Arbeitsmarkt Faden

Wenn das Irrenhaus überfordert ist

Moderatoren: Heaterman, Finger, Sven, TDI, Marsupilami72, duese

manuel
Beiträge: 770
Registriert: Fr 7. Feb 2014, 00:14

Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von manuel »

Hallo,

In einigen Threads gehts indirekt um den Arbeitsmarkt, aber irgendwie nicht so wirklich. Ich habe mir gedacht, vielleicht möchte der ein oder andere sich zu dem Thema auch etwas austauschen ? Einige hier haben ja auch Personalverantwortung. Auch diejenigen die wo keine Personalverantwortung haben natürlich vielleicht auch was zu sagen.

Konkret Auslöser bei mir zu Interesse nach Informationsaustausch: Studiert überhaupt noch irgendwer in Europa E-Technik oder IT ? Das war vor 10-20 Jahren nicht so, nur warum ? Würde mich mal interessieren woran das liegt, ob die Beobachtung (ich lese viele Bewerbungen...) vielleicht falsch ist oder die Zusammenhänge irgendwie ganz anders sind ?

Momentan beobachte ich das einige E-Techniker/ITler aus sehr entfernten Regionen sich hier bewerben, was die Situation entspannt, aber auch seine vertragsjuristischen- und telefonier- Herausforderungen hat.

Wurde das was man als E-Techniker/IT gekannt hat durch was anderes geiles technisches ersetzt was ich zu blind bin um es zu sehen oder interessiert sich wirklich niemand mehr dafür Technik zu erfinden sondern nur noch zu konsumieren ? Mir geht es nicht darum mich zu beschweren, würde gerne nur meinen Horizont erweitern. Wenn man sich wundert dann fehlen einem Informationen.

Ein paar mögliche Erklärungen welche ich aber nicht ansatzweise belegen noch widerlegen könnte. Nur als Brainstorming gedacht:

- Das was ein E-Techniker/ITler macht unterliegt der "Commoditization", es können zu viele (auf der Welt), daher nicht mehr interessant. So wie Bäcker, will heute auch kaum einer mehr machen weil eine Maschine zu viele billige Brötchen rausballert.
- Sättigung an Lösungen: es gibt genug "Kesselsteuerungen" für die Industrie, keine Notwendigkeit neue zu entwickeln.

Falls an erster Erklärung wirklich was dran sein sollte, dann drängt sich die Frage auf wohin man sich entwickeln könnte. Maschine Learning machen glaube ich auch schon zu viele und die Indizien zu erfolgreichen Geschäftsmodellen sind entweder gut versteckt oder nicht vorhanden. Wie sieht ihr das ?

Falls jemand eine Glaskugel hat wäre natürlich super :mrgreen:

Liebe Grüße,
Manuel

PS: wenn das hier in eine andere Kategorie besser passt, gerne verschieben.
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von SchuesselTech »

Mein quasi Schwager hat Informatik studiert und hat einen ziemlich gut vergüteten Job, ohne dass er jemals eine Bewerbung geschrieben hätte :lol:
solche Leute fängt man sich also vielleicht von der Uni weg.
Benutzeravatar
m3rt0n
Beiträge: 1060
Registriert: So 11. Aug 2013, 15:17

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von m3rt0n »

Das Problem der Personalbeschaffung ist allgegenwärtig, und wenn man sich ansieht wie viele Mitarbeiter der Rente nahe sind wird das noch viel, viel schlimmer als es jetzt schon ist.

Nicht nur dass sich im Handwerk keiner mehr die Hände schmutzig machen will, nein auch im "bequemen" Bürojob fehlen die Leute.

Ich arbeite in einem Ingenieurbüro, dass kundenspezifische Lösungen für Netzfilter und Kompensationsanlagen >1kV bis aktuell 400kV sowohl aktiv als auch passiv verkauft.
Als Projektingenieur in der Projektabwicklung absolut kein Hexenwerk, ist am Ende ein Layout machen, einen Schaltplan erstellen und dann viel und immer mehr werdende Dokumentation.
Das Voodoo liegt im Vertrieb, die müssen die Netzsimulation und die Auslegung machen.

Trotzdem finden wir seit Jahren kaum Leute, es wird alles versucht.
Headhunter, Stellenanzeigen überall, auf Berufsmessen gehen, in den Unis und Fachhochschulen werben, ein wirklich dickes Westgehalt im Osten zahlen, Werbeprämie 3000 €.

Es nützt nichts, es ist einfach keiner da, Personalbeschaffung geht nur wenn man wem anders einen Mitarbeiter abwirbt.
Öfters habe ich auch das Gefühl, dass sich zu sehr an Berufsbezeichnungen geklammert wird und anders benannte Berufe eigentlich alles benötigte mitbringen, aber das dem HR zu erklären...
Ich bin eigentlich "fachfremd", hab Mechatroniker gelernt und eine Fortbildung zum Maschinenbautechniker, von daher kommt mir der Fachkräftemangel sehr zu gute :lol:

Als ich hier 2020 angefangen habe waren wir ein "geburtsdeutsches" Büro, mittlerweile arbeiten hier Leute (viele Werksstudenten und Entwicklungsabteilung) aus Pakistan, Syrien, Lybien, Indien, Malaysia, und was weiß ich. Eigentlich eine lustige Truppe, aber die Sprachbarriere ist doch oft hinderlich, und dass die Kulturen Spannungspotenzial haben merkt man spätestens beim Sommerfest, wenn das Halal-Essen auf einen mit Schweinespeck abgeriebenen Rost neben die normalen Bratwürstel und Brätel gelegt wird... :roll:
Benutzeravatar
Chefbastler
Beiträge: 2704
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 20:21
Wohnort: Südbayern

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Chefbastler »

Ja, von meinen Gefühl her gibt es heute wenig Leute die das Studium schaffen, kenne da einige die abgebrochen haben oder umschwenken weil zu Heavy.
Aber auch mit Ausbildung gibts es leider nur sehr wenige Leute die sich richtig rein hängen und was Fachlich reißen können und aus Fließband/Servicearbeiten aufsteigen in Entwicklung und Co.
HR Verlangt in einigen Firmen leider auch das manch Dinge nur von Leuten erfüllt werden können wenn se dies und das auf dem Papier stehen haben als Studiumsabschluss, das macht den Fachkräfte Mangel nicht besser.

Gesucht wird überall nach guten Fachkräften, manchmal bleibt nix anderes Übrig als Menschen aus Fernost zu nehmen. Hatte da bei meinem alten Arbeitgeber auch einige verschiedenen Kollegen über die Zeit. Sprachlich, Kulturell, Mentalität alles oft nicht so einfach da richtig in nem Team zusammenarbeiten und dauert doch ne ecke länger, auch die Leute einzulernen bis hin zu Kauf dir endlich Schampoo und Deo und lass dir endlich auch was erklären und nicht immer nur Jaja und nix verstanden und nur zäh was vorwärts geht war leider dabei

Bei meinem neuen Arbeitgeber bin ich zwischendurch mal wieder froh in nem Team überwiegend Einheimischer zu sein die mich auf anhib verstehen und mit denen mal lachen und Witze machen kann und das Gesamtklima gut passt.
jodurino
Beiträge: 2109
Registriert: So 17. Nov 2013, 20:43

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von jodurino »

Sind wir

Mit wir mein ich die über 50jährigen nicht auch ein bisschen selbst schuld?

Wir haben die Kinder zum Abitur "geleitet" gefördert gezwungen und was nicht alles

Mir hat man noch geraten junge mach ne Lehre dann haste was. Damals gab es noch ungelernte Arbeitskräfte auch in gut bezahlten Jobs

Aber die jetzt um die 25 bis 30 jährigen studieren wirklich buntes Gemüse oder Wirtschaftspsychologie aber weniger Produktionsverfahren oder Entwicklung von neuen Maschinen
Benutzeravatar
zauberkopf
Beiträge: 9535
Registriert: So 11. Aug 2013, 15:33
Wohnort: gefährliches Halbwissen

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von zauberkopf »

Öfters habe ich auch das Gefühl, dass sich zu sehr an Berufsbezeichnungen geklammert wird und anders benannte Berufe eigentlich alles benötigte mitbringen, aber das dem HR zu erklären...
Tja.. genau das ist das Problem.
Meine (Verschwörungs) Theorie :
Diese Hohlköpfe sind so strunz Doof, das die selbstverständlich von sich auf andere schließen, und sich nicht im geringsten vorstellen können, das Menschen lernfähig sind.
So ähnlich wie :
Der gefräßige Plapperkäfer vom Planeten Traal ist
„Ein zum Verrücktwerden dämliches Vieh, es nimmt an, wenn du es nicht siehst, kann es dich auch nicht sehen – bescheuert wie eine Bürste, aber sehr, sehr gefräßig“.

Was leider auch der Wahrheit entspricht : Geizig ist der Plapperkäfer auch noch.
Da habe ich mal ein schönes beispiel mal erlebt.. GF aus einem Betrieb im WESTERWALD (das kennt zurecht kaum jemand) jammert weil er keine Fachkräfte findet.
Nachgefragt, wieviel er denn bezahlen wollte..
Antwort : Recht geringe summe.
Nachgefragt : Das ist eine recht geringe summe.
Antwort : Mehr verdient man auch hierzulande nicht..
Tja...
Aber immerhin ist er so schlau, das er weis : Jammern hilft.

Deswegen bekomme ich beim Begriff "Fachkräftemangel" auch manchmal Agressionsanfälle.
z.B. habe ich 2 Elektronik-Fachkräfte kennengelernt, langzeit arbeitslos, weil, Probleme mit den Bandscheiben.
Kann also nicht lange sitzen, oder stehen.
Wäre der Mangel wirklich so akut.. dann wäre es im Jahre des Herrn 2023 doch kein Problem dem neuen Mitarbeiter einen Höhenverstellbaren Tisch hinzustellen.
Eigentlich eine lustige Truppe, aber die Sprachbarriere ist doch oft hinderlich, und dass die Kulturen Spannungspotenzial haben merkt man spätestens beim Sommerfest, wenn das Halal-Essen auf einen mit Schweinespeck abgeriebenen Rost neben die normalen Bratwürstel und Brätel gelegt wird... :roll:
*lach*
Bei uns sind es eher die Biodeutschen Veganer, die Streß machen.
Aber langsam aber sicher kriegen wir die auch noch deradikalisiert.. ;-)
daniel_f
Beiträge: 249
Registriert: Mo 30. Jan 2023, 13:33

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von daniel_f »

Ein Zauberwort unserer Zeit ist ja nun auch Transformation. Das erlebe ich im Arbeitsumfeld leider öfters. Man glaubt, dass jeder prinzipiell alles machen könne. Da wird ein Kunststofftechniker schon mal zum Experten für Traktionsbatterien erklärt mit Anfang/Mitte 50. Das funktioniert nur bedingt bis überhaupt nicht.
Ich bin bei euch, es wird sich zu sehr an konkrete Berufsbezeichnungen geklammert. Aber eine gewisse Grundbildung in eine gewisse Richtung sollte schon da sein, will heißen, einen Mechaniker macht man nur schwerlich zum Elektroniker oder umgekehrt.
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

jodurino hat geschrieben: Di 21. Nov 2023, 22:50 Mir hat man noch geraten junge mach ne Lehre dann haste was. Damals gab es noch ungelernte Arbeitskräfte auch in gut bezahlten Jobs
Aber die jetzt um die 25 bis 30 jährigen studieren wirklich buntes Gemüse oder Wirtschaftspsychologie aber weniger Produktionsverfahren oder Entwicklung von neuen Maschinen
Und heute machst du dich mit bzw. nach einer Lehre in vielen Fällen (körperlich) kaputt und hängst trotzdem irgendwo am Existenzminimum rum.
Da kann ich als einer der jungen Leute völlig verstehen, dass man lieber studieren geht, in den allermeisten Fällen sehen die Chancen danach einfach rosiger aus.
Auch wenn man irgendwas "was mit BWL" studiert oder "was mit Medien", so springt doch oft der halbwegs bezahlte Bürojob mit Homeofficemöglichkeit raus. Dazu dann eine 60-80 % Stelle, denn zu Vermögen bringt man es ohne zu Erben eh nicht, für was dann bitteschön krumm buckeln.

Und für alle alten Hasen, denen jetzt schon "wir hatten es damals viel schwerer, die Jugend will nichts mehr arbeiten!" auf der Zunge liegt:

Produktivität vs. Reallohn seit den 70ern:
ProduktivitätReallohn.png
Bereinigte Lohnquote seit den 70ern:
Lohnquote.png
Fazit:
Vermögen durch Arbeit aufbauen lohnt sich nicht mehr bzw. ist kaum noch möglich. Vermögen gibts nur durch Erben bzw. Kapitaleinkommen.
Die jungen Leute machen es genau richtig und sagen sich, wozu den Arsch aufreißen wenn es eh nie für ein Eigenheim in halbwegs guter Lage reicht. Dann lieber was vom Leben haben, Freizeit auch ohne dicke Karre und schick Essen gehen genießen, vielleicht sogar Zeit mit der Familie/den eigenen Kindern verbringen (die einzigen, die sich in 10 Jahren noch an deine Überstunden erinnern sind deine Frau und deine Kinder). Müssen die armen Firmeninhaber halt jammern wenn sie niemand mehr finden, der für ihr Vermögen schuftet.

Wenn man sich mit ehrlicher Arbeit wirklich was aufbauen könnte, sähe das womöglich anders aus. Aber ich bin nicht sonderlich optimistisch, dass sich hier in absehbarer Zeit was grundlegend ändert.

Um wieder den Bogen zum Thema zu bekommen:
Zusätzlich zum demografischen Wandel ist es für die kommenden Generationen noch extra unattraktiv, Vollzeit oder gar noch Überstunden zu arbeiten.
Somit sieht der Arbeitsmarkt an allen Ecken so aus, wie er aussieht.
Und ob der feuchte Traum eines jeden Konzernchefs, die jungen Leute mit erzwungener Arbeit weit unterm Mindestlohnt (Wiedereinführung Zivildienst) oder Zweitjob zum Mindestlohn um überhaupt leben zu können auf Dauer aufgeht, finde ich ebenfalls fraglich.
Benutzeravatar
Desinfector
Beiträge: 11035
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 07:50
Wohnort: ___3,1415(...)___

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Desinfector »

hab seit Jahren mal wieder in den Stellenmarkt der Samstagsausgabe der Zeitung gucken wollen.
Erst gewundert, dann aber wars auch gleich klar:
Der Personalmangel ist offenbar so gross, dass man schon garnicht mehr in den Printmedien Anzeigen schaltet.
Am Internet per sé kanns mMn nicht liegen, denn zu Zeiten als es noch massig Papieranzeigen gab,
waren Stellenbörsen im Web schon längst etabliert.
manuel
Beiträge: 770
Registriert: Fr 7. Feb 2014, 00:14

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von manuel »

Finde eure Beiträge sehr Interessant. Vielen Dank !

Wegen Anzeigen, mir wurde schon von "1-click application" erzählt. Für das Personalmanagement gibt es ja Webportale die man buchen und integrieren kann, das geht schon in die Richtung. Das ist Quasi wie ein Gitlab für Personalmanagement.

Die Kurven wegen den Reallöhnen, da wäre ich etwas skeptisch. Vor allem wenn es heißt "bereinigt". Weil selbst wenn man das korrekt machen wollte, ist das sehr kompliziert. Gemessen an meiner Beobachtung, Vater war Dipl.Ing. hat 2 Häuser gebaut, ich bin Dipl Ing, werde wahrscheinlich auch 2 Häuser bauen können. Also vergleichbar. Andererseits kam bei Kollegen mal raus: das was in den letzten 5-10 Jahren für Skifahren ausgegeben wurde hätte für ein Haus gereicht... Ist ja OK, aber das sagt mir das die Prioritäten auch ne bedeutende Rolle spielen, und vielleicht auch das was einem ins Unterbewusstsein eingeredet wird. Bei mir gabs kein Taschengeld, kein Urlaub mit Flieger. Oft fehlt ein Informationspuzzleteil für das gesamtbild, dies muss man mit viel Geduld und ständigem Nachbessern ergänzen. Man muss den Widerspruch suchen, nicht die Bestätigung. Und man weiß leider nie wann das Puzzlebild vollständig ist. Trotzdem, sehr Interessant die Statistiken, vielen Dank dafür, aber mal schauen wo die sich bestätigen oder leicht korrigiert werden müssten. Man betrachte einfach mal als Beispiel die Preisstruktur von Häusern, Autos usw. Auch bezüglich Auflagen die Kosten und vielleicht Nutzen verursachen. Wie baue ich das mit ein ?
Aber wenn die Rentabilität der Arbeit nur "gefühlt" sinkt und nicht in echt, ist letztendlich für den Entscheidungsprozess egal, weil man entscheidet ja nach den Überzeugungen, nicht nach der Wahrheit (sorry, so ehrlich muss man sein). Ich persönlich habe auch das Gefühl das sich Arbeit weniger lohnt, aber rückblickend was meine Eltern sich leisten konnten und ich selber, ist es eigentlich nicht so arg. Geerbt hab ich nichts, weil im Alter wurde das dann verbraucht.

Auch wurde gesagt, an die Uni's gehen. Ich denke das ist zu spät, man müsste bei der Sendung mit der Maus einsteigen um rechtzeitig die Weichen zu beeinflussen. Vielleicht kann jemand der noch studiert was dazu sagen, bei mir ist das zu lange her.

Quereinsteiger machen halt mehr Arbeit für den Personaler. Bei einem Dipl.Ing. E-Techniker weiß man halt was die Person durchgemacht hat, durchbeißen, Umgang mit schwierigen Situation usw als Komplettpaket. Das mag man über einen anderen Werdegang auch gelernt haben, aber wie Prüfe ich das ? Das ist ja gerade der Witz an der Uni/FH das die sich um die Einstufung kümmern und nicht ich. Bei ner Promotion würde ich sagen, gehts tatsächlich noch weniger ums Fachliche, da zählt mehr Umgang mit Stress, schwierigen Leuten, Verhandeln, Plan B schmieden usw. So jemanden den wirft eher nichts mehr aus der Bahn auch wenn der Fachlich eigentlich keine Ahnung hat. Also ich meine jetzt keine gekauften Doktortitel. Auf Dauer ist das Selbstmanagement was man entwickelt hat um durch ein Studium zu kommen das wesentliche was einen dazu befähigt in 20 Jahren auch noch leisten zu können. Nicht stärker kaputt machen als man sich für morgen regenerieren kann. Das fachliche ändert sich sowieso ständig.

Ich nehme mit:

- Mehr auf Quereinsteiger schauen
- Arbeitsrentabilität betrachten
- Werbung für technische Berufe, früh genug

Kurzfristig bleibt wohl die Leute bei Laune halten.
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

manuel hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 12:02
Gemessen an meiner Beobachtung, Vater war Dipl.Ing. hat 2 Häuser gebaut, ich bin Dipl Ing, werde wahrscheinlich auch 2 Häuser bauen können.
Du scheinst ja auch vom "älteren" Semester zu sein, wenn das Studium schon länger her ist schätze ich > 40 Jahre.
Mein Opa hat auch zwei Häuser gebaut, mein Vater hat auch ein Haus, ein Ferienhäusschen gebaut, für Urlaub hats immer gereicht und meine Mutter hat seit Geburt der Kinder nicht mehr wirklich gearbeitet.
Höchster Bildungsabschluss des Vaters: Techniker

Mein Onkel und meine Tante haben als Elektroniker in der Werkstatt und Angestellte in der Buchhaltung auch vor 30 Jahren ein Haus gebaut. Das war realistisch möglich und dafür haben sie gearbeitet.
Vergleichbare Jobs reichen aktuell für die 3 Zimmer Wohnung in nicht allzu begehrter Wohnlage zur Miete, Eigentum völlig unerreichbar.

Ein Arbeitskollege hat sich vor etwas über 10 Jahren ein Reihenhaus für 350k angeschafft. Das war auch für nicht-Akademiker möglich.
Das gleiche Haus ist jetzt inkl. Abnutzung das doppelte wert. Leider sind die Nettolöhne in dieser Zeitspanne nicht auch um 100 % gestiegen. Dafür aber die Zinsen.

Ich kann mir als E-Ing. vielleicht ein einziges Häuschen leisten, mit extrem viel Eigenleistung und weils das Grundstück in der Familie gibt.
Bauen lassen ist als Doppelverdiener (E-Ing. und Beamtin) ohne Kinder schlichtweg nicht möglich. Wennd as Grundstück noch gekauft werden muss schon zweimal nicht. Da liegen wir > 1 Mio, ohne dass es in irgendeiner Form luxuriös wäre.
Da kann ich meinen Eltern nur sehr dankbar sein, dass sie das aufgebaute Vermögen nicht im Alter für Kreuzfahrten auf den Kopf hauen sondern ihren Kindern was weitergeben wollen.

Die Erfahrungen, die du beim Thema Vermögensaufbau durch Arbeit in deinem Leben gemacht hast kannst du absolut nicht mit dem vergleichen, was die aktuell 20-jährigen vorfinden.
Benutzeravatar
Lötfahne
Beiträge: 2848
Registriert: Sa 9. Nov 2013, 10:43
Wohnort: KBS 669 bzw. 9401

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Lötfahne »

Sagt neulich ein Kollege zu mir, ~mitte/ende 20, als er sich verabschiedete:
"Tja, die jungen gehen, weil sie keine Bleibeperspektive bekommen, und die alten Säcke, ohne Gehensperspektive, die müssen den Laden weiter am laufen halten."
Mir tat das auch leid, weil ich mit dem Kollegen wunderbar ausgekommen bin.
Und dann noch, kürzlich, bei einem Jubilars- und Verabschiedungsevent:
Ein zu verabschiedender Kollege, der 37 Jahre dabei war, wurde vom kaufmännischen GF gefragt, wenn er "...denn so zurückblicke, wie hat sich denn das Arbeitsumfeld etc. denn so verändert, über die Jahre..."
Betreffender Kollege lehnte sich zurück, grinste breit, und sagte: "Sie, wenn isch heut neu aafange däät, isch däät morge kündische!"
Dem kaufmännischen GF fiel die Kinnlade auf Kniehöhe, und hinter seinem Rücken gingen die Daumen hoch. 8-)

SO siehts doch heute aus...
setiherz
Beiträge: 475
Registriert: Di 13. Aug 2013, 09:02
Wohnort: Epfendorf

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von setiherz »

Spannend was Ihr so zum erzählen habt. Bin ja auf der dunklen Seite als Arbeitgeber . Fachkräftemangel ist real ! Neue motivierte MA zu gewinnen ist echt schwierig geworden. Sorry aber Work-Life Balance als Topic No.1 in einem Vorstellungsgespräch ist nicht der bringen. Das ist dann gelebte Zeitverschwendung.

Im Land der Häuslebauer funktioniert das aber teilweise noch mit dem Eigenheim. Die Preisblase durch die fast Nullzinspolitik hat die Politik verbrochen. Bei uns sind die Preise glatt 30% runter zu 2021 ! Und das Gejammer wegen der hohen Zinsen kann ich auch nicht ab. Mein erster und sehr heilsamer Kredit hatte 8,5% . Seitdem vermeide ich diese Finanzierungsart wo es nur geht !

Habe gerade Techniker eingestellt , frisch von der Schule , mit einem Jahresgehalt von 50k€ . Als Start ! Nächstes jahr kommen gleich im Mai noch 2,1% drauf ! Dafür aber 40h Woche und einen anspruchsvollen Job. In Summe mit viel Kontakt zu Industrie , Forschung und anderen Unternehmen.

Etabliete Führungskräfte haben weit höhere Gehälter. Teilwiese mit aber viele auch ohne Ausbildung . Die haben sich motiviert in Aufgaben reingekniet und wurden dann von uns gefördert. Klappt nicht bei allen aber kann tolle Erfolge bringen.

Bsp: heute Abteilungsleiterin , angefangen als kaufmännische Angestellte . Verantwortlich für Produktionsplanung und lager und 15 MA !

Hier ist teilweise das Problem , der Wille was zu erreichen ist nicht mehr so ausgerpägt. Habe hier Migarationshintergründe die wirklich wollen und dann auch tun. Bei manchen Einheimischen fehlt da der Biss ! Gottseidank nicht bei allen !! Ist wie oben erwähnt vielleicht ein Problem der Eltern. Meine Kinder wissen was es heisst eine Firma zu leiten. Im positiven wie negativen Sinn . Beide haben eine Lehre extern gemacht und werden nun studieren gehen oder auch nichtg !

Grüße Steffen
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

setiherz hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 15:18 Fachkräftemangel ist real ! Neue motivierte MA zu gewinnen ist echt schwierig geworden. Sorry aber Work-Life Balance als Topic No.1 in einem Vorstellungsgespräch ist nicht der bringen. Das ist dann gelebte Zeitverschwendung.
Sportwagenmangel ist real! Niemand will mir ein Neuwagen mit 600 PS für 10.000€ verkaufen!
Vor 40 Jahren konnte sich kein Arbeitnehmer beschweren, wenn beim Vorstellungsgespräch unbezahlte Überstunden angesprochen und erwartet wurden.
Aber jetzt, bei gedrehter Arbeitsmarktsituation, ist es ein Unding, dass ein Arbeitnehmer Work-Life Balance anspricht, weil ihm das wichtig ist?
Die Zeiten des "ich will unbedingt in Ihrer Firma arbeiten, die ist so toll, bitte bitte nehmen Sie mich" sind vorbei.
Als Arbeitgeber kann man jetzt darüber jammern und klagen, dass früher doch alles viel besser war.
Oder man passt sich der Situation an, bietet eine ehrliche, gut Work-Life-Balance, dann ist das Topic im Vorstellunsgespräch auch schnell abgehandelt. Das geht halt nicht wenn man unter Work-Life Balance keine Gleitzeit und maximal einen Tag HO nach Absprache versteht. Man kann auch darüber jammern, dass alle nur noch Teilzeit arbeiten wollen - oder man passt sich dem an und macht es einfach möglich. Ich kenne genug Firmen in denen das klappt, die bekommen sogar hin und wieder Initiativbewerbungen von guten Fachkräften.
Einige, vor allem kleinere, inhabergeführte Firmen haben da einfach den Schuss noch nicht gehört. Es ist an der Zeit, dass die Arbeitgeber was ändern, um sich attraktiv für gute Fachkräfte zu machen. Einige werden das nie verstehen und den Karren gegen die Wand fahren, so ist das eben.

setiherz hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 15:18 Und das Gejammer wegen der hohen Zinsen kann ich auch nicht ab. Mein erster und sehr heilsamer Kredit hatte 8,5%
Und die Immobilie hat garantiert nicht 10-15 Jahresnettoeinkommen gekostet - da sind wir aktuell.
setiherz hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 15:18 Habe gerade Techniker eingestellt , frisch von der Schule , mit einem Jahresgehalt von 50k€ . Als Start ! Nächstes jahr kommen gleich im Mai noch 2,1% drauf !
Und was sind 50k aktuell? Das sind 2500 € netto im Monat. In einer der größeren Städte ist davon die Hälfte für die Miete einer 2-3 Zimmer Wohnung weg.
Versicherungen, Auto, ein paar Rücklagen, ein Hobby und sich vielleicht hin und wieder mal was gönnen. Große Summen bleiben da nicht übrig.

Ja, vor 15 Jahren war das anders. Da zahlte niemand 15 € Kaltmiete pro qm und ein Schnitzel mit Pommes war für unter 10 € zu haben. Ist nicht mehr.
Strom ist seit 2010 um 50 % teurer geworden, Benzin 30 %, Lebensmittel haben seit 2017 um 25 % zugelegt, Miete bei Neuvermietung (und die jungen Leute müssen nunmal neu mieten wenn sie daheim ausziehen) im Schnitt seit 2010 auch um etwa 50 %.

Sind die Gehälter, die du zahlst, seit dem auch im selben Maß gewachsen? Würde mich wundern.
Da solche Gehaltssprünge innerhalb einer Firma nur selten drin sind muss halt gewechselt werden, wenn man seinen Lebensstandard halten möchte.
Kann man jetzt auch wieder drüber jammern, aber die Schuld sehe ich nicht beim Arbeitnehmer, der einfach guckt, wo er bleibt.
setiherz hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 15:18 Hier ist teilweise das Problem , der Wille was zu erreichen ist nicht mehr so ausgerpägt. Habe hier Migarationshintergründe die wirklich wollen und dann auch tun. Bei manchen Einheimischen fehlt da der Biss ! Gottseidank nicht bei allen !! Ist wie oben erwähnt vielleicht ein Problem der Eltern. Meine Kinder wissen was es heisst eine Firma zu leiten. Im positiven wie negativen Sinn . Beide haben eine Lehre extern gemacht und werden nun studieren gehen oder auch nichtg !
Natürlich fehlt der Biss, weil es sich am Ende nicht lohnt. Für was schuften und sich versuchen hochzuarbeiten, wenn man in 5 Jahren durch einen Jobwechsel wesentlich mehr rausholt als innerhalb der Firma möglich ist?
Bei selbstständiger Tätigkeit bzw. als Firmeninhaber sieht das anders aus, da was man genau wofür man die Überstunden macht. Als Sohn vom Inhaber womöglich auch, wenn einem die Bude eines Tages gehören wird.
Aber als einfacher Angestellter? Nein.
bastl_r
Beiträge: 1754
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 15:58
Wohnort: Net weit vo Schtuagert

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von bastl_r »

setiherz hat geschrieben: Mi 22. Nov 2023, 15:18 Teilwiese mit aber viele auch ohne Ausbildung . Die haben sich motiviert in Aufgaben reingekniet und wurden dann von uns gefördert. Klappt nicht bei allen aber kann tolle Erfolge bringen.
Das hat mal funktioniert. Mein Bruder ist da so ein Beispiel dafür. An taubheit grenzend eine Ausbildung zum Informationselektroniker abgeschlossen. Damals, vor gut 40 Jahren noch beim HP passend zur Ausbildung eingestellt worden. War dann lange Zeit als Testsystembetreuer und -Programmierer zusammen mit studierten Fackräften tätig und wurde auch gleichwertig bezahlt. Anschließend wurde der Bereich ausgegliedert und dann gings so peu a peu abwärts mit der Bezahlung weil "sie haben ja nicht studiert". Schlimm war, dass ab dann jede Gehaltserhöhung mit dem Überhang verrechnet wurde.
Dass dabei dann auch keine Motivation zu erwarten sein kann dürfte Klar sein.
Dass das bei dir in der Firma anders ist bestätigt mir das mein Gefühl, dass viele große Firmen nur noch von Kaufleuten ohnetatsächliche Anhnung für die Technik den Laden zu führen versuchen.

Ansonst, ja früher konnte ein Vater als Alleinverdiener ein Häusle bauen, abbezahlen und drei Kinder großziehen. Heute könnte er noch nicht mal ein Grundstück kaufen und abbezahlen. Bei nach wie vor geringerem Zinsverhältnis als Früher. Es gab auch schon Zeiten mit 2-stelligen Zinsen. -fürs Häusle, nicht fürs Kontokorrent! Mein übelster Kredit war einer über 100kMark. Zu 9,5%!
Allerdings hat man zu der Zeit auch keine 21- 22% Sozialabgaben aufs sauer Verdiente bezahlt sondern nur etwa 14 - 15% Eigenanteil bei geringerer Steuerlast und ohne Soli und ohne Pflegeversicherung. Das macht monatlich zusammen auch schnell mal ein paar hundert Taler aus.
Was mir noch einfällt ist, dass man damals als normaler Facharbeiter in der Industrie über der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung lag wodurch auf die geleisteten Überstunden keine Krankenversicherung mehr angefallen ist.
Benutzeravatar
Toddybaer
Beiträge: 4737
Registriert: Sa 11. Jun 2016, 13:48
Wohnort: Hemmoor

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Toddybaer »

Und es gab auch mal Zeiten, wo der Geselle maximal mit seinen doppelten Stundenlohn beim Kunden abgerechnet wird.
Da kam 1 Büroarbeiten auf 5 Leute draußen. Heute kommen 2 Büroarbeiten auf 1 Mann draußen
Matt
Beiträge: 6094
Registriert: So 24. Aug 2014, 21:22

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Matt »

Und ich scheibe nur kurz.

Aufgrund diesjährige Erfahrung kann ich sagen: Arschlochsein in Firma lohnt !
bastl_r
Beiträge: 1754
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 15:58
Wohnort: Net weit vo Schtuagert

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von bastl_r »

Leute die es draufhaben kommen da oft erst spät drauf.
Andere, die jahrelang versuchen sich irgendwie durchzumogeln, sind es, auf andere Art, auch so.
Matt
Beiträge: 6094
Registriert: So 24. Aug 2014, 21:22

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Matt »

Das war meine erste Chance mit Aufstieg innerhalb Frima und war erfolgsreich (auf 2te Anlauf, F(l)achkraftmangel sei dank).
Benutzeravatar
ferdimh
Beiträge: 9430
Registriert: Fr 16. Aug 2013, 15:19

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von ferdimh »

Die ewige Diskussion um "sparsam leben" möchte ich von Menschen mit Bj. vor 1985 (also von denen, die sich noch Dipl-Ing nennen dürfen) einfach nicht mehr hören. Die Bedingungen haben sich in den letzten 10 Jahren massivst verändert, und in den 10 Jahren davor sind die Vorraussetzungen dafür entstanden.
Wir leben in einer Zeit, in der Luxus billig und essentielles teuer ist. Viele Entwicklungen wurden lange Zeit durch andere überdeckt.

Beispiel:
Versprechen: "Wir leben in einer ach so modernen Zeit, Frauen dürfen jetzt auch arbeiten."
Realität: Die Wochenarbeitszeit pro Familie steigt, weil beide Partner arbeiten müssen, um die nötige Menge Geld zusammen zu bekommen.
Man kann so den Reallohn fast halbieren, ohne dass es sofort auffällt.

Würden wir die Arbeit verteilen, und nicht einfach der anderen Bevölkerungshälfte im Sinne von "Gleichberechtigung" genauso viel Arbeit hinwerfen, hätte ich ziemlich viel "Life" in der "Work-Life-Balance". Real ist es aber so, dass hier beide Vollzeit arbeiten und von dem Versprechen "Studier ET, dann hast du für immer ein leichtes schönes Leben" einfach fast nichts übrig ist.

Steffen, fällt dir eigentlich auf, dass du immer nur von "Führenungskräften" redest?
Das ist ein symstematisches Problem: Wenn man nur die Leute anständig bezahlt, die Verantwortung für andere Leute haben, erschaffen wir eine Klasse "Sklaven", deren einziger Sinn darin besteht, "geführt" zu werden, damit Menschen als "Führungskräfte" sinnvoll bezahlt werden können.
Technik muss auch entwickelt, gepflegt, supported, verkauft und produziert werden, nicht nur verwaltet.

Mein Eindruck ist, dass viele Leute vergessen haben:
Geld wird in der Produktion verdient. Organisation, Entwicklung, Zertifizierung, "Qualitätssicherung", Prüfung, Zulassung und IT-Bullshit sind Mittel, um das Geldverdienen in der Produktion zu optimieren. Man die Produktion aber nicht ersetzen. Jedes Geld, das in eines der anderen Vorgänge fließt, ist erst einmal verloren. Bei Entwicklung und Organisation und IT ist der Nutzen relativ klar ersichtlich. Danach kommen wir in Bereiche, wo einfach nur Geld vollkommen unproduktiv verschwindet. Ich erlebe viele Menschen, die sagen "Ja, aber in der heutigen Zeit ist das so, das muss man akzeptieren". Die Antwort darauf lautet: "Jo, und genau deswegen ist die heutige Zeit auch so scheiße."

Ich würde das weniger skeptisch sehen, wenn ich nicht mehrfach mit vorsätzlichem EMV-Beschiß zu tun gehabt hätte, wo Grenzwerte um knappe 60dB überschritten wurden. Da hier aber akkreditierte (und sachlich falsche) Zertifikate vorlagen, konnte man da nichts machen. Ich stolpere mittlerweile regelmäßig über Trickformulierungen, die rechtliches Chaos schaffen, damit Verstöße unverfolgbar werden. Solche Maßnahmen kosten Geld, bringen aber in Summe keinen Nutzen. Am Ende hat man EMV-Probleme und muss doch entstören.

Die Abkehr von der Produktion macht den zu verteilenden Kuchen kleiner. Man nennt das dann "Wirtschaftskrise". Lange Zeit wurde das dadurch verdeckt, dass Konsumartikel (Erst Computer, dann Glotzen, dann Autos) durch mehr oder weniger fragwürdige Effekte billiger wurden, so dass man über die Runden kam.

Das Gleiche passiert bei der Ausbildung. Die Produktion verliert an Bedeutung. In die Elektronikerausbildung gehört "Industrie 4.0", "Mikrocontrollerprojekt" und ähnliche Sachen, die so wichtig sind, dass ein Transistorverstärker nur noch als "Das gibt es auch noch, aber ihr werdet das nie brauchen" in der Ausbildung Erwähnung findet.
Ich habe (am Ende nicht genommene) zukünftige Ingenieure interviewt, die in ihrem Gebiet absolute Genies waren, aber weder das System Trafo-Gleichrichter-Elko zur Stromversorgung benennen konnten ("ich kaufe einfach ein Schaltnetzteil"), noch wussten, dass aus der Steckdose 230V~ kommen.
Ein anderer wusste nicht, was die Ringe oder Zahlen auf den Widerständen bedeuten.
Man kann jetzt auf die dummen Studenten schimpfen. Aber die Realität ist: Die Leute lernen das nicht, weil es niemand für wichtig erachtet! Wer Laplace-Korrespondenztabellen zur Prüfung auswendig lernen kann, kann sicher auch Widerstandsfarbcodes lernen. Die Leute wollen das auch, wenn sie das erste mal ein Labor von innen sehen. Aber dann würde man die Leute eigentlich gerne produktiv einsetzen...
Das führt dazu, dass von mir niemand mehr erwartet, dass ich irgendetwas kann. Schließlich habe ich ja zu einem Zeitpunkt studiert, wo man an der Uni eh nichts nützliches mehr lernt.
Mir wurde an der Uni auch gleich gesagt, dass man das hier eher als Stresstest für zukünftige Manager sieht. Die technischen Fähigkeiten sind nicht so wichtig.

In anderen Gewerken scheint es kaum besser zu sein. Was ich alleine in diesem Jahr an GWS-"Kompetenz" erleiden durfte, geht auf keine Kuhhaut. Auch da sehe ich primär ein Ausbildungsproblem.

So. </RANT>
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von SchuesselTech »

Und chat gpt und co werden es noch extremer machen...
"zeig mal deinen promt bei chat gpt her, dann verfeinern wir den und dann kommt da n guter text raus..." von meinem 50 jährigen Kollegen an den 16 jährigen Industriekaufmann-azubi... Da könnte ich im strahl brechen...
Damals (tm) musste man erstmal lernen zu Fuß zu rechnen bevor man den in die Hand Taschenrechner in die Hand gedrückt bekam...
Oder den leidigen u-stahl zum flacheisen abfeilen bevor es an die Fräse ging...
Benutzeravatar
ferdimh
Beiträge: 9430
Registriert: Fr 16. Aug 2013, 15:19

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von ferdimh »

Den U-Stahl finde ich tatsächlich das bestmögliche Negativbeispiel.
Die Umsetzung wäre Tierquälerei, wenn keine Azubis wären.

Man kann Handwerk auch etwas anwendungsnäher lehren.
SchuesselTech
Beiträge: 834
Registriert: So 1. Dez 2013, 15:16

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von SchuesselTech »

Und lötübungen, wo eine ganze euro karte mit selbst zu biegenden Brücken bestückt wird, sind besser?
Naja ich fand beides nicht schlecht, vorallem zurückblickend...
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

Weder U-Stahl feilen und Lötübungen mit 100 selbst zu biegenden Brücken sind zeitgemäß, die Fertigkeiten dahinter kann man interessanter mit dem selben Effekt vermitteln.
So mit Erfolgserlebnis am Ende, stolz auf das eigene Werk sein fällt leichter wenn es kein unnötig zurechtgefeiltes Stück Stahl ist sondern ein Produkt mit Nutzen.
Die Welt, auch was das Lehren und Lernen angeht, hat sich weitergedreht.

Jaja, ich weiß:
- Aber wir mussten da damals auch durch!!
- Sollen froh sein, wir haben früher noch Prügel vom Lehrmeister kassiert!
- Lehrjahre sind keine Herrenjahre!!!
- HAHAHA Harald, guck mal, der Volldepp ist wirklich ins Lager gelaufen und hat nach Blasen für die Wasserwaage gefragt, HAHA!!!

Und auch:
Keine Ahnung wieso die jungen Leute alle studieren gehen und niemand was mit den Händen machen will, echt keine Ahnunung, wir machen ja alles richtig, also wie immer halt, echt komisch, wirklich komisch - muss an den Smartphones und den Computerspielen liegen, bestimmt.

Wenn man ganz genau hinschaut, kann man vielleicht Zusammenhänge erkennen.
Setzt aber für z.B. Ausbildungsleiter in Werkstätten Kritikfähigkeit und Fähigkeit zur Reflektion des eigenen Handelns voraus.

Früher gabs für ein Großteil der jungen Leute keine Alternativen, also musste man den Zirkus wohl oder übel mitmachen.
Heute gibt es oft viele Alternativen.
Ist aber noch ein weiter Weg bis die Verantwortlichen bemerken, dass es an ihnen liegt, sich attraktiv für mögliche Kandidaten zu machen - sie sind oft schließlich mit jammern beschäftigt.
Benutzeravatar
zauberkopf
Beiträge: 9535
Registriert: So 11. Aug 2013, 15:33
Wohnort: gefährliches Halbwissen

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von zauberkopf »

Aber dann würde man die Leute eigentlich gerne produktiv einsetzen...
Das habe ich als "Nichtstudierter" nach der Bologna Reform schon öfters gesehen.
Wenn einer ohne vorheriger Ausbildung direkt von der Uni kam, dann war der erst einmal ein nerviger Kostenfaktor.
Nervig deshalb, weil er meinte, er sei jetzt Inschenööör, und weis und kann alles. Wobei.. eigentlich ist das mehr ermüdend..
(Der der glaubt, jemand zu sein, hat aufgehört jemand zu werden)
Und Kostenfaktor, weil er, wenn er pfiffig war, im ersten Jahr nix zustande gebracht hat.
Mit etwas glück, hat er dann mal über seinen Standesdünkel (sogar das Wort "Elite" viel mal. ) mal nachgedacht.. ;-)
Wenn er wirklich gut ist, dann bevor, er durch die Konfrontation mit der Realität ne Katastrophe verursacht hat.
Einer hat mich mal so weit gebracht, das ich anfing zu Rappen : Ich bin Jung, ich bin Hip, ich baue Bullshit.. ;-)
"Aber keine Sorge.. in Deinem Alter war ich wesentlich bescheuerter.. und das ganz ohne Indoktrination.. willste nen Keks ? "
Und wenn diese Phase dann zu ende geht, wirds wirklich interessant.
Man kann sich gegenseitig um Rat fragen, und dann sogar erfolgreich zusammenarbeiten.
Dann steigt auch wieder mein Respekt.. okay.. sie haben die Uni überlebt.. und sie fangen langsam an wieder zu denken.. ;-)

Eins muss ich noch loswerden.. Als ich der Patentwirtschaft gearbeitet habe, war ich der einzige ohne Dipl oder Dr.
Meist habe ich das Datenbanksystem programmiert.. aber elektronik auch mal (mit der unterschrift vom Kollegen) recherchiert.
Mein Chef war immer nach der Suche nach fähigen überflüssigen Akademikern. z.B. Chemiker ( Er hatte darin einen Dr.).
Aber sie sollten etwas allgemeinwissen haben. Deswegen hat er allgemeine Fragen gestellt.. z.B. erklären sie mir die funktionsweise eines Teils am Auto.
(früher : Wie funktioniert ein Otto-Motor... aber das wussten die wenigsten)
Nach einem Vorstellungsgespräch hat die sich gerne bei mir ausgehäult :
"Heute hatte ich wieder nen fast frisch studierten Chemiker mit Dr.. Die Diss war interessant. Hab ihn versucht darüber auszufragen.
DER WUSSTE NIX MEHR !
Dachte dann.. frag mal was einfaches.. was war die erste synthetisierte organische Chemikalie ( das weis sogar ich) .. NIX ! "
Ich : "War vielleicht nur nervös"
Er : "Ne.. gar nicht. Das nennt man Bullemie lernen. Reinfressen, saufen, kotzen.. ".

Aber leider ist das auch so ein Ding, wo sich Lobbyisten sich selbst ins Knie geschossen haben.
Die Bologna Reform wurde ja nicht nur durchgeführt um "vergleichbares" Papier zu generieren, sondern auch um möglichst schnell "Fachkräfte" zu generieren.
Schneller Einheitsbrei..
Einheitsbrei hat vor und nachteile.
Vorteil : Man ist aus dem Schneider, wenn man sich an z.B. an eine Norm hält. Man muss nur lesen.. das Hirn kann aus bleiben.. oder sich mit dem Smartfone beschäftigen.
Deswegen stehen ja auch HR Plapperkäfer auch u.A. auf Abschlüsse usw... wenn der Bewerber keine Leistung bringt.. dann hätte er es laut papier doch tun müssen..
Nachteil : Die Welt wird dadurch NICHT bunter, interessanter, besser, usw..
Den Unterschied zwischen Master und Diplom kann man, finde ich, noch gut erkennen.

Und dabei habe ich ehrlich Mittleid mit den jüngeren Kollegen.
Die sind nichts anderes Gewohnt als Indoktrination.
Meine Groß-Cousine meinte mal genau so, das ich nicht die "Autorität" hätte, um sagen zu können, das umschrieben 1+1 NICHT 3 ist.. ;-)
Der kannste alles vorlegen, was "wissenschaftlich" am besten von einem Dr. oder Prof. geschrieben wurde, und die GLAUBT das !
(okay.. den fehler habe ich auch mal gemacht.. und bitter dafür bezahlt. (Erstes Gebot : Du sollst keinen Gott neben mir haben. ) )
Die war total verduzt, wie ich innerhalb von 2 minuten eine Studie komplett zerlegt habe. Und eine objektive verbesserte "Messmethode" stattdessen vorgeschlagen habe.
Vor ihr, und ihrem eben so akademischen Freund. 2 dumme Gesichter auf einen Schlag. Göttlich.

Das Dumme ist nur.. auch Wissenschaftsbetrieb.. MUSS jetzt "Ergebnisse" liefern.. für Gelder..
... Da ist Druck....
... und das treibt manchmal wirklich seltsame blüten !

d.H. mittlerweile werden zum Teil, mit Hilfe von KI Arbeiten und Studien generiert, und veröffentlicht.
Dadurch.. und das war selbst ausserhalb MEINER Phantasie.. sind durch falsche Behandlung schon Menschen gestorben.
Als das Thema mal bei Nano angesprochen wurde.. fühlte ich mich plötzlich weniger dumm..
https://www.ardmediathek.de/video/nano/ ... YzA1YjFkYw
Benutzeravatar
Torpert
Beiträge: 1436
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 22:40
Wohnort: Saarland
Kontaktdaten:

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Torpert »

manuel hat geschrieben: Di 21. Nov 2023, 19:40 ...Mir geht es nicht darum mich zu beschweren, würde gerne nur meinen Horizont erweitern. ...
Ich beobachte die Thematik nicht erst seit meinem Ausstieg aus der IT-Branche auch mit großem Interesse.

Ich war in der Branche 'von COBOL bis Python' und hatte unterschiedliche Blickwinkel (war Angestellter im Öffentlichen Dienst, Angestellter in einem profitorientierten Konzern, Selbständiger ohne Personal, Selbständiger mit Personal).

Ein Grundsatz, den ich früh erkannt hatte, hat sich meiner Beobachtung nach nie geändert: Die guten Leute sind dort, wo die Bedingungen am besten sind. Und das Gehalt ist nur ein Teil der Bedingungen.

Was sich möglicherweise geändert hat, ist der schwindende Anteil der Menschen, deren Gewichtung mehr beim Gehalt liegt. Was sich in jedem Fall geändert hat, ist die Art und Weise, wie Arbeitssuchende Arbeit suchen und gefunden werden. Ich kenne Leute, bei denen müssen die Headhunter sich bewerben, damit sie überhaupt überlegen, ob sie in deren Portfolio aufgenommen werden wollen. Die würden sich niemals selbst auf eine Stelle bewerben, sondern warten höchstens darauf, dass ihnen eine noch bessere Stelle angeboten wird. Wenn der Headhunter keine Firmen im Katalog hat, die festgeschriebene gute Bedingungen für Arbeitszeitregelung, Heimarbeit usw. haben - dann Danke nein.

Das würde jedenfalls erklären, warum es gleichzeitig Arbeitgeber gibt, die keine Leute finden (die mit den schlechten Bedingungen, "Work-Life Balance im Vorstellungsgespräch geht gar nicht" und so), als auch Arbeitnehmer, die keine Stelle finden (die sich noch selbst und auf offene Stellen bewerben).

Was ich auch in allen meinen Positionen beobachtet hatte: Die guten Leute sind die, die man nicht überwachen muss. Das sind meist auch diejenigen, die auf die Kontrolle der 'Führungskräfte' allergisch reagieren. Klar, wenn ich weniger Überwachung installiere, riskiere ich einen höheren Anteil an Leuten, die das ausnutzen und 'es schleifen lassen'. Aber die anderen reißen das mehr als raus und unterm Strich gewinne ich. Wenn ich aber das Adelsprinzip lebe und die Angestellten nur über das Gehalt ködere, dann muss ich auch herrschen wie ein Adeliger. Das muss doch anstrengend und frustrierend sein. Und die Leute (die guten, s. o.) laufen andauernd weg und den Ersatz muss ich noch mehr kontrollieren.

Jetzt habe ich mehr geschrieben als ich eigentlich wollte. Ich bin ja nicht sicher, wieviele meiner Ansichten für andere Regionen und Ökosysteme als die, in denen ich tätig war, gelten. Ansichten sind schließlich immer subjektiv.

Abschließend noch mein Lieblingsspruch des besten Vorgesetzten, den ich in meiner Laufbahn hatte: "Einen guten Chef erkennt man daran, dass seine Firma auch dann läuft, wenn er im Haus ist."
Benutzeravatar
Fritzler
Beiträge: 12604
Registriert: So 11. Aug 2013, 19:42
Wohnort: D:/Berlin/Adlershof/Technologiepark
Kontaktdaten:

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Fritzler »

Torpert hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 07:48 Was ich auch in allen meinen Positionen beobachtet hatte: Die guten Leute sind die, die man nicht überwachen muss. Das sind meist auch diejenigen, die auf die Kontrolle der 'Führungskräfte' allergisch reagieren. Klar, wenn ich weniger Überwachung installiere, riskiere ich einen höheren Anteil an Leuten, die das ausnutzen und 'es schleifen lassen'. Aber die anderen reißen das mehr als raus und unterm Strich gewinne ich.
Da kann man nicht jeden gleich behandeln.
Wer sich als zuverlässig zeigt und seine Aufgaben innerhalb der Vorgaben selbstständig erarbeiten kann, der bekommt die Freiheiten.
Wenn sich bei jemanden zeigt, dass er es nicht kann, dann bekommt er das volle Kanonenrohr Micromanagement und SCRUM :twisted:
In kleinen SW Teams (<10P) kann man sich letztere Personen auch einfach nicht leisten, weil die alle runter ziehen.

Ich muss mich hier mal als einer der "Faulen" outen :D
Mehr als 24h/Woche mache ich grade nicht.
Warum? Lohnt nich!
Momentan reichts für alles was ich brauche/habe und wenn ich 40h/W mache hab ich nur weniger Zeit zum Frickeln und Geldüberfluss mit dem ich nix anfangen kann.
Den Geldüberschuss ansparen? Wo denn? Wird ja 10% weniger Wert wenn mans liegen lässt.
Die Haus- und Grundstückspreise hier sind auch der Knaller.

Mal noch so an Realitätsabgleich für die Arbeitgeber:
2 Zimmer Wohnung 50qm am Berliner Stadtrand: 900€ warm
Das is eigentlich noch günstig, weil 2016 erbaut, bei den heutigen Baupreisen müssen die Bauherren 18€ kalt/qm nehmen.
Dazu kommt, das es fast nurnoch Indexmiete gibt, also die Miete steigt jährlich.
Also die Mieterhöhung is am VerbraucherpreisIndex gekoppelt, der kennt nur eine Richtung: nach oben!
Bei der momentanen Inflation kann da was von 6-11% an Erhöhung reinflattern.
Für 50k/Jahr bei Vollzeit würd ich momentan nichtmal morgens aufstehen wollen als Technischer Informatiker ;)

Wo bleiben eigentlich die Firmen, welche gleich in die Stellenausschreibung schreiben welches OS und Compiler die nutzen?
Würde mir viel sinnlose Arbeit sparen!
Zuhause haste den Linux+GCC Traum auf nem schönen leisen/schnellen Rechner und auf Arbeit muss man sich mit gammligen/lauten/lahmen Lenovo/Dell Gurken mit Windoof und gammligen Bezahlcompilern rumärgern.
jodurino
Beiträge: 2109
Registriert: So 17. Nov 2013, 20:43

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von jodurino »

In diesem Faden kann man einiges lernen.

Deshalb habe ich mal unserem neuen recht jungen Sys-Admin empfohlen mitzulesen (Grüße an dieser Stelle)

was kann man ihm den empfehlen zu lernen*
*nee warte ich mein er kann ja schon
aber wie es so ist sollte man doch wenigstens irgendeinen Titel machen und nicht "unbetittelt" bleiben, auch wenn man die erforderlichen Skills mitbringt.

In den ersten Jahren zwischen 17 und 30 zählen für die Entscheider ja immer noch Titel, oder hat sich das geändert?

cu
jodurino
Benutzeravatar
Toddybaer
Beiträge: 4737
Registriert: Sa 11. Jun 2016, 13:48
Wohnort: Hemmoor

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Toddybaer »

Ja, ist immer noch so.
Es reicht nicht das man was kann, man braucht auch einen Zettel wo draufsteht, das man das kann.

Wenn ich sehe was manche E-Ing an Planung von Elektroanlagen verbrechen... Das würden teilweise die AZUBIs besser hinbekommen.

Ein Grund warum ich den Meister gemacht hab, war, das mein Wort in den Baubesprechungen mehr Geweicht bekommt. Weil dann hat nicht irgend ein Hans Wurst gesagt das das Mist ist ,sondern ein Mister hat gesagt das das Mist ist, da guckt man dann auch schon mal hin.

Früher war das eher anders. Ich hab mit "angelernten" Architekten zusammen gearbeitet, da sagst da nehmen wir DEN Dübel, das hällt. Gleiches Bauvorhaben, neuer Architekt. Da nehmen wir den Dübel, das hällt.... Wo steht das?
Wir sollten da eine Verstärkung in die GK Wand bauen lassen.... Ach was, Spreitzdübel in doppelt beplankter GK Wand hällt 40kg. Jaha, im Labor.
Benutzeravatar
Hightech
Beiträge: 11500
Registriert: So 11. Aug 2013, 18:37

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Hightech »

Wann lernen die in der Teppichabteilung und die Ebsenzähler mal, das es viel besser für alle ist, Menschen einfach ihre Arbeiten machen zu lassen und nicht immer alles aufs kleinste in Frage zu stellen und den letzten Cent raus zu quetschen und die Menschen auf 100% auszulasten.
Es wird zunehmend auf Verschleiß gearbeitet, so finde ich es.
Benutzeravatar
Julez
Beiträge: 3569
Registriert: Di 5. Apr 2016, 15:38
Wohnort: Münster

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Julez »

Toddybaer hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 10:07 [] Es reicht nicht das man was kann, man braucht auch einen Zettel wo draufsteht, das man das kann.[]
Das finde ich aber durchaus gerechtfertigt. Man kann es zwar durchaus übertreiben, aber ich finde es schon ganz gut, dass bei uns signifikant weniger Busse mit versagenden Bremsen einen Abhang herunterstürzen als in z.B. Pakistan, und signifikant weniger Gebäude einstürzen oder ausbrennen als in z.B. Indien.
Die Leute, die hier gewerkt haben, waren bestimmt auch davon überzeugt, dass sich genau wussten, was sie taten.
Ich unterstelle jetzt aber mal ganz dreist, dass sie keinen Zettel hatten.
Und das Auto meiner Eltern würde ich auch nicht gerne von einer Person gewartet wissen, deren Qualifikation "trust me, Bro" ist.
Benutzeravatar
Desinfector
Beiträge: 11035
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 07:50
Wohnort: ___3,1415(...)___

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Desinfector »

zauberkopf hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 01:55 Wenn einer ohne vorheriger Ausbildung direkt von der Uni kam, dann war der erst einmal ein nerviger Kostenfaktor.
Nervig deshalb, weil er meinte, er sei jetzt Inschenööör, und weis und kann alles.
Fachlich könnte das evtl noch angehen, aber es fehlt gewissen Leuten vor allem an Lebenserfahrung.
Speziell dieser Klientel, die als (Einzel)Kinder alle Wünsche stets erfüllt bekommen haben
und immer schön kostenlos im Studium/Ausbildung im Hotel Mama gewohnt haben.
Besonders interessant sind Leute, denen dann auch noch das Studium von den Eltern finanziert worden ist.

Und nach dem Abschluss soll man dann irgendwann mal wirklich und wahrhaftig arbeiten gehen...
Benutzeravatar
video6
Beiträge: 6797
Registriert: Mi 23. Sep 2015, 09:18
Wohnort: Laage bei Rostock

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von video6 »

Zitat“ Weder U-Stahl feilen und Lötübungen mit 100 selbst zu biegenden Brücken sind zeitgemäß, die Fertigkeiten dahinter kann man interessanter mit dem selben Effekt vermitteln.
So mit Erfolgserlebnis am Ende, stolz auf das eigene Werk sein fällt leichter wenn es kein unnötig zurechtgefeiltes Stück Stahl ist sondern ein Produkt mit Nutzen.
Die Welt, auch was das Lehren und Lernen angeht, hat sich weitergedreht.“

Ich finde es ist immer noch wichtig.
Wir haben in der großen Leere anfangs gebohrt gefeilt gesägt.
Das erste Stück war ein recht dickes Blech 300*200mm 4 Löcher und zwei Laschen die später gerollt wurden.
Später alles lackieren.
Glaube das Ding könnte ich immer noch bauen.

War ein Bauteil was auch wirklich in der Produktion verwendet wurde.

Mit Hand und zu Fuß wurden einem die wichtigsten Fähigkeiten beigebracht um Metall zu bearbeiten und Messmittel zu benutzen.
Ordnung zu halten und vor und nach der Arbeit das Werkzeug zu kontrollieren.

Und vor allem wie lange es dauert und wie viel Arbeit da hinter steckt.
bastl_r
Beiträge: 1754
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 15:58
Wohnort: Net weit vo Schtuagert

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von bastl_r »

Fritzler hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 08:35 Zuhause haste den Linux+GCC Traum auf nem schönen leisen/schnellen Rechner und auf Arbeit muss man sich mit gammligen/lauten/lahmen Lenovo/Dell Gurken mit Windoof und gammligen Bezahlcompilern rumärgern.
Dazu sag ich mir mittlerweile: Ich krieg bezahlt was ich tue und wenn ich nichts schnelleres habe warte ich eben.
Toddybaer hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 10:07 Früher war das eher anders. Ich hab mit "angelernten" Architekten zusammen gearbeitet, da sagst da nehmen wir DEN Dübel, das hällt. Gleiches Bauvorhaben, neuer Architekt. Da nehmen wir den Dübel, das hällt.... Wo steht das?
Wir sollten da eine Verstärkung in die GK Wand bauen lassen.... Ach was, Spreitzdübel in doppelt beplankter GK Wand hällt 40kg. Jaha, im Labor.
Mittlerweile sind bei uns auch die Kollegen schon so gestrickt. Darf ich das? Brauch ich da nicht eine Unterweisung? Was wenn der Staatsanwalt kommt? Die da oben tragen auch keine Verantwortung und sichern sich gegen alles ab...
Und der Meister kriegt dann noch von HR gesagt: Sind sie Froh wenn der MA mit dem Schwerbehindertenausweis (Wirbelsäule, künstliche Hüfte) nur 60Tage im Jahr krank ist...
Nein, bin kein Meister aber dennoch Froh nicht mehr lange vor mir zu haben. Nicht weil ich das nicht mehr packe sondern weil das so keinen Spaß mehr macht. Das einzig positive ist das Schmerzensgeld und der Ausblick auf das nahende Ende.
Gary
Beiträge: 4903
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 01:02

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Gary »

"Einen guten Chef erkennt man daran, dass seine Firma auch dann läuft, wenn er im Haus ist."

Da hat mein Abteilungsleiter ja nach seinen Möglichkeiten gehandelt, er war fast nie vor Ort.

Ein großes Problem - es gibt zu viele die Geld haben und wollen das es sich weiter vermehrt. Kann ich nachvollziehen, ich will ja nicht das Erbe durchbringen von Eltern die was aufgebaut haben.
Natürlich sehe ich da Grenzen, wer mehr hat als er je ausgeben kann sollte sch sozial engagieren.

Naja, wohin mit dem Geld - ein Teil in Immobilien. Da stellt man fest, man kann die Erde nicht größer machen.
Der Wert von Gold ist auch zum Großteil durch die Seltenheit entstanden.

So hat sich vieles verzerrt, wem die Schuld geben?
Sollen wir es so machen wie früher? Krieg beginnen, alles kaputt machen damit wir es neu aufbauen können?

In Richtung Arbeitgeber - man spürt schnell warum es kostenlos Äpfel gibt. Es kann dem Chef ein Anliegen sein - oder er sieht es als Invest das sich lohnen soll. Im zweiten Fall ist es die Mohrrübe am Seil vor des Esels Kopf.

Ich kenne mehrere Chefs die 5-10 Mitarbeiter haben. Einem habe ich statt seinen Fax zu reparieren einen Mitarbeiter vermittelt.
Der Chef hat nach kurzer Zeit den neuen Mitarbeiter gefragt ob es ihm hier gefällt, alles soweit passt.
Der Mitarbeiter hat gejammert - er vermisst eine gute Kaffeemaschine, sonst fühlt er sich wohl.
Das mit der Kaffeemaschine war gar nicht zu ernst gemeint, aber in der gleichen Woche war ein Vollautomat in der Werkstatt.
Später hat der Chef mich gefragt - was hat dein Freund gesagt, gefällt es ihm bei mir?
Meine Antwort - dem hätte es auch ohne Kaffeemaschine gefallen, aber es hat ihn beeindruckt.

Du spürst als Mitarbeiter ob das eine Rübe an der Schnur ist..
Sobald da mehrere Entscheidungsebenen sind, besser nicht-Entscheidungsebenen, geht es bergab.
Wenn Führungskräfte es normal empfinden das sie mehr als den halben Tag in Telkos sind..
Benutzeravatar
Fritzler
Beiträge: 12604
Registriert: So 11. Aug 2013, 19:42
Wohnort: D:/Berlin/Adlershof/Technologiepark
Kontaktdaten:

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Fritzler »

bastl_r hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 16:26
Fritzler hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 08:35 Zuhause haste den Linux+GCC Traum auf nem schönen leisen/schnellen Rechner und auf Arbeit muss man sich mit gammligen/lauten/lahmen Lenovo/Dell Gurken mit Windoof und gammligen Bezahlcompilern rumärgern.
Dazu sag ich mir mittlerweile: Ich krieg bezahlt was ich tue und wenn ich nichts schnelleres habe warte ich eben.
Mach ich ja auch so, darum gings mir ja nicht.
Da gehts mir weniger um die Arbeitszeit, die beim Arbeitgeber verschwendet wird.
Das wird mir ja gezahlt und SEIN Projekt wird später fertig, das ist mir egal.

Mir gings ums Bewerbungen schreiben, anfragen, Vorstellungsgespräch um dann zu erfahren was da fürn Murks genutzt wird.
Da kann ich dann auch in der alten Firma bleiben.
Gary hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 16:41 In Richtung Arbeitgeber - man spürt schnell warum es kostenlos Äpfel gibt. Es kann dem Chef ein Anliegen sein - oder er sieht es als Invest das sich lohnen soll. Im zweiten Fall ist es die Mohrrübe am Seil vor des Esels Kopf.
Bei mir warense ehrlich.
"Etwas Fruchtzucker gegen das Nachmittagstief" :lol:
setiherz
Beiträge: 475
Registriert: Di 13. Aug 2013, 09:02
Wohnort: Epfendorf

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von setiherz »

Sorry konnte gestern nicht mehr antworten weil im Flieger ! Seit mir nicht böse aber pauschal Arbeitgeberbashing geht mir auf den Sack ! Ist wie bei den Motorradfahrern ( bin selber einer ) 0,5% sind Idioten . Wird aber gerne verallgemeinert !

An Preissteigerung ist der Markt schuld und für Abgaben / Steuern nicht der AG schuld sondern die von uns gewählten Politiker !

Mir sind meine MA wichtig und sie sind alle ordentlich bezahlt. Habe mir übrigens die Mühe gemacht mal Inflation der letzten 10 Jahre und unsere Lohnerhöhungen zu vergleichen und wir liegen deutlich darüber ! Zudem kommen hier noch die Bonuszahlungen hinzu welche bei uns nicht einkommensabhängig sind sondern Gesamtbonus / Köpfe !

Da Fluktuation fast gleich Null ist wirds wohl nicht so ganz schlecht sein !

Was mich aber echt stört ist diese dauernde Unzufriedenheit und Neidkultur. Denkt mal über Eure Einstellung nach ! Man hat nur ein Leben und ich möchte nicht in der Schleife " alles ist Scheiße" , "rentiert sich eh nicht" und "der hat mehr als ich" leben.

Das wars von mir dazu !

Schönen Feierabend , Grüße Steffen
Benutzeravatar
Bastel-Onkel
Beiträge: 620
Registriert: Do 12. Apr 2018, 19:43

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Bastel-Onkel »

Mit lahmen PCs am Arbeitsplatz hatte ich gestern mein Erlebnis. Ein Chemiker hatte eine sehr gute und interessante Präsentation zur Schulung eines neuen Verfahrens erstellt, die uns am Ausbildungstag vorgetragen wurde. Ich wollte daraus eine Zusammenfassung erstellen, hauptsächlich für die Lehrlinge. Also hab ich ihn gefragt, ob er mir die schicken kann. Er : "Ach, die ist im allgemeinen Laufwerk abgelegt, da gibt es so einen Ausbildungsordner." Gestern habe ich eine halbe Stunde mit der Suche in selbigem Datenmüllhaufen vergeudet (Nein, es gibt keinen Ausbildungsordner). Dann endlich habe ich sie gefunden, nachdem sich drei Mal das Suchfenster aufgehängt hatte. Powerpoint mit fast 400MB. Ok, Doppelklick und es läd. Langsam. Nach 25 Minuten Ladezeit war es endlich fertig, die Ansicht wechselt vom organgen Ladefenster zur Vollansicht. Und da kam dann die Errormeldung, daß Powerpoint diese Datei nicht öffnen kann. Juhuu! Fazit: Schrottige Hardware und unnötig aufgeblasene Dateien sind im Arbeitsumfeld beide sinnlose Zeitfresser.
Fachlich könnte das evtl noch angehen, aber es fehlt gewissen Leuten vor allem an Lebenserfahrung.
Speziell dieser Klientel, die als (Einzel)Kinder alle Wünsche stets erfüllt bekommen haben
und immer schön kostenlos im Studium/Ausbildung im Hotel Mama gewohnt haben.
Besonders interessant sind Leute, denen dann auch noch das Studium von den Eltern finanziert worden ist.

Und nach dem Abschluss soll man dann irgendwann mal wirklich und wahrhaftig arbeiten gehen...
Dem stimme ich zu, allerdings ist es auch ganz erstaunlich, wie schnell (zumindest bei uns) gelernte Schichtler ihre Bodenhaftung verlieren, wenn sie in irgend ein Büro wegbefördert werden. Da sind gerade zuletzt besonders unnütze Zeitgenossen entstanden. Sondern bei jeder Gelegenheit dumme Sprüche ab, delegieren absolut alles und können rein gar nichts, schon gar nicht sich mal eine kreative Problemlösung ausdenken oder auch einfach nur, ihren Beitrag zum Gesamtergebnis leisten. Ich hatte gehofft, ein paar alte Karteileichen würden langsam biologisch ausscheiden aber leider kommt auch nix Brauchbares nach. Ein Problem, was hier sehr verbreitet ist: Da die Firma die Produktion fast komplett ins Ausland verlagert hat und von den etwa 15-20 produzierenden Gebäuden zu Beginn meiner Lehre vor guten 15 Jahren noch genau zwei in Betrieb sind, haben die Leute nie über den Tellerrand hinaus geschaut. Ich hab als Lehrling noch vier Gebäude durchlaufen, jedes komplett anders organisiert und immer mit guten und schlechten Lösungen für ein und dasselbe Problem. Die Lehrlinge heute sind schon in der Lehre betriebsblind, haben nie was anderes gesehen und finden daher auch den dümmsten Schwachsinn völlig normal. Zudem dürfen sie erst im dritten Lehrjahr offiziell unter Aufsicht etwas im Betrieb machen. Da die Prüfung nicht am Ende des Lehrjahres ist, sondern fast ein Vierteljahr früher und noch Schulblöcke zu absolvieren sind, bleibt ihnen effektiv ein halbes Jahr Zeit, um den handwerklichen Teil des Jobs zu erlernen. Das reicht einfach nicht.

Eines der Hauptprobleme der letzten Jahre ist, wie kopflasting der Betrieb geworden ist. Man hat die Büros personell massiv aufgefüllt, die Schichten abgebaut und trotzdem wird mehr Arbeit nach unten delegiert als je zuvor.

Noch ein Beispiel: Wir befinden uns im Umbruch, das Gebäude richtet sich gerade neu aus bzw. investiert in neue Technologie und will andere Produkte entwickeln. Ein Teil davon ist, daß wir als Mehrzweckbetrieb wieder schnelle Entwicklungsprojekte fahren wollen. Ziel ist, drei Mal so schnell zu sein wie die Chinesen, mit einem Fünftel des Personals und mit Anlagen die nicht dafür gebaut sind (ambitioniert, würde ich sagen). Die Chefs haben offensichtlich keinen Plan, wie das laufen soll und haben drei Monate vor Deadline (man hat fast ein halbes Jahr mit Nichtstun verschwendet) Arbeitsgruppen gegründet, die diese Geschwindigkeitssteigerungen irgendwie rausholen sollen (natürlich ohne Budget oder mehr Leute, ist ja klar). Bisher gibt es logischerweise kein ernstzunehmendes Ergebnis, Betriebsleute sind gar nicht beteiligt. Ich habe mir dann erlaubt, einen Vorschlag einzureichen. Wir hatten bei einem Produkt massive Zeitersparnisse realisiert, indem wir eine bestimmte, sinnvolle Anlagenkonfiguration verwendet haben. Ich habe vorgeschlagen, in einem alten Betriebsteil Anlagen fix in diese Konfiguration zu verschalten und so zu belassen, statt sie jededes Mal komplett zu zerlegen, alles zu versorgen und für das nächste Produkt genau das gleiche wieder neu einzurichten, so wie wir es bisher machen. Der Vorschlag wurde akzeptiert, allerdings mit vielen Wenns und Abers. Ein Punkt war, daß man statt des 70er Jahre Betriebsteils gerne die kaputtgesparte Betriebsteil-Fehlkonstruktion von 2020 dafür verwenden möchte. Wir kämpfen jetzt mit viel Zeitaufwand, um das abzuwenden. Sollte es so umgesetzt werden müssen, wird der Plan letztlich genau daran scheitern. Die Entscheider haben leider keine Ahnung, worüber sie entscheiden, denn sie wissen nicht, was sie tun. Der Knüller ist, daß noch nicht einmal klar ist, in welchem Mengenmaßstab wir uns bewegen, was natürlich massivsten Einfluss auf die Anlagenplanung hätte (von 20-2000L habe ich da schon alles gehört). Gut möglich, daß wir am Ende zwangsweise den neuen (kleineren) Murksbetrieb nehmen müssen und der schon gleich zu klein ist. Daß das so nix werden kann, sollte allen klar sein, ist es aber nicht.
Benutzeravatar
Fritzler
Beiträge: 12604
Registriert: So 11. Aug 2013, 19:42
Wohnort: D:/Berlin/Adlershof/Technologiepark
Kontaktdaten:

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Fritzler »

setiherz hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 17:51 Seit mir nicht böse aber pauschal Arbeitgeberbashing geht mir auf den Sack ! Ist wie bei den Motorradfahrern ( bin selber einer ) 0,5% sind Idioten . Wird aber gerne verallgemeinert !
Das las sich bei dir ja fast schon so als würdest du Bewerber, welche direkt mit ner WorkLife Balance kommen direkt aus dem Vorstellungsespräch jagen ;)
Das haben wohl ein paar Leute in den falschen Hals bekommen.
Unter WLB stellt sich eben jeder was anderes vor.
Vielen Leuten ist es eben wichtig bei der Familie zu sein und nicht erst 19 Uhr nachhause zu kommen und Gleitzeit zu haben falls mal was is Zuhause.
Wen man direkt rausjagen kann sind welche, die unbediengt viel WLB wollen, aber in der Firma auch nix leisten wollen.
Benutzeravatar
Toddybaer
Beiträge: 4737
Registriert: Sa 11. Jun 2016, 13:48
Wohnort: Hemmoor

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Toddybaer »

Viele der jetzigen älteren Fachkräfte haben zuhause von Kindesbeinen an aber schon viel gebastelt.
Das sieht heute doch schon ganz anders aus.

Kein Schwarzfahren mehr mit zusammengestückelten Mopeds
Kein Werkunterricht mehr in den Schulen.
Kein Baumhausbauen mehr

Da muss man sich auch nicht wundern, wenn die frischen Azubis nicht in der Lage sind, ein Nagel in ein Bund Stroh zu schlagen.

Selbs das Kinderfernsehen ist weichgespült.
Biene Maja gibs zwar noch aber ganz anders, kein Tot und Drama mehr.

Und warum ist keiner mehr strebsam? Weil ihnen vorgelebt wird, das es egal ist, was man kann oder Leistet, am Ende bekommt jeder das Gleiche!
Genau so erlebt, Fußballturnier, jeder von allen Mannschaften haben den gleichen Plastik Pokal bekommen. Ergo, egal welche Leistung man bringt, am Ende gibs für alle das Gleiche.
Gary
Beiträge: 4903
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 01:02

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Gary »

Einem Bekannten ging es anders, der Sohn hat das Mofa im Speicher gesehen, zum laufen gebracht und der Vater wurde bei der Probefahrt erwischt.

Pauschale Behauptungen sind immer falsch, wenn über Arbeitgeber geschimpft wird, muss nicht jeder zuhören. Aber wie soll man differenzieren - mein börsennotierter Arbeitgeber?

Also Setiherz, du wirst deine Mitarbeiter kennen und zu jedem ein paar gute Eigenschaften wissen. Du kannst von den Fehlern lernen die andere AG machen.
Ist wie beim Stammtisch, der fleißige Albaner der mit am Tisch sitzt ist gar kein Ausländer, war er nur bis man ihn kennengelernt hat. Das Hirn der Menschen funktioniert ganz komisch.
Benutzeravatar
Toddybaer
Beiträge: 4737
Registriert: Sa 11. Jun 2016, 13:48
Wohnort: Hemmoor

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Toddybaer »

Gary hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 20:03 Einem Bekannten ging es anders, der Sohn hat das Mofa im Speicher gesehen, zum laufen gebracht und der Vater wurde bei der Probefahrt erwischt.

......
was hätte dem Sproß geblüht, wenn DER erwischt worden wäre?
vor 20 Jahren maximal eine Standpauke.

Oder zur Probefahrt gar ohne Auspuff durch die Nachbarschaft geknattert wäre...
Benutzeravatar
Raja_Kentut
Beiträge: 1561
Registriert: Mi 14. Aug 2013, 13:11
Wohnort: Veitsbronn-Bernbach

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Raja_Kentut »

mann bin ich froh dass ich offensichtlich in einer Parallelwelt zu den Meisten hier lebe.

Das Berufsanfanfänger erstmal nur alles wissen aber nix können ist nunmal so.
Dem begegne ich (wir haben ein Anfängerprogramm in der 4ma) mit
„Kucken was könnse, fördern durch fordern, Praxiswissentransfer durch erfahrene Kollegen, dahin entwickeln wo‘s am besten für sie passt“.
Fast alle funktionieren dann hinterher ganz ordentlich. Ausnahmen gibts immer.
Das einzige was die jungen Leute wirklich bremst sind die Leute in meiner 4ma die im o.g. Paralleluniversum leben, die gibts bei uns natürlich auch. Also die, die alles schon immer konnten und für die andere einfach doof sind.
Dumm sind die jungen Leute nämlich nicht. Nur anders als die meisten im Kopf alten Knacker.
Ich habe nur einen Wermutstropfen: Seit ca. 4 Jahren habe ich keinen Landsmenschen mehr einstellen können weil einfach keine passenden deutschen Bewerber oder -innen dabei waren. Der Wermut dabei ist allerdings nur die Tatsache das viel Aufwand in die Sprachentwicklung gesteckt werden muss.
Wir haben fast die ganze Welt vertreten : Baden, Ägypten, Bolivien, Kolumbien, Mexiko, Indien, norddeutsches Tiefland, Jordanien, Algerien
Unter anderem deswegen liebe ich übrigens meinen Job! Auch wenn inzwischen sehr viel Grosskonzerngeschmack dabei ist.
Anstatt mich darüber aufzuregen halte ich es wie einer meiner Vorredner : Ist halt so. Wenn die Firma Murksprozesse haben will muss sie auch dafür zahlen.
Ich hab mich mal drüber echauffiert, das hat mich fast krank gemacht. Hab ich zum Glück rechtzeitig gemerkt.
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

setiherz hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 17:51 An Preissteigerung ist der Markt schuld und für Abgaben / Steuern nicht der AG schuld sondern die von uns gewählten Politiker !
Teilweise richtig.
Dass der Wohlstand der jetzt 50-60 Jährigen zum maßgeblichen Teil mit billiger fossiler Energie ohne Rücksicht auf Verluste bezahlt ist, wird gerne ausgeklammert. Dazu hat die aktuelle Generation der 20 Jährigen einfach nicht mehr die Möglichkeit, selbst wenn sie wollte. Da kann kein Politiker was dran drehen. Das ist ein Fakt, halt kein angenehmer.

Gleichzeitig ist es nicht die Pflicht eines Arbeitnehmers, dadurch einen konstant immer schlechter werdenen Lebensstandard in Kauf zu nehmen.
Also guckt er sich um, wo er seine sehr begrenzte Lebenszeit am besten verkauft bekommt - nicht unbedingt da, wo die meiste Kohle winkt, aber dort, wo es das beste Gesamtpaket gibt.
Bietet eine Firma deutlich schlechteres als dieses Gesamtpaket wirds schwierig, gute Leute zu finden. Hier ist es auch nicht die Pflicht der Arbeitnehmer sich mit irgendwas zufrieden zu geben, damit die Arbeitgeber nichts ändern müssen.

Der Umgang seitens Arbeitgeber ist da halt oft ein Problem.
Der Besitzer des größten Freizeitparks hier in der Nähe sagt, er bekommt keine Leute, die seine Achterbahnen bedienen, also "Deppenjobs" ausführen. Er zahlt aber nur nahe Mindestlohn (klar, sind ja einfache Tätigkeiten), bietet quasi keine Karrierechancen und ärgert sich öffentich in der Presse darüber, dass die jungen Leute nur Teilzeit wollen.
Gleichzeitig ist der Kerl Milliadär, der Freizeitpark macht knapp 10 Millionen Gewinn pro Jahr.
Um das Vermögen von ihm zu erarbeiten müsste ein gewöhnlicher Arbeitnehmer 2 Millionen netto pro Monat sein ganzes Leben Arbeitsleben lang verdienen.
Sind hier wirklich die jungen Leute mit ihrem Wunsch nach Teilzeit das Problem, dass der gute Mann keine Mitarbeiter findet? Na ich weiß ja nicht.
manuel
Beiträge: 770
Registriert: Fr 7. Feb 2014, 00:14

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von manuel »

Man merkt, die Realität in verschiedenen Betrieben ist sehr unterschiedlich, und einige hier haben offensichtlich nur einen Bruchteil davon erlebt, aber glauben nicht das es Alternativen gäbe? Das wiederum denke ich ist eine gute Nachricht, vor allem für die die nicht zufrieden sind, weil offensichtlich nicht überall ist es schlimm. Es zu finden ist natürlich auch eine Herausforderung.

Vielleicht ein Tipp, um Betriebe kennen zu lernen gibt es auf Messen oft Gelegenheit mit MA von Firmen zu reden. Manchmal sogar direkt mit technischen Leuten.

Die Sache mit den Titeln, dort wo nach Tarif gezahlt wird spielt es eine Rolle. Da kann der Unterschied Diplom Uni oder FH schon nicht ohne sein. Dort wo das Gehalt verhandelt wird denke ich ist es nur im Bewerbungsprozess relevant, und irgendwann zählt ein gutes Arbeitszeugnis mehr als der Ausbildungswisch.

Das negative fällt auf, auch die doofen Chefs. Manche Chefs wollen schlicht nicht war haben was ihre Aufgabe ist. Da würde ich raten, nichts wie weg. Aber mal abgesehen von solchen extrem Fällen, man sollte immer auch die andere Seite sehen, der Chef muss dafür sorgen das es den MA gut gehen kann, die MA sich entwickeln können , was leisten können, die Aufgaben so steuern das mit der erbrachten Leistung die Gehälter gezahlt werden können und und und. Im blödstein Fall muss er noch "nebenbei" Akquise, Produktentwicklung und Vertrieb machen.
Bevor man über den Chef lästert, es bringt ja nichts Spaß auf Arbeit und dann macht der Laden zu. Ein Gewerbe gründen und am laufen halten: Hut ab wer das selbst und ständig macht.
Ich habe als Gruppenleiter oft Gespräche mit meinem Team, der eine will dies und das machen, schöne Sachen, und oft muss ich leider erklären, das wir dafür leider niemanden eine Rechnung schreiben können, und unsere Leistungsfähigkeit sich dadurch auch nicht verdoppelt. Sehr selten kommt dann Wiederspruch. Aber ich muss es schlüssig erklären können. Wenn ich sehe das jemand ein bestimmtes Thema gerne macht, dann mache ich auch schon mal deals mit anderen Abteilungen das man Aufgaben tauscht. Geht aber nicht oft weil in meinem Umfeld leider viele teams sehr zugeknöpft sind. Erfolgspotentialgeizig.
Wenn ich den MA sag, schau her, so schauts aus, das ist die Lage, mit dies und jenes hoffen wir möglichst viel Kohle zu machen, und das klappt wahrscheinlich aus Gründen in der Qualität und Zeit, dann kommt selten Widerspruch.

Der Faden geht a weng arg ins Arbeitsumfeld, Arbeitsalltag und Arbeitsatmosphäre aber es hat schon auch mit dem technischem Arbeitsmarkt zu tun. Wollen wir das irgendwie trennen oder so lassen?
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

Die Realitätsunterschiede sind extrem krass.
Ich hatte in meinem bisherigen, im Vergleich zu vielen Anderen hier noch gar nicht so langen (Berufs)Leben längere Einblicke in 5 Firmen, kurze Einblicke in noch 2 weitere.

Da war alles dabei, vom 5 Mann Betrieb über den Mittelständler mit 60 Mitarbeiten weiter zum deutschen Familienbetrieb mit 1500 Kollegen bis hin zu zwei großen amerikanischen Konzernen.

Als absolut beeindruckendes Positivbeispiel:
Der 60 Mann Betrieb hat inzwischen eine Kantine mit eigenem Koch, in der alle Mitarbeiter kostenlos essen. Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice usw sind da Selbstverständlichkeiten. War ein Kollege aus der Produktion in finanziellen Schwierigkeiten weil die Frau ihren Job verloren hat wurde kurzerhand innerhalb eines Tages übergangsweise eine Stelle für die Frau geschaffen. Kurz vor Corona hat der Inhaber und Geschäftsführer den Laden zwei Wochen dicht gemacht und ist mit allen auf die Malediven geflogen. Ein Kollege hatte vor einigen Jahren einen schweren Unfall im Urlaub, sein Chef hat unaufgefordert auf Firmenkosten einen Flieger organisiert und den Kerl heimgeflogen.
Die haben die Anzahl ihrer Mitarbeiter trotz "Fachkräftemangel" in den letzten 8 Jahren fast verdoppelt, Gebäude angebaut und seltenst offene Stellen ausgeschrieben.
Dafür war die Arbeit dort oftmals hart und anspruchsvoll, da wurde richtig was von den Mitarbeitern verlangt. Und die haben geliefert. Das Gesamtpaket stimmte.

Und im deutschen Familienbetrieb lässt sich der Büroleiter von seinen 12 Leuten im Büro siezen, das Gehalt eher am unteren Ende angesiedelt, Flexibilität war in allen Punkten sehr schwierig und in meinen paar Jahren dort wurden einige Benefits ersatzlos gestrichen, obwohl die Firma Jahr für Jahr gute Gewinne eingefahren hat. Noch dazu ist in der Zeit der Wasserkopf an Verwaltung massiv angestiegen, Leute die plötzlich Daten sammeln und verkaufen wollten obwohl das mit dem Geschäftsmodell der Firma null zu tun hatte. Irgendwelche Dinge in einem konservativen Umfeld als Monatsabos anbieten hatte sich auch einer dieser Leute ausgedacht, wurde überraschenderweise eingestampft. Geld für solche Sachen zu verbrennen war also kein Thema.
Hier wird übrigens laufend händeringend Fachpersonal gesucht.

Ich denke schon, dass die Fälle durchaus Beispielcharakter haben.
Sicher kann nicht jede Firme beliebig hohe Gehälter zahlen und mit tausend Benefits winken.
Aber so hart es klingt, ein Geschäftsmodell, was nur aufgeht, wenn im Durchschnitt das Gesamtpaket zu schlecht für die typische Fachkraft ist, ist leider nicht zukunftsfähig.
In vielen Fällen wäre aber durchaus Luft um sich attraktiver für Bewerber zu machen, aber es gibt interne Dinge, die das verhindern. Seien es die hohen Kosten von verschlankbarem mittleren Management, starre Prozesse, der Stolz des Inhabers - die Gründe sind sicherlich vielfälltig.

Unterm Strich:
Niemand von uns ändert so schnell was an der Situation, viele Fachleute gehen in Rente, wenige kommen nach. Kaum einer bleibt ein Leben lang in der selben Firma, die Hemmschwelle zum Jobwechsel sinkt. Themen werden Komplexer, Einarbeitung und Ausbildung wird immer aufwendiger.
Arbeitnehmer werden ihre Anforderungen bei den aktuellen Lebenshaltungskosten nicht aus Mitleid an kleinen und mittleren Unternehmen runterschrauben.
Fazit:
Will ein Arbeitgeber gute Leute auf diesem Arbeitsmarkt für sich gewinnen und dauerhaft halten, muss er sich was einfallen lassen und auf die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer eingehen. Da führt einfach kein Weg dran vorbei.

Aber wie gesagt, das ist alles nichts Neues, nur eben andersrum. Vor ein paar Jahrezehnten bekam man noch eingetrichtert, dass man sich was für den Bewerbungsprozess einfallen lassen muss um aus der Masse hervorzustehen. Dass man sich im Job besonders anstrengen muss um nicht der erste Kopf zu sein, der rollt. Dass man den cholerischen Chef zu ertragen hat weil der Job doch besser ist als keinen Job zu haben. Es ist sehr vergleichbar, nur mit vertauschten Rollen.
Benutzeravatar
ProgBernie
Beiträge: 593
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 21:59
Wohnort: Zwischen Hamburg und Haiti ^W Lübeck

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von ProgBernie »

Toddybaer hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 20:10
Gary hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 20:03 Einem Bekannten ging es anders, der Sohn hat das Mofa im Speicher gesehen, zum laufen gebracht und der Vater wurde bei der Probefahrt erwischt.

......
was hätte dem Sproß geblüht, wenn DER erwischt worden wäre?
vor 20 Jahren maximal eine Standpauke.

Oder zur Probefahrt gar ohne Auspuff durch die Nachbarschaft geknattert wäre...
War damals auch schon nicht ohne. Einen Bekannten hat das Schnittlauch beim schwarz Moped fahren vor der Haustür rausgezogen. Zwei Tage vor seinem 16. Geburtstag an dem er dann regelgerecht herumknattern hätte können, Prüfung hatte er schon abgelegt. War unschön für ihn... Muß '78 gewesen sein.
Benutzeravatar
Geoschreiner
Beiträge: 696
Registriert: So 17. Jan 2016, 17:19
Wohnort: Bayerisch - Schwaben

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Geoschreiner »

Moin,

man sieht an der Beteiligung hier, dass das Thema viele beschäftigt. Ein paar Erfahrungen von mir dazu, auch wenn ich hier auch nicht zu den älteren gehören dürfte..

Handwerk: Das hat sich, im Ganzen betrachtet, sich sein Grab in den letzten Jahrzehnten fleißig selbst geschaufelt. Angefangen vom meines Erachtens komplett überholten Meister- und Kammerzwang über schlechte Bezahlung und meist schlechten Arbeitsbedingungen, extrem wenig Freiheiten bis hin zu von Vorgesetzten vorgeschriebenem Murks, meist wenig attraktiven Arbeitszeiten, häufig unfähigen und/oder gierigen Chefs bis hin zur häufigen kompletten Entwertung des Berufsbilds in Richtung stumpfer "Montage vorgefertigter Industrieteile" gibt es wenig Punkte, die im Durchschnitt noch dafür sprechen. Dazu kommt ein schlechter Ruf und eine als gering empfundene Wertigkeit. Es gibt sicherlich wenige Betriebe, die da Ausnahmen darstellen, aber in der Masse wundert mich da nichts. Manche der Problempunkte wäre leicht zu ändern (Arbeitszeiten, z.T. Arbeitsmittel/Werkzeuge) und manche Betriebe kapieren das auch einigen Stellenanzeigen nach so langsam, aber es gibt genügend Betonköpfe, die das nicht so sehen. Ich kann der Generation, die heute im Ausbildungsalter ist, eigentlich nur gratulieren, dass sie es endlich kapiert hat, sich nicht als billige Hifskraft ausnutzen zu lassen. Gute Betriebe mit entsprechendem Ruf haben häufig wenig Probleme bei der Besetzung offener Stellen. Und bei vielen anderen wäre es kein Verlust, wenn sie schließen. Das mag gehässig klingen, aber eine Marktbereinigung wäre gut. Und, wie schon angedeutet: Aus meiner Sicht gehören die Kammern komplett auf den Prüfstand und die Handwerksausbildung radikal umgebaut.

Ich habe selbst eine aus guten Gründen abgebrochene Lehre im Handwerk hinter mir und bin über ein verzweigtes Studium und Tätigkeiten in Ingenieurbüros wieder bei etwas Handwerknahem gelandet - aber auf eigenen Füßen. Deshalb kenne ich die verschiedenen Welten einigermaßen - nur größere AG in der freien Wirtschaft kenne ich nur aus Erzählungen. Nach allem, das ich aus der Ecke weiß, wäre ich da auch fehl am Platz.
Was übrigens eines der Ing.-Büros betrifft: Dort war ich nicht sehr lange angestellt, bis ich das wieder an den Nagel gehängt habe. Dort hat nichts gepasst - Stellenbeschreibung, zugesagte Tätigkeiten, Arbeitsmittel (Soft/Hardware, Büroeinrichtung), Bezahlung. Nach einiger Zeit hat man dann mitbekommen, dass die Fluktuation sehr hoch ist und vieles in einer Art und Weise abläuft, die nicht tragbar ist. Über die Zeit dort könnte ich vermutlich einen Blog schreiben und viele würden das für überzogen oder Fiktion halten.

Die Modularisierung der Studiengänge habe ich recht direkt mitbekommen; damals wurden die meisten Akademiker, die das für einen falschen Weg hielten, von Stimmen aus der Wirtschaft als weltfremd belächelt, weil sie die Realität außerhalb ihres Elfenbeinturms nicht kennen würden. Damit dürften selbige Stimmen meist falsch gelegen haben und das Gejammere über Bachelor-Absolventen, die unreif und nach drei Regeljahren Turbo-Schul-Studium nicht in Firmen einsetzbar sind, kann ich nicht mehr hören. Wer hätte das ahnen können. Ein ehemaliger Chef von mir, den ich durchaus schätze, hat alleine im Rahmen seiner Diplomarbeit ein paar Jahre geforscht. All diese Erfahrungen fehlen den B.x.-Absolventen und als Master sieht es teils nicht besser aus, weil das manchmal nur zwei weitere Jahre begleitetes Denken sind. Selbstständig zu arbeiten und kritisch zu denken spielt da eine viel zu geringe Rolle.

Unternehmen, die Akademiker suchen, suchen teils immer noch die Absolventen mit fünf Jahren Berufserfahrung, die es nur in den seltensten Fällen (Betrieb zu Hause, Nebenjob) gibt. Die anderen müssen eben angelernt werden und können nicht wie ein Normzahnrad getauscht werden, auch wenn das die Personaler mit ihrem unsinnigen Fokus auf Abschlüsse gerne so hätten. Ich weiß, auch da gibt es lobenswerte Ausnahmen.

Der Abschlusswahnsinn scheint mir besonders im ÖD ein großes Thema zu sein. Ich kenne aus meinem Freundeskreis Beispiele, bei denen fachlich und persönlich hervorragend geeignete Bewerber, die sich trotz deutlich besserer Verdienstaussichten in der freien Wirtschaft auf eine Stelle im ÖD beworben hatten und Wunschkandidaten waren, dann von der Personalabteilung abgelehnt wurden. Falsches Studium, trotz einschlägiger Berufserfahrung. Und der Studiengang war nicht komplett daneben, sondern nur nicht genau der gesuchte. Die Abteilungen sind chronisch unterbesetzt.

Auch in größeren Firmen wird Personal wohl noch so gesucht. Andere sind da weiter und konzentrieren eher auf Interesse, Erfahrung und Persönlichkeit und haben so eher Chancen darauf, gute Leute zu finden. Sog. Quereinsteiger entpuppen sich dann teils gerade aufgrund ihres anderen Horizonts als wertvolle Mitarbeiter. Und bei entsprechendem Rahmen - ich kenne da ein extremes Beispiel - bewerben sich bereits keine Mitarbeiter, die keinen Bock haben. Besagtes Unternehmen arbeitet sehr wenig hierarchisch und zwar radikal - auch Gehalt und Urlaub müssen in den jeweiligen Team selbst vereinbart werden; Homeoffice gab es da schon, als das Wort noch kaum einer hier kannte. Die Räumlichkeiten sind eher großzügig und hochwertig eingerichtet und es gibt nicht nur Wasser oder Kaffee, sondern deutlich mehr. Der Zwang zu Eigenverantwortung ermöglicht da ganz anderes Arbeiten, aber das ist nicht für jeden geeignet. Und auch nicht jede Branche könnte so arbeiten, aber einige etwas davon lernen.
Die Klagen aus manchen Betrieben, dass so viele Mitarbeiter zu viel Geld wollen würden und dann gleich kündigen, wenn man es ihnen nicht Recht mache, sollten auch mit Vorsicht genossen werden. Besonders, wenn der gleiche Laden Leute mit weniger Erfahrung neu einstellt, die dafür satt mehr Gehalt bekommen, als langjährige Mitarbeiter. Wenn Treue und Qualität der Arbeit nicht belohnt werden, dann fällt das irgendwann auf und zieht Konsequenzen nach sich.

Um aus dem ganzen Text ein paar Sachen zu kondensieren - bzw. was aus meiner Sicht wichtig ist:
- Wertschätzender, respektvoller, ehrlicher Umgang mit klarer Kommunikation
- Schaffung einer möglichst guten Arbeitsumgebung - das reicht je nach Beruf von angemessenem Werkzeug und ebensolchen Transportmöglichkeiten über vernünftige IT bis hin zu ausreichend Toiletten und einer angenehmen Gestaltung des Umfelds
- Personalauswahl nicht stumpf nach Ausbildung/Studium/etc.
- Ehrliche Beschreibung der Tätigkeiten und des Tagesgeschäfts beim Bewerbungsgespräch
- Klare Kommunikation der Perspektiven
- Entgegenkommen, wo möglich und sinnvoll
- Wertschätzung für Engagement und gute Arbeit und gleichzeitig wenig Toleranz für Schmarotzer, die sich nur auf Kollegen ausruhen

IPv6 hats eigentlich recht gut auf den Punkt gebracht. Das Gesamtpaket muss passen. Und da sollte jeder Arbeitgeber in seinem Unternehmen versuchen herauszufinden, welche die Bereiche sind, mit denen er punkten kann - und das muss er dann auch so kommunizieren. In einem gewissem Rahmen lassen sich so auch negative Faktoren niedrigere Gehälter oder unflexible Arbeitszeiten kompensieren.

Im Übrigens: Natürlich gibt es auch eine Reihe von Menschen, die schlicht faul sind und sowohl als Kollege als auch als Mitarbeiter kaum erträglich sind. Auch in diesen Fällen ist es wenig verwunderlich, wenn es nicht gerade Arbeitsstellen hagelt.

Übrigens ein interessantes Thema, ich lese die Erfahrungsberichte gerne.
IPv6
Beiträge: 2213
Registriert: Fr 17. Mär 2017, 22:05

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von IPv6 »

Geoschreiner hat geschrieben: Do 23. Nov 2023, 22:51 Im Übrigens: Natürlich gibt es auch eine Reihe von Menschen, die schlicht faul sind und sowohl als Kollege als auch als Mitarbeiter kaum erträglich sind.
Für mich sind die faulen Arbeitnehmer, die knapp das Mindestmaß arbeiten, sich durchfüttern lassen und dabei menschlich auch noch problematisch sind, in gewisser Weise das Äquivalent zum unfähigen, ausbeuterischen und cholerischen Chef.
Vor ein paar Jahrzehnten mussten solche Chefs fast ausgehalten werden, weil besser so ein Job als gar keiner.
Aktuell muss ein Arbeitgeber möglicherweise auch einen solchen Mitarbeiter dulden, weil besser jemand der ein bisschen was arbeitet, als die Stelle gänzlich unbesetzt zu haben.
Beides großer Mist, keine Frage.
Aber auch hier nichts Neues, nur umgedreht - früher konnten es sich mehr Chefs erlauben großkotzige Arschlöcher zu sein und aktuell können es sich mehr Arbeitnehmer erlauben, den faulen Hund raushängen zu lassen
Matt
Beiträge: 6094
Registriert: So 24. Aug 2014, 21:22

Re: Arbeitsmarkt Faden

Beitrag von Matt »

Ich habe bis letzte Jahr eine Arschloch "ohne Auto" als Führungskraft.

Erst nachdem ich starke Suzidgedanke habe und schlechste4ever Betriebsrat hat abgewimmelt. Da hat Produktionsleiter und ihre Stellvertreter "grumpy cat" Wind davon mitbekommt und mit Ausrede eingegriffen: Versetzung aufgrund zu geringe Auslastung bei Arschloch und Mehrbedarf bei andere Abteilung. Das war offizielle Grund für Versetzung.
Irgendwann Interne Papier bekommen, den soll ich wegen Versetzung untergeschrieben, ich habe nach Kuli in Brusttasche von Tshirt gewühlt. Produktionsleiter frag: wirklich jetzt sofort unterschreiben? Ich: Ja, ich will, endlich "Stinkefinger" weg!

Danach geht mir besser, zwar deutlichst und bekam auch Wind mit, dass in andere Abteilung 3 Leute wegen Lärm durch automatische Kleinteileregal wegläuft.
Das Lärm ist mir egal, aus bekannte Gründe. :lol: In dieser Zeit mache ich Wareneingangsprüfung (wer das kennt, weiß wie es sehr langweilig ist )

Ich hab innere Arschlochmodus eingeschaltet und Personaler gesagt: ich kann dieser Arbeit tuen, nur mit Gehaltsprung, ansonst muß ich mich langfristig neu ausrichten (Ich habe meine Ruhe vor Arschloch und trotzdem ist Job langweilig und wollen nicht ewig ausüben). Gleichzeitig habe ich auch klargestellt , dass ich meine Arbeitsgeber nie verziehen werde (, aufgrund jahrzehntlange Untätigkeit gegen Arschloch als Führungskraft.)

Meine Angebot wurde abgelehnt (klassische Telefon-Ausrede) und ich war da sehr deutlich, was ich davon halte.
Keine 1 Monat später wurde es zurückgerudert und bietet mir an. Ich habe nach kurze Überlegung (Bedenken gegenüber urbayerische Prozessplaner/meine höhere Tier) zugesagt.
Bedenken ist schnell aufgelöst, weil Arschloch "ohne Auto" übliche Baron Münchhausen-Geschichte über meine aktuelle höhere Tier erzählt. Dieser urbayerische Typ ist toll.

Seitdem übe ich meine Job in unterste Stufe von Qualitätsmagament aus.
Das ist soweit..


________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Aufgrund Arschloch "ohne Auto" und Untätigkeit von Arbeitsgeber bei dieser Fall wollte ich Frima verlassen.
Ich will über meine Position in Arbeitsmarkt reden: Ich habe quasi keine Chance auf Arbeitsmarkt. Sehr sehr viele Frima sortiere mich aus, sobald Behinderung erwähnt wird.
Höchest Staat bzw Stadt Erlangen lädt mir neben eine Frima (der mit Brutschrank ) zu Vorstellungsgespräche ein und sagt mir aufgrund Gehörlosigkeit ab..
Das Quote ist für über 100 Bewerbung verdammt schlecht. EDIT nachgeguckt: 150 Bewerbung.

Dazu hatte ich auch meine Profil beim xing angelegt, um irgendwelcher Chance zu ergattern. Selbstverständlich rede ich offen über meine Gehörlosigkeit.
Aber was viele "Headhunter" da treibt, bringt mich regelmäßig zum Palmen rausreissen.

Ich habe bei eine Vitnamesin völlig richtig eskaliert lassen, als die mich anschreibt und Telefonnummer da gelassen hat.
Ich habe ihn gesagt: Wenn man aufmerksam lies, dann hätte man mich nicht Telefonnummer gegeben. Das ist Gegenteil von Wertschätzung. Ich bitte dich ab, mich weiter zu belästigen.
Schon kam von ihn schleimige Gesülze. Dummerweise hat Matt sehr schlechte Tag und beschimpft ihn auf übelst. Ihre Kollege hat übergenohmen und hat bei mir entschuldigen. Auch er wurde beschimpft mit Aussage: Ich bitte dich ab, mich weiter zu belästigen. Warum..

Telsa-Headhunter wird mit Aussage abgewimmelt: Ami-Firmenkultur ist nix für mich. Sucht woanders Sklaven...übrigends, ich bin gehörlos, das ist auch in Profil zu sehen.
Siemens Headhunter wird wegen Tel Nummer beschimpft: Wenn man aufmerksam lies, hätte man mich nicht Telefonnummer geben sollen. SIemens ist Bürokratiemonster, unattraktiv für mich.
Vermittler wird mit Aussage abgewiesen: Ach *meine Arbeitsgeber*? Kein Interesse. (Da war ich trotz Telefonnummer in Nachrichten ruhig geblieben)

Ich kann sagen, dass 95% Headhunter beim Xing nicht lesen können. Bei letzte Headhunter mit Massenanfrage brannte Sicherung durch und schleudert meine besondere Freude entgegend.: Jetzt habe ich Grund für löschen von XING Account. Keiner lies meine Profile. Reine Zeitverschwendung.

Über ca 1 Jahr habe ich keine XING Account und habe auch keine Bewerbung geschrieben (1.5 Jahre) aufgrund Resignation.
Zuletzt geändert von Matt am Sa 25. Nov 2023, 06:11, insgesamt 5-mal geändert.
Antworten