Thermomix TM3300 Motorsteuerung

[Ollie Garch]

Das "Projekt" (sagen wir lieber mal "der Patient") liegt schon einige Zeit auf dem OP-Tisch und hält mich von anderen Sachen ab: TM3000, ca. 20 Jahre alt.
Symptom: die Drehzahlsteuerung ist ohne Funktion. Der Motor dreht nur noch auf Stufe 12.

TL;DR: in Stufe 12 wird der Triac [Edit: ist ein Thyristor] im Phasenanschnitt-Block überbrückt. Irgendwo da herum ist was kaputt.

Also: kicad installiert, youtube nach Tutorials abgegrast. Stichwort: reverse engineering. Das führte zu "The Ultimate Guide To Reverse Engineering A PCB To A Schematic with FREE Software" von "Learn Electronics Repair":
Teil 1: https://youtu.be/watch?v=q1sHgBcOdXo
Teil 2: https://youtu.be/watch?v=PtCrzeri3xY
Sie arbeiten viel mit Labels, die aber für kicad nur schmückendes Beiwerk sind. Jetzt sind sie halt drin. Auf der Platine sind nicht alle Bauteile benamst. Gedoppelte Bauteilnamen sind von mir: CC1, RR1 etc.; die anderen sind vom Aufdruck.

Platine ausgebaut, mit viel Licht von hinten fotografiert, in kicad hinterlegt, Schaltung gezeichnet. Massenweise Fehler behoben (es sind gewiss noch einige drin).

aus der kicadschen 'pcb'-Datei

Mit dem Ergebnis (Komplettbild als PDF im Anhang)

Alle Elkos und den Folienkondensator ohne Fehler gemessen, wurden aber trotzdem ersetzt. Die beiden Dioden 1N4007 auch.

Erster Defekt: RR7 (39k) ist hooochohmig --> getauscht.

Zusammen gebaut, geht nicht.

Triac getauscht (das weite Netz verweist auf BTA12-600 BW: 12 Ampere, snubberless)

Den Original-Triac S0425MH gemessen - scheint aber OK zu sein! Der Universaltester hilft dabei nicht, der fährt mit zu wenig Spannung. Mit 15 V aus dem Labornetzteil löst er mit ca 50 mA im Gate aus. Der BTA12 im gleichen Aufbau schaltet schon bei 10 mA. Der sollte höhere Drehzahlen liefern und früher am Anschlag sein (da kann man später dran gehen).

Das Problem dabei: ich bin Kleinstromer und eher Theoretiker. Der Gerrät wird nur im Bad am Netz betrieben (da gibts nen RCD und Luftabzug und die Wände sind schneller geputzt, wenn was hoch geht). Auf dem Basteltisch geht's nur mit Labornetzteil (DC) und einem Spielzeugtrafo mit 9 V AC-Ausgang. Das ist aber nur begrenzt hilfreich, mit dem Spannungsteiler aus 39kOhm und CCP4 bleibt nicht mehr viel, um die Dioden auszusteuern. Immerhin kann ich Haarrisse ausschließen.

Fun fact: S0425MH hat am Gehäuse (Kühlfahne) A2-Potenzial -> das Alu-Kühlblech ist "heiß". Der BTA12 hat das nicht.

Sachstand: nach wie vor ist der Zustand "geht nicht", mit Original- und Austausch-Triac.

Fragen:
Elko CCP4 ist bis 100 V belastbar. Sollte der nicht 'fester' sein?
Kann es sein, dass der Triac nur in einer Halbwelle auf geht?
Wird der Elko CCP5 in der negativen Halbwelle falsch herum betrieben?
Was kann denn da noch kaputt sein?

O.G. alias Harald

[ferdimh]

Die Büchse arbeitet nur bei der positiven Halbwelle vom Stromnetz, der Triac könnte auch ein Thyristor sein. Die Originalbezeichnung deutet auch auf Thyristor hin. Die dort verbauten Dioden trennen die ganze Schaltung bei der negativen Halbwelle vom Netz.
(S=SCR, 04=4A, 25="spezial" M=600V H=TO-220).
Diese Schaltung kann über den 39kOhm Widerstand ein theoretisches Maximum von 320V (Spitzenspannung vom Netz)/39kOhm=8,2mA ins Gate treiben.
Ein 10mA-Triac wird hier niemals zünden.
In diese Schaltung gehört ein "sensitive gate"-Thyristor, z.B. ein TIC106M. Die Existenz von RR9 ist ein weiterer Hinweis darauf: Ein solcher Widerstand ist in "nicht sensitive" Typen bereits eingebaut und stellt die Empfindlichkeit ein.

Wenn der Originalthyristor erst bei 50mA zündet, ist er ziemlich sicher tot.

Der Elko CCP4 (CCCP?) wird nur auf Unetz/Spannungsteiler 39k/(5k+2k2) geladen. Das ist in jedem Fall <100V.

Diese Schaltung realisiert übrigens auch eine Drehzahlregelung des Motors. Bonuspunkte gibts dafür, auszuknobeln, wie das funktioniert (Wer schummeln will, findet die Erläuterung bereits in diesem Forum).

[Finger]

Mich dünkt, das RR7 von seiner Belastbarkeit her zu klein gewählt ist. Kann das sein? Bei dem sich einstellenden Strom hätte ich hier einen 1/2W-Typen erwartet. Ist dem so?

[Bastelbruder]

Wenn der Widerstand abgefackelt ist, was ist dann mit dem 5k-Poti?

[Ollie Garch]

Oha! Wenn der Triac, ääh, Thyristor noch so'n bisschen tut, kann ich als fortgeschrittener Dilettant lange suchen. Wäre besser gewesen, wenn er sich deutlich sichtbar zerlegt hätte

RR7 ist schon für 1/2 W gut (hier das Original, der Ersatz ist im gleichen Kaliber). Der Platz da unter dem dicken RR10 könnte aber ziemlich kuschelig warm sein. Die linke Seite der Platine zeigt im Gerät nach oben, d.h. die Warmluft muss unter RR10 hindurch abströmen.
(

Das 5k-Poti hat 5k über die ganze Bahn, und gibt ~lineare Zwischenwerte ab. Da ist keine Beschriftung drauf.

Und ... mit den Bezeichnungen hab ich nen Dreher drin: die gedoppelten Bezeichner sind die von der Platine. Bei "Annotate" bin ich ins Stolpern gekommen.

[Ollie Garch]

Es hat jetzt ein Weilchen gedauert, bis genug Zeug für Teilebestellungen zusammengekommen war.


TIC106M ausgepackt, eingelötet, ---> GEHT!


Ein fettes Dankeschön an alle Helfer!