Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Der chaotische Hauptfaden

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MarkK
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Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von MarkK »

Akt 1:
In diesem ganz hervorragenden Forum habe ich kürzlich einen Paternoster gesehen, der super in die hiesige Werkstatt passen würde. Die Stimme der Vernunft (meine Mitbewohnerin) hatte auch nichts einzuwenden, also ging es los in die Grafschaft über einspurige Brücken und neben Ölpipelines entlang zum Wunschobjekt. Eingeladen war das Ding dank großem Gabelstapler mit sehr langen Zinken recht schnell, hat wegen seiner Ausmaße (zirka 2,50m mal 1,40 mal 1m) den Laderaum des Transporters gut gefüllt. Formschlüssig gesichert ging es nach Hause.

Akt 2:
Zuhause angekommen blieb der Transporter erst mal ein paar Tage stehen. Die Werkstatt selbst war noch zugestellt mit allerlei Gruschd und Holz und Dreck. Nun, aufräumen war eh mal nötig. Vieles vom Holz ist auf den Balken gelandet, eine erstaunliche Menge steht jetzt in einer Ecke und beansprucht einige Quadratmeter Fußboden. Da muss ich noch mal ran. Die Restmülltonne ist jetzt auch voll mit dem ganzen Dreck, der die letzten 20 Jahre eine feste Verbindung mit dem Boden einzugehen versuchte.

Akt 3:
Gestern Abend war es dann aber Zeit zum Ausladen. Leider ist hier kein Gabelstapler vorhanden, es gibt eine Stufe zur Werkstatt und davor ist nur Rasen. Gute Rampen waren aber vorhanden. Also ein paar Minuten rangieren, Rampen auflegen, mit einem angeschraubten Kantholz gegen Wegrutschen sichern und noch mal nachdenken.
Dann Holzfüße gebaut, die möglichst viel Bodenfreiheit lassen, den Paternoster mit der Brechstange immer etwas angehoben, Unterlagen drunter gelegt, die Schraubfüße demontiert und mit dicken Schrauben die Holzfüße angeschraubt. Nach oben war nun nicht mehr viel Luft!

Nun wurde es kriminell. Eine Handvoll grüne Gurte (auch aus diesem Forum) dienten als Verlängerung für einen wirklich stabilen Spanngurt. Ein Ende um den soeben montierten Holzfuß, das andere an die Fräsmaschine. Und dann den Hebel vom Spanngurt unzählige Male bewegen. Mal schwankte die Fräsmaschine, dann wurde mit wippenden Bewegungen an dieser (ich hing dran wie so ein Segler auf Regatta) das Objekt der Begierde Stück für Stück rausgezogen. Hin und wieder mussten Hölzchen untergelegt werden, der hintere Holzfuß wurde irgendwann teilweise abgeschraubt, teilweise abgerissen, aber es ging weiter. Immer weiter, Stück für Stück.


Mittlerweile steht das Teil inmitten der Werkstatt (na ja, noch eher am Eingang) und wartet auf eine Reinigung. Neues Fett kommt auch an die Ketten und Mechanik, da ich selber wohl nie wieder dran komme (zumindest rechts wird das Ding in der Ecke stehen). Dann wird es auf Rollen in die Ecke befördert und bleibt die nächsten Jahrzehnte da stehen. Dazu aber was, sobald es so weit ist.

Die Bilderserie geht von unten nach oben.
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Desinfector
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von Desinfector »

Wer basteln will muss leiden :mrgreen:
Zuletzt geändert von Desinfector am So 31. Mär 2024, 22:43, insgesamt 1-mal geändert.
xanakind
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von xanakind »

Saugeil! Schön dass der Trumm in gute Hänge bekommen ist.
Vielen Dank für den Bericht, ich lese deine guten Beiträge immer wieder sehr gerne.
Bitte mach damit weiter.

Sag mal: Hast du bei deiner Werkstatt etwa ein großes Stück Wand rausgestemmt um diesen dicken Brummer reinzubekommen?! Auf den Fotos sieht das irgendwie so aus :shock:
MarkK
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von MarkK »

Nee, rausstemmen musste ich für diese Aktion nichts. Das kommt vielleicht noch, wenn ich eine Klappe im Giebel haben will... Aber das ist Zukunftsmusik.


Akt 4:
Die Reinigung. Dass die Handschuhe nicht kleben blieben, war auch alles. Über drei Jahrzehnte Schlosserei-Schlonz gingen nicht spurlos an dem Gerät vorbei. Nun denn, packen wir die fiesen Lösungsmittel aus und schrubben die Karre. Eineinhalb Dosen Bremsenreiniger später wurde aus dunkelgrau und grau meliert ein Braunton und beige. Die neuen Farben sind nicht weniger 80er als die alten, sehen aber bedeutend besser aus. Eine völlig neue Erscheinung! Ein bisschen Fett gab's zu dieser Gelegenheit auch noch, bevor ich nicht mehr gut dran komme.

Akt 5:
Die letzten Meter. Mittlerweile weiß man sich ja zu helfen. Hubwagen unter den Paternoster, das ganze Teil angehoben und flugs zusammengebaute Rollböcke (mit zeitgenössischen Rollen aus West-Germany!) drunter, dann ab in die Ecke. Nur die Teppichfalten nerven zwischendurch etwas. Wieder die Ameise drunter, Böcke weg, erst die eine Seite komplett runter und die andere noch mit Unterstützung, dann die letzte Seite mit Brechstange anheben (das kennen wir ja vom Vortag ein paar Meter weiter), die letzten Klötzchen weg und tadaa: Paternoster in der Ecke.

Epilog:
Was noch folgt, ist die Montage einer Steckdose in der Nähe. Dann will das Teil noch befüllt werden. Und wenn ich mal ganz viel Langeweile habe, wird vielleicht auch der Vorwärtslauf wieder gängig gemacht. Der dritte Boden klemmt manchmal, da ist auch irgendwas nicht ganz in Ordnung. Es funktioniert aber alles gut genug, dass außer der Steckdose in mittlerer Zukunft erst mal nichts dran verändert wird.

Man könnte noch fragen, ob sich das alles gelohnt hat. Hat ein normales Regal nicht ähnlich viel Stauraum? Dem kann ich nur entgegnen, dass ein normales Regal nicht mal halb so cool ist wie ein Paternoster. Ich find's geil und freu mich wahrscheinlich jedes Mal wie so ein Schnitzel wenn ich was da raus holen muss.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!


P.S.: Bilderserie geht wieder von unten nach oben. Bei den ganzen Daten muss ich glaube ich mal Finger einen Kaffee oder womit auch immer der Server läuft zukommen lassen.
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Bastelbruder
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von Bastelbruder »

Ich habe solche Trümmer bisher immer auf ein paar Hurgeln aka Besenstiel, Wasserrohr o.ä. bewegt. Normalerweise reichen drei Stück.
Dazu eine kleine Kiste Holzklötze, Keile und ein Hebeisen (das Gesellenstück aus der Juwelierlehre.) ;) Bei empfindlichem Boden eine kleine Blechplatte, eventuell mit Filz, unter das Hebeisen.

Das geht dann oft viel zu leicht, besonders wenn der Boden nicht eben ist. Wenn's den Buckel runter geht, muß vorn jemand mit einem Kantholz bremsen.

Wenn das Trumm unten keine Fläche hat, zwei Dielenbretter in Längsrichtung unterlegen.
Schraubfüße sind bei solch einem Transport stark gefährdet, ganz rein- oder rausschrauben damit sie nicht unter den Dielen rausgucken und womöglich irgendwo hängen bleiben.

Die Lenkrollen sind Teufelszeug! Die lenken gern unvermittelt in eine Richtung die man nicht mag. Wasserrohr hat soche Anfälle nicht.
MarkK
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von MarkK »

Das ist ein guter Punkt, und so ähnlich habe ich das schon für Schränke und anderes Zeugs gemacht. Hier musste ich das ganze Ding aber drehen und in einer Rotationsbewegung in die Ecke schieben - da ging das so besser. Die Füße habe ich tatsächlich schon ganz am Anfang demontiert und erst am Bestimmungsort wieder rein geschraubt - die hätten das bestimmt nicht überlebt an irgendeiner Stelle. Nun, alle Füße bis auf einen. Der saß so fest, da hätte ich die Flex holen müssen. Hat's aber auch geschafft.
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Fritzler
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von Fritzler »

Richtig geil!
Aber was soll da jetz rein? (hab ich das überlesen?)

Ein Regal hätte durchaus mehr Lagerfläche, alleine weils so hoch sein kann wie der ganze Raum.
Aber das bewegt sich ja nich, also laaangweiliiig!
MarkK
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von MarkK »

So ganz genau weiß ich noch gar nicht was alles da rein soll. Meine Hoffnung ist, dass durch mehr Lagerfläche automatisch Ordnung entsteht. So als Oster-Wunder dürfte die Werkstatt auch mal dem zweiten Satz der Frickel-Thermodynamik widersprechen.

Wahrscheinlich muss ich aber selber ran. Eisen, Alu und so Material könnte rein, vielleicht Ersatzteile für Maschinen (also Sägeblätter, Ölfilter für den Rasentraktor, Ersatzriemen für den Hobel), auch recht selten genutztes Spezialwerkzeug fürs Fahrrad und dessen Getriebeöl? Keine Ahnung. Ich finde wohl Verwendung für das Teil.
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Geoschreiner
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von Geoschreiner »

Glückwunsch zu dem Gerät und der erfolgreichen Translozierung. ;-)
Den Vorwärtslauf würde ich mir gleich anschauen, weil da vielleicht/vermutlich nicht viel defekt ist - evtl. nur der Schalter? Das wäre schnell zu erledigen und der Komfortgewinn dürfte den Aufwand wohl schnell aufwiegen. Eventuell sieht man beim klemmenden Boden ja irgendwo an Kratz/Schabespuren, wo der hängenbleibt und kann das auch gleich angehen. Denn beladen macht man an dem Ding vermutlich nichts mehr.

Das Ding hat ja den großen Vorteil, dass es geschlossen ist und deshalb nicht so verdreckt wie ein normales Regal und außerdem vor Licht schützt. Außerdem dürfte man den kompletten "Regalboden" bzw. Fach im Blick haben und nicht nur die Vorderseite. Deshalb bietet sich das doch ideal für Kleinteile an, die man sonst mühsam von hinten nach vorne räumen müsste oder keinen Überblick hätte.

Zum Transport: Geklappt hat das, verletzt wurde niemand und der Paternoster ist heil angekommen - also alles gut gelaufen! Den Gurt hätte ich an der Fräse allerdings weiter unten angeschlagen, damit die Kippgefahr weniger wird.
Ein paar Erfahrungswerte, die vielleicht hilfreich sein könnten:
So schwer sieht es Gerät ja nicht aus, also vermutlich im Bereich von unter 500kg. Auf ebenem Boden kann ich da zwei bis vier brauchbare (d.h.: NICHT die MDF-Dinger vom Discounter - die halten das nicht aus) Möbelroller empfehlen und zum Anheben haben sich in letzter Zeit zwei "Viking Arm" - Heber bewährt. Letztere sind eigentlich nur ein optimierter / verstärkter Pumpmechanismus aus Kartuschenpressen mit entsprechenden Hebegabeln, aber scheinen gut gemacht zu sein. 150kg pro Gerät scheint realistisch; ich habe mit den Dingern auch schon eine Maschine mit ca. 500kg sukzessive angehoben.
Die stabilen Möbelroller bekommt man entweder fertig (idR 500kg Traglast angegeben, Sperrholzplatte mit Kunststoffüberzug) oder man macht die selbst aus Lenkrollen und stabilen Plattenresten (z.B. Siebdruck/Fahrzeug/Schalplatten, Küchenarbeitsplatte, usw.).

Die Ägyptermethode mit Wasserleistungsrohren kenne ich auch; die ist besonders für schwere Maschinen auf harten Untergründen super. Auch Gewichte von weit über einer Tonne gehen damit gut. Mit Rollern ist man aber flexibler, was die Richtung angeht.

Schöne Bandäge übrigens - aber der Rost muss da weg. ;-)
MarkK
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Re: Paternoster in der Werkstatt - oder: Zu große Dinge ohne adäquates Werkzeug bewegen

Beitrag von MarkK »

Das Ding wurde mal komplett lobotomiert - den Vorwärtslauf zu reparieren ist vermutlich gerade deswegen recht einfach. Die meisten Kabel die man auf einigen der Bilder sieht sind an einem Ende abgeschnitten, ich müsste im Prinzip nur den Schalter wieder richtig anschließen und vielleicht ein weiteres Schütz dazu packen. Dafür natürlich erst mal schauen, wie der Motor überhaupt angeschlossen werden möchte... Wie gesagt, später irgendwann mal. An die interessante Seite komme ich Gott sei Dank sehr einfach ran.

Der dritte Fachboden schleift egal, wie herum man ihn einbaut. Ich vermute also ein Problem an der Aufhängung... Der Boden bleibt erst mal leer. Jedenfalls sieht man wie das Ding schleift, da finde ich irgendwann mal auch eine Lösung für.


Wiegen tut das Ding laut Kranwaage 600kg. Ja, ich war auch überrascht. Die Stahlbleche hat man damals wohl eine Nummer dicker gewählt, so hält es aber auch wohl ewig. Wegen dieses hohen Gewichts und der zu erwartenden Reibung zwischen den gebastelten Holzfüßen und der Rampe habe ich die Gurte etwas weiter oben an der Fräse angebracht - so konnte die Reibung ein wenig gesenkt werden indem man dem Paternoster eine Kraftkomponente in die vertikale Richtung gibt. Oder so zumindest der Plan. Die Fräse hat zwar gekippelt, aber da konnte ich ja Segler spielen und Zentimeter für Zentimeter den Paternoster zu mir wippen. Ja, das war irgendwie seltsam. Hat aber geklappt.

Viking Arm klingt aber interessant, behalte ich im Hinterkopf. Möbelroller habe ich ja jetzt gute improvisierte. Zwar stumpf in Vollholz und nicht in irgendein Plattenmaterial geschraubt, aber die Roller sind gut wie es scheint.

Für kleine Kleinteile habe ich zwei Schränke aus einer Zahnarztpraxis, mit insgesamt gut 500 Schubfächern mit etwa 80x100x300mm HBT. Da werden Schrauben, Scheiben und Kleinkram rein kommen. Daher könnte in den Paternoster auch gut etwas größeres Zeugs rein. Wird sich noch zeigen.


Die Bandsäge braucht auch etwas Liebe - ich weiß. War schon hier bevor ich hier war. Das Ding braucht noch einen sinnvollen Platz. Viel mehr als einen Funktionstest habe ich nicht gemacht, den Rost aber auch schon festgestellt.
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