Abschirmung, womit ?

Der chaotische Hauptfaden

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Pi²
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Abschirmung, womit ?

Beitrag von Pi² »

Hallo,

für die Auf-/Umrüstung einiger älterer Funkgeräte habe ich mir ein paar hochwirksame schmalbandige ZF-Filter gebaut und erfolgreich getestet. Es handelt sich um jeweils 2 in Serie geschalteten Murata CFW455 IT (für AM, ca. 6kHz real) oder CFW455 HT(für FM, ca.8 kHz real). Siehe Bild unten.

Um die Weitabselektion noch weiter zu verbessern, sollen die Filter abgeschirmt werden. Ich wollte mir aber die fummelige Arbeit mit dem Kupferblech oder Leiterplatten ersparen und eine Alternative benutzen.

Frage: was wäre dafür besser, Abschirmspray Kontakt EMV35 (mehrere Schichten um >100µm zu erreichen) oder Leitsilber für die Leiterbahnreparatur. Priorität hat eine möglichst niederohmige Masse..

LG
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Bastelbruder
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von Bastelbruder »

Vergiß die Abschirmung! Kapazitiv kommt da nix rüber.
Die unerwünschten Signalanteile werden sich erstens als Spannungsabfall auf der mit Faulheitssymbolen gespickten "Masse" fortpflanzen. Und vielleicht auch mechanisch durch die Platine von einem Filter zum Anderen wandern.

Dämpfungsmessungen (+- 50 kHz)
Versuch 1: Ganz ohne die Filterplatine
Versuch 2: Mit nackter Filterplatine ohne Filter
Versuch 3 - 5: Filterplatine mit Kurzschlüssen an Ein / und / oder Ausgang
Versuch 6: Mit bloß Filter 1
Versuch 7: Mit bloß Filter 2
Versuch 8: Unterbrechung zwischen den Filtern
Versuch 9: Masseschluß zwischen den Filtern
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ferdimh
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von ferdimh »

Ich werfe mal ein paar weitere Fragen in den Raum:
Von wie viel Weitabselektion reden wir hier eigentlich?
Wenn das ganze an Stelle eines einzelnen Filters in eine CB-Platine (AM/FM deutet darauf hin) gerödelt wird, ist eh vorbei mit Weitabselektion. Außerdem ist bei einem CB-üblichen Doppelsuper mit "Feinfilter" in der 2. ZF alles über 60dB ohnehin ziemlich für die Tonne, weil man sich die 1. ZF und die folgende Mischstufe übersteuert - unter der Annahme, dass es nicht einfach über das Filter koppelt.
Wenn es ernsthaft großsignalfest werden soll, müssen andere Empfängerkonzepte her (insbesondere Quarzfilter direkt hinter die Mischstufe).

Ansonsten ist oberste Priorität, die "Masse" des Gebildes so niederohmig wie möglich anzuschließen. Da das wahrscheinlich nicht gelingen wird, muss für sinnvolle Selektion die Masse deutlich unter 1Ω Impedanz haben. Das halte ich auf der durchschnittlichen CB-Platine für äußerst sportlich.
Wenn es nicht niederohmig genug gelingt (dafür müsste man das Filter direkt flächig an eine Massefläche anlöten) muss das Filtergebilde ein- und ausgangsseitig mit Koax (mit Ferriten drauf!) angeschlossen werden, um das Abwandern des Eingangsstroms über die Ausgangsrückleitung ("Masse" ist hier mal wieder ein sehr optimistischer Begriff) zu verhindern.


Ob 2 Keramikfilter hintereinander für FM so eine gute Idee sind, wage ich auch zu bezweifeln. Die Qualität es übertragenen Signals sinkt massiv durch die Phasenverschiebung eines Monsterfilters. Das kann das Funkvergnügen stärker stören als ein bisschen Müll vom Nachbarkanal...
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Bastelbruder
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von Bastelbruder »

Hier vielleicht noch einen besser verständlichen Tip:

"Masse", wasimmerauchdasseinmag, ist als Referenzpotenzial deshalb zumindest eine große Gefahr, weil dort immer unspezifizierte Ströme vagabundieren. Dickere und breitere Leiterbahnen bringen keine effektive Verbesserung, zumindest nicht den Faktor, der im Glaubenstempel versprochen wird. Die schon zur Röhrenzeit immer wieder empfohlene und leider nur von Wenigen verständlich erklärte Sternpunktverdrahtung mit Verzicht auf Chassisverbindungen hat durch die deutlich niederohmigere Halbleitertechnik erheblich an Bedeutung gewonnen. Eine statische Abschirmung durch irgendwelche Bleche oder "EMV-Spray" ist damit gleichzeitig zumindest im Kurzwellenbereich in den Hintergrund gerückt.

Auch die gegenseitige Abschirmung von Spulen durch eine möglichst niederohmige Kurzschlußwindung, genannt "Abschirmbecher" hat nicht an Bedeutung verloren. Nein, die Spulengüte wird dadurch kaum schlechter und manchmal sogar besser, denn das magnetische Wechselfeld bleibt dort wo es hingehört. Die Indianer haben den Dreckeffekt bevorzugt mit ziemlich verlustbehafteten Eisenpulverdonuts bekämpft.

Es gibt bloß eine saubere Variante des Signaltransports, die nennt sich "Differenziell". Der Verstärker hinter dem Filter muß zwei Eingänge haben, das ist beispielsweise bei den modernen Begrenzerverstärkern basierend auf der Schaltungstechnik des TBA120 der Fall. Beide Eingänge werden erstmal direkt und unmittelbar mit dem Filterausgang verbunden und nur damit, erst dahinter dürfen irgendwelche nebenbei notwendigen Zusatzverbindungen hergestellt werden. Die durchgängige Zwangsmasse im Filterblock ist oft schon störend.

Auch diskret aufgebaute Verstärker werden sinnvollerweise zweipolig mit dem Filter verbunden, der zweite Eingang ist dann das "kalte" Ende des Emitter-Blockkondensators. Klassische transformatorisch getrennte Bandfilter hatten dieses Masseproblem nicht.

Es gibt Konstruktionen wo Filterbänke mit Koaxleitungen an Ein- und Ausgängen angeschlossen sind. Die Sperrdämpfung wird oft deutlich verbessert wenn diese Leitungen durch hochpermeable Ferritkerne (N30 ist mein Favorit) gezogen werden. Der Ferritkern wirkt in diesem Fall als "Strombalun" der die vorher verunstaltete Symmetrie zumindest verbessert.

Das von Ferdimh unterschwellig angesprochene Problem der Gruppenlaufzeitverzerrungen macht sich tatsächlich bei den gern "etwas" stärker modulierten Amateurfunksignalen bemerkbar. Da hilft auf der Empfangsseite wirklich nur ein noch breiterer Filter.

[OT]Versuche mit schmaleren und noch steilflankigeren Filtern für FM habe ich Ende des letzten Jahrhunderts aufgegeben. Die Verzerrungen an den Filterflanken sind das Problem, das heute vielleicht mit Mathematik gelöst entschärft werden kann. In meinem alten Sommerkamp 757 habe ich zuletzt den FM-Keramikfilter durch einen breiteren ersetzt und ein diskretes LC-Filter mit stufenlos einstellbarer Kopplung eingebaut.

Die Digitalfunker mit ihrem Bio-Decoder haben schon immer mit "klingelnden" Filterflanken gekämpft und mir ist beim Ausprobieren eines DSP-Empfängers ein Effekt aufgefallen den ich zuerst einer fehlerhaften Filterfunktion zur Last gelegt hatte. Beim Wechsel der Filterbandbreite hat mein Bio-Spekki eine deutliche Resonanzstelle am oberen Filterrand festgestellt, die mit Hilfe eines NF-Spektrumanalyzers vollständig widerlegt werden konnte. Hat doch der Bio-Algorithmus erkannt daß nicht sein kann was nicht sein darf. Tatsächlich ist es der Mathematik möglich, den klassischen Zusammenhang zwischen Amplituden- und Phasenverlauf zu verfälschen.[/OT]
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ferdimh
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von ferdimh »

Das von Ferdimh unterschwellig angesprochene Problem der Gruppenlaufzeitverzerrungen macht sich tatsächlich bei den gern "etwas" stärker modulierten Amateurfunksignalen bemerkbar. Da hilft auf der Empfangsseite wirklich nur ein noch breiterer Filter.
Hast du mal einen 300Hz-Sinus mit Nennhub (1,8kHz) durch son Filter gejagt? Das Resultat ist... verstörend. Ich glaube aber, dass ich das leider nicht dokumentiert habe. Für das CB-PMR-LPD-Zeug-Relais musste ich mit 500Hz Hub messen, weil sonst keine Frequenzgangmessung möglich war, da da nicht ansatzweise ein Sinus rauskam. In der Praxis sieht es zum Glück nicht so schlimm aus wie bei Sinusübertragung.
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Bastelbruder
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von Bastelbruder »

Aber nicht daß da auf der Modulatorseite eine PLL versucht hat den Frequenzfehler zu korrigieren ...
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ferdimh
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von ferdimh »

Der verwendete Messsender machte ansonsten vernünftige FM; es wird auch ein Extraoszillator, der von der Hauptpll unabhängig ist, moduliert.
Bild
Auch machten sich beim Testen nackter Demodulatoren keine derartigen Effekte bemerkbar.
Pi²
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von Pi² »

Moin,

Zunächst einmal, es handelt sich hier nicht um CB-Geräte, sondern um mehrere ältere Afu-Transceiver, die besser an das 12.5-kHz-Raster (für VHF/UHF) angepaßt werden sollen. Daher sprechen wir hier nicht über +-50 kHz, sodern eher um 10-20 kHz. Das Filter-Duo mit 6 kHz funktioniert in einer FT767 hervorragend, solange "normal" modulierte Signale anliegen. Von übermäßigen Verzerrungen keine Spur, im Gegenteil.

"Brüllaffen" lasse ich generell links liegen, denn gerade Funkamateure sollten eigentlich besser wissen...

Breitere Filter sind hier keine Lösung, wenn man in relativ kurzer Entfernung eine andere Ortsrunde mit ebenfalls älteren TRX 12.5 kHz tiefer rumbölken hat. Diese sind nun kein Problem mehr.

Das AM-Filter soll für den KW-Radioempfang eingesetzt werden und funktioniert ebenfalls spitzenmäßig. Die Selektion ist ein Traum. Ich spiele auch mit dem Gedanken, zum Test ein Dreifach-Filter (3x6-polig) auszuprobieren. Mal sehen, wie weit man gehen kann...
Mit dem 2-fach Filter ist der Empfang wesentlich ruhiger und selbst bei dicksten Signalen im 41m-Band von S9+50 und darüber ist 10 kHz höher oder tiefer nichts mehr zu hören. Es funktioniert als so, wie geplant. Lediglich ein leichter Höhenverlust ist bemerkbar, der aber nicht ganz ungelegen ist.

Meine Frage zielte daher eher in die Richtung, welches Material sich besser für eine möglichst niederohmige Abschirmung eignet. Kupferblech 1mm sowie Platinenmaterial mit beidseitig 105µm Cu habe ich hier, aber ich scheue mich etwas vor der Bearbeitung.

LG
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ferdimh
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Re: Abschirmung, womit ?

Beitrag von ferdimh »

Der Nachbarakanal ist aber eher keine "Weitab"selektion.
Da würde ich eher versuchen, einen Saugkreis auf die Nachbarkanäle zu installieren. Auf dem Nachbarkanal wird es auch eher nicht durch die Luft, sondern durch die Filter gehen. Nahselektion ist garnicht so einfach. Ich glaube, hier ist es Zeit, Durchlasskurven aufzunehmen und zu gucken, was da los ist.

AM ist gegen Phasenmüll und Frequenzgangmüll relativ unempfindlich. Da kann man sich fast alles erlauben; evtl eine vor dem "Knick" langsam abfallende Durchlasskurve lässt sich durch Höhenanhebung auf NF-Seite halbwegs kompensieren.
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