Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Der chaotische Hauptfaden

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Propeller
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Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Propeller »

Wie von Gobi >hier< angeregt, möchte ich bei der Gelegenheit hier einen Thread aufmachen, in dem es darum gehen soll, mehr über Röhrenverstärker zu lernen und Schaltungen planvoll an die physikalischen und geschmacklichen Grenzen zu treiben. :D
Ich fange mal mit meinem Harley Benton GA-5, einem billigen Chinaverstärker mit je einer ECC83 (12AX7) und einer EL-84 an:
Original war die Schaltung samt Netzteil auf einer Platine. Die "Klangregelung", bei der alles bis auf den Höhenregler aus Festwiderständen bestand, war auf einer kleinen Extraplatine, welche per Stecker mit der Hauptplatine verbunden war. Die Verzerrung war erbärmlich:

Bild

Als erste Amtshandlung habe ich dann den mickrigen Lautsprecher durch was Ordentliches ersetzt und statt des winzigen Übertragers einen größeren von Hammond verbaut. Das Ergebnis war dann quasi ein HiFi- Verstärker, da das Ding dann überhaupt nicht mehr gezerrt hat. :lol: Diverse Experimente mit veränderten Bauteilwerten, zum Teil nach Empfehlungen aus der weltweiten Datenmüllhalde verliefen unbefriedigend. Irgendwie schien der Gain zu fehlen und im Nachhinein nehme ich an, daß der leistungsfähigere Übertrager auch eine Rolle spielt, da das winzige Original vermutlich in die Sättigung geschickt wurde.
Im Internet geistern viele Schaltungen für einfache Verstärker herum, so daß ich mich für den Nachbau einer simplen Variante entschied.
Auf die Klangregelung habe ich vollständig verzichtet, da ich vermute, daß sie Gain frißt und statt dessen den dazugehörigen Poti als Gainregler umgewidmet:

Bild

Bild

Das Ergebnis brummte wie Sau, so daß ich die mir hier an anderer Stelle empfohlene Entbrummung per 100 Ohm- Poti nachrüstete, die durchschlagenden Erfolg brachte.
Aber hier erstmal der Schaltplan, dessen Zeichnung mir in einem anderen Forum freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde. Die handschriftlichen Ergänzungen sind von mir.

Bild

Zunächst konnte man beide Regler nur bis zur Hälfte aufdrehen, bis die Schaltung mit einem Quietschen verstummte. Mit Erhöhung von R11 verbesserte sich das Ganze schon. Noch besser wurde es, nachdem ich den 100k- Widerstand zwischen den Schleifer von R9 und Masse gesetzt habe. Mir ist allerdings nicht so richtig klar, wieso ein so hoher Widerstand so eine deutliche Auswirkung hat. Anschließend blieb nur das Problem, daß ab der 3/4- Position des Gainreglers plötzlich der normale Ton weg war, aber ein fast unhörbar hoher Ton entstand, der recht laut gewesen sein muß, da man ihn hauptsächlich als Druck im Kopf wahrnahm. Ich vermutete, daß da was hochfrequent schwingt und habe einfach mal 1nF dazugelötet. Damit war das Problem schlagartig behoben.
Als Übertrager habe ich dann wieder das originale Chinesenteil verbaut, weil ich den Hammond für das nächste Projekt brauche.
Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Die Verzerrung setzt bei ca. der Mittelposition beider Potis recht sanft ein und klingt bei "alles auf Anschlag" so richtig schön rotzig.

Ich bin nun mal neugierig, was Ihr dazu sagt und ob ich irgendwelche groben Fehler gemacht habe.
Als Anfänger vermute ich mal, daß hier die Endstufe (EL844) zerrt und ich über R11 im Wesentlichen bestimme, wie sehr, oder?

Beste Grüße
Peter
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Zur Verzerrung schreibe ich was, wenn ich zuhause bin (und eine Röhre im Testchassis stecken habe).
Aber zum Aufbau:
Wenn du lange Leitungen zu den Gittern hast, müssen die geschirmt werden (Zur Not reicht es, eine auf Masse gelegten Draht drumzuwickeln).
Die sind sehr empfindlich gegen Brumm und gegen wilde Verkopplungen (z.B. von der langen Leitung zum Ausgangsübertrager auf ein Gitter). Da reichen Kapazitäten im Femtofaradbereich aus, um aus dem Ding einen Oszillator zu machen.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Die 12AX7 ist wohl identisch mit ECC83?
Das ist ein guter Anfang, ich werde die Schaltung mal nachlöten, dann kann man geimschaftlich dran arbeiten. Die Tage kommt auch ein brauchbares Oszi ins Haus, damit ich nicht nur hören sondern auch sehen kann.


Mein persönlicher Ansatz wäre wirklich, das mal praktisch nachzuvollziehen, was Raik hier zum Thema (Fehl) Anpassung und daraus resultierenden Verzerrungen schreibt: (Mitte) http://findeforum.de/raik/Stone/funktion.html

Im Groben habe ich es gefressen, scheitere aber schon theoretisch daran, wie ich die Schaltung so auslege, das ich in einen möglichst fehlangepassten Bereich komme. (Sorry Raik, ich bin immer noch schwer von Begriff - hoffe das bessert sich, wenn ich den Kram in dieHand nehme)
Zuletzt geändert von Gobi am Mo 30. Jan 2017, 09:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Roehricht
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Roehricht »

Hallo,
Wenn du lange Leitungen zu den Gittern hast, müssen die geschirmt werden (Zur Not reicht es, eine auf Masse gelegten Draht drumzuwickeln).
Wo immer es geht vermeide ich abgeschirmte Drähte. Meist reicht es wenn sie dicht am Chassis geführt werden. Wenn der Amp schwingt helfen UKW Schutzwiderstände direkt am Gitter.

Gezielte Fehlanpassungen zwischen LS und Endstufe werden häufig bei Gittarrenamps zur "Soundeinstellung" benutzt. Ebenso zu kleine AÜs.

73
Wolfgang
Matt
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Matt »

12AX7 ist ECC83,

Hab in Bestände geguckt, hab deutlich zu viel ECC83, wenn so weitergeht, hab ich es mehr als 88er..ich kann ja abgeben, aber nur tauschen mit 88er.

Grüss
Matt
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Matt: der Ebayhändler ua-sale vertickt ECC88-Klone im 100er Pack, falls du welche brauchst...

Die Erklärungen aus dem "Findeforum" erscheinen mir auf den ersten Blick halbwegs brauchbar, spart aber ein m.E. wichtiges Detail aus (Nämlich, dass der schön berechnete Arbeitspunkt der Kiste vorne und hinten nicht mehr stimmt, wenn man das Ding übersteuert, weil die Röhre Gitterstrom zieht).
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Obelix77
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Obelix77 »

Hi!

Ich würde das Masterpoti R10 noch irgendwie mit nem großen
R am Schleifer (evtl. noch ein Zwischenkondi) gegen Masse blocken.
Die Potis kratzen irgendwann, und dann hängt das Gitter in der Luft,
und die Röhre gibt Vollgas. Ist suboptimal. OK, ist KlasseA , ja - ich weiss.
Aber hier würd ich das halt von "anfang an" richrtig machen ;-)

C2 bietet deutlichen Spielraum für den Sound.
Im "Clean" Bereich wird sich hier ein größerer Kondi durchaus
bemerkbar machen, das kling dann "Voller, erdiger".
Bei Verzerrung will man selbigen möglichst klein haben,
da die Bässe bei der Verzerrung eher stören.
Jedenfalls wenn man den "klassischen" Rock/Blues Sound anstrebt.
Nicht umsonst werden die bei Mehrkanalamps gerne umgeschaltet....

Für harte Sachen wie "The Ramming Stones" sieht das dann wider anders aus.
Aber das ist mit so nem einfachen Dingens eh nicht zumachen.
Hierfür kann man sich mal die "Rectifier" Schaltpläne von Boogie saugen ;-)

Ebenfalls Spielraum für deutliche Soundänderungen würde eine
Gegenkopplung bieten. Das "klaut" zwar erstmal Gain, aber es macht
den Amp deutlich linearer. Sprich, der billigst AÜ klingt im Clean Bereich
auch nach was. Hier ist ein breites Experimentierfeld offen ;-)

Lg,
Dirk

PS: Wie sieht denn das Netzteil aus? Den 100Ohm Symetrier Poti haste
ja schon erwähnt. Evtl ne fette Drossel in Serie zu den kleineren Spannungen schalten.
Das hat schon manchmal Wunder gewirkt!
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Propeller
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Propeller »

Danke!
Was ist denn ein großer R? 1..2M?
Der Schaltplan des Netzteiles hängt an meiner Werkstattpinwand.
Ich scanne ihn morgen mal ein.

@Roehricht: Was spricht denn gegen abgeschirmte Drähte? Eigentlich hatte ich vor, für mein nächstes Projekt dünnes Koaxkabel für die empfindlichen Teile zu kaufen.
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Spike
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Spike »

Obelix77 hat geschrieben: Ebenfalls Spielraum für deutliche Soundänderungen würde eine
Gegenkopplung bieten. Das "klaut" zwar erstmal Gain, aber es macht
den Amp deutlich linearer.
Das fiel mir bei der Betrachtung der handschriftlichen Änderungen auf: Die 100k/1n Kombination am Gitter der EC(C)83 ist doch nur sinnvoll, wenn das an der nicht gegroundeten Strippe des AÜs liegt oder? Ich bastle auch immer ein wenig herum und war verwirrt. Ist bei mir quasi Grundzustand. Sollte das Blödsinn sein, bitte kurz aufklären :-)
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Die 100k/1n-Kombi klaut erstmal Verstärkung und Höhen und macht die Leitung mit dem größten Oszillatorpotential niederohmiger.
In die Frickelei mit Gegenkopplung würde ich erstmal nicht einsteigen, weil
a) die Gegenkopplung in den meisten Gitarrenkisten garnicht mal so sehr wirksam ist (in der Regel geht die um den Masterregler rum und wird so beim leister drehen unwirksam)
b) Alte VOX-Kisten garkeine haben
c) Bei einer derartigen Primitivschüssel der Verlust an Verzerrungspotential durchaus nachteilig sein dürfte.
d) das auch eine potentielle Fehler/Verwirrungsquelle ist.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

ich bin so ein Trottel, jetzt sammel ich seit Jahren Röhrenkram zusammen und hab keine brauchbaren Übertrager am Start....
Ist es große Sünde, wenn ich jetzt erstmal 2 kleine in Reihe schalte um auf halbwegs brauchbare Werte zu kommen?
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Was sind das für Übertrager?
Gegentaktschaltung mit einzelnen Übertragern funktioniert nicht, ansonsten kann man da was häkeln (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich Impedanzen an Trafos nicht einfach addieren!)
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

ich hab aktuell nur so kleine Dinger aus Zimmerlautsprechern da, das wird wohl nix mit denen? Sie haben primär 4/7K Ohm, sek. 3 Ohm und 4 Watt... :roll:
EDIT: und dann noch einen pri. 3,2/6,4/12,8 Kilo Ohm auf sek. 6 Ohm 3 Watt VEB Funkwerk Leipzig
Allerdings, wenn ich mir Propellers Foto so anschaue, sind meine bautechnisch auch nicht kleiner....
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Die haben wahrscheinlich keinen Luftspalt und sind daher eher ungeeignet.
Aber mit 7kΩ kommt man doch bei ner EL84 ganz gut hin... 4W sind auch realistisch.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

ok, dan versuch ichs mal und schau mich schon mal nach Nachschub um....
Warum wurden die dann überhaupt ohne Luftspalt hergestellt?
-muss mich mal mit dem Thema befassen, eigentlich wäre es für mich auch kein Ding so was zu wickeln. Dann bräuchte ich E und I Bleche oder?
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Den Luftspalt brauchst du nur, damit das Magnetfeld durch den Gleichstrom, der die Endröhre besaftet, nicht zu groß wird, und der Trafo in Sättigung geht.
Wenn der Trafo z.B. in eine ELA-Anlage (oder in eine Gegentaktendstufe) soll, bringt der Luftspalt nichts, er schadet aber der Basswiedergabe.
Ein Luftspalt ist also immer ein Kompromiß, wenn man keinen Gleichstrom hat, wird man den Luftspalt um jeden Preis weglassen.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Verstehe! Danke für die Erklärung
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Mist, die Hälfte der Bauteile natürlich mal wieder nicht am Start.... Steht da bei C2 wirklich 600n ???? :shock:
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barclay66
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von barclay66 »

Gobi hat geschrieben:Mist, die Hälfte der Bauteile natürlich mal wieder nicht am Start.... Steht da bei C2 wirklich 600n ???? :shock:
Hi,

ich lese 680n/63V...
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Dann nimm 470n oder 1µ
oder 10µ, dann kommt etwas mehr Bass aus dem Apparat.
Niemand hat eine exakte Vorstellung, wie sich dieser Verstärker genau verhalten soll, damit ist auch die Einhaltung der Werte nicht so kritisch.
Nur wenn du das Ding gespielt hast und denkst "genau so soll es klingen", solltest du es in den gleichen Werten nachbauen.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Und was macht das für einen Unterschied, ob es ein Kondensator oder Elko ist?
Ist so oder so egal, ich habe in der Regel nur niederspannungs Kram da.... also erstmal ordern.

Noch was - kenn jemand eine günstige Quelle für EI Kerne? Die Preise, die ich bisher gefunden habe sind ja abartig!? :?
andreas6
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von andreas6 »

Elkos brauchen definiert gepolte Spannungen. Andere Cs lassen sich polaritätsmäßig in jede Richtung betreiben, also auch an reiner Wechselspannung.

Diverse Trafos findest Du bei Oppermann. Vielleicht taugt einer für Deinen Zweck. Die Preise sind erträglich.

MfG. Andreas
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

ja, stimmt - ich meinte jetzt speziell z.B. da am C2, ich habe andere Schaltungen, da ist dort ein Elko verbaut - sollte doch eigentlich auch gehen oder?
andreas6
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von andreas6 »

Es ist nicht jeder Wert als Elko und als ungepolter C sinnvoll zu bekommen. Der Übergang liegt bei etwa 1 bis 10µF, von Extremen abgesehen. 100nF ist klar der ungepolte Bereich. In den hochohmigen Röhrenschaltungen ist das schon ein sehr großer Koppel-C. Ein Zehntel des Wertes tut es auch. Wie Harald schon bemerkte: Verstärker oder Motorboot? Zu große Koppelkapazitäten erhöhen stark die Gefahr von sehr niederfrequenten Rückkopplungen. Elkos findet man in Röhrenschaltungen eigentlich nur als Speisungspuffer.

MfG. Andreas
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Kathodenkondensatoren können immer als Elko ausgeführt werden, außer sie sollen einen Wert haben, den es als Elko nicht gibt (logisch).
Koppelkondensatoren in Röhrenschaltungen sollten NIE als Elko ausgeführt werden, da ein Elkoüblicher Leckstrom den Arbeitspunkt am (hochohmigen) Gitterableitwiderstand sonstwohin verschiebt. Auch sind dort Elkoübliche Kapazitätswerte selten.
Das Motorboot betrifft nur Koppelkondensatoren und kann bei Hi-Fi-Kisten (bei der Gitarrenkiste will man keinen Frequenzgang bis 20Hz runter haben!) durch entsprechende Eskalation bei der Siebung eingedämmt werden. Gerade in Kombination mit überzüchteten Ausgangsübertragern kann das durchaus erforderlich werden.
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Propeller
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Propeller »

Nur mal schnell die Schaltung des Netzteiles (muß gleich weg):
EDIT: Ich glaube, ich habe den Brückengleichrichter falsch herum gemalt. Aber wo Plus und Minus hingehört dürfte wohl klar sein.
Bild

Bis heute Abend!

beste Grüße
Peter
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

So, ich bin jetzt endlich zu den angedrohten Messungen gekommen.
Opfer war eine arme ECC81, die mit 100k Anodenwiderstand und 1k Kathodenwiderstand auf einen Arbeitspunkt mit der Anode auf etwa der halben Betriebspannung (hier 360V) eingestellt wurde.
Die folgenden Oszillogramme sind alle mit 1:10-Tastköpfen aufgenommen, so dass abgelesene Spannungswerte mit 10 multipliziert werden müssen (leider funktioniert die Umstellung des Readouts am 7000er Tek nur mit original Tek-Tastköpfen; da muss ich mal was basteln). Die Nulllinie liegt für Gitter- und Anodenspannung auf dem 3. Strich von unten.
Zuallererst wird die Röhre niederohmig mit 1Veff Sinus versorgt:
Bild
Man sieht, dass die Verstärkerstufe invertiert und "obenrum" ein bisschen platt drückt. Es wird eine zweite Oberwelle erzeugt.
Wenn wir jetzt weiter aufdrehen,
Bild
Bild
Bild
verhält sich die Röhre ganz ähnlich wie ein Transistor: Zu hohen Anodenspannungen lässt die Verstärkung nach, der Sinus wird ein bisschen (oder ein bisschen mehr) plattgedrückt. Nach unten hin ist plötzlich (bei <10V an der Anode!) Schluss mit lustig, es wird hart abgesäbelt.
Soweit, so einfach.
Jetzt haben wir es uns aber zu einfach gemacht:
der Funktionsgenerator hatte nämlich 50Ω Innenwiderstand. Eine Gitarre (und eine vorhergehende Stufe) hat einen deutlich höheren Innenwiderstand!
Also bekam der Generator einfach mal einen mächtigen Widerstand in Reihe. 620kΩ lagen rum und sind sicher größer als jeder Quellwiderstand, das macht das Verhalten aber sehr deutlich sichtbar.
Bild
Bei 1Veff am Eingang ist es noch harmlos. Die Gitter-Kathoden-Strecke ist immer negativ vorgespannt (die Kathode liegt bei +1,6V), in das Gitter fließt (näherungsweise) kein Strom.
Bild
In dem Moment, wo das Gitter positiv gegenüber der Kathode wird, landen Elektronen auf dem Gitter und bremsen den weiteren Spannungsanstieg. Damit ist die Aussteuerung der Triode erheblich begrenzt. Wenn wir jetzt weiter aufdrehen, wird das ganze schlimmer:
Bild
Bild
Die Gitter-Kathodenstrecke stellt also eine Diode dar, die das Eingangssignal gleichrichtet. Der durch Übersteuerung verursachte Gitterstrom ist also ein Gleichstrom. Jetzt kommt aber zur Belustigung noch dazu, dass der Eingang üblicherweise über einen Kondensator angeschlossen ist, der durch diesen Gleichstrom aufgeladen wird.
Die Bastelkiste hatte gerade 56nF oben liegen, also rein damit:
Bild
Bekanntes Bild, kein Gitterstrom.
Bild
Wenn wir dieses Bild mit dem vorhergehenden 2V-Bild vergleichen, stellen wir (hoffentlich) fest, dass sich die Gitterspannung ins Negative verschoben hat. Das bedeutet, dass der Arbeitspunkt der gesamten Konstruktion in Richtung höherer Anodenspannung wandert. Dabei sinkt die Verstärkung, das Signal wird weniger verzerrt. Wir haben uns einen Kompressor für Arme gebaut.
Mit mehr Gas verschiebt sich die Gittervorspannung weiter ins Negative, die Ausgangsspannung steigt fast nicht mehr an, ohne Ecken zu kriegen:
Bild
Bild
Wenn man genau hinguckt, sieht man, dass die obere Spitze der Gittervorspannung und die untere Spitze der Anodenspannung immer fast an der gleichen Stelle landen.
Zur Einordnung: Eine Verzerrung dieser Größenordnung würde der durchschnittliche Gitarrist gerade noch als "Clean" bezeichnen.
Jetzt verstärken wir aber nicht nur Sinustöne, sondern ein Signal, das kommt und geht.
Der Arbeitspunkt der Kiste wandert also ständig hin und her!
Außerdem braucht die Kiste einen Moment, bis der Kondensator geladen ist, das Übersteuerungsverhalten ändert sich also mit der Zeit, die der Ton klingt.
Jetzt sind leider die schönen Bilder alle, jetzt ist es Zeit für das Digitaloszi:
Bild
Man sieht, dass nach dem Einschalten des Funktionsgenerators erst untenrum "Hart" abgesäbelt wird, und sich mit der Zeit ein "weicheres" Verzerrungsbild einstellt. Dieses Verhalten entspricht ungefähr dem Anschwingverhalten vieler "akustischer" Instrumente.

Warum reite ich auf dem letzten Punkt so rum?
Ganz einfach: Der Mensch hat gelernt, im Wesentlichen auf die Veränderungen im Klangbild zu achten. Der exakte Klang kann durch eine Höhle, Dämpfung über längere Strecken oder ein Funkgerät stark verändert werden, um die Information "Säbelzahntiger auf 19,2° Ost" sicher mitzubekommen, kann man sich nicht auf einen bestimmten Klang verlassen. Man muss hier instinktiv nur die (kleinen!) Veränderungen des gehörten Signals bewerten.
Daraus folgt: Das Zeitverhalten ist für den Klang des Verstärkers von großer Bedeutung und wird von vielen Modellen völlig ausgeblendet. Insbesondere die diversen Röhrenverstärkerfakes mit Diodenbegrenzern versagen hier total, wobei der Unterschied nicht so in der Kurvenform liegt.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Sehr interessant, vielen Dank!!

1. ist das jetzt noch Betrieb unter habwegs gesitteter Beschaltung ? Oder sind wir da schon am Rand des Arbeitspunktes oder schon drüber?
2. siehst Du da Ausbaupotenzial bei dem gezeigten Einschwingverhalten? Also ist das jetzt gottgegeben oder kann man das noch manipulieren?

-wobei, ich sollte erst mal mit den Basics wenigstens ansatzweise klar kommen... :roll:
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Achja, ich kann nur ermutigen, Fragen zu stellen... MIR sind die Zusammenhänge größtenteils klar, ich kann nicht beurteilen, ob der Text verständlich war.
Die gewählte Arbeitspunkteinstellung ist ziemlich standard. Für eine HiFi-Kiste würde ich den Arbeitspunkt vermutlich auf einen etwas höheren Strom (=geringere Anodenspannung) legen, was den Gitterstromeinsatz früher kommen lässt, im Ausgleich aber das weiche "Plattdrücken" später kommen lässt - das ergibt geringere Verzerrungen bei geringer Aussteuerung zum Preis von einem härteren Einsatz der Verzerrungen bei hoher Aussteuerung.
Ein entsprechendes Konstrukt wurde mal von einem Gitarristen als "Zu kratzig" bewertet.
Eigentlich wäre es besser gewesen, wenn ich eine ECC83 verwendet hätte, die zeigt (nach meiner Erinnerung) die Effekte deutlicher, aber ich hatte gerade keine mehr rumliegen.
Zu 2.
"Ausbaupotential" ist immer relativ. Wenn ich eine HiFi-Büchse baue, versuche ich diese Effekte so gut es geht zu vermeiden. Bei der Gitarrenkiste hängt das Verhalten stark von den verwendeten Koppelkondesatoren ab, die aber gleichzeitig auch den Frequenzgang beeinflussen...
Das gezielt zu beeinflussen stelle ich mir schwierig vor; Das ganze wird in der Praxis noch von dem Einschwingvorgang der Saite überlagert. Man müsste das mal mit einem realistischen Signal testen.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Fragen werden noch kommen, glaube mir :roll:
Ich hab jetzt erstmal ein Oszi bekommen und muss mich damit auseinandersetzen....

Diese ganzen Gitarrenschaltungen (auch Effekte) haben eine ECC83 drin - was mitlerweile dazu führt, das man Verzerrer kaufen kann mit ECC83, wo ich mich frage - was hat das nu gebracht?? Der Umkehrschluss 83=gut stimmt eben nicht. Verkauft sich aber.

Ich hoffe in ein paar Tagen habe ich den Verstärker komplett und das Oszi grundsätlich verstanden, dann wird an den Schrauben gedreht!
Ich muss dringend da lang:
gitter.gif
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Tatsächlich ist die 83 die am wenigsten verzerrende NF-Röhre und die mit der höchsten Verstärkung.
Von daher ist die Verwendung der 83er in Audiokisten historisch schon richtig.
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Spike
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Spike »

Als Gewächs aus der Zeit der IC-Verstärker ist mein Wissen nur angelesen, aber: Wer sich traut einen Sockel umzulöten, kann auch mal die ECC808 probieren. Die ist als "rauschärmere" Variante mit höherer Verlustleistung gebaut worden. Propeller, "sach mal Bescheid" wenn Du weitere Experimente machen möchtest :-). Ich wollte in näherer Zukunft einen kleinen Verstärker für ein Zupfinstrument (ähnlich einer Zitter) bauen und frage mich, ob ich eine Elektretkapsel als Tonabnehmer aufs Holz klemmen kann - Wie macht man das bei akustischen Gitarren ohne ein Dynamisches Mikro davorzuhalten? @ferdimh: Danke für die viele Arbeit und die Erklärungen - Das muss ich erstmal verdauen.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Die einfachste Methode ist Piezos aufzukleben. Wenn man gute Stellen findet, kann das auch ganz gut klingen. Neigt natürlich schon zum rückkoppeln, wenn man lauter spielen will. Für Gitarren gibts auch stabförmige Piezos die statt des Steges eingebaut werden
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Spike »

Piezo... Das "Aufkleben" ist leider keine Option, da die Verstärkung nur unregelmäßig gebraucht wird und das Instrument keine Veränderungen erfahren darf. Ich dachte da an eine einfache Klammerlösung am Schalloch?
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Der Schall kommt nicht unbedingt aus dem Schalloch... Kontaktmikros halte ich für besser. Man muss ja nicht kleben, mann kann sie auch klemmen oder so - Problem werden eher die Kabel sein. Kauf Dir einfach mal ein paar Piezo Scheiben und probier damit rum ich vergieße die auch gerne ein bisschen um sie zu dämpfen -> ist aber schon ein eigenes Thema!

PS: wenn Stahlseiten wäre ein richtiger Pickup oder beides bestimmt besser
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Spike
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Spike »

Gobi hat geschrieben:Der Schall kommt nicht unbedingt aus dem Schalloch...
... da ist dann aber ein Bereich zum Klemmen vorhanden ;) Sonst ist das Teil nämlich recht handlich, da es auch von expliziten "Nichtmusikern" und Menschen mit Einschränkungen gespielt werden soll. Pickup ist overkill bei 23 Saiten, obwohl alle aus Stahl sind...
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Bitte nicht einfach Röhren tauschen!
Der Wechsel der Röhre verändert ungefähr alles in unkontrollierter Form:
Bei Trioden ergibt sich ungefähr immer ein Arbeitspunkt, der irgendwie funktioniert. Die Chancen stehen aber gut, dass ein veränderter Arbeitspunkt alleine den beobachteten klanglichen Effekt verursacht.
Ein Tausch ECC83 gegen ECC808 wird ziemlich sicher außer im Geldbeutel nirgendwo zu merken sein. Die Kennlinien sind quasi perfekt gleich, der Vorteil der extremen Rausch- und Brummarmut wird mit einer Gitarre (und keinem Tonkopf) am Eingang nicht auffallen, da die Gitarre deutlich mehr Signal liefert(=fast die tausendfache Ausgangsspannung von einem Tonkopf) und außerdem in der Praxis ohnehin brummt wie Sau.
Ein Tausch ECC83 gegen 81 oder 82 oder gegen die üblichen HF-Trioden (84,85,88,89,189) wird sicher massiven Einfluß auf den Klang haben, aber eben weil der Arbeitspunkt ganz woanders landet und möglicherweise die Verstärkung auch... äääh... anders ist.
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Roehricht
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Roehricht »

Hallo,
Wer sich traut einen Sockel umzulöten, kann auch mal die ECC808 probieren. Die ist als "rauschärmere" Variante mit höherer Verlustleistung gebaut worden.
Die Röhre ist in der Tat etwas rauschärmer. Aber leistungsmässig steht die ECC83 besser da. Ausserdem ist die ECC808 so rar geworden das sie schon mit Freudenhauspreisen gehandelt wird. In einem Gitarreneamp spielt die rauscharmut nicht eine so grosse Rolle. Die Tonabnehmer tun locker 50-100mV raus.
Anders in Hi-Fi Amps wo die Röhren im Phono Entzerrer eingesetzt wurden oder bei Mikrofonvorstufen.
Die ECC83 ist meines erachten die beste Wahl in Gitarrenverstärkern. Zumindest in den Kleinsignalstufen.
Hier die beiden DaBlas zum Vergleich.

ECC808:http://frank.pocnet.net/sheets/124/e/ECC808.pdf

ECC83: http://frank.pocnet.net/sheets/010/e/ECC83.pdf

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Wolfgang
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

ferdimh hat geschrieben: Warum reite ich auf dem letzten Punkt so rum?
Ganz einfach: Der Mensch hat gelernt, im Wesentlichen auf die Veränderungen im Klangbild zu achten. Der exakte Klang kann durch eine Höhle, Dämpfung über längere Strecken oder ein Funkgerät stark verändert werden, um die Information "Säbelzahntiger auf 19,2° Ost" sicher mitzubekommen, kann man sich nicht auf einen bestimmten Klang verlassen. Man muss hier instinktiv nur die (kleinen!) Veränderungen des gehörten Signals bewerten.
Daraus folgt: Das Zeitverhalten ist für den Klang des Verstärkers von großer Bedeutung und wird von vielen Modellen völlig ausgeblendet. Insbesondere die diversen Röhrenverstärkerfakes mit Diodenbegrenzern versagen hier total, wobei der Unterschied nicht so in der Kurvenform liegt.
Du hast absolut recht. Ich habe heute eine Weile versucht meine neues Oszi zu verstehen und habe es an meinen alten Sythisizer angeschlossen und gleichzeitig mitgehört. Eine total bizarre Wellenform klingt fürs Ohr noch lange nicht interessant, nur Obertonreicher. Bringt man einen Verlauf in den Klang, fängt das Hirn an zu interpetieren.
Ich hätte allerdings nicht vermutet, das ein Verstärker überhaupt in der Lage ist, so etwas zu manipulieren. Sehr, sehr interessant.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

mann, bin ich momentan leicht zu überfordern. :cry:
Teile sind jetzt da, einige falsch bestellt, einige vergessen :cry: aber ich hab das annähernd so gelötet bekommen. Kann sein, daß ein paar Widerstände in Flammen aufgehen werden.

@Propeller: kannst Du bitte die Schaltung mal in etwas besserer Auflösung hochladen oder mir schicken, ich kann etliche Werte nur raten..

Bild
was ich aktuell nicht verstehe: an den Punkten A B & C gibts unterschiedliche Spannungen - wo kommen die her?
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Propeller
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Propeller »

Hallo,
ich bitte um Entschuldigung, daß ich den Thread aufgrund momentanen Stresses etwas schleifen lasse.

Die Spannungen kommen aus dem Netzteil:

Bild

Wie oben schon geschrieben: Ich weiß nicht, ob ich den Brückengleichrichter richtig herum gezeichnet habe. Durch diesen Unsinn mit der technischen und der physikalischen Stromrichtung komme ich dauernd durcheinander. (Wer hat sich diesen Mist mal ausgedacht? Warum nimmt man nicht einheitlich die tatsächliche Stromrichtung und gut?!)
Was in der Schaltung Plus und Minus ist, sollte aber trotzdem klar sein, oder?

Ich schreibe später nochmal die Bauteilwerte raus. Der Plan liegt in der Werkstatt.

beste Grüße
Peter
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ferdimh
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Gobi: die kommen aus dem oben gezeigten Bild:
Bild
Der Gleichrichter+Elko liefert 342 Volt.
Nach dem ersten Widerstand sind es noch 338 Volt, nach dem 2. eben 320 Volt.
Das baut man so, weil man auf diese Weise eine der Brummempfindlichkeit angepasste Siebung erhält. Die Anode der Endröhre ist am unempfindlichsten, weil, wenn man sich die Ausgangskennlinie anguckt, die Anodenspannung fast keinen Einfluß auf den Anodenstrom hat. Bei üblichen 7kΩ und einer EL84 findet sich ungefähr ein Sechstel der Brummspannung auf dem Ausgangsübertrager wieder.
Das Schirmgitter ist schon empfindlicher, die Brummspannung auf Saft "B" wird hier etwa vervierfacht. Die Vorstufe wird am stärksten betroffen sein, hier dürfte etwa die 1000fache Brummspannung von Saft "C" am Ausgang erscheinen.
Man filtert nicht einfach alles so gut, weil der Filterungsaufwand mit steigendem Strom steigt. Wenn man den Widerstand größer machen würde, würde mehr Spannung verloren gehen. Man muss also mit dem Kondensator hochgehen. Das wird aber groß und teuer. Für die Vorstufen kann man aber den Widerstand massiv vergrößern, weil man einerseits mehr Spannungsverlust akzeptiert, andererseits einfach deutlich weniger Strom fließt.
Zum Vergleich:
auf Saft "A" werden etwa 40mA gezogen.
Auf Saft "B" etwa 5mA.
Auf Saft "C" etwa 1,8 mA...

Dementsprechend kann man an "C" viel einfacher sauber gesiebten Saft bereitstellen als an B oder gar A. Natürlich sähe das anders aus, wenn man Drosseln verwenden würde, aber Drosseln kosten Geld und es tut auch so...

Nebenbei ist es ohnehin eine gute Idee, nicht alle Stufen an die gleiche Besaftung zu hängen, weil das die Gefahr einer Rückkopplung über die Betriebsspannung birgt.

Der Brückengleichrichter ist übrigens richtig rum.
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

aja, da ham wirs wieder, konfuser Gobi - hätte ich eigentlich sehen sollen....
Vielen Dank für die Erklärung und Geduld!
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Bild
So, Schaltung hab ich jetzt zusammen, ein paar Teile haben leicht andere Werte, weil nicht aufzutreiben.
Ich hab den Plan jetzt mal bei mir hochgeladen und würde auf Zuruf die Werte usw. ändern und das Bild dann jeweils aktualisieren - ich denke mal, so macht es Sinn?

Meiner läuft aber noch nicht korrekt. Ich habe erstens etwas niedrigere Spannungen und ganz langsames Schwingen? wenn ich beide Stufen aufdrehe.
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Etwas niedrigere Spannungen können schon daher kommen, dass der Trafo weniger liefert.
Das langsame Schwingen ist schnell erklärt: Du hast die Koppelkondensatoren vergrößert. Damit kommen niedrigere Frequenzen durch den Verstärker durch. Möglicherweise so niedrige Frequenzen, wie sie durch die Siebkette wieder von der Endstufe in die Vorstufe kommen...
Für HiFi-Anwendungen müsste man stärker sieben oder eine andere Schaltung verwenden; für die Gitarrenanwendung macht es mehr Sinn, C1 unc C4 zu verkleinern - auf 10n oder gar 4,7n, oder irgendwas dazwischen, was rumliegt. Einige Kisten der Marke "Orange" gingen sogar bis auf 300pF runter.
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Gobi
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Es liegt leider kaum was rum, das ist ja das nervige, wenn man in so eine Materie einsteigt. Ich hab mir zwar eine Menge Kram angeschafft aber nur zufällig Teile für hohe Spannungen.
Aber Du hast recht, Koppelkondesatoren sind zu groß! Hab jetzt mal provisorisch verkleinert, mag sein, daß jetzt ein Pfeifen bei Vollaussteuerung drüber liegt. Und mein Trafo liefert tatsächlich nur 320V - macht das in dem Fall einen großen Unterschied?
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Und mein Trafo liefert tatsächlich nur 320V - macht das in dem Fall einen großen Unterschied?
Nö.
Es zeigt nur die Nichtanwendbarkeit von genauen Spannungsangaben in Geräten ohne stabilisierte Betriebsspannung.
Arbeitspunkte werden Pi*Daumen eingestellt, nur bei der Endröhre muss man etwas gucken, dass man sie nicht überlastet. (Die Spannung am Kathodenwiderstand und das Ohmsche Gesetz ersetzen hier sehr elegant ein Amperemeter).
Bei Vorstufen ist ein üblicher Arbeitspunkt bei 1/3 bis 1/2 Betriebsspannung an der Anode. Der Verstärker hier liegt deutlich höher, was die Verstärkung senkt. Alles, was zwischen 50V und 50V weniger als Betriebsspannung liegt, funktioniert aber üblicherweise.

Das Pfeifen hat ja "Propeller" auch schon festgestellt. Ich vermute hier weiterhin ein Schirmungs- oder Aufbauproblem. Alternativ einfach den Masterregler nicht so weit aufdrehen ;-)
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Das kann sein, bei mir ist ja jetzt alle extrem fliegend aufgebaut. Ich hab jetzt mal meine große Instrumentenbox angestöpselt und das Ding klingt tatsächlich ganz gut und wieder mal überraschen laut!

Jetzt mal zum pädagogischen:
Arbeitspunkte werden Pi*Daumen eingestellt, nur bei der Endröhre muss man etwas gucken, dass man sie nicht überlastet. (Die Spannung am Kathodenwiderstand und das Ohmsche Gesetz ersetzen hier sehr elegant ein Amperemeter).
Nicht verstanden, kannst Du das noch mal praktisch Anhand der Schaltung erklären?
Bei Vorstufen ist ein üblicher Arbeitspunkt bei 1/3 bis 1/2 Betriebsspannung an der Anode. Der Verstärker hier liegt deutlich höher, was die Verstärkung senkt. Alles, was zwischen 50V und 50V weniger als Betriebsspannung liegt, funktioniert aber üblicherweise.
das habe ich überhaupt noch nicht geschnallt wo der Arbeitspunkt eingestellt wird - nur über das Verhältnis von z.B. R3 zu R5? :oops: oh jeh.... :oops:

(Plan ist aktualisiert)
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von ferdimh »

Zum Arbeitspunkt der Endstufe. Ich nehme an, du hast eine EL84. (keine ominöse 844).
Die EL84 hat eine maximale Anodenverlustleistung von 12W. Das heißt, Ua*Ia soll kleiner als 12W sein.
Außerdem gibt es noch eine maximale Schirmgitterverlustleistung, die ist uns hier aber erstmal egal.
Ua können wir einfach mit dem Voltmeter messen.
Um Ia zu messen, müssten wir die Leitung auftrennen. Da wir das nicht wollen, greifen wir zu einem Trick:
Wir messen die Spannung am Kathodenwiderstand. Der Kondensator ist für Gleichstrom nicht da.
Angeschrieben stehen 7,4V. Nach Ohm fließen damit 7,4V/200Ω=35,2mA. Jetzt gilt bei ungefähr allen Röhren (Ausnahmen bestätigen die Regel), dass ungefähr 10% des Stroms im Schirmgitter landet, der Rest in der Anode. Wir gehen also mal von 32mA Ia aus. Die Anodenverlustleistung ist damit 31mA*300V=9600mW. Das ist weniger als 12W, damit ist die Röhre nicht überlastet. Wir könnten jetzt noch etwas am Kathodenwiderstand drehen (verkleinern), damit mehr Strom fließt, und noch etwas mehr Bums rauskommt.

Zur Vorstufe:
Hier ist die Bedingung eine andere, weil wir einen Widerstand im Anodenkreis haben. Das Ziel ist nicht, möglichst viel Strom durchzupusten, sondern so viel Strom durchzupusten, dass man ihn noch sinnvoll in beide Richtungen verändern kann. (Anders gesagt: die Ausgangsspannung muss sich in beide Richtungen verändern können). Hier wären wir wieder bei der Forderung des Arbeitspunktes bei der halben Betriebsspannung.
Da wir in der Regel vorher aus dem einen oder anderen Grund den Anodenwiderstand festgelegt haben, können wir hier wieder nur zum Kathodenwiderstand greifen. Üblich ist 100k/1k. Größerer Kathodenwiderstand ergibt mehr Spannung an der Anode (sieht man an der Schaltung: die 2. Röhre hat weniger Anodenspannung als die 1., obwohl die Anodenwiderstände gleich sind).
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Re: Der Gitarrenverstärker- Lern- und Frickelthread

Beitrag von Gobi »

Mal wieder vielen Dank! Ich weiß das sehr zu schätzen, das Du es so gründlich erklärst und hoffe ich kann Dir auch mal was schlossern oder so.
Bestimmt brauche ich jetzt erst mal eine Weile um das nach zu vollziehen....


EDIT: warum rechnest Du 31mA*300V ? Also, ich meine die gerundeten (?) Zahlen
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