Impedanzen

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Ein- und Ausgangsimpedanzen in der Audioübertragung

Ausgangsfrage:

Wie kommt es dazu, dass bestimmte Tonerzeuger sich in bestimmten Signalketten so unterschiedlich verhalten? Warum klingt eine E-Gitarre an einem HiFi-Verstärker bescheiden, an einem Mischpult so lala und an einem Gitarrenverstärker optimal? Was bringt eine D/I-Box?

Grundsätzliches

(ferdimh und KampfKeks)

Systemimpedanzen sind nicht (nur) ohmsche Widerstände. Sie werden auch durch Reaktanzen, d.h. Kapazitäten und Induktivitäten verursacht. Gerade letztere verändern den Frequenzgang und bilden oft Resonanzen, speziell mit hochinduktiven Tonabnehmern. Manchmal entstehen dadurch erwünschte „Dreckeffekte“ – das Signal ist elektrotechnisch „gestört“, klingt dadurch aber "authentisch". Grundsätzlich gilt: die Eingangsimpedanz eines Gerätes sollte deutlich höher liegen, als die Ausgangsimpedanz des Zuspielers. Eine 1:1-Anpassung wäre hinsichtlich der Signalverarbeitung theoretisch ideal. Je näher sich jedoch Eingangs- und Ausgangsimpedanz der verbundenen Geräte kommen, desto mehr verringern sie den Pegel des Signals. Das ist dann eine Reihen-Parallelschaltung von Widerständen inkl. der zugehörigen Rechnungen. Bei den meisten heute gebräuchlichen Geräten (Mischpulte, Effekte etc) spielt das meist keine Rolle mehr - sie haben eine sehr hohe Eingangsimpedanz und fressen damit fast alles an üblichen Signalen, ausgenommen eventuell sehr alte Plattenspieler. Für die konkrete Problemstellung „Gitarrentonabnehmer im Audiosignalweg“ ist es hilfreich, die Schaltung „aus der Sicht“ einer bestimmten Schaltungskomponente zu betrachten. Für den konkreten Fall des Gitarrenpickups ist zunächst zu beachten, dass eine schwingende Saite über der Tonabnehmerspule ja eine Sinusschwingung induziert, die per se eher „fad“ klingt. Der Tonabnehmer zeigt frequenzabhängige Impedanz; daher ist es sinnvoll, zunächst die frequenzabhängigen Bauteile in ihrer Interaktion zu betrachten. Hinzu kommt der historische Kontext: Ursprünglich wurden die Verstärker mit Röhren betrieben; diese benötigten Spannung zum Treiben (hohe Impedanzen, kleine Ströme). Dafür wurden Tonabnehmer mit höheren Wicklungszahlen gebaut, allerdings ergaben sich dadurch zusätzliche Resonanzen und eine erhöhte Brummanfälligkeit. Aus dieser Zeit stammen die meisten heute noch gebräuchlichen Tonabnehmerschaltungen. Später wurden die Verstärker transistorisiert; zum Treiben wurde Strom benötigt (niedrige Impedanzen, höhere Ströme). In der aktuellen Signalverarbeitung werden OPVs eingesetzt, die mit Minimalpegeln arbeiten können, daher zählt weitgehend nur noch der Pegel. Durch den Anschluss des Lautstärkereglers an die Tonabnehmerspule über den Schleifer ändert sich bei einer Veränderung der Lautstärke auch der Frequenzgang: Die voll aufgedrehte Gitarre wird obertonreicher, die leisere dumpfer. Würde man an dieser Stelle die Lastimpedanz zu weit reduzieren, würde der Tonabnehmer beim Aufdrehen stärker statt schwächer belastet und der Klang beim Aufdrehen dumpfer werden. Bei Gitarren wird daher ein verstärkerseitiger Eingangswiderstand von 680K – 1M erwartet. Diese Eingangsimpedanz bietet zB ein HiFi-Verstärker nicht.

Vereinfachtes Anwendungsbeispiel zu Impedanzen (Gitarre am Verstärker)

(ferdimh)

Betrachtet man die Tonerzeugung aus Sicht des Verstärkers, sieht man bei voll aufgedrehtem Regler direkt den Tonabnehmer:


R2 sei ein Röhrenverstärker mit Eingangsiompedanz 1M. Aus Verstärkersicht ist "konstant hohe Quellimpedanz" der ungünstigste Fall: bei "leise" sieht der Verstärker den ganzen Widerstand vom Poti, wird also maximal rauschen und maximal brummen. Bei Betrachtung von Tonabnehmerseite Richtung Potentiometer werden folgende Impedanzen sichtbar:

  • Poti auf 0: Kurzschluss.
  • Poti auf 50%: 250K nach Masse, parallel 250K + 1M (Eingangsimpedanz des Verstärkers), ergibt 208K.
  • Poti auf 100%: 500K nach Masse, parallel 1M (Eingangsimpedanz des Verstärkers, ergibt 333K.

Es wird deutlich, welche Veränderung sich durch eine Reduktion der Eingangsimpedanz des Verstärkers auf zB 10K ergibt:

Bei niedriger Last- (=Verstärker-)Impedanz „sieht“ der Tonabnehmer zunächst wenig, dann viel, und dann wieder wenig Impedanz. Wieviel von der Leerlaufspannung des Tonabnehmers kommt am Verstärker an?

Da bei höheren Frequenzen auch die Impedanz des Tonabnehmers höher ist, entspricht die lila Kurve der Veränderung für die niedrigen, die grüne jener für die hohen Frequenzen. Bei gering aufgedrehtem Poti sind daher die niedrigen Frequenzen im Verhältnis stärker.


Bei Änderung der Lastimpedanz auf 10K ergibt sich:

Zuerst kommt insgesamt nur wenig Signal, und bei weiterem Aufdrehen vor allem niedrige Frequenzen.


Der Effekt kann durchaus auch erwünscht sein, zB bei Effektpedalen wie dem WahWah, durch eine niedrige Eingangsimpedanz den Tonabnehmer bedämpft, dann durch die per Pedal verstellbare Resonanz und eine brachiale Höhenanhebung (zum Dämpfungsausgleich) den bekannten Effekt erzielt.

Was sind und was bringen DI-Boxen?

DI-Boxen sind Komponenten, die unsymmetrische in symmetrische Audiosignale umwandeln. Sie bestehen üblicherweise aus einem hochohmigen Eingang, einem Trafo, der den Pegel reduziert, einem niederohmichen (symmetrischen) Ausgang und einem Ground-Lift-Schalter, der zur Behebung von Brummschleifen die Verbindung von Masse und Erdung unterbrechen kann. Der geringere Pegel im symmetrischen Signal ist in vieler Hinsicht vorteilhaft:

  • Reduktion der Einstreuungen von Signalen mit höherer Leistung (Keyboards) auf Signale mit niedriger Leistung (Mikrofone)
  • Reduziert man den Pegel mit einem Trafo, ändert sich die Impedanz (und zwar mit dem Quadrat der Pegeländerung). Das heißt: Reduziere ich die Spannung um Faktor 15 (das war eine Zeit lang ein beliebtes Verhältnis), komme ich z.B. von 135kΩ auf 600Ω. Die durch suboptimale Schirmung eingestreute Brummspannung sinkt aber entsprechend der Impedanz. Also bringt mir das Reduzieren der Nutzspannung um Faktor 15 eine Reduktion der Brummspannung um Faktor 225. Ähnliches gilt für die Rauschströme der Transistor-Eingangsstufen.
  • Andersrum wird die Impedanz des Mischpulteingangs um den entsprechenden Faktor (im Quadrat) hochtransformiert.
  • Mischpulteingänge haben nur einen begrenzten Verstärkungsstellbereich, in dem sie wirklich gut funktionieren. Hier brachialen Pegel anzubieten, zwingt dazu, den Eingangsverstärker mit suboptimal wenig Verstärkung zu betreiben. Dabei verliert man ziemlich sicher nichts - aber es gibt eben auch nicht ansatzweise so viel zu gewinnen, wie der höhere Pegel vermuten lässt.

Man muss sich vor Augen führen, dass eines modernes (also nach 1980 gebauten) Pult Signale im 1mV-Bereich ohne auffälliges Rauschen verarbeiten kann. Unter diesen Bedingungen gibt es durch hohe Pegel einfach nichts mehr zu gewinnen.