstatt ist alles tutti. Auch nach 12h noch. Abwechselung. Und mit guten Kollegen. Mit dem richtigen man/Frau an der Seite macht auch die stupideste Arbeit Spaß und man vergisst die Zeit und das Hungergefühl. (Ich zumindest) und plötzlich war es drei Stunden nach Feierabend, keiner hat es gemerkt.


Sollte ich gezwungen sein nur noch im Büro am Pc zu sitzen, such ich mir ne andere Branche.
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Sr.Gallinger
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Sr.Gallinger »

Hallo Stumpfsinnige
in meiner Ausbildung brauchte ich ein einjähriges Praktikum um mein versautes Abitur zu einem Fachabtiur umzustricken. Angefangen mit den normalen Arbeiten an einer Werk- Dreh- und Fräsbank bin ich durch den ganzen Betrieb gegangen.
Um auf den Punkt zu kommen:
Irgendwann in der in der Station: Werkzeug - und Zeichnungsausgabe / Vorrichtungs und Lehrenbau wurde ich mit einem Arbeiter bekannt.
Der stand jeden Tag an einer Radialbohrmaschine und bohrte Löcher in die Flanschen von Ventilen.
Den fragte ich wie er das aushält.
Antwort: Morgens gehe ich durchs Tor, gebe mein Hirn ab
nachmittags bekomme ich es wieder und ich habe viel für meine Familie übrig.
Das war ANNO 1988
Ich konnte nie so arbeiten.
Jens
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Bastel-Onkel
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Bastel-Onkel »

Ich war 10 Jahre in der chem/pharmazeut. Produktion in einem Mehrzweckbetrieb. Dort gab es Jahresprodukte, die immer liefen, Halbjahresprodukte und die Exoten, Neueinführungen usw., die nur ab und an mal gemacht wurden. Manche Leute waren nur an den Jahresprodukten, ich war irgendwann quasi an jeder Neueinführung, die es in dem Bau gab. Das war immer interessant, man hatte mit den Chemikern und den Prozessassistenten direkt zu tun und konnte Ideen und Vorschläge unbürokratisch einbringen. Schließlich sollte es ja mal gut laufen, das war das gemeinsame Ziel. Wenn dann nach einem Jahr so ein Produkt wieder gemacht werden sollte, hat man sich drauf gefreut ("Hey, da war ich schon mal dran!"). Ich hatte einen wirklich interessanten, spannenden Job und wenn man doch mal zwei Wochen am Jahresprodukt war, dann war das zwischendurch auch ganz angehm, weil man das quasi auswendig konnte. Dann hat der Laden dicht gemacht und ich dachte, ich bin besonders schlau und habe mich rechtzeitig in die Entwicklung abgeseilt. Mir wurde ein noch viel interessanterer, spannenderer, supertoller Job versprochen, leider ist es der größte Scheiß.

Zunächst einmal hieß es: "Da kommt der Knöpfchendrücker aus der Produktion, hat 10 Jahre eh immer nur das gleiche gemacht und sowieso keine Ahnung". OK, hab ich erwartet und dachte erst, daß ich möglicherweise wirklich etwas aufzuholen hätte. Tja, anfangs ist alles neu und man lernt so die Gepflogenheiten des neuen Betriebs. Hab dann relativ bald festgestellt, daß hier nur Hektik und Chaos herrschen, und das nicht im positiven Sinne. Verbesserungsvorschläge? Will keiner hören! Eigene Ideen? Unerwünscht! "Mach, was man dir sagt und zwar schnell!" Ich mache jetzt alle paar Wochen ein anderes Produkt, das hopp-hopp eingerichtet wurde, hopp-hopp produziert wird und hopp-hopp gereinigt wird. Dann beginnt die Tretmühle mit einem anderen 08/15-Produkt von vorne. Manches habe ich in den 3 Jahren, die ich es jetzt hier aushalte, schon zum vierten Mal gemacht. Noch nie wurden Probleme, die beim ersten Mal aufgetreten sind und gemeldet wurden, beim nächsten Mal gelöst oder auch nur ernst genommen. Die Leute sind abgestumpft, völlig gleichgültig und absolut unfähig, mal das "große Ganze" zu sehen. Lustigerweise sind diejenigen, die ihr ganzes Leben in dem Bau verbracht haben die aller schlimmsten und die, die von woanders her gekommen sind meistens die deutlich besseren/fähigeren. Auch das spricht ja Bände über die Ausbildung hier. Die Ergebnisse, die bei dieser Art der "Entwicklung" dann raus kommen, sind dementsprechend unbefriedigend. Ich würde ja weg wollen, aber Alternativen sind leider rar.

Was ich aber damit sagen will: Nicht immer ist Produktion gleich Fließband und Stumpfsinn und Entwicklung gleich abwechslungsreich und anspruchspruchsvoll. Man muß für jeden Job "geeignet" sein. Entweder es passt, der es passt eben nicht. Ich hab leider in Schubladen gedacht und damit gründlich ins Klo gegriffen.
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Chemnitzsurfer
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Chemnitzsurfer »

Habe mit einen Kollegen vor vll. 5 Jahren bei einer Firma die Eierkuchen etc. herstellt einen Schaltschrank installiert und wir konnten die Produktion anschauen. Da saßen ernsthaft die ganze Schicht Frauen am Fließband und haben die Eierkuchen gefaltet :shock: :lol:

Da muss ich immer an an Frau Surrbier denken
https://www.youtube.com/watch?v=fP_GLbJAB08
ch_ris
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von ch_ris »

ich glaub das ist auch eine Frage der inneren Haltung.

laufen, joggen, wandern, (häkeln?) kann auch eine extrem nervtötende Tätigkeit sein.
Bis es auf einmal dann doch Spaß macht.
ja ich weiß, als Mantra für den Ferienjob in der Schraubenfabrik taugt das nur bedingt. :roll:

oder Kino, Jim Jarmusch ist für viele schon schwer, wenn man nur Actioner gewohnt ist.
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zauberkopf
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von zauberkopf »

Es gibt Menschen die können das und sogar jene die das toll finden.
Also gelegentlich gehöre ich auch dazu.
Weil ich es manchmal ziemlich entspannend finde, mal das Hirn auszuschalten, und dabei noch was "produktives" zu tun.
MANCHMAL !

Es gibt sogar überlegungen von Wissenschaftlern, das es vielleicht gut wäre, wenn man am Arbeitsplatz auch mal wechseln könnte.
z.B. man hat grad keine Idee.. man hat schlecht geschlafen.. och.. dann gehen wir halt heute mal in die Produktion, und machen etwas stumpfsinniges.
Auf dauer, kriegt man natürlich bei sowas einen rappel.
Nello
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Nello »

Mich erinnert das an einen englischen Werbefilm, den ich damals - vorsichtig ausgedrückt - sehr beeindruckend fand.

Perspektive schräg von oben. Ein Fließband, dahinter eine Frau, deren Gesicht nicht zu sehen ist. Das Band fördert Konservendosen aus einer schwarzen Maschine, etwa zwei pro Sekunde, mit einem halben Meter Abstand. Sonst passiert nichts. Das geht eine volle Minute lang so: Nichts passiert. Absolut überhaupt nichts. Die ganze Zeit fragt man sich, was soll das, was kommt jetzt? Aber da kommt nichts, Konservendosen auf einem Fließband. Sonst nichts. Unerträglich!

Dann: eine umgefallene, liegende Konservendose. Die Frau stellt sie richtig auf das Band. Dann passiert wieder nichts, nur die Dosen auf dem Band. Nichts. Nichts. Nichts.

Schließlich ein Schriftzug: "Stay at school!"
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Propeller
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Propeller »

Ich habe Anfang der 90er in einem großen Markenautohaus KFZ-Mechaniker gelernt und den Job sehr schnell gehasst.
Zeitdruck und stumpfe Teiletauscherei. Ein Getriebe wurde nicht einmal aufgeschraubt, nur tauschen, tauschen, tauschen. Ich habe dann Frühauslerner gemacht und die Beine in die Hand genommen. Als Hobby wirklich toll, aber absolut kein Beruf für mich.

Ansonsten: Alles Ansichtssache!
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Heaterman
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Heaterman »

Frauen können das wohl sehr gut, weil sie ja angeblich multitaskingfähiger als Männer sind.

Hab ich früher in der Familie meiner Frau kennengelernt. Da haben die Frauen in Heimarbeit diese Gardinenclipse hergestellt. Draht in einer vom AG angelieferten Vorrichtung gebogen, Feder in den Clip einsetzen, Clip auf den Draht, dann Draht mit der Vorrichtung zubiegen. Die haben Millionen von diesen Dingern gebaut und dabei in der Runde über Gott und die Welt gequatscht, dazwischen Kinder bemietzelt, bis der Zähler das Tagessoll angezeigt hat. Die fanden das gut, war es doch ein willkommener Zuverdienst, und man konnte zu Hause arbeiten. Einmal die Woche wurde abgeholt und Nachschub geliefert.

Es gibt so viele gleichförmige Arbeiten, aber erstens müssen die gemacht werden, und zweitens gibt es Leute, die mental genau darauf zugeschnitten sind. Mir haben die Ferientätigkeiten „Funkgerätebaugruppen im Schwalllöter löten” und „Fernmeldekabel-Verseilmaschine in der Nachtschicht überwachen: einmal bestücken, dann donnert das Ding 6 Stunden und man pennt bis zu einem Alarm im Restecontainer” für jeweils 4 Wochen gereicht. Hat für den Rest des Lebens die Erkenntnis gebracht: „Ich brauch jeden Tag was Neues”.
Im nächsten Leben würde ich Maschinenbau/Automation studieren, automatisierte Fertigungstechnik fasziniert mich, besonders nach einer Werksbesichtigung bei BMW in Leipzig.

Ähnliches wie die oben geschilderte Heimarbeit wurde ja mal von 3D-Druckern geträumt. Dezentrale Heimarbeit für das Herstellen von Serienteilen, keine Farbrikstruktur nötig. Längst ausgeträumt.
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Hightech
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Hightech »

Nello hat geschrieben: Do 14. Jan 2021, 12:51 Mich erinnert das an einen englischen Werbefilm, den ich damals - vorsichtig ausgedrückt - sehr beeindruckend fand.

Perspektive schräg von oben. Ein Fließband, dahinter eine Frau, deren Gesicht nicht zu sehen ist. Das Band fördert Konservendosen aus einer schwarzen Maschine, etwa zwei pro Sekunde, mit einem halben Meter Abstand. Sonst passiert nichts. Das geht eine volle Minute lang so: Nichts passiert. Absolut überhaupt nichts. Die ganze Zeit fragt man sich, was soll das, was kommt jetzt? Aber da kommt nichts, Konservendosen auf einem Fließband. Sonst nichts. Unerträglich!

Dann: eine umgefallene, liegende Konservendose. Die Frau stellt sie richtig auf das Band. Dann passiert wieder nichts, nur die Dosen auf dem Band. Nichts. Nichts. Nichts.

Schließlich ein Schriftzug: "Stay at school!"
Aber was machen wir denn mit den ganzen hochqualifizierten Richtern, Anwälten, Entwicklungsingenieuren, und theoretischen Phyikern?

Niemand der mehr die Straßen kehrt, den Müll abholt, die Crepes zusammenklappt oder den alten Menschen die Kacke abwischt!
Kein Hochqualifizierter würde die Scheiße machen wollen, aber dafür ordentlich bezahlen will auch keiner. Eine Endlose Zwickmühle.
Ich denke, jede Arbeit, ob nun intilektuell anspruchvoll oder nicht muss so bezahlt werden, das die Menschen damit zufrieden sein können und sagen, ich mache das zwar nicht so gerne, aber ich werde ja gut bezahlt.
So gibt es sicher auch schlaue Leute die sehr gerne stumpfe Arbeiten machen würden, wenn die entsprechend entlohnt würden.
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Lötfahne
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Lötfahne »

Dieser Mann arbeitet:
Bild

Bild
Er kontrolliert das Stahlseil der Cable Cars in San Francisco.

Ich hatte nach meiner Lehrzeit in der Produktion auch oft stumpfsinnige Tätigkeiten zu tun, im Dreischichtbetrieb.
Mir hat damals das Abtauchen in Bücher geholfen, ich kann bis heute noch ganze Seiten meiner damaligen Lieblingsbücher auswendig.
Den Kopf einfach auf was anderes ausrichten...
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Sven
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Sven »

Jörg vom Butterwerk.

https://www.youtube.com/watch?v=F7pBpw682Tw
"Weil man ihn fürn Fachmann hält, hat man ihn da hingestellt und sein Zweck: Greif hin, klapp auf, tu rein, zieh weg" ;)

Ich stell mal die steile These auf, dass es dem typischen Ingenieur unheimlich schwer fällt sich zu langweilen. Ich kann sowas nicht. Ich denke dann automatisch dran, wie man das automatisieren kann.
Dann bin ich abgelenkt und die eigentliche Tätigkeit nimmt ihren Lauf in Richtung Chaos und Katastrophe :mrgreen:
Lieber beschäftige ich mich um ein vielfaches länger mit einer hochkomplexen technischen Lösung zur Verrichtung einer langweiligen Arbeit als mit der langweiligen Arbeit selber.
Würde ich das nicht tun, würde ich geistig verkümmern und willentlich den Karren in den Dreck fahren um es nicht mehr machen zu müssen. Das ist quasi ein Schutzreflex.
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Finger
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Finger »

Geht mir sehr ähnlich. Das schlimmste was ich jeh gesehen habe war ein Arbeitsplatz, an dem eine vorbeiflitzende, einfarbige Stoffbahn auf Webfehler zu kontrollieren war... Es soll ja auch Männer geben, die dann als Schutzreflex eine Erektion bekommen.... kenne ich aus dem Geschichtsunterricht...
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Kuddel
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Kuddel »

Kenne einen, der auch am Fließband Verpackungen anguckt. Ist jetzt Covidiot. Könnte ein Zusammenhang haben ;-)

Ein Freund von mir sagte nach ein paar Wochen am Band bei VW, nach Feierabend versucht man vermeintlich, dem Waschbecken hinterher zu rennen.
Er hat mir dann seine Gehalsabrechnung gezeigt und hat inzwischen das dritte Haus.
Jeder wie er mag ;-)
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Später Gast
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Später Gast »

Ich hatte auch meine gute Portion stumpfsinniger Jobs. mit 19/20 2 Mal die Sommerferien in der ZF am Band geschafft, das erste Mal durfte ich an ner "Staufermatik" Bolzen in die Planetenträger von LKW-Getrieben pressen. Hab regelmäßig zu schnell gearbeitet und wurde von den Kollegen am Band angehalten, halblang zu machen, nicht dass noch die Stückzahl hochgesetzt wird. Am interessantesten wars, wenn die Maschine ausgefallen ist, und ich mim Fäustel die Bolzen manuell einklopfen durfte. Bei zweiten mal hab ich fürs Band kommissioniert, Setzkästen mit zur aktuell gebauten Linie bestückt. *gääähn* :|

Ich fands damals unerträglich. Gar nicht unbedingt wg der Arbeit selbst, sondern wegen der vielen verstumpften Gestalten um mich rum, die nurnoch SWR3 hören und Bildzeitung lesen konnten. Andren Sender an deinem Arbeitsplatz reinmachen gibt auch Stress, weil das stört ja, Kopfhörer verboten weil wegen Sicherheit. :evil:

Dann mit 22 mal nen Praktikum im Modell- und Formenbau gemacht, das war schon geiler, aber nach 2 Monaten haben sie mich in die Fertigung gesteckt, das war das Letzte. Arbeitsschutz schlecht bis nicht vorhanden und Tagaus- Tagein PU-Formen mit Mompe vollmachen, warten, ausformen, putzen, eintrennen von vorne. Der Typ, der die Polizeiauto-Dachaufbauten machen musste hatte es aber noch schlimmer, ständig Glasgewebematten zuschneiden, in die Form einlegen usw. Die Fasern haste Tagelang noch überall in der Haut stecken trotz Schutzanzug und Handschuhen. Der Fertigungsplatz war auch direkt neben der Heizplatte für die Tiefzieh-Schwermatten, war also auch ohne Astronautenanzug schön muckelich warm da.
2 Monate später durfte ich wieder zurück zur Modellbauwerkstatt, aber da kamen grad mehrere riesige Alu-Tiefziehformen für LKW-Radhäuser aus der Fräse, da mussten die Düsen noch von Hand eingesetzt und verschliffen werden. Tagelang. Zum Glück hatte ich da nen guten Kollege mit Hang zum Grünzeug, da ging die Zeit dann einigermaßen rum. Als Ferienjobber vllt ok, wenn man nicht an großen Maschinen steht. Langfristig keine Option.
Wobei, da gabs auch ne Kollegin, die wohl häufiger mal im Harzraum auf die PSA verzichtet hat, die war immer gut drauf, aber der IQ wohl halt nur noch knapp über Raumtemperatur. ¯\_(ツ)_/¯

Fast forward zur "Gegenwart", vor jetzt auch schon wieder 2 Jahren war ich als Vertretungslehrer an ner Gemeinschaftsschule. Wirklich ne gute Schule, die haben ein tolles schülerbasiertes Lernkonzept, In jedem Klassenraum mehrere Rechner und Drucker, Beamer usw. Nur haben mich die Schüler komplett fertig gemacht. Ich hab halt Pädagogik für Gymi gelernt, nicht Hauptschule. Mir fehlt das Nervenkostüm, um gewaltig Rabatz zumachen und so'n Rudel nervige Kampfzwerge so lange rund zu machen, bis sie in die Spur kommen. Ich dachte ich steck sowas besser weg, aber das hat mich sowohl körperlich als auch psychisch ziemlich fertig gemacht. Gelernt ham die Schüler auch nix. Am Ende des Schuljahrs bin ich da rausgekrochen. :/

Long Story short: bevor ich mich von nem Rudel kleiner harter Egoisten psychisch in meine Einzelteile zerlegen lasse, steh ich vielleicht doch lieber n paar Jahre am Band. Ist vielleicht stumpfsinnig, aber gut bezahlt und es gibt dann doch auch schlimmeres als Stumpfsinn.
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video6
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von video6 »

Stumpfsinnige Tätigkeiten hab ich zu Ostzeiten im VEB Leuchtenbau Finow.
Montage von Anschlusskästen.
Wie sie oft immer noch an vielen großen Verteilungen zu finden sind.
Die Dinger gab es in X Ausführungen.
Fließbandarbeit ohne Fließband 😂
War eigentlich ne einfache Sache erst Anschlussplatten mit einem oder drei Stopfen bestücken.
Oder Platte ohne alles.
Vier M6 Muttern in ein Halteblech Kasten hinterher vorbereitete Anschlussplatte mit vier Schlitzschrauben festmachen.
Ein hängender 220Volt Schrauber war mein Werkzeug.
Accuschrauber gab es noch nicht.(DDR 1984/85)
4 neue Muttern andere Seite nächster Deckel.
Erst in PA von der Schule aus.
Später in Ferienarbeit einen Sommer zwei Wochen lang.
Der Vorarbeiter oder wie auch immer er hieß musste mich auch bremsen damit ich nicht die Norm versaue.
Hab ne Palette mehr geschafft wie die anderen.
Hab für einen Achtklässler richtig gut Geld verdient.
Bastelzeug kaufen 🤣
Ach ja ich konnte mit Walkman meine Musik hören 🎧
Nur das mein Walkman ein „Mira“ war der mit einem Stereokopf umgebaut war auf Vierspur und somit die doppelte Spielzeit pro Kassette hatte.
Die Erstellung des Bandes war recht aufwändig und nur Mono.
Wir hatten ja sonst nüscht 😄
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Ich spüre auch gerade wieder, wie man nach 8 Stunden so platt ist.

Abgesehen davon, dass halb 5 früh aufstehen für mich wie Holzhammer mit Nagel drin
ist, werde ich dann irgendwann bis Mittag wach und denke "Geil, in 3 Stunden kann ich
alles mögliche tun!"

Und was ist? Kaum zu hause eben schnell Essen rein kloppen, halbe Stunde eine Folge
Serie gucken und dann falle ich rückwärts ins Bett. wach werde ich wieder so um 19 Uhr
und man könnte mich auswringen und auf die Leine hängen, so matt bin ich.

Homeschooling-Aufgaben lösen?

Haha, der war gut!
Robby_DG0ROB
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Robby_DG0ROB »

video6 hat geschrieben: Do 14. Jan 2021, 18:42Ein hängender 220Volt Schrauber war mein Werkzeug.Accuschrauber gab es noch nicht.(DDR 1984/85)
Das ist heute noch so, dass in Fertigungslinien die Schrauber an ausbalancierten Seilzügen hängen und über Kabel versorgt werden. Akkuschrauber sind was für den Handwerker, aber nicht für die Linienfertigung.
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Ich habe gerade mal gedanklich die Frauenthese überprüft und in den
3 Betrieben, wo ich Praktika gemacht habe bzw. die Ausbildung, sind
80% Frauen.

Vielleicht beschweren die sich auch einfach weniger?

Jedenfalls graut mir schon wieder vor morgen... :roll:

Nur noch 4 Tage, Nur noch 4 Tage, Nur noch 4 Tage, Nur noch 4 Tage,...
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Toddybaer
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Toddybaer »

Sieh es doch als Entspannungsübung für´s Gehirn
Mario20v
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Mario20v »

Nabend.

Während der Ausbildung zum Elektromechaniker hab ich gedacht das 10er Flachstahl in Form zu bringen wäre Hirnzersetzend.

Nach der Ausbildung hatte ich notgedrungen einen Aushilfsjob bei einem bekannten Hopfenkaltgetränkhersteller gearbeitet,

Entweder Pasteur (Volle Flaschen durch, in mehrerem Stufen erwärmen und wieder Abkühlen um Keime abzutöten) von vorne schwüle Warmluft (trotz Abzug),
im Rücken Auslas von der Limaanklage,
zwischendrin aufs Band glotzen umgefallene Flaschen aufrichten, geplatze rausfischen.
Erschrecken wenn die Ablöse dir auf die Schulter tippt.

Oder Flaschenwaschanlage auf ein Meer von Flaschen gucken, ab und zu fehlfarben oder falsche Formen und/oder größen von Flaschen Rausangeln.
Erschrecken wenn die Ablöse dir auf die Schulter tippt.

Oder Auspacker, (da ging die Zeit am Schnellsten rum) auf Getränkekästen gucken, falsche, kaputte oder noch geschlossene Flaschen rausnehmen, auf ein Förderband stellen oder in den Glascontainer werfen.
Reste von Bindeschnüren aus rauszoppeln.
Erschrecken wenn die Ablöse dir auf die Schulter tippt.

Oder Vertikalförderband, draufgucken das die Flaschen sauber geklemmt mach oben fahren, ggf. nachstellen.
Bruchglas rauspfrimeln und rumfluchen wenn man sich am Senkrechten Teil zu weit vorgebeugt hat und dann gammelige Brühe übern Schädel läuft weil die ein oder andere Pulle nicht ausgetrunken wurde oder mit was auch immer wieder gefüllt wurde.
Ich vergass zu erwähnen, das da unten auch die Lkws angeliefert haben.
Tore auf beidem Seiten offen, rund um die Uhr.
Ich hab im Januar angefangen.

Oder Ettikettierer, Leimeimer beobachten, Etiketten nachfüllen, Aufpassen das dass Gebläse vom Laser nicht spinnt, Ausschussband leer machen, Volle Ausschusskästen abholen lassen, feststellen das der Abholende , die Leerkästen vergessen hat.

Die Monatliche Wartung der Förderanlagen haben die Machinenfahrer selbst gemacht,
das fand ich sehr interessant, Steuerung, Aktuatoren, Sensorik, Pneumatik etc.

Was mich da am Leben gehalten hatte,
war das wir bei den Elektrikern Erfahrung sammeln durften und den Schlossern helfen konnten.
aber nach einer Woche wurde aus nicht genannten Gründen abgebbrochen und wir sollten wieder an die Anlage,
da hab ich gekündigt und bin zum Miele Kundendienst, nach drei Jahren gegangen worden,
wegen Umsatzrückgang und Neustrukturierung.

Dann kamen gezwungener massen sieben Jahre Rezeptionsdienst,
recht viel Englisch gelernt,
aber am ende knapp 40kg zugenommen vom rumsitzen.
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Tatsächlich habe ich da schon Lösungen für ein paar Probleme gefunden. ;)

Wie ich die Fehler am 3D Drucker beseitige, eine Möglichkeit, die "Drucker ist fertig"
Meldung besser hörbar zu machen usw.

Ich habe nur geringe Lust auf die Spätschicht nächste Woche.

Hänge dann wohl im Halbschlaf über den Teilen.
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Gobi
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Gobi »

Manchmal mag ich es, wenn ich Arbeiten habe, bei denen ich gar nicht mehr nachdenken muss, wass ich da mache - aber klar, das geht bei mir maximal einen Tag lang so.... JEDEN Tag ist eine andere Liga.
Den einzigen wirklichen Stumpfsinn, den ich je machen musste war ausgerechnet in meiner Zividienstzeit: da sie den Jung-Punker nicht frei laufen lassen wollten, haben sie mich in der Krankenhauswäscherei eingesetzt. Da stand ih an einer Maschine wo ich Hemden und Kittel auf einen Bügel hängen musste und dann Knopf drücken.
Den ganzen Tag. Was man nicht machen darf, ist alle 5 Minuten auf die Uhr schauen. Ich habe angefangen laut zu singen, war ja eh egal... und nach 3 Monaten richtig Rabaz gemacht, damit ich versetzt werde. (ich musste damals noch 2 Jahre machen)

Die Diskussion ist übrigens Interessant, weil ich fast nur mit Leuten zu tun habe, die solche Arbeitsbedingugen überhaupt nicht kennen... jaaa Homeofice ist SO schlimm :roll:
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Finger
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Finger »

hab ich euch mal von meinem Job beim Windelexpress erzählt? Vollgeschissene Windeln abholen und neue bringen? Hatte ich relativ schnell die Nase voll von.....
Nach 6 Wochen Schlitze flexen auf dem Bau hab ich mich dann für das Studium entschlossen....
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Senf
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Senf »

zauberkopf hat geschrieben: Do 14. Jan 2021, 09:27 Es gibt sogar überlegungen von Wissenschaftlern, das es vielleicht gut wäre, wenn man am Arbeitsplatz auch mal wechseln könnte.
z.B. man hat grad keine Idee.. man hat schlecht geschlafen.. och.. dann gehen wir halt heute mal in die Produktion, und machen etwas stumpfsinniges.
So ging es mir die letzten Wochen auch. Ich bin in einem kleinen Ingenieurbüro Admin (zum Glück so gut wie kein Windows).

Durfte zur Abwechslung die letzten Wochen in U-Boot (ein Bootloader für diverse SoC) einen Bug finden. Mich in das bisher unbekannte Thema reinzuarbeiten war spannend, aber irgendwann wusste ich auch nicht mehr weiter, wo der Bug noch versteckt sein könnte. Kollege und Chef hatten auch irgendwann keine Idee mehr.

Weil ich mit Umzug und meiner angeschlagenen XYL schon genug Kopfzerbrechen hatte, sehnte ich mich auch wieder nach stumpfer Admin-Tätigkeit. Mal einfach nur Updates durchlaufen lassen oder Backups einrichten oder sowas. Nebeneffekt: Die großen Updates brachten neue Bugs, an denen ich derzeit sitze -.-

Edit: Zum Glück habe ich Kollegen, mit denen ich auf einer Wellenlänge bin und die auch gerne quatschen.
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Propeller
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Propeller »

Gobi hat geschrieben: Fr 15. Jan 2021, 10:40 Manchmal mag ich es, wenn ich Arbeiten habe, bei denen ich gar nicht mehr nachdenken muss, wass ich da mache - aber klar, das geht bei mir maximal einen Tag lang so.... JEDEN Tag ist eine andere Liga.
Ja, wenn es mal eine Arbeit ist, die man als "meditativ" betrachten kann, dann ist das auch ok. Mal 'ne Kiste mit 5 kg Schrauben und Muttern, die sich so angesammelt haben, auf den Tisch kippen und bei guter Musik durchzusortieren, sowas mache ich auch mal ganz gerne.
Aber als ich in der Lehre zur Inventur eine halbe Tonne Schrauben und Muttern zählen mußte, hatte ich sehr bald keinen Bock mehr.

Ich glaube, ein sehr wichtiger Aspekt ist auch, ob man die Beschäftigung als sinnvoll betrachtet oder nicht. Bei solchen sinnlosen Sachen sträubt sich in mir immer sofort alles und ich werde immer wütender über die verschwendete Lebenszeit. Besonders schön ist das zu beobachten, wenn ich mit mit Bürokratie auseinandersetzen muß. :lol:
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zauberkopf
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von zauberkopf »

Senf.. da erinnerst Du mich an was... als ich Windows Admin war ( auch ein Grund für Burnout), da durfte man mich die ersten 2 Stunden morgens nicht ansprechen.
In der Zeit wurde nämlich die Kaffeemaschine ausgiebig gemelkt, und ich habe mir Logs etc.. durchgelesen.
Hat das Backup geklappt ? Backup noch auf meinen Arbeitsrechner kopieren .. ( ich hatte immer ne Kopie der Datenbank vom letzten Tag auf meinem Rechner um bei Auswertungen den Server nicht zu belasten )... Backup einspielen.. in der Zeit mal lesen, ob es neue Sicherheitslücken gibt.. was gibt es sonst noch neues in der IT-Welt..

Ich muss allerdings noch sagen, das ich persönlich hohen Respekt vor den Leuten habe, die einfache Tätigkeiten durchführen können.
Ich sehe das so, das unsere ganze Zivilisation darauf aufbaut. Hätte niemand den Ackerbau erfunden, und das auch durchgezogen, gäbe es eine dauerhaften Siedlungen, keine Schrift, keine "Zivilisation".
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Hightech
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Hightech »

Inventur, auch so eine Stumpfsinnhölle.
Matt
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Matt »

Landwirtschaft..

Stundenlang auf Acker hin und her pflügen ist auch stumpfsinnig, aber bei gute Wetter ist sogar meditativ.
Und mit Mähdrescher Getreide ernten, oft ist Monotonie durch Verstopfung und volle Korntank unterbrochen.
Aber auch ganze Zeit ständig da und da per Hebel korrigieren. (Fahrgeschwindigkeit, Hapselhöhe, Schnitthöhe)
Ich habe diese Jahr ca 150 Stunden damit verbrachtet.

Wenn man nicht sowas machen möchte, dann Augen auf auf Berufsauswahl und ggf. bei Ausbildung und Schule anstrengen..
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Kuddel
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Kuddel »

Das mit der Landwirtschaft hat einen riesigen Vorteil: Die Arbeit ist SINNVOLL.

Es gibt ein Buch über Bullshitjobs:
https://www.buecher.de/shop/arbeit/bull ... /57911324/

Manchmal glaube ich, inzwischen auch so einen Job zu haben. Früher hatte ich drei Wochen Urlaub, und die Firma brach zusammen. Kollegen hatten Ihren Urlaub gleichzeitig mit meinem genommen, um dem Chaos zu entgehen. Jetzt bin ich mehrere Monate krank, und keiner merkt, dass ich weg bin.
Oder auch: Wir haben etwas tolles aufgebaut, und die Firma macht den betreffenden Teilbereich dicht. Bis rinrn Tag vor der Schließung war noch alles topp eilig.
Matt
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Matt »

Wenn meine Eltern eher 100+ statt 35 Hektar hat, dann würde ich Vogel zu Industrie zeigen und Hof übernehmen.
Ich habe mit Location in Nordbayern wirkliche Arschkarte gezogen..
MSG
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von MSG »

Matt hat geschrieben: Fr 15. Jan 2021, 19:07Stundenlang auf Acker hin und her pflügen ist auch stumpfsinnig, aber bei gute Wetter ist sogar meditativ.
Seh ich auch so. Im Sommer gieße ich für einen Bekannten ab und zu Bäume in der Stadt, das ist auch sehr meditativ. Einfach von Baum zu Baum fahren, 35sec Wasser ins Pflanzbeet spritzen (das sind dann ~200l) und dann 20m zum nächsten Baum. Das ganze 20-25 mal (je nach Fahrzeug, dann ist der Tank leer) und dann dann tanken.
Wenn einer wissen will wo ich bin: Bei google Maps die rote Schlange verfolgen - ich bin dann vorne :D :D
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Vom Gefühl her ist es aber schon anders, ob ich nur an einem Band, Anlage oder
sonst was irgendwas entnehme und einsortiere, oder ob ich zB. die Briefe rum bringe.

Jeden tag ein bisschen anders, mal trifft man die Leute, unterhält sich ein paar Minuten
und macht weiter.

Dagegen wäre wohl "Amazon-Fahrer" das allerletzte. Zeitdruck, das Gefühl, man schafft
es eh nicht, also alles wie das, was ich gerade mache.

Aber es trifft recht genau zu. Jobs, wo es nicht auffällt, dass man fehlt, würde ich auch
nie haben wollen. Es soll schon was sein, wo man sich zB. einzigartige Fähigkeiten aneignet,
gefragt ist bzw. sich auch auf wen berufen wird.
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Geoschreiner
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Geoschreiner »

Wenn handwerklich (Klein)Serien gefertigt werden, artet das auch in genau solche Tätigkeitsbilder aus.
Beispiel von früher: Für einen Auftrag werden in einer Schreinerei ~ 700lfm recht große Profilleisten benötigt, die in mehreren Arbeitsgängen gefräst werden müssen. Das bedeutet:
- Mehrere m³ Schnittholz sind abzulängen und in Leisten zu sägen.
- Anschließend ist das komplette Material zu hobeln.
- Danach sind mehrere Durchläufe an der Fräse zu absolvieren.

Das dauert ein paar Tage. Weil die Oberflächengüte wichtig ist, sollte man mit der Ohren bei der Sache sein und so feststellen, zu welchem Zeitpunkt die Messer zu stumpf werden. Die müssen abgezogen oder getauscht werden, dann gehts weiter.
Sowas kann für ein paar Wochen wirklich nett sein, weil man da noch mit einigen Sinnen bei der Sache sein muss, um keinen Ausschuss oder Mehrarbeit (Handschliff...) zu generieren. Und gleichzeitig soll es schnell gehen, Optimierung ist also auch noch ganz nett. Beim Zuschnitt lässt sich mit dem richtigen Blatt z.B. noch einiges rausholen.

Auf Dauer ist sowas aber eher ein Fall für eine (sehr) große Maschine, bei der man vorne die rohe Leiste reinsteckt und hinten die fertige rausfällt bzw. eine entsprechende Fertigungslinie, die auch den Zuschnitt erledigt.

Im Vergleich zu seinem Fließbandjob ist das aber wohl paradiesisch. Wenn man bei dem oben geschilderten ungestört arbeiten kann, ist das meditativ.
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Holz ist eh was ganz anderes.

Das Material, der Duft usw.

Dagegen in der Kunststoffverarbeitung, wo man immer
diesen Geruch überall hängen hat.

Irgendwie wie Blumenkrumenschumen... ...mehehehehe!

Alle Ausgasungen bekommt die Absaugung ja nicht weg.
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sukram
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von sukram »

Ach, mit Holz kann man auch stumpf Arbeiten. Ich habe damals (tm), Anfang der 00er Jahre bei im Sägewerk feriengejobbt. Haupt-hassaufgabe: Brettsortierung. Du hast einen Längensortierer, der von 2m bis 5m in 50cm Schritten abgestuft das Material aus dem Sägegatter transportiert. Die Bretter mussten dann mit Hand lagenweise auf Paletten gestapelt werden, dabei aber auch immer auf gleiche Breite achten. Ja es war sehr stumpf. Und vor allem körperlich fordernd vorallrm als Halbstarker Teenie...

Aber auch jetzt, als Fernmelder, gibt es Arbeiten zum Hirn abgeben. z.B. Glasfasern in Muffen oder Spleissboxen einlegen (besonders Einzelfasermanagement Systeme - Corning, Tyco etc.) oder bis vor einigen Jahren auch mal Kupferverkabelung von DSLAM am HVT auflegen - mal eben 500 bis 1000 Doppeladern Verseilung öffnen, einlegen, Tackern. Und dabei keine Bündel oder Paare vertauschen :x Es soll Leute gegeben haben, die mussten ganze Schaltstreifen neu auflegen, weil am Anfang um 1 verrutscht eingelegt wurde :?
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zauberkopf
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von zauberkopf »

Das Beispiel mit der Landwirtschaft habe ich mal "exemplarisch" gebracht.
Weil jeder sofort einsieht, das Essen wichtig ist. Spätestens wenn her Hunger hat.
z.b. ein Nerd wie ich braucht nicht nur einen, der Essen anbaut.
Er bräuchte eigentlich noch einen weiteren der ihm das zubereitet, und ihn regelmäßig auf den Schreibtisch stellt, weil er so doof ist zu merken das er Hunger hat, und regelmässig deshalb verwundert vom Stuhl kippt.

Deswegen halte ich Menschen, die "Stumpsinnige Tätigkeiten" durchführen für wichtig. Sie schaffen erst die Grundlage dafür das andere überhaupt wirken können.
Deswegen habe ich zum Beispiel ein Problem damit, wenn jemand A mehr als 100 000Eur im Jahr verdient bei 8h täglich.. ein anderer B aber nur ein bruchteil dessen.
Weil A ohne B die Leistung C nicht erbringen könnte.
Wenn A auf B dann noch "herabsieht" kann ich mir gut vorstellen, das B so wenig IQ er noch haben möge, aber irgendwann "interessant" reagiert.
Weil selbst Leute mit einem IQ von 80 können noch an 2 Fingern 1+1 zusammenzählen, und zeigen Dir einen Vogel wenn Du ihnen weismachen willst das 1+1=3 ist. ;-)
Heinz
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Heinz »

Mir ist in meinem "erlernten" (=studierten) Beruf (Dipl-Ing (FH) Chemie) der Stress zuviel geworden. Nach Burnout und Klinikaufenthalt "arbeite" ich in einer Reha-Werkstatt. Das ist so was ähnliches wie eine WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen). Der Unterschied ist, dass in einer Reha-Werkstatt Leute arbeiten, die wegen psychischer Einschränkungen nicht (mehr) regulär arbeiten können, während eine WfbM für Leute mit geistiger oder körperlicher Behinderung gedacht ist. Unser Trägerverein betreibt beide Arten von Werkstatt gleichzeitig. Daneben gibt es noch einen Copyshop, eine Gaststätte mit Biergarten und den Werkstattladen, in dem Eigenprodukte verkauft werden.

Die allermeisten Aufträge, die wir bekommen, sind an Stumpfsinn nicht zu übertreffen. Tüten bekleben, Schrauben eintüten, Autoschlüssel-Tastenfelder zusammenstecken, Ventileinsätze zusammen bauen. In unserer Werkstatt weiß ich, dass die meisten Leute eigentlich mehr können, nur halt eben nicht so leistungsfähig sind, wie die Leute "draußen". Zum Glück ist seit einigen Jahren ein Trend erkennbar, auch anspruchsvollere Aufträge anzunehmen. Die Leute sind ja nicht "blöde", ich würde sagen, sie könnten inhaltlich die gleichen Arbeiten machen wie "draußen". Sie brauchen nur länger Zeit zum Einarbeiten. Ich beobachte, dass ich besonders bei uns einige Leute schon aufgegeben haben, und einfach ihren Job machen. Es gibt leider auch einige "Arbeitsbegleiter" (=Gruppenleiter), die den Leuten nichts zutrauen.
Wie oben schon jemand schrub, am Eingang Gehirn abgeben und nach Feierabend wieder abholen.

Ich tüte gern mal für einen Vormittag Schrauben ein, wenn es eine Ansprache in Form von Kollegen gibt. Aber jahrein, jahraus würde ich das nicht machen wollen. Zum Glück habe ich dort ein paar weitere Aufgaben übernommen, wie z.B. Getränkeautomat auffüllen und Getränke nachbestellen. Ebenso das Nachbestellen von Putzmitteln. Und bin seit 2 1/2 Jahren gewähltes Mitglied im Werkstattrat, als Interessenvertretung für die Werkstattbeschäftigten. Außerdem bin ich der einzige Werkstattbeschäftige, der auch mal Transporter fahren darf, um die eine oder andere Besorgung zu machen. So habe ich mir ein paar Abwechslungen geschaffen. So dass die Tage nicht allzusehr stumpfsinnig werden.
Wurstmensch
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Wurstmensch »

Die meisten Menschen finden solche Jobs nicht gerade anziehend. Manchmal gehts halt im Leben nicht anders. Von wegen 2 Jahre Schule machen und dann Entwicklung oder Prüflabor :lol: . Bei uns waren knapp 20 -vom Betrieb ausgebildete- Industriemechaniker. Gerade in diesem Jahr wurde etwas Instanthaltung out gesourced (oder wie man das nennt) und alle, auch Einserkanditaten kamen in die stumpfsinnige Produktion. Und Mechaniker war mein Traumjob. Ich musste quasi in ein anderes Bundesland um entsprechende Arbeit zu finden :( . Der Rest der Leute macht jetzt >10 Jahre immer noch dieses Produktionsjob. Mech. ist keiner mehr geworden, da es ja jedes Jahr neuen Nachschub gibt. Ich musste z.B. Eintüten, zukleben und noch irgendwas. Das hat mich damals echt fertig gemacht. Da waren auch ein paar schlaue Leute bei. Nicht jeder kann Familie+Hof verlassen. Auch muss ich hier vielen Leuten recht geben. Ich habe mal als Zerspaner gearbeitet und musste manchmal >100 Teile Fräsen / Drehen und die auch entgraten. Wärend man beim Bearbeiten höllisch aufpassen muss (Konventionelle Werkzeugmaschinen) also konzentriert sein trotz wenig schlaf, war das Entgraten eine Entspannungspause, zumal man sich dafür setzen konnte.
Politische Themen sind hier unerwünscht, aber allgemein sollte man sich bewusst sein (und das auch respektieren!), dass ärmere Menschen und auch solche ohne Möglichkeiten/Perspektiven, viel Drecksarbeit für die "Gebildeten" machen.

Beim Threadtitel dachte ich erst, es geht um häusliche -Maßnahmen bedingte- Tätigkeiten.

Gruß
Miraculix
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Miraculix »

Sehr schwieriges Thema.

Nicht einfach nur für „besser gebildete“.

Wenn ich meine Bautrupps sehe, dass sind alles einfache Leute aus allen Gewerken. Schreiner, Zimmerleute, Maurer, Kraftfahrer, HSK, eben alle Bereiche. Durchaus auch echt helle Köpfe dabei. Alle arbeiten sie eigentlich fachfremd für uns vor Ort. Und die haben einen echten knochenjob. Die arbeite 50h die Woche, teilweise das Wochenende durch und kommen jeden Montag aus Rostock und fahren freitags wieder heim.

Und die verdienen alle erheblich weniger als ich, obwohl sie älter, mehr Berufserfahrung haben und ebenfalls wichtig sind. Ohne ihre Arbeit könnte ich meine nicht tun.

Ich stehe daneben und kontrolliere und wenn alles passt mache ich weiter.

Ich kenne ihre Arbeit, habe ich „früher“ auch gemacht, wenn es richtig ruckt dann stehe ich auch Samstag früh um 6 mit ihnen auf dem Bau und ziehe Strippen.

Das behandeln auf Augenhöhe macht hier einiges aus denke ich. Es gibt Kollegen die kommen und machen ihr Zeug. Der Rest ist Luft.

Ich versuche mit ihnen zusammen zu arbeiten. Und da sie mich mittlerweile alle kennen haben sich da Beinahe Freundschaften entwickelt auch nach Feierabend.

Das sorgt dafür das wir gemeinsam als Team den Auftrag erfüllen.

Es tut mir etwas in der Seele weh, dass die Jungs für ihnen Einsatz so „schlecht“ bezahlt werden. Obwohl die alle zuhause Haus und Grund haben. Und die wohnen alle in Deutschland. Aber sie lassen ihre Frauen und Kinder wochenlang zuhause um 8h her zu fahren und den knochenjob zu machen.

Stumpfsinnig, irgendwie. Aber ohne sie ginge es gar nicht. Und das versuche ich menschlich wertzuschätzen irgendwie.
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Cubicany
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Cubicany »

Das die Arbeit auch wer machen muss kann man ja nicht von der Hand
weisen, aber wenn ich da teils mitbekomme, wie dort einst teils gute
Karrierepläne gestorben sind, verstehe ich die Leute nicht.

Paar wollten zB. eigentlich noch Fortbildungen machen, um dann mehr
im gelernten Beruf machen zu können oder besser zu verdienen.

Und durch Umstände bzw. fehlende Motivation blieben die dann da hängen.

Ich bin da eher so "Wenn die mich nicht im gelernten Beruf haben wollen, lerne
ich halt weiter oder komplett neu. Da würde ich noch lieber ins Handwerk gehen.

Mein zweites Eisen im Feuer wäre Holzhandwerk in einem kleinen Betrieb, wo
man noch viel verschiedenes macht.

Auch der Plan, sich selbstständig zu machen und dann handwerkliche
Einzelstücke (zB. Deckenleuchten) zu bauen, stand schon mal im Raum.
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Geoschreiner
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von Geoschreiner »

Cubicany hat geschrieben: So 17. Jan 2021, 00:03 Ich bin da eher so "Wenn die mich nicht im gelernten Beruf haben wollen, lerne
ich halt weiter oder komplett neu. Da würde ich noch lieber ins Handwerk gehen.

Mein zweites Eisen im Feuer wäre Holzhandwerk in einem kleinen Betrieb, wo
man noch viel verschiedenes macht.
Ich kann das auch bei einigen Leuten kaum nachvollziehen, aber man muss wohl akzeptieren, dass manche Leute unterschiedliche Prioritäten haben und Sicherheit und ein regelmäßiges, wenn auch geringes Einkommen wichtiger sein kann als Selbstverwirklichung.

Was das Holzhandwerk betrifft: Viel Spaß beim Suchen und Finden eines solchen Betriebs. Da gibt es nicht mehr all zu viele davon, den meistens läuft es heute auf das Verarbeiten industriell hergestellter Vorprodukte raus. Egal ob beim Schreiner/Tischler, Zimmerer oder im Fußbodenbereich, häufig wird nur noch bestellt und montiert. Das macht keine Freude, ebenso, wie stumpfsinnig Spanplattenmöbel nach System 32 zu fertigen. Aber selbst das kaufen heute viele Handwerker zu, weil das Speedmaster und ähnliche billiger und genauso gut oder besser können.
Wirklich individuelle Arbeiten aus Massivholz und Reparaturen machen heute nur noch sehr wenige Betriebe. Und diejenigen, die das machen, müssten erstmal ausbilden. Wenn du harte Arbeit und lange Arbeitstage nicht scheust, dann könnte das aber was für Dich sein; wenn es feiner sein soll, solltest Du im Bereich der Restaurierung suchen. Allerdings sind das alles Bereiche, in denen man meines Wissens sein Geld nicht einfach verdient.
Und: Auch im Handwerk gibt es teils stumpfsinnige, sich wiederholende Tätigkeiten.

Was übrigens die Schilderung von Miraculix angeht: Volle Zustimmung zum wertschätzenden Umgang. Ich war selbst eine Zeit lang als Fachbauleiter für meinen damaligen AG unterwegs, auch beim nachfolgenden Betrieb hatte ich mit Leuten zu tun, die täglich hart und im Dreck arbeiten. Wenn man mit denen normal redet und ihnen erklärt, warum was wie sein muss oder soll und auch zeigt, dass man durchaus versteht, wo die Schwierigkeiten liegen, dann kommt man sehr schnell sehr viel weiter.
Auf einer Baustelle, die aufgrund der Boden- und Wetterverhältnisse teils eine regelrechte Schlammschlacht war, war das Verhältnis anfangs distanziert bzw. schwierig (Tiefbau). Nach wenigen Wochen, in denen ich auch häufig komplett im Dreck und entsprechend eingesifft war, hatte sich das aber komplett geändert und es war wirklich eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und produktiv für beide Seiten.
Letztlich kommts da mal wieder "nur" darauf an, mit seinem Gegenüber normal und vernünftig zu reden. Aber das scheint eine seltene Tugend zu sein.
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von MatthiasK »

Sven hat geschrieben: Do 14. Jan 2021, 15:17 Ich stell mal die steile These auf, dass es dem typischen Ingenieur unheimlich schwer fällt sich zu langweilen. Ich kann sowas nicht. Ich denke dann automatisch dran, wie man das automatisieren kann.
So auf die Art soll die automatische Steuerung der Dampfpumpen erfunden worden sein. Damals musste das ein- und ausfahren des Zylinders von Hand gesteuert werden. Für solch stumpfsinnige Tätigkeiten setzte man bevorzugt Kinder ein, da billiger. Ein Junge soll dann, damit er spielen gehen konnte, die erste automatische Steuerung gebastelt haben. Nebeneffekt war, dass die Maschine deutlich schneller lief, als andere.

Oder wie einer meiner Professoren gesagt hatte: Der Mensch nutzt seine Intelligenz, um seiner Faulheit vortrieb zu leisten. :mrgreen:
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Re: Stumpsinnige Tätigkeiten. Ich dreh durch!

Beitrag von eisapc »

Während der Schul- und Studienzeit hab ich auch häufiger Fereinjobs mit Akkordarbeit gemacht.
Wenn man da nach einem Jahr wiederkommt und die gleichen Leute machen immer noch den gleichen Handgriff weiß man wenigstens warum man sich das streckenweise doch dröge Studium antut.
Positiver Nebeneffekt war, daß man mit deutlich weniger Schlaf auskommt, als bei Kopfarbeit, da ja das Hirn tagsüber an der Pforte regeneriert.
So hatte man dann trotz 4h Fahrzeit mit Fahrrad und Öffis immer noch ausreichend Freizeit um nach Feierabend am Auto zu schweißen.

Bei einer Beschäftigtenbefragung des AGs vor einigen Jahren hat sich dann in unserer Abteilung herausgestellt, das keiner das macht was er eigentlich mal gelernt hat, aber gerade das das positive Arbeitsumfeld ausmacht.
Laufend neue Probleme für die es Lösungen zu finden gilt macht doch mehr Spass als töglich ein 08/15 Programm herunterzuspulen.
Ich war schon häufiger in der Versuchung auf die Frage "was ich denn mache" mit dem folgenden bekannten Zitat zu antworten:
"Mein Name ist Wolf, ich löse Probleme."

Wir machen hierTests und Aufbau der Testumgebungen für optische Raumfahrtgeräte und sind von der Ausbildung Ingenieure, Physiker und Techniker.

Das Zitat meines Vorschreibers kenne ich in der Form: Wer faul ist, muss auch schlau sein.
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