Einkochen: Unterschied zwischen den Versionen

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Also das bei uns übliche Einkochen im Wasserbad bei Normaldruck wird in den USA quasi nicht angewendet, dort wird nur unter Druck eingekocht. Die Warnungen aller offiziellen Stellen, bzw die Empfehlung von pressure canning waren dort wirkungsvoll.
 
Also das bei uns übliche Einkochen im Wasserbad bei Normaldruck wird in den USA quasi nicht angewendet, dort wird nur unter Druck eingekocht. Die Warnungen aller offiziellen Stellen, bzw die Empfehlung von pressure canning waren dort wirkungsvoll.
  
Nun ist es so, dass unsere Omas und Uromas nie mit Druck eingekocht haben, und trotzdem ist keiner gestorben.  Wenn man das Know How hat, ist das auch kein Glück. Zum einen wurden die Konserven im kühlen Keller gelagert, was das abtöten der hitzestabilen Keime "überflüssig" macht (Halb bzw Dreiviertelkonserve). Saures und gezuckert eingekochtes ist sowieso kein Problem, und alles andere muss man eben vor dem Verzehr nochmal durchkochen, um evtl. Botox zu inaktivieren (wie hier bereits erwähnt), denn nicht immer geht der Deckel auf wenn der Inhalt bereits verdirbt.
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Nun ist es so, dass unsere Omas und Uromas nie mit Druck eingekocht haben, und trotzdem ist nur in den aller seltensten Fällen was passiert[1].  Wenn man das Know How hat, ist das auch kein Glück. Zum einen wurden die Konserven im kühlen Keller gelagert, was das abtöten der hitzestabilen Keime "überflüssig" macht (Halb bzw Dreiviertelkonserve). Saures und gezuckert eingekochtes ist sowieso kein Problem, und alles andere muss man eben vor dem Verzehr nochmal durchkochen, um evtl. Botox zu inaktivieren (wie hier bereits erwähnt), denn nicht immer geht der Deckel auf wenn der Inhalt bereits verdirbt.
 
Eine weitere Möglichkeit, die (heutzutage?) eher unbekannt ist, ist das '''doppelt einkochen''', im Fachjargon Thyndallisation. Die Bakterien werden beim ersten Einkochen getötet (bei Fleisch werden Einkochzeiten bis 3h empfohlen), dann wird die Konserve 24h bis 3 Tage (je nach Quelle) bei Raumtemperatur gelagert um die Sporen auskeimen zu lassen, was durch den Hitzestress wohl begünstigt wird. Dann wird nochmal eingekocht (für 30min bis 1h). Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Tyndallization
 
Eine weitere Möglichkeit, die (heutzutage?) eher unbekannt ist, ist das '''doppelt einkochen''', im Fachjargon Thyndallisation. Die Bakterien werden beim ersten Einkochen getötet (bei Fleisch werden Einkochzeiten bis 3h empfohlen), dann wird die Konserve 24h bis 3 Tage (je nach Quelle) bei Raumtemperatur gelagert um die Sporen auskeimen zu lassen, was durch den Hitzestress wohl begünstigt wird. Dann wird nochmal eingekocht (für 30min bis 1h). Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Tyndallization
  
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Wichtig ist übrigens, den Drucktopf erst zu schließen wenn das schon ordentlich kocht, damit möglichst nur Wasserdampf und keine Luft im Gerät eingeschlossen wird. Sonst bläst der Topf ab, bevor er die gewünschte Temperatur erreicht.
 
Wichtig ist übrigens, den Drucktopf erst zu schließen wenn das schon ordentlich kocht, damit möglichst nur Wasserdampf und keine Luft im Gerät eingeschlossen wird. Sonst bläst der Topf ab, bevor er die gewünschte Temperatur erreicht.
  
*Der Kolbendurchmesser der Durckanzeiger-Überdruckventilkombination am Versuchsobjekt ist freundlicherweise ziemlich genau 1cm, und die Zeigerlänge ist unrelevant wenn man nicht die Ferderkonstante ausrechnet.
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*Der Kolbendurchmesser der Durckanzeiger-Überdruckventilkombination am Versuchsobjekt ist genau 1,1cm, und die Zeigerlänge ist unrelevant wenn man nicht die Federkonstante ausrechnet.
  
1. Ring: 370 g Gewichtskraft pro 0,785 cm² ergeben 0,462 bar oder 110°C
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1. Ring: 370 g Gewichtskraft pro 0,95 cm² ergeben 0,381 bar oder 109°C
  
2. Ring: 750...800g pro 0,785cm² ergeben 0,936 bis 1,0003 bar oder 119 bis 120°C
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2. Ring: 750...800g pro 0,95cm² ergeben 0,774 bis 0,826 bar oder 116 bis 117°C
  
Zeiger kurz vor Anschlag: ca 1000g ergeben 1,25 bar oder 124°C
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Zeiger kurz vor Anschlag: ca 1000g pro 0,95cm² ergeben 1,033 bar oder 120°C
  
Das Sicherheitsventil hebt ab bei ca 1800g entsprechend 2,25 bar oder 136°C
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Das Sicherheitsventil hebt ab bei ca 1800g entsprechend 1,895 bar oder 132°C
  
 
(übertragen aus: https://www.fingers-welt.de/phpBB/viewtopic.php?f=14&t=7564&start=50#p236078)
 
(übertragen aus: https://www.fingers-welt.de/phpBB/viewtopic.php?f=14&t=7564&start=50#p236078)
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[1] Amtlich gemeldete Botulismusfälle 1897-1926: 162 Stück, vor allem durch unerhitzt genossene Oliven und Spinatkonserven: https://books.google.de/books?id=MZohAQAAIAAJ&q=botulismusf%C3%A4lle&dq=botulismusf%C3%A4lle&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi5n4G4s-TeAhVFUlAKHU-oBX8Q6AEILTAB
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Andere Quelle: 1889-1924: 290 Todesfälle in den Vereinigten Staaten https://books.google.de/books?id=0IsvAQAAIAAJ&q=botulismusf%C3%A4lle&dq=botulismusf%C3%A4lle&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi5n4G4s-TeAhVFUlAKHU-oBX8Q6AEITjAJ

Version vom 24. November 2018, 06:10 Uhr

Ich hab mich mit dem Thema beschäftigt und wollte mal hier eine Ergebnisse zusammenfassen:

Also das bei uns übliche Einkochen im Wasserbad bei Normaldruck wird in den USA quasi nicht angewendet, dort wird nur unter Druck eingekocht. Die Warnungen aller offiziellen Stellen, bzw die Empfehlung von pressure canning waren dort wirkungsvoll.

Nun ist es so, dass unsere Omas und Uromas nie mit Druck eingekocht haben, und trotzdem ist nur in den aller seltensten Fällen was passiert[1]. Wenn man das Know How hat, ist das auch kein Glück. Zum einen wurden die Konserven im kühlen Keller gelagert, was das abtöten der hitzestabilen Keime "überflüssig" macht (Halb bzw Dreiviertelkonserve). Saures und gezuckert eingekochtes ist sowieso kein Problem, und alles andere muss man eben vor dem Verzehr nochmal durchkochen, um evtl. Botox zu inaktivieren (wie hier bereits erwähnt), denn nicht immer geht der Deckel auf wenn der Inhalt bereits verdirbt. Eine weitere Möglichkeit, die (heutzutage?) eher unbekannt ist, ist das doppelt einkochen, im Fachjargon Thyndallisation. Die Bakterien werden beim ersten Einkochen getötet (bei Fleisch werden Einkochzeiten bis 3h empfohlen), dann wird die Konserve 24h bis 3 Tage (je nach Quelle) bei Raumtemperatur gelagert um die Sporen auskeimen zu lassen, was durch den Hitzestress wohl begünstigt wird. Dann wird nochmal eingekocht (für 30min bis 1h). Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Tyndallization

Hier gibt es eine schöne Grafik, die zeigt, was man alles "normal" einkochen kann: https://www.einkochhelden.de/wissen-rund-um-s-einkochen/sicher-einkochen-gefahren-ausschlie%C3%9Fen/ (Bei dem Säuregehalt geht es um den natürlichen Säuregehalt, nicht um sauer einlegen)

Bei uns ist das unter Druck einkochen historisch nicht völlig unbekannt, wie diese Untersuchung aus den frühen 50ern beweist: https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/Document_derivate_00003531/BFL0238ocr.pdf Aber durchgesetzt hat es sich nie, wohl mangels Notwendigkeit und wegen der fehlenden Verfügbarkeit von günstigen Autoklaven, bzw Schnellkochtöpfen in den 50/60ern.

Hier weitere spannende Literatur zum Thema Mikrobiologie der Konservendose: https://books.google.de/books?id=ckJ0BAAAQBAJ&pg=PR12&lpg=PR12&dq=mikrobiologische+qualit%C3%A4tssicherung+von+vollkonserven (Viel Theorie, aber auch interessantes für die Praxis)

Ich finde die Idee allerdings verlockend, in einem Durchgang eine richtige Vollkonserve herzustellen, und schneller geht es auch noch. Mit 119°C muss man auch nicht auf Milch beim Einkochen verzichten, wie die Firma Weck bestätigt hat. https://www.chefkoch.de/forum/2,15,424197/Anruf-bei-Weck-Milchprodukte-und-einwecken-ohne-Fluessigkeit.html Maultaschensuppe mit Würstchen sollte dann auch nicht mehr hochgehen. Als Bastler kaufe ich natürlich nix, sondern nehme einen alten emaillierten Sicomatic Schnellkochtopf. Die wichtigste Frage ist, erreicht das Ding 121°C bzw wenigstens 119 (manche Töpfe sind damit oder mit 1bar spezifiziert, manche nicht).*

Wichtig ist übrigens, den Drucktopf erst zu schließen wenn das schon ordentlich kocht, damit möglichst nur Wasserdampf und keine Luft im Gerät eingeschlossen wird. Sonst bläst der Topf ab, bevor er die gewünschte Temperatur erreicht.

  • Der Kolbendurchmesser der Durckanzeiger-Überdruckventilkombination am Versuchsobjekt ist genau 1,1cm, und die Zeigerlänge ist unrelevant wenn man nicht die Federkonstante ausrechnet.

1. Ring: 370 g Gewichtskraft pro 0,95 cm² ergeben 0,381 bar oder 109°C

2. Ring: 750...800g pro 0,95cm² ergeben 0,774 bis 0,826 bar oder 116 bis 117°C

Zeiger kurz vor Anschlag: ca 1000g pro 0,95cm² ergeben 1,033 bar oder 120°C

Das Sicherheitsventil hebt ab bei ca 1800g entsprechend 1,895 bar oder 132°C

(übertragen aus: https://www.fingers-welt.de/phpBB/viewtopic.php?f=14&t=7564&start=50#p236078)

[1] Amtlich gemeldete Botulismusfälle 1897-1926: 162 Stück, vor allem durch unerhitzt genossene Oliven und Spinatkonserven: https://books.google.de/books?id=MZohAQAAIAAJ&q=botulismusf%C3%A4lle&dq=botulismusf%C3%A4lle&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi5n4G4s-TeAhVFUlAKHU-oBX8Q6AEILTAB Andere Quelle: 1889-1924: 290 Todesfälle in den Vereinigten Staaten https://books.google.de/books?id=0IsvAQAAIAAJ&q=botulismusf%C3%A4lle&dq=botulismusf%C3%A4lle&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi5n4G4s-TeAhVFUlAKHU-oBX8Q6AEITjAJ